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  • 26.11.2013

    Finanzgericht Berlin-Brandenburg: Urteil vom 30.04.2013 – 9 K 9114/13

    1. Der Antrag auf Verteilung des Übergangsgewinns infolge eines Wechsels der Gewinnermittlungsart auf drei Jahre stellt einen
    Antrag auf abweichende Steuerfestsetzung gemäß § 163 Abs.1 S. 2 AO dar. Die Entscheidung über diese Billigkeitsmaßnahme ist
    ein Grundlagenbescheid i. S. v. § 171 Abs. 10 AO, und in einem besonderen Verfahren zu treffen, das mit der Steuerfestsetzung
    verbunden werden kann, aber nicht verbunden werden muss; die Entscheidung muss aber als Verwaltungsakt inhaltlich hinreichend
    bestimmt und nach außen erkennbar sein.


    2. Es ist noch kein Verwaltungsakt betreffend den Billigkeitsantrag und damit kein Grundlagenbescheid ergangen, wenn zwar
    im Rahmen der Schlussbesprechung nach einer Betriebsprüfung Einigkeit über die Höhe und Verteilung eines Übergangsgewinns
    bestand, der für das Übergangsjahr ermittelte Gewinn ein Drittel des Übergangsgewinns beinhaltete und im geänderten Einkommensteuerbescheid
    für das Übergangsjahr auf den Betriebsprüfungsbericht hingewiesen wurde, wenn jedoch nirgends ausdrücklich über den Billigkeitsantrag
    durch eigenständigen Verwaltungsakt entschieden wurde.


    3. Bei Fehlen des Grundlagenbescheids (s. Tz. 2.) ist der Steuerpflichtige nicht – auch nicht nach Treu und Glauben – an die
    Handhabung im Übergangsjahr und an den bestandskräftigen Einkommensteuerbescheid für das Übergangsjahr gebunden, wenn sich
    später herausstellt, dass tatsächlich kein Übergangsgewinn, sondern ein Übergangsverlust erzielt worden ist. Der Steuerpflichtige
    muss dann in den beiden Folgejahren nach dem Übergangsjahr nicht jeweils 1/3 des im Übergangsjahr irrtümlich angenommenen
    Übergangsgewinns versteuern.


    IM NAMEN DES VOLKES

    URTEIL

    In dem Rechtsstreit


    hat das Finanzgericht Berlin-Brandenburg – 9. Senat – im schriftlichen Verfahren aufgrund der Beratung vom
    30. April 2013 durch den Vorsitzenden Richter am Finanzgericht …, den Richter am Finanzgericht … und die Richterin am Finanzgericht … sowie
    die ehrenamtlichen Richter Herr … und Herr …


    für Recht erkannt:


    Unter Aufhebung des Bescheides des Beklagten vom 7. April 2011 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 20. September 2011
    wird der für den Gewerbebetrieb des Klägers festgesetzte Gewerbesteuermessbetrag dahin gehend neu festgesetzt, dass der für
    2008 veranlagte Gewerbeertrag um 31.856 EUR zu mindern ist. Die Berechnung der Steuer wird gemäß § 100 Abs. 2 Satz 3 Finanzgerichtsordnung
    – FGO – dem Beklagten übertragen. Die Kosten des Verfahrens hat der Beklagte zu tragen.


    Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung
    in Höhe des Kostenerstattungsanspruchs des Klägers abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben
    Höhe leistet.


    Die Revision zum Bundesfinanzhof wird zugelassen.


    Tatbestand:

    Der Kläger begehrt eine nach § 164 Abs. 2 AO geänderte Festsetzung des Gewerbesteuermessbetrages für das Jahr 2008, für die
    er geltend macht, dass der vom Beklagten veranlagte Gewerbeertrag aus dem Gewerbebetrieb des Klägers um einen mit dem Betrag
    von 31.856 EUR berücksichtigten Übergangsgewinn aus dem Jahre 2007 zu mindern sei.


    Mit Schreiben vom 16. März 2007 hatte der damalige Bevollmächtigte des Klägers, Steuerberater B…, aufgrund des erfolgten Wechsels
    von der Einnahmen-Überschussrechnung zur Bilanzierung eine Eröffnungsbilanz zum 1. Januar 2007 eingereicht und den Übergangsgewinn
    mit dem Betrag von 86.568,49 EUR erklärt, der wie folgt ermittelt worden war:


    Betriebseinnahmen
    Warenbestandsveränderung27.807,14 EUR
    Forderungen USt-Vorauszahlung 11/200640.565,24 EUR
    Forderungen USt-Vorauszahlung 12/200634.699,84 EUR
    103.072,22 EUR
    Betriebsausgaben
    Verbindlichkeiten aus Lieferung und Leistung2.707,00 EUR
    zuzüglich Vorsteuer262,24 EUR
    Vorsteuer aus geleisteten Anzahlungen4.534,19 EUR
    Rücklage nach § 7g9.000,00 EUR
    16.503,43 EUR
    Übergangsgewinn86.568,49 EUR
    Weiter hatte Steuerberater B… mitgeteilt, der Übergangsgewinn werde gemäß dem EStG auf die nächsten Veranlagungsjahre – beginnend
    mit 2007 – verteilt.


    Mit der am 19. Februar 2009 eingereichten Einkommensteuererklärung für 2007 hatte der Kläger mit der Anlage GSE laufende Einkünfte
    aus seinem Gewerbebetrieb i. H. v. 65.751 EUR erklärt, die erklärungsgemäß bei der Einkommensteuerfestsetzung und mit dem
    Bescheid über die Gewerbesteuermessbetragsfestsetzung, beide vom 17. März 2009, berücksichtigt wurden.


    Zu einer nachfolgenden Außenprüfung des Handelsunternehmens des Klägers für die Jahre 2005 bis 2007 wurde der Prüfbericht
    vom 4. Mai 2009 gefertigt. Hier hatte der Prüfer des Beklagten unter Tz. 13 folgendes ausgeführt:


    „13. Übergangsgewinn 01.01.07

    Lt. Erklärung =86.568,79 EUR
    +9.000,00 EUR§ 7g-Rücklage
    Lt. BP95.568,79 EUR
    Ansatz mit 1/3 = 31.856,26 EUR / Jahr 2007-2009

    Die Rücklage wurde bereits in 2006 gebildet. s. Tz. 15.”

    In dem daraufhin gemäß § 164 Abs. 2 AO geänderten Einkommensteuerbescheid für 2007 vom 9. Juni 2009 legte der Beklagte die
    Einkünfte des Klägers aus Gewerbebetrieb mit 103.864 EUR zu Grunde. In den Erläuterungen zur Festsetzung wird ausgeführt:
    „Der Festsetzung/Feststellung liegen die Ergebnisse der bei Ihnen durchgeführten Außenprüfung zu Grunde (siehe Prüfungsbericht
    vom 4. Mai 2009).” Der Vorbehalt der Nachprüfung wurde zugleich aufgehoben. Entsprechend änderte der Beklagte die Festsetzung
    des Gewerbesteuermessbetrags.


    Bei der Veranlagung für 2008 durch den Einkommensteuerbescheid vom 14. September 2010 und der Gewerbesteuermessbetragsfestsetzung
    durch den Bescheid vom 10. September 2010 – die unter dem Vorbehalt der Nachprüfung ergangen sind – erhöhte der Beklagte den
    vom Kläger mit der Gewerbesteuererklärung angegebenen laufenden Gewinn um den Betrag von 31.856 EUR auf 58.363 EUR. Hiergegen
    erhob der Kläger am 1. Oktober 2010 Einspruch, der zunächst damit begründet wurde, dass sich aus der Berechnung des Übergangsgewinns
    für 2008 lediglich eine Zurechnung von 28.856 EUR (ohne Erhöhung wegen Rücklage nach § 7g EStG) ergebe. Den Einspruch nahm
    der damalige Bevollmächtigte am 1. Februar 2011 zurück.


    Unter dem 28. März 2011 beantragte der jetzige Bevollmächtigte für den Kläger die Änderung u. a. der Einkommensteuerfestsetzung
    für 2008 und des Gewerbesteuermessbetrages für 2008 nach § 164 Abs. 2 AO. Der Antrag wurde damit begründet, dass die Eröffnungsbilanz
    und der ermittelte Übergangsgewinn zum 1.1.2007 unzutreffend seien. Statt eines Übergangsgewinns sei ein Übergangsverlust
    in Höhe von 12.374,90 EUR gegeben.


    Hierzu wurde folgende geänderte Übergangsgewinnberechnung vorgelegt:

    HinzurechnungAbrechnungen
    27.807,14 EURWaren83.831,85 EUR erh. Anzahlungen
    25.207,16 EURgel. Anzahlungen98.809,70 EUR Verb. aus L.u.L.
    28.338,70 EURgel. Anzahlungen 16 %851,32 EUR USt 06 Abschlusszahl
    9.537,96 EURForderungen aus L.u.L.
    75.430,58 EURUmsatzsteuer Vorjahr
    4.534,19 EURVorsteuer Anzahlungen
    262,24 EURVorsteuer im Folgejahr abzugsfähig
    12.374,90 EURÜbergangsverlust
    183.492,87 EUR183.492,87 EUR
    Im Hinblick auf die geltend gemachte fehlerhafte Ermittlung des Übergangsgewinns beantragte der Prozessbevollmächtigte in
    einem gesonderten Schreiben vom 28. März 2011 zugleich die Änderung des Einkommensteuerbescheides sowie des Gewerbesteuermessbescheides
    2007 gemäß § 173 Abs. 1 AO.


    Die Änderungsanträge wies der Beklagte mit dem Bescheid vom 7. April 2011 mit der Begründung zurück, dass die Voraussetzungen
    nach § 173 Abs. 1 Nr. 2 AO hinsichtlich des Veranlagungszeitraums 2007 nicht gegeben seien und der ermittelte Übergangsgewinn
    somit auch für 2008 und 2009 maßgeblich sei.


    Mit seinem hiergegen erhobenen Einspruch vom 2. Mai 2011 verwies der Kläger darauf, dass die Bescheide für das Jahr 2008 unter
    dem Vorbehalt der Nachprüfung gemäß § 164 AO ergangen seien. Die Ermittlung des Übergangsgewinns mit anschließender Verteilung
    auf drei Veranlagungsjahre sei nicht gesondert festgestellt worden, so dass sich aus der im Rahmen der Veranlagung für 2007
    erfolgten fehlerhaften Ermittlung des Übergangsgewinns auch keine Bindungswirkung für die Jahre 2008 und 2009 ergebe.


    Mit seiner Einspruchsentscheidung vom 20. September 2011 verringerte der Beklagte den Gewerbeertrag vor Abrundung auf den
    Betrag von 54.653 EUR, womit weiteren vom Kläger mit seinem Änderungsantrag geforderten Einzelkorrekturen entsprochen wurde
    (./. 12.000 EUR + 5.000 EUR + 3.290 EUR), und wies den Einspruch im Übrigen mit der Begründung zurück, die getroffene Billigkeitsmaßnahme
    zur Verteilung des Übergangsgewinns sei für die Jahre 2007, 2008 und 2009 bindend.


    Der Kläger hat am 24. Oktober 2011 Klage erhoben.

    Zur Begründung der Klage vertieft der Kläger seine Ausführungen im Verwaltungsverfahren: Die vom Beklagten angenommene Bindungswirkung
    der fehlerhaften Ermittlung des Übergangsgewinns und der Veranlagung eines Drittels des ermittelten Betrages für das Jahr
    2007 sei nicht gegeben. Die Berücksichtigung des insoweit alleine gegebenen materiellen Rechtsfehlers widerspreche der dem
    Ertragssteuerrecht eigenen Bereicherungstheorie und der Abschnittsbesteuerung.


    Der Kläger beantragt,

    den Bescheid des Beklagten vom 7. April 2011 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 20. September 2011 aufzuheben und bei
    einer geänderten Gewerbesteuermessbetragsfestsetzung für 2008 den veranlagten Gewerbeertrag um 31.856 EUR zu mindern.


    Der Beklagte beantragt,

    die Klage abzuweisen.

    Er hält daran fest, dass aufgrund einer getroffenen Billigkeitsentscheidung eine Bindungswirkung für 2008 und 2009 gegeben
    sei. Die Billigkeitsentscheidung, nämlich die antragsgemäße Verteilung des Übergangsgewinns auf 3 Jahre, sei mit der Festsetzung
    der Einkommensteuer 2007 durch den Bescheid vom 9. Juni 2009 verbunden gewesen. Der dortige Verweis auf den Prüfungsbericht
    vom 4. Mai 2009 reiche hierfür aus. Da über


    die im Prüfbericht dargestellten Prüfungsfeststellungen insgesamt Übereinstimmung erzielt worden sei, verstoße gegenteiliges
    Vorbringen der Kläger gegen Treu und Glauben, da auch der damals bevollmächtigte Steuerberater die Außenprüfung von Anbeginn
    an begleitet habe. Ferner enthalte der Betriebsprüfungsbericht vom 4. Mai 2009 in Tz. 13 den Grundlagenbescheid zur beantragten
    Billigkeitsmaßnahme. Dieser sei mangels Rechtsbehelfsbelehrung im Mai 2010, also vor Eingang der Erklärungen zu 2008, bestandskräftig
    geworden.


    Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf
    die vom Beklagten vorgelegten Steuerakten (5 Bände), die Gegenstand der Beratung gewesen sind, verwiesen.


    Entscheidungsgründe:

    Über die Klage konnte ohne mündliche Verhandlung entschieden werden, nachdem sich die Beteiligten hiermit einverstanden erklärt
    haben (§ 90 Abs. 2 FGO).


    Die Klage ist begründet.

    Der Bescheid vom 7. April 2011 in Gestalt der Einspruchsentscheidungen vom 20. September 2011, mit dem der Beklagte die Änderung
    der unter dem Vorbehalt der Nachprüfung stehenden Gewerbesteuermessbetragsfestsetzung 2008 abgelehnt hat, ist rechtswidrig
    und verletzt den Kläger in seinen Rechten.


    Der Beklagte geht unzutreffend davon aus, dass der vom Kläger geforderten geänderten Berechnung des Gewerbeertrags für 2008
    die Bindungswirkung einer Billigkeitsentscheidung gemäß § 163 AO entgegenstehe, und diese erfordere, dass der laufende Gewerbeertrag
    aus 2008 um ein Drittel des Übergangsgewinns aus 2007 mit dem Betrag von 31.856,26 EUR zu erhöhen gewesen sei.


    Die vom Beklagten angenommene Bindungswirkung stünde der begehrten Änderung der Einkommensteuerfestsetzung für 2008 und damit
    auch der begehrten Änderung der streitigen Gewerbesteuermessbetragsfestsetzung 2008 nur dann entgegen, wenn ein Grundlagenbescheid
    im Sinne des §§ 171 Abs. 10 AO mit dem vom Beklagten angenommenen Regelungsgehalt ergangen wäre. Dies ist jedoch nach Überzeugung
    des Senats nicht der Fall. Denn zu der vom Kläger bereits im Jahre 2007 beantragten Billigkeitsmaßnahme – gemäß § 163 Satz
    2 AO eine abweichende Gewinnberücksichtigung zuzulassen – ist kein Verwaltungsakt ergangen, der die vom Beklagten angenommene
    Bindungswirkung entfalten könnte.


    Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs ist die Entscheidung über eine abweichende Festsetzung nach § 163 AO Gegenstand
    eines besonderen Verwaltungsverfahrens (vgl. z. B. BFH, Urteil vom 21. September 2000, IV R 54/99, BStBl. 2001, 178 m.w.N.).
    Die Entscheidung über die abweichende Festsetzung kann gemäß § 163 Satz 3 AO mit der Steuerfestsetzung selbst verbunden werden.
    Trotz der äußerlichen Zusammenfassung sind auch im Falle einer Verbindung in einem Bescheid zwei rechtlich selbständige Verwaltungsakte
    gegeben, gegen die auch jeweils gesonderte Rechtsbehelfe zu erheben sind. Der die Billigkeitsmaßnahme aussprechende Verwaltungsakt
    ist ein Grundlagenbescheid i. S. des § 171 Abs. 10 AO, der ggf. auch nach Maßgabe des § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AO in die
    Steuerfestsetzung einfließen kann (vgl. BFH a.a.O.).


    Der danach geforderte gesonderte Verwaltungsakt muss nach den hierfür geltenden allgemeinen Regelungen gemäß § 119 Abs. 1
    AO inhaltlich hinreichend bestimmt sein. Ihm muss sein Regelungsinhalt eindeutig zu entnehmen sein. Konkret muss die Behörde
    für die in Rede stehende Billigkeitsentscheidung im Sinne des § 163 AO kundtun, in welcher Weise die abweichende Steuerfestsetzung
    – bzw. bei der Erfassung mehrerer Veranlagungszeiträume, die abweichenden Steuerfestsetzungen – erfolgen werden. Allein der
    Einkommensteuerbescheid, der für das Übergangsjahr den Übergangsgewinn antragsgemäß für diesen ersten Veranlagungszeitraum
    nur anteilig enthält, darüber hinaus aber keine auf den Antrag gemäß § 163 Satz 2 AO Bezug nehmende Regelung ausspricht, beinhaltet
    keinen solchen Grundlagenbescheid für die Einkommensteuerfestsetzungen der Folgejahre (ebenso FG Nürnberg, Urteil vom 2. August
    2000, V 166/98, juris – die Billigkeitsregelung war allein aufgrund rechnerischer Schlussfolgerungen erkennbar).


    Hiervon ausgehend kann nach Überzeugung des Senats auch im Streitfall nicht festgestellt werden, dass der Beklagte eine gesonderte
    Billigkeitsentscheidung mit der von ihm angenommenen Bindungswirkung für die Jahre 2008 und 2009 erlassen hat.


    Der Einkommensteuerbescheid für 2007 vom 9. Juni 2009 beinhaltet keine gesonderte Billigkeitsentscheidung gemäß § 163 AO.
    Der regelnde Ausspruch, dass eine Verteilung des zum 1.1.2007 ermittelten Übergangsgewinnes auf die Jahre 2007 bis 2009 erfolge,
    wurde nicht in den Bescheid aufgenommen. Der Regelungsgehalt dieses Bescheides blieb auf die Einkommensteuerfestsetzung beschränkt.
    Lediglich bei der Berechnung der Steuer wurde der laufende Gewinn aus 2007 entsprechend der wohl beabsichtigten Billigkeitsentscheidung
    mit nur einem Drittel des vom Kläger zu dieser Zeit selbst erklärten und durch den Prüfbericht vom 4. Mai 2009 nur in geringem
    Umfang erhöhten Übergangsgewinns berücksichtigt. Die Berechnung selbst kann aber nicht als der regelnde Ausspruch eines Grundlagenbescheides
    für die Jahre 2008 und 2009 angesehen werden (s. hierzu auch FG Münster, Urteil vom 31. Mai 2001, 6 K 5014/98, EFG 2001, 1342;
    FG Münster, Urteil vom 16. März 2001, 11 K 1500/99, EFG 2001, 764; FG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 26. Juni 2007, 6 K 6413/03
    B, EFG 2007, 1714).


    Eine auf § 163 Satz 2 AO Bezug nehmende Regelung hat der Beklagte mit dem Bescheid vom 9. Juni 2009 auch nicht in der Weise
    mit der Steuerfestsetzung verbunden, dass auf die Ergebnisse der Außenprüfung hingewiesen wurde. Dem in den Erläuterungen
    zur Steuerfestsetzung enthaltenem Hinweis, dass der geänderten Festsetzung/Feststellung „die Ergebnisse der bei Ihnen durchgeführten
    Außenprüfung zugrunde (siehe Prüfungsbericht vom 4.05.2009)” lägen, kann die beabsichtigte konkrete Einzelfallregelung nicht
    entnommen werden. Dieser allgemeine Hinweis auf den Prüfbericht, beinhaltet weder ausdrücklich noch konkludent die Regelung,
    eine abweichende Verteilung des Übergangsgewinns auf die Jahre 2007 bis 2009 werde bewilligt. Dieser allgemeine Hinweis wird
    vom Beklagten den aufgrund einer Außenprüfung ergehenden Änderungsbescheiden generell beigefügt. Ihm kann der vom Beklagten
    in Bezug genommene Regelungsgehalt nicht entnommen werden. Dies zeigt bereits der Umstand, dass der Beklagte den gleichlautenden
    Hinweis auch in die am selben Tage für die Jahre 2005 und 2006 ergangenen Änderungsbescheide aufgenommen hatte. Für diese
    Jahre stand ein gemäß § 163 AO zu erlassender Verwaltungsakt aber nicht in Rede. Keiner Entscheidung bedarf, ob der konkrete
    Hinweis auf Tz. 13 des Prüfberichts ausreichend gewesen wäre, um die vom Beklagten gewünschte Regelungswirkung entfalten zu
    können, da ein solcher Hinweis in den Bescheid vom 9. Juni 2009 nicht aufgenommen wurde.


    Soweit der Beklagte ferner geltend macht, dass der Betriebsprüfungsbericht vom 3. Mai 2009 in Tz. 13 selbst den Grundlagenbescheid
    zur beantragten Billigkeitsmaßnahme enthalte, wird nach Ansicht des Senats hiermit letztlich sogar verdeutlicht, dass weder
    durch den Bescheid vom 9. Juni 2009 noch durch den Prüfbericht vom 3. Mai 2009 der gebotene Grundlagenbescheid ergangen ist.
    Könnte der erforderliche konkrete regelnde Ausspruch tatsächlich als gegeben festgestellt werden, so könnte der Beklagte diesen
    nicht – wie seinem Vorbringen zu entnehmen ist – wahlweise als am 3. Mai 2009 oder am 9. Juni 2009 ergangen darstellen. Mit
    dem Prüfbericht wurden – wie generell der Fall – nur die Werte vorgegeben, die in der nachfolgenden geänderten Veranlagung
    herangezogen werden sollten. Soweit hiervon abgewichen werden soll, hätte dies durch eine ausdrückliche und eindeutige Regelung
    erfolgen müssen, denn vom Erlass eines Verwaltungsaktes kann nur ausgegangen werden, wenn für den Adressaten erkennbar zum
    Ausdruck gebracht wird, dass abweichend vom sonst üblichen Verfahrenslauf bereits durch den Prüfbericht selbst eine Regelung
    des Einzelfalls ausgesprochen werden soll. Denn der Betroffene muss auch erkennen können, ob bereits gegen einen Prüfbericht
    Rechtsbehelfe geboten wären. Nur hierdurch wird den rechtsstaatlichen Erfordernissen, die an die Eindeutigkeit des Erlasses
    eines Verwaltungsaktes zu stellen sind, genügt. Der Hinweis des Beklagten auf die einjährige Einspruchsfrist wegen fehlender
    Rechtsbehelfsbelehrung (§ 356 Abs. 2 AO) und den damit erweiterten Rechtsschutz ist daher unerheblich, da kein Verwaltungsakt
    betreffend § 163 vorliegt.


    Der fehlende regelnde Ausspruch für den Einzelfall kann auch nicht dadurch ersetzt werden, dass über die im Prüfbericht dargestellten
    Prüfungsfeststellungen insgesamt Übereinstimmung erzielt worden war. Das Berufen des Klägers auf die fehlende Bindungswirkung
    der Steuerfestsetzung für 2007 für die Veranlagung der Jahre 2008 und 2009 verstößt nicht gegen Treu und Glauben. Der Kläger
    beruft sich letztlich lediglich auf die konkreten verfahrensrechtlichen Folgen des fehlenden Grundlagenbescheides, was in
    keiner Weise den Vorwurf der Treuwidrigkeit rechtfertigt. Eine etwaige Verständigung anlässlich der Außenprüfung ersetzt den
    notwendigen Grundlagenbescheid nicht.


    Da eine Erhöhung des laufenden Gewinns aus 2008 um ein Drittel des zum 1.1.2007 festgestellten Übergangsgewinns nur erfolgen
    kann, wenn ein diese Rechtswirkung herbeiführender Grundlagenbescheid gegeben ist, dieser aber zumindest bisher nicht erlassen
    wurde, bedarf es im vorliegenden Verfahren keiner Prüfung, ob die vom Kläger vorgenommene geänderte Ermittlung des Übergangsgewinns
    zutreffend ist. Denn die vom Kläger begehrte Änderung gemäß § 164 Abs. 2 AO hat schon deshalb zu erfolgen, weil der die Gewinnverteilungswirkung
    herbeiführende Grundlagenbescheid bisher nicht erlassen wurde.


    Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 Finanzgerichtsordnung – FGO –.

    Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 151 FGO in Verbindung mit §§ 708 Nr. 10, 711 Zivilprozessordnung
    – ZPO –.


    Die Revision war zuzulassen, da die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO), die für die Beurteilung
    des Streitfalls maßgebliche Rechtsfrage nach Auffassung des Senats also das abstrakte Interesse der Allgemeinheit an der einheitlichen
    Entwicklung und Handhabung des Rechts berührt.

    VorschriftenAO § 171 Abs. 10, AO § 119 Abs. 1, EStG § 4 Abs. 1, EStG § 4 Abs. 3, BGB § 242