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· Gestaltung der Arbeitszeit

24 Tage arbeiten ohne Ruhetag ‒ das ist in Deutschland theoretisch möglich

Bild: © blobbotronic - stock.adobe.com

| Bis zu 24 durchgängige Arbeitstage sind nach Deutschem Arbeitszeitrecht denkbar ‒ wenn die vorgeschriebenen Ruhezeiten berücksichtigt werden. Der EuGH hat bekräftigt, dass es keine Vorgaben gibt, ob die Ruhezeit am Anfang oder am Ende einer Woche liegt. Das deutsche Arbeitszeitgesetz fordert indes Ersatzruhetage für die Beschäftigung an Sonn- und Feiertagen. Aus beidem zusammen eröffnen sich theoretische Gestaltungsspielräume. |

Wöchentliche und tägliche Ruhezeit nach EU-Vorgabe

Nach der EU-Arbeitszeitrichtlinie (Abruf-Nr. 45254797) müssen jedem Arbeitnehmer Ruhezeiten gewähren:

  • 24 Stunden Wochenruhezeit (Art. 3 EU-Arbeitszeitrichtlinie) ‒ z.B. Sonntag
  • 11 Stunden tägliche Ruhezeit (Art. 3 EU-Arbeitszeitrichtlinie)
  •  
  • Bei „objektiven technischen oder arbeitsorganisatorischen Gründen kann die wöchentliche Ruhezeit auch auf 24 Stunden beschränkt werden“, heißt es weiter in Art. 5 Abs. 2 EU-Arbeitszeitrichtlinie. Also dann keine tägliche Ruhezeit.

 

Beachten Sie | Als Ruhezeit wird jede Zeit außerhalb der Arbeitszeit bezeichnet. Es gibt darüber hinaus

  • die Nachtzeit (mindestens zwischen 24:00 und 5:00 Uhr),
  • die Ruhepausen (nach 6 Arbeitsstunden zwingend 30 Minuten),
  • die wöchentliche Höchstarbeitszeit (Orientierung sind 48 Stunden).

 

Aber muss ein Arbeitgeber nach 6 Arbeitstagen die wöchentliche Ruhezeit gewähren? Der EuGH sagt: Nein. Die EU-Arbeitszeitrichtlinie mache keine Vorgaben, wann diese Ruhezeit innerhalb eines 7-Tage-Zeitraums liegt (EuGH, Urteil vom 09.11.2017, Rs. C-306/16, Abruf-Nr. 198637).

 

Das heißt: Sie können auch Regelungen treffen, nach denen die Arbeitnehmer an bis zu 12 Tagen arbeiten müssen. So kann zum Beispiel bei 2 aufeinanderfolgenden Wochen die wöchentliche Ruhezeit einmal am Anfang und einmal am Ende eines 7-Tage-Zeitraums liegen.

 

  • Beispiel

A arbeitet in einem Hotel. Er kann in KW 3 am Montag einen freien Tag nehmen, dann vom Dienstag bis zum Samstag der darauffolgenden Woche arbeiten und am Sonntag frei nehmen. Er arbeitet also 12 Arbeitstage in Folge und wahrt die wöchentliche Ruhezeit innerhalb eines 7-Tage-Zeitraums.

 

Nach deutschem Recht geht noch mehr

Für das deutsche Arbeitszeitrecht sind die Gestaltungsspielräume noch größer, berichtet Dr. Christian Schlottfeldt, Rechtsanwalt aus Berlin, in LGP Löhne Gehälter professionell.

 

„Bezugszeitraum“ für die Gewährung der wöchentlichen Ruhezeit

In Deutschland ist ein „Bezugszeitraum“ der wöchentlichen Ruhezeit definiert (Art. 16 EU-Arbeitszeitrichtlinie). Dieser ist im Arbeitszeitgesetz (ArbZG) verankert (§ 11 Abs. 3 ArbZG).

 

Ersatzruhetag wegen des Verbots der Sonntagsarbeit

Einem Arbeitnehmer, der am Sonntag arbeitet, steht danach innerhalb von 2 Wochen (in denen der Sonntag liegt) 1 Ersatzruhetag zu (an Feiertagen gilt ein 8-Wochen-Zeitraum). Ersatzruhetage können an jedem arbeitsfreien Werktag (Montag bis Samstag) gewährt werden.

 

Nach Schlottfeldt seien entsprechend dem deutschem Arbeitszeitrecht sogar 24 Arbeitstage am Stück zulässig. Wird die 2-Wochen-Frist des § 11 Abs. 3 ArbZG europarechtskonform ausgelegt, sind innerhalb von 2 Wochen auch 2 wöchentliche Ruhezeiten zu gewähren. Aber für deren Lage in diesem Zeitraum gibt es keine Vorgaben.

 

  • Beispiel

A hat innerhalb eines 2-Wochen-Zeitraums (z.B. KW 3 und 4) am Montag und Dienstag planmäßig frei. Von Mittwoch (KW 3) bis Sonntag der darauffolgenden Woche (KW 4) arbeitet er an allen 12 Tagen. In den beiden folgenden Wochen (KW 5 und 6) arbeitet A von Montag der KW 5 bis Freitag der KW 6 an 12 Tagen in Folge; Samstag und Sonntag (KW 6) sind arbeitsfrei. Durch die Verknüpfung der beiden Bezugszeiträume (KW 3/4 bzw. KW 5/6) entstehen insgesamt 24 Arbeitstage in Folge.

 

PRAXISTIPPS |

Dr. Schlottfeld gibt noch folgende Tipps für die Umsetzungen:

 

  • Hat der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer innerhalb eines 2-Wochen-Zeitraums die erforderlichen wöchentlichen Ruhezeiten gewährt, so hat der Arbeitnehmer keinen Anspruch auf bezahlte Freistellung auf Basis des Arbeitszeitgesetzes. Eventuelle arbeits- oder tarifvertragliche Ansprüche auf Freizeitausgleich und/oder Überstundenvergütung sind gesondert zu prüfen; insoweit macht das Arbeitszeitgesetz jedoch keine Vorgaben.
  • Im Zuge von Gesundheitsschutzmaßnahmen (§ 3 ArbSchG) kann es für Arbeitgeber geboten sein, die Anzahl der in Folge zu leistenden Arbeitstage deutlich unterhalb der arbeitszeitgesetzlichen Maximalwerte zu begrenzen. Dies gilt besonders für Nacht- und Schichtarbeit.
  • Tarifgebundene Betriebe sollten die Tarifbestimmungen zur Verteilung der Arbeitszeit beachten. Daraus kann sich eine Begrenzung der Anzahl der maximal zulässigen Arbeitstage in Folge ergeben.
 

(JT)

Weiterführende Hinweise

  • EU-Arbeitszeitrichtlinie ‒ Abruf-Nr. 45254797
Quelle: ID 45191372