Praxiswissen auf den Punkt gebracht.
logo

· Bundesarbeitsgericht

Entgeltumwandlung: Arbeitgeber haftet nicht für Unvermögen des Bankberaters

Für die fehlende Beratung eines Bankberaters zu laufenden Gesetzgebungsverfahren bei der Altersvorsorge haftet nicht der Arbeitgeber.
Bild: © pressmaster - stock.adobe.com

| Als Arbeitgeber haben Sie keine allgemeine Pflicht, die Vermögensinteressen Ihrer Arbeitnehmer wahrzunehmen. Wenn Sie aber zum Beispiel zur Altersvorsorge freiwillig Auskünfte erteilen, müssen diese richtig, eindeutig und vollständig sein. Andernfalls könnte sich Ihr gut gemeinter Rat schnell zum Bumerang entwickeln. Das Bundesarbeitsgericht (BAG)hat jetzt zum Glück entschieden: Wenn ein Bankberater auf einer Betriebsversammlung bei Arbeitnehmern nicht auf laufende Gesetzgebungsverfahren hinweist, so müssen Sie als Arbeitgeber für spätere Folgeschäden nicht einstehen ( BAG, Urteil vom 18.02.2020, Az. 3 AZR 206/18 )! |

Entgeltumwandlung: Pensionskasse mit Kapitalwahlrecht

Auch wenn der Fall aus dem öffentlichen Dienst stammt, er ist auch in der Privatwirtschaft analog denkbar. Für den kommunalen Arbeitgeber war 2003 ein Tarifvertrag zur Entgeltumwandlung im kommunalen öffentlichen Dienst (TV-EUmw/VKA) inkraft getreten. Daraufhin schloss der Betrieb mit einer Pesionskasse einen Rahmenvertrag zur betrieblichen Altersversorgung. Im April 2003 nahm der spätere Kläger an einer Betriebsversammlung teil. Dort trat ein Berater der Sparkasse auf und informierte über Chancen und Möglichkeiten der Entgeltumwandlung in die Pensionskasse ‒ ohne jedoch auf laufende Gesetzgebungsverfahren einzugehen.

 

Im September 2003 schloss der Arbeitnehmer eine Entgeltumwandlungsvereinbarung mit Kapitalwahlrecht ab. Im Jahr 2014 war der Arbeitnehmer dann in den Ruhestand gegangen.

 

Anfang 2015 ließ er sich seine Pensionskassenrente als Einmalkapitalbetrag auszahlen. Allerdings: Für die Einmalzahlung musste er aufgrund einer Gesetzesänderung im Jahr 2003 auch Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung entrichten.

 

MERKE | Diese neue Beitragspflicht gilt ohne Vertrauensschutz auch für Verträge, die vor 2004 abgeschlossen wurden, und zwar auch dann, wenn in der Ansparphase bereits Sozialversicherungsbeiträge abgeführt wurden. Mit dem vollen Beitragssatz zahlen die Rentner nun auch noch den Beitragsanteil des Arbeitgebers. Die Neuregelung in 2004 bedeutet(e) eine bittere Belastung für Millionen von Rentnern. Mit ihr musste spätestens seit August 2003 gerechnet werden.

 

Erfolg für Arbeitgeber vor dem Bundesarbeitsgericht

Es folgte die Klage des Arbeitnehmers auf Schadenersatz. Die Forderung: Der Arbeitgeber soll die zu zahlenden Sozialversicherungsbeiträge erstatten. Der Arbeitnehmer vertrat die Auffassung, der Arbeitgeber habe ihn vor Abschluss der Entgeltumwandlungsvereinbarung über das laufende Gesetzgebungsverfahren zur Einführung einer Beitragspflicht auch für Einmalkapitalleistungen informieren müssen. In diesem Fall hätte er eine andere Form der Altersvorsorge gewählt.

 

Das Arbeitsgericht hat die Klage zunächst abgewiesen. Vor dem Landesarbeitsgericht (LAG) war die Klage erfolgreich (LAG Hamm, Urteil vom 06.12.2017, Az. 4 Sa 852/17). Erst die Revision des Arbeitgebers vor dem Dritten Senat des Bundesarbeitsgerichts brachte die Wende für den Arbeitgeber.

Die Begründung des BAG

Nach Ansicht des BAG kann offenbleiben, ob der Arbeitgeber nach seinen freiwilligen (überobligatorischen) und richtigen Informationen zur betrieblichen Altersversorgung überhaupt weitere Hinweispflichten auf spätere Gesetzesänderungen bis zum Abschluss einer Entgeltumwandlungsvereinbarung hatte.

 

Gäbe es eine solche Verpflichtung, müsste der Arbeitnehmer konkret über die (damals geplante) Gesetzesänderung zu seinen Lasten informiert werden. Diese Verpflichtung gab es aber nicht!

 

So kam es, dass auf der Betriebsversammlung über mögliche Beitragspflichten zur Sozialversicherung eben nicht unterrichtet worden ist.

 

Die Frage, ob dem Unternehmen das Verhalten des Fachberaters der Sparkasse zuzurechnen ist, stellte sich letztlich so nicht, weil es keine Handlungspflicht des Arbeitgebers gab ‒ und nur darum ging es in dem Verfahren.

 

Weiterführender Link

 

(JT - mit PM Nr. 8/20 des BAG)

Quelle: ID 46371732