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· Gesetzesänderungen

Betriebsrätemodernisierungsgesetz ‒ die wichtigsten Änderungen für Arbeitgeber im Überblick

Bild: © Wolfilser - stock.adobe.com

| Seit dem 18.06.2021 ist das neue Betriebsrätemodernisierungsgesetz (vormals Betriebsrätestärkungsgesetz) in Kraft. Mit dem neuen Gesetz werden etliche Vorschriften im Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG) und im Kündigungsschutzgesetz (KSchG) geändert. Im Wesentlichen wurden einige Regelungen auf die digitale Arbeitswelt angepasst und die Position der Betriebsräte etwas gestärkt. Auf welche Neuerungen Sie sich als Arbeitgeber einstellen müssen, erfahren Sie nachfolgend. |

 

Erweiterung des vereinfachten Wahlverfahrens von 50 auf bis zu 100 Mitarbeiter

Der Anwendungsbereich für das „vereinfachte Wahlverfahren“ bei Betriebsratswahlen wird erweitert. Nun gilt, dass diese in Form eines zweistufigen Wahlverfahrens in Betrieben mit 5 bis 100 (vormals 50) wahlberechtigten Arbeitnehmern verpflichtend ist (§§ 14 und 14a BetrVG n. F.). Bei 101 bis 200 wahlberechtigten Mitarbeitern können Arbeitgeber und Betriebsrat das vereinfachte oder das „normale Wahlverfahren“ vereinbaren und ab 201 Arbeitnehmer ist das normale Verfahren anzuwenden. Wahlberechtigt sind jetzt auch Beschäftigte ab Vollendung des 16. Lebensjahrs (vorher 18. Lebensjahr).

 

Erweiterung des Kündigungsschutzes für Initiatoren von Betriebsratswahlen

Der Kündigungsschutz für Wahlinitiatoren der Betriebsratswahl vor Kündigungen wurde erweitert. Er umfasst jetzt die ersten sechs ‒ statt bisher drei ‒ im Einladungsschreiben zur Betriebsratswahl aufgeführten Arbeitnehmer (§ 15 Abs. 3a KSchG). Zudem werden durch § 15 (neuer) Abs. 3b KSchG auch Initiatoren, die sich vor Veröffentlichung des Einladungsschreiben für die Gründung eines Betriebsrats einsetzen, besonders vor Kündigungen geschützt. Deren Kündigungsschutz reicht bis zum Zeitpunkt der Einladung zur Wahlversammlung; er betrifft aber nur ordentliche Kündigungen. Die Möglichkeit zur außerordentlichen (fristlosen) Kündigung aus besonderem Grund bleibt davon unberührt.

 

Virtuelle Betriebsratssitzung jetzt in Grenzen möglich

Betriebsratssitzungen per Video- oder Telefonkonferenz zum Ersatz der Präsenzsitzungen sind jetzt möglich, allerdings nur unter engen Voraussetzungen. So muss eine Geschäftsordnung des Betriebsrats ‒ unter Vorrang der Präsenzsitzung ‒ die Rahmenbedingungen für Video- oder Telefonkonferenzen festlegt haben und nicht mindestens ein Viertel der Betriebsratsmitglieder widersprechen (§ 30 Abs. 2 Nr. 1 BetrVG). Zudem muss sichergestellt sein, dass Dritte keine Kenntnis vom Inhalt der Sitzung nehmen können ‒ etwa durch technische Maßnahmen wie verschlüsselte Verbindungen. Die Teilnehmer an der virtuellen Sitzung müssen ihre Anwesenheit dem Vorsitzenden gegenüber „in Textform“ bestätigen (Ergänzung in § 34 Abs 1 BetrVG).

 

Datenschutzrechtliche Verantwortung trägt immer der Arbeitgeber

Der neue § 79a BetrVG (Datenschutz) klärt nun, dass die datenschutzrechtliche Verantwortlichkeit immer beim Arbeitgeber liegt. Der Betriebsrat muss allerdings auch für Datensicherheit sorgen. Hierbei haben sich Arbeitgeber und Betriebsrat gegenseitig zu unterstützen. Der Datenschutzbeauftragte ist gegenüber dem Arbeitgeber „zu Informationen, die Rückschlüsse auf den Meinungsbildungsprozess des Betriebsrats zulassen“, zur Verschwiegenheit verpflichtet.

 

Mehr Mitbestimmung des Betriebsrats bei der Gestaltung mobiler Arbeit

§ 87 Abs. 1 BetrVG (Mitbestimmungsrechte) hat eine neue Nr. 14 erhalten, wonach der Betriebsrat bei der „Ausgestaltung von mobiler Arbeit, die mittels Informations- und Kommunikationstechnik erbracht wird“, mitbestimmen darf. Die Frage, ob mobile Arbeit (= Arbeit außerhalt der Betriebsstätte) überhaupt eingeführt wird, verbleibt aber im Entscheidungsbereich des Arbeitgebers!

 

Mitbestimmung des Betriebsrats beim Einsatz von künstlicher Intelligenz

Bei Fragen der Künstlichen Intelligenz (KI) hat der Betriebsrat nunmehr ein Recht auf Hinzuziehen eines Sachverständigen, ohne darlegen zu müssen, das dies erforderlich ist (Änderung in § 87 Abs. 1 BetrVG).

 

Mitbestimmung bei der Weiterbildung: Auch der Betriebsrat kann Einigungsstelle anrufen

Laut § 96 Abs. 1 BetrVG haben Arbeitgeber und Betriebsrat die Berufsbildung der Arbeitnehmer zu fördern. Können sie sich dabei über Maßnahmen der Berufsbildung nicht einigen, kann nun nach dem neuen Abs. 1a der Arbeitgeber oder der Betriebsrat die Einigungsstelle um Vermittlung anrufen.

 

 

 

(Ke)

 

Quellen

  • Gesetz zur Förderung der Betriebsratswahlen und der Betriebsratsarbeit in einer digitalen Arbeitswelt (Betriebsrätemodernisierungsgesetz): Bundesgesetzblatt (BGBl) Teil l, Nr. 32 vom 17.6.2021, Seiten 1762 bis 1765.
Quelle: ID 47599641