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  • · Fachbeitrag · Geldwäscheprävention

    „Ungewöhnliche Sachverhalte“ im Sinne des Geldwäschegesetzes im Kfz-Handel

    von Tanja Brüggemann, Geschäftsführerin Deutsche Gesellschaft für Geldwäscheprävention mbH, Köln

    | Das Geldwäschegesetz verlangt von Ihnen besondere Vorsicht unter anderem bei „jedem Sachverhalt, der als zweifelhaft oder ungewöhnlich anzusehen ist“. Was darunter genau zu verstehen ist, gibt der Gesetzgeber nicht vor. Die Formulierung ist daher eine Art Generalklausel, unter der alles Mögliche zusammengefasst werden kann. Erfahren Sie nachfolgend, welche Sachverhalte Sie stutzig machen sollten. |

    Die unterlassene Verdachtsmeldung

    Stellen Sie sich folgende Situation vor: Ein Kunde von Ihnen gerät - aus welchen Gründen auch immer - in den Fokus polizeilicher Ermittlungen. Aus diesem Grunde suchen die Ermittler eines Landeskriminalamts (LKA) Ihr Autohaus auf und bitten Sie, zu einem länger zurückliegenden Verkauf Stellung zu nehmen. Idealerweise haben Sie Unterlagen zu dem Vorgang aus geldwäscherechtlicher Sicht aufbewahrt und können dies tun. Ganz unverfänglich fragt Sie ein Ermittler, wie oft in Ihrem Autohaus solche Vorgänge vorkommen oder schon vorgekommen sind. Ehrlich antworten Sie: „Noch nie“. Alternativ fragt Sie der Ermittler, ob Ihnen das nicht komisch vorgekommen sei. Auch hier antworten Sie: „Doch, das war schon ein bisschen seltsam“.

     

    Ab diesem Zeitpunkt können Sie von einem deutlich schärferen Tonfall der Ermittler ausgehen. Diese werden sofort nachhaken und Sie fragen, warum Sie für Ihr Autohaus keine Verdachtsmeldung abgegeben haben. Oft genug ist dieses Unterlassen Anlass für einen Bußgeldbescheid durch die Aufsichtsbehörde, die vom LKA informiert wird.

    Wie schützen Sie sich?

    Es kommt hier stark auf Ihren Erfahrungshorizont, Ihr Fachwissen und letztlich Ihr Bauchgefühl an, weil es keine gesetzlich definierten, objektiven Kriterien für einen „ungewöhnlichen Sachverhalt“ gibt.

     

    Sehr hilfreich sind hier die „Anhaltspunktepapiere“ der Financial Intelligence Unit (FIU) des Bundeskriminalamts (BKA). Darin fasst das BKA das Tat- und Täterverhalten stichwortartig zusammen. Der Nachteil allein ist: Diese Zusammenfassung erfolgt immer im Nachhinein. Geldwäscher aber sind clever und passen ihr Tatverhalten immer wieder neu an.

     

    Schutz bietet Ihnen als Händler auch eine gründliche Kundenüberprüfung mit Hilfe der Onlinedatenbank der GWG24 GmbH (www.gwg24.de). Händler unterliegen einer Eigenverpflichtung, sie dürfen sich ohnehin nicht auf Banken oder Leasinggeber verlassen.

    Hier ist besondere Vorsicht geboten

    Besondere Vorsicht ist insbesondere geboten bei

    • eingehenden Überweisungen auf mehrere Konten;
    • ausgehenden Zahlungen auf mehrere Konten für Handelsgeschäfte ein und derselben Firma;
    • Eingang von Bargeld (oder Zahlungen mittels anderer Methoden, z. B. telegrafische Überweisung) von Dritten, die offensichtlich nicht im Zusammenhang mit der Transaktion stehen;
    • Zahlungen für Waren mittels Schecks, Bankwechseln oder Zahlungsanweisungen, die nicht auf das Konto des Käufers gezogen wurden;
    • Strohmann/-fraugeschäften oder Einschaltung von Boten zur Verschleierung der Identität.

     

    • Beispiele
    • Ein Käufer erwirbt über Ihre Internetplattform ein Fahrzeug im Wert von 30.000 Euro. Er faxt Ihnen eine Passkopie eines ausländischen Staates. Vereinbart wird, dass der Käufer 25.000 Euro des Kaufpreises überweist und den Rest bei Fahrzeugabholung bar bezahlt. Die 25.000 Euro werden von drei unterschiedlichen Konten unterschiedlicher Inhaber aus dem In- und Ausland bezahlt.
    • Ein Käufer erwirbt einen Gebrauchten. Wenig später möchte er wegen verschiedener angeblicher Mängel den Kaufvertrag wandeln und bittet um (Rück-)Überweisung des Kaufpreises abzüglich der Bearbeitungsgebühren auf ein anderes Konto.
    • Eine junge, gut gekleidete Frau erwirbt ein Fahrzeug, interessiert sich in keiner Weise für Ausstattung oder technische Details und verhandelt auch nicht über den Preis. Sie bezahlt das Fahrzeug. Vor Auslieferung des Fahrzeugs bittet sie darum, den Kaufvertrag auf eine Dritte Person zu ändern/das Fahrzeug auf eine andere Person zuzulassen.
    • Ein Azubi erwirbt einen (hochwertigen) Sportwagen.
    • Eine fremde, Ihnen nicht bekannte Firma erwirbt ein Fahrzeug, überweist den Kaufpreis und schickt Boten zur Fahrzeugabholung.
     

    Wichtige Hinweise auf Geldwäsche bzw. Terrorismusfinanzierung liefern Ihnen - wie erwähnt - die „Anhaltspunktepapiere“ der FIU des BKA. Der folgende Auszug aus der Liste nennt die Punkte, die im Kfz-Handel besonders relevant sind:

     

    Checkliste / Anhaltspunkte für Geldwäsche und/oder Terrorismusfinanzierung

    Der Kunde verlangt Anonymität.
    Der Kunde versucht, den persönlichen Kontakt zu Ihnen (als Verpflichteten) ohne erkennbaren Grund zu vermeiden.
    Der Kunde versucht, seine wahre Identität zu verschleiern.
    Der Kunde erteilt falsche oder irreführende Auskünfte.
    Der Kunde verweigert notwendige und für das Geschäft übliche Auskünfte oder Unterlagen.
    Der Kunde versucht, ein über das normale Maß hinausgehendes Vertrauensverhältnis zu Ihnen aufzubauen.
    Der Kunde versucht, Sie in ein Abhängigkeitsverhältnis zu bringen.
    Dem Kunden fehlt das Kostenbewusstsein.
    Der Kunde bittet Sie (als Verpflichteten) um eine Dienstleistung, die ein Verpflichteter aus der Region, in der der Kunde lebt, erbringen könnte, ohne dass er für diese Vorgehensweise eine akzeptable Erklärung (z. B. Spezialwissen des Verpflichteten) geben kann.
    Sie wissen von einem Strafverfahren gegen den Kunden, Vertragspartner oder wirtschaftlich Berechtigten.
    Ihr Kunde tätigt große Bestellungen aus dem Ausland, z. B. teure Fahrzeuge, und leistet eine Anzahlung. Kurze Zeit später storniert er die Bestellung und bittet um Überweisung der Anzahlung abzüglich der Stornogebühr auf ein anderes Konto.

    Das Unternehmen Ihres Kunden verfügt über keine/zu wenig Beschäftigte, was für die Art des Betriebs ungewöhnlich ist.

    Ihr Kunde macht falsche bzw. widersprüchliche Angaben in Rechnungen und den dazugehörigen Handelsdokumenten (z. B. Frachtbriefe).

    Ihr Kunde kauft Langsteher oder Schrottfahrzeuge zu einem ungewöhnlich hohen Preis (war ursprünglich: Ankauf von wertlosen oder stark fehlerhaften Waren zum üblichen Marktpreis).

    Ihr Kunde handelt mit Gegenständen mit hohem Warenwert (z. B. Luxusfahrzeugen), obwohl er sonst geschäftlich in ganz anderen Branchen tätig ist.

    Der Kunde beabsichtigt, innerhalb kurzer Zeit in seinem Namen oder im Namen anderer Personen verschiedene Firmen zu gründen, ohne dass es dafür einen legitimen steuerlichen, rechtlichen oder wirtschaftlichen Grund zu geben scheint.
    Der Kunde ist an einer für ihn ungewöhnlichen Transaktion beteiligt, die in keiner Beziehung zu seiner beruflichen/geschäftlichen oder sonstigen Tätigkeit bzw. in keinem Verhältnis dazu steht, ohne dass er dem Verpflichteten hierfür eine nachvollziehbare Erklärung liefern kann.

    Ihr Kunde zahlt unverzüglich in Rechnung gestellte Beträge, die in keinem Verhältnis zu den sonstigen finanziellen Möglichkeiten seines Unternehmens stehen.

    Das Unternehmen erwirbt Privatvermögen und Konsumgüter im großen Umfang ohne wirtschaftlich nachvollziehbaren Hintergrund.

    Ihr Kunde steht in auffälligem Geschäftsverkehr mit Geschäftspartnern in Ländern, die nicht dem EU-Recht entsprechenden Offenlegungspflichten bzw. gleichwertigen internationalen Standards unterliegen (z. B. Warenankauf von oder Warenverkauf an ausländische Domizilgesellschaften, Provisionszahlungen).

     

     

    Wichtig | Einige dieser Anhaltspunkte zielen vom Täterverhalten genau auf die neuralgischen Schnittstellen im Autohaus: der Kommunikation zwischen Verkauf/Kasse/Buchhaltung und ggf. Disposition. Geldwäscher verlassen sich darauf, dass es vielen Kfz-Händlern nach dem Verkauf und Geldeingang gleichgültig ist, woher und in welcher Art der Kaufpreis bezahlt wurde.

     

    PRAXISHINWEIS | Zwei gute Gründe sprechen dafür, nicht so zu denken, sondern sich im Rahmen der Gefährdungsanalyse gründlich mit diesen Gefahren auseinandersetzen und interne Präventionsmechanismen zu entwickeln:

    • Der Präventionsgedanke des GwG und
    • der Umstand, dass das Unterlassen bußgeldbewehrt ist.
     

    Weiterführende Hinweise

    • Die Beitragsserie wird mit der „Abgabe einer Verdachtsmeldung“ fortgesetzt. Wann muss sie abgegeben werden und was geschieht dann?
    Quelle: Ausgabe 11 / 2016 | Seite 13 | ID 44306223