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· Konjunktur

(Noch) Keine Rezession in Deutschland ‒ Stimmung bei Handwerkern und Freiberuflern kaum getrübt

Bild: © fotomek - stock.adobe.com

| Zahlreiche Ökonomen haben fest mit einem weiteren Rückgang des Bruttoinlandsprodukts (BIP) im dritten Quartal 2019 gerechnet, was per Definition einer technischen Rezession entsprochen hätte (= zwei aufeinanderfolgende Quartale ohne BIP-Wachstum). Doch das BIP hat in den Monaten Juli bis September 2019 gegenüber dem Vorquartal überraschend um 0,1 Prozent zugelegt. Entwarnung ist nach Einschätzung von Experten allerdings nicht angezeigt. Handwerker und Freiberufler blicken weiterhin optimistisch in die Zukunft blicken, wenn auch nicht völlig ohne Sorgenfalten. |

Leichtes BIP-Wachstum im 3. Quartal verhindert technische Rezession - vorerst

Wie das Statistische Bundesamt mitteilt, ist das BIP in Deutschland im 3. Quartal 2019 preis-, saison- und kalenderbereinigt um 0,1 Prozent gestiegen (BIP-Wert 3. Quartal 2019: 859,6 Mrd. Euro), nachdem es im 2. Quartal noch um 0,2 Prozent nachgelassen hatte. Während die Exporte gestiegen sind, blieben die Importe etwa auf dem Niveau des Vorquartals. Außerdem wurde mehr in Bauten investiert als im Vorquartal. Dagegen sind die Investitionen in Ausrüstungen im Vergleich zum Vorquartal gesunken.

DIW warnt vor Euphorie

Für Dr. Claus Michelsen, Leiter der Abteilung Konjunkturpolitik beim Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung in Berlin (DIW Berlin) ist der leichte Anstieg der Wirtschafsleistung im dritten Quartal vor dem Hintergrund des „schier unendlichen“ Brexit-Prozesses und der Handelskonflikte überraschend. „Nach dem Durchhänger im 2. Quartal hat sich die deutsche Wirtschaft aber trotz oder gerade wegen der Widrigkeiten wieder etwas berappelt“, so Michelsen. Vor allem der Außenhandel habe positiv überrascht. Gleichzeitig warnt der Ökonom vor übermäßiger Euphorie. Insgesamt bleibe die wirtschaftliche Entwicklung schwach. Michelsen sieht insbesondere eine Schlüsselindustrie zu den Sorgenkindern: „Die schwache Industriekonjunktur ‒ allen voran die Probleme in der Automobilindustrie ‒ dürften auch an den Verbraucherinnen und Verbrauchern nicht spurlos vorbeigehen.“

Ifo spricht dennoch von Rezession

Das Institut für Wirtschaftsforschung (ifo) aus München spricht trotz des leichten BIP-Wachstums im 3. Quartal von einer Rezession in der Industrie. Zur Stabilisierung der deutschen Konjunktur im 3. Quartal 2019 hat nach Ansicht von Konjunkturchef Timo Wollmershäuser vor allem die Industrie beigetragen. „Sie befindet sich zwar nach wie vor in einer Rezession, aber das Tempo des Produktionsrückgangs hat sich verlangsamt“, so der ifo-Experte. Insgesamt habe sich die deutsche Konjunktur in den vergangenen zwölf Monaten deutlich abgekühlt, jedoch sei in den kommenden Monaten keine „tiefgreifende gesamtwirtschaftliche Rezession“ zu befürchten.

 

Handwerker weiter gut ausgelastet ‒ Erwartungen leicht abgeschwächt

Die zusätzlichen Investitionen in Bauten, die das Statistische Bundesamt meldet, spiegeln sich auch in den aktuellen Konjunktur-Einschätzungen des Handwerks. Holger Schwannecke, Generalsekretär des Zentralverbandes des Deutschen Handwerks (ZDH) erklärte im November bei der Veröffentlichung des aktuellen ZDH-Konjunturberichts: „Im Handwerk dauert die konjunkturelle Hochphase derzeit noch an. Die aktuelle Geschäftslage ist weiter hervorragend. Allerdings deuten erste Abkühlungen in einzelnen Gewerken auf eine auch im Handwerk nachlassende Konjunkturdynamik.“ Mit einem Konjunkturtief sei im Handwerk zunächst nicht zu rechnen, dies gelte trotz der schwächelnden deutschen Wirtschaft insgesamt.

 

Für das Gesamtjahr 2019 geht der ZDH von einem Umsatzplus im Handwerk von etwa vier Prozent aus. Mit Blick auf die kommenden Monate erwarten allerdings mehr Handwerker eine negative Entwicklung. Elf Prozent der insgesamt rund 20.000 befragten Unternehmen des Gesamthandwerks erwarten demnach eine Verschlechterung, das sind vier Prozent mehr als noch vor einem Jahr. Die überwiegende Mehrheit (68 Prozent) erwartet eine gleichbleibende Geschäftslage und immerhin 21 Prozent gehen noch von einer Verbesserung aus.

 

Freie Berufe von abgekühlter Konjunktur „eher unberührt“

Zwar nicht ganz so aktuell, aber inhaltlich ähnlich wie bei den Handwerken ist die jüngste Konjunktur-Einschätzung der Freiberufler. Anfang Juli 2019 beschrieb Prof. Dr. Wolfgang Ewer, Präsident des Bundesverbands der Freien Berufe (BFB), die Stimmung unter den Freiberuflern als „grundsätzlich gut, wenn auch im Vergleich zum Vorjahressommer etwas abgeflaut.“ Eine repräsentative Umfrage unter knapp 1.700 Freiberuflern hatte gezeigt, dass etwa acht von zehn Freiberuflern die aktuelle Geschäftslage als gut oder befriedigend beurteilten. In den kommenden sechs Monaten rechnete rund jeder Fünfte mit einer günstigeren Entwicklung, rund zwei Drittel sehen keine gravierenden Verschiebungen und etwa jeder Zehnte erwartet eine Verschlechterung. Das Fazit von Prof. Dr. Ewer lautete: „Die Freien Berufe zeigen sich eher unberührt von der allgemein deutlich abgekühlten Stimmung in der deutschen Wirtschaft.“

(BK)

Quelle: ID 46235221