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  • · Nachricht · Bewertungsgesetz

    Verfassungsmäßigkeit der Verwendung geschlechtsdifferenzierender Sterbetafeln

    | Nach § 14 Abs. 1 S. 1 BewG ist der Kapitalwert von lebenslänglichen Nutzungen und Leistungen mit dem Vielfachen des Jahreswerts anzusetzen. Die Vervielfältiger sind nach der Sterbetafel des Statistischen Bundesamts zu ermitteln (§ 14 Abs. 1 S. 2 BewG). In diesem Zusammenhang hat das FG Köln (18.8.22, 7 K 1800/21; Rev. BFH II R 38/22, Einspruchsmuster ) die Verfassungsmäßigkeit der Verwendung geschlechtsdifferenzierender Sterbetafeln überprüft und dabei eine Korrektur der im Rahmen des § 14 BewG anzusetzenden geschlechtsbezogenen Vervielfältiger nicht für geboten erachtet. |

     

    Das FG war nicht hinreichend davon überzeugt, dass die Anwendung unterschiedlicher ‒ geschlechtsspezifischer ‒ Sterbetafeln bei der Ermittlung des Kapitalwerts der Belastung einer Nießbrauchsbelastung für Zwecke der Erbschaft- und Schenkungsteuer tatsächlich einen Verstoß gegen Art. 3 Abs. 3 S. 1 GG darstellt. Diese Zweifel beruhten insbesondere auch darauf, dass es sich bei der in Frage stehenden Regelung um eine typisierende Schätzung im Rahmen des Steuerrechts handele.

     

    Das FG hat jedoch konstatiert, dass die verfassungsrechtliche Zulässigkeit der Heranziehung von geschlechtsspezifischen Sterbetafeln und den darauf beruhenden Barwertfaktoren durch die VBL und andere Zusatzversorgungsträger des öffentlichen Dienstes allerdings in der obergerichtlichen Rechtsprechung umstritten ist. So macht z. B. auch das OLG Celle gegen diese Praxis der VBL sowohl verfassungsrechtliche als auch unionsrechtliche Bedenken geltend (vgl. OLG Celle 24.10.13, 10 UF 195/12, FamRZ 14, 305). Demgegenüber werden geschlechtsspezifische Barwertfaktoren von einem Teil der obergerichtlichen Rechtsprechung (weiterhin) akzeptiert (vgl. OLG Schleswig 31.7.15, 14 UF 42/15, FamRZ 16, 371, 372; OLG Köln 6.1.15, II-12 UF 91/14, FamRZ 15, 1108, 1109; OLG Oldenburg 6.12.10, 14 UF 128/10, FamRZ 11, 1148 f.).

     

    PRAXISTIPP | Die Revision war wegen grundsätzlicher Bedeutung zuzulassen (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO). Der BFH hat nach Einlegung der Revision nunmehr die Gelegenheit, diese spannende Rechtsfrage höchstrichterlich zu klären. Darüber hinaus wird sich der BFH materiell-rechtlich noch mit der Fragestellung zu befassen haben, ob bei der Bewertung lebenslänglicher Nutzungen und Leistungen nach § 14 BewG in Fällen, in denen § 14 Abs. 2 BewG eine Korrektur bei frühzeitigem Versterben vorsieht, die nach § 14 Abs. 1 BewG sich ergebenden Tabellenwerte dergestalt zu korrigieren sind, dass eine doppelte Erfassung von Sterbefällen ausgeschlossen wird. In bereits eingetretenen Konfliktfällen sollte gegen betroffene Erb- und Schenkungsteuerbescheide Einspruch eingelegt und ein Ruhen des Verfahrens beantragt werden.

     
    Quelle: ID 49053224