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  • · Fachbeitrag · Umsatzsteuer/Innergemeinschaftlicher Handel

    Neues zum Exportdienstleister ‒ FG ebnet Weg in die umsatzsteuerliche Rechtssicherheit

    von Steuerberaterin Beate Trinks und Rechtsanwalt Matthias Trinks, txt AG Rechtsanwaltsgesellschaft, Eisenhüttenstadt

    | Über dem Kfz-Handel von und mit Exportdienstleistern hängt seit Jahren das umsatzsteuerliche Damoklesschwert. Bundesweit bekannt ist insoweit der Fall „Baumer“. Noch immer verfolgt die Finanzverwaltung solche Fälle mit Akribie, was wegen der besonderen steuerlichen Wirkung zur Demontage des Geschäftsmodells führt. Doch die Annahme, die Exportdienstleister seien bloße Vermittler, erscheint rechtlich kaum haltbar. Ein Beschluss des FG Nürnberg, ergangen in einem Verfahren über die Aussetzung der Vollziehung (AdV), könnte nun den Weg in die Rechtssicherheit ebnen. |

    Kfz-Handel über Exportdienstleister

    Der Kfz-Handel unter Einschaltung von Exportdienstleistern läuft in aller Regel ähnlich ab. Eine typische Konstellation sieht so aus:

     

    • Der inländische Händler inseriert ein Fahrzeug im Internet, das der Käufer im Rahmen einer innergemeinschaftlichen Lieferung erwerben möchte. Beide Beteiligten stellen fest, dass ein Verkauf unmittelbar nicht zustande kommt, weil der Verkäufer das steuerliche Exportrisiko scheut.

     

    • Der bislang unbeteiligte Exportdienstleister wirbt genau dabei mit besonderer Expertise. Daraufhin wird er als Zwischenhändler zur Geschäftsabwicklung kontaktiert. Verkäufer und Zwischenhändler schließen einen Kaufvertrag über das Fahrzeug. Dabei weist der Verkäufer Umsatzsteuer auf der entsprechenden Rechnung aus.

     

    • Sodann schließt der Zwischenhändler einen Kaufvertrag über das Fahrzeug mit dem (Anschluss-)Käufer. Der Zwischenhändler stellt eine Rechnung (Auftragsbestätigung) über den mit dem Kalkulationsaufschlag erhöhten Nettobetrag aus.

     

    • Abgeholt wird das Fahrzeug ‒ unter Bevollmächtigung des Zwischenhändlers ‒ vom (Anschluss-)Käufer direkt beim inländischen Händler.

    Verwaltungsmeinung: Exportdienstleister ist nur Vermittler

    Die Finanzverwaltung vertritt in solchen Konstellation mitunter die Auffassung, der Exportdienstleister sei lediglich als Vermittler aufgetreten. Eine Fahrzeuglieferung vom deutschen Händler an den Exportdienstleister habe demnach nicht stattgefunden. Das führt zu drastischen Steuerfolgen:

     

    • Dem Exportdienstleister steht kein Vorsteuerabzug aus den Fahrzeuganlieferungen zu. Da er den Betrag selbst verauslagen musste und vom Anschlusskäufer keine Kompensation erhält, wirkt die Abzugsbeschränkung besonders belastend.

     

    • Der inländische Händler schuldet die an den Exportdienstleister ausgewiesene Steuer nach § 14c UStG. Unter Umständen versucht die Finanzverwaltung, die Umsatzsteuer ein 2. Mal zu erheben, weil sie keine steuerfreie „Direktlieferung“ an den (Anschluss-)Käufer anerkennt.

     

    Wichtig | Mit dieser Argumentation hatte die bayerische Finanzverwaltung bereits im beinahe schon legendären Fall „Baumer“ Erfolg. Die rechtliche Vertretung des Exportdienstleisters nahm die Verwaltungsmeinung damals offenbar hin und versuchte dann, sich gegenüber den inländischen Händlern durch zivilrechtliche Rückforderungen schadlos zu halten.

     

    Schon damals hätte es sich angeboten, unmittelbar gegen die Finanzverwaltung vorzugehen. Nun bietet sich die Möglichkeit, das nachzuholen. Denn die Auffassung, dass trotz der klaren zivilrechtlichen Verhältnisse kein Eigenhandelsgeschäft des Exportdienstleister vorliegen soll, erscheint kaum haltbar.

    FG Nürnberg: Steuerpflichtige Lieferung nicht ausgeschlossen

    In dem von den Autoren betreuten Fall forderte die Finanzverwaltung rückwirkend die Vorsteuer von einem Exportdienstleister zurück, die dieser über mehrere Jahre im Fahrzeugankauf geltend gemacht hatte. Dabei griff die Finanzverwaltung auf die bereits aus dem Fall „Baumer“ bekannte Argumentation zurück. Eine gerichtliche Klärung blieb damit unausweichlich.

     

    Wegen der Eilbedürftigkeit der Sache beschritt man zunächst das AdV-Verfahren. Hierbei prüft das Gericht lediglich summarisch anhand der präsenten Beweismittel. Im Streitfall war der Sachverhalt im Kern aufgeklärt und nur die Rechtsanwendung (Eigenhandel oder Vermittlungsgeschäft?) zwischen den Beteiligten streitig.

     

    Dabei fand das FG Nürnberg deutliche Worte: „Im Streitfall sprechen jedenfalls gewichtige Gründe für die Möglichkeit, dass die Antragstellerin [Exportdienstleisterin] tatsächlich steuerpflichtige Lieferungen bezogen hat und die in den Rechnungen an sie ausgewiesene Umsatzsteuer nicht wegen des Ausweises geschuldet wird.“ (FG Nürnberg, Beschluss vom 16.04.2018, Az. 2 V 1572/17, Abruf-Nr. 201153).

     

    Zur Begründung stützt das Gericht seine Entscheidung insbesondere auf die Grundsätze des handelsrechtlichen Kommissiongeschäfts. Dabei übernimmt der Exportdienstleister die Rolle des Kommissionärs. Kommissionär ist, wer es gewerbsmäßig übernimmt, Waren oder Wertpapiere für Rechnung eines anderen (des Kommittenten) in eigenem Namen zu kaufen oder zu verkaufen (§ 383 Abs. 1 HGB).

     

    Wichtig | Es bleibt der Ablauf des Hauptsacheverfahrens abzuwarten um zu sehen, ob das Gericht auch final daran festhalten will. Im Kern ist dem Gericht jedenfalls beizupflichten: Eine unbedingte zivilrechtliche Eigentumsübertragung muss umsatzsteuerlich stets und ausnahmslos eine Lieferung zur Folge haben.

    Handlungsempfehlungen

    Eine gerichtliche Präzedenzentscheidung zur steuerlichen Behandlung im Zusammenhang mit Exportdienstleistern liegt ‒ soweit ersichtlich ‒ nicht vor. Auch im hier vorgestellten Fall ist kurzfristig nicht mit einem rechtskräftigen Urteil zu rechnen.

     

    Für Autohäuser lassen sich aus dem AdV-Beschluss des FG Nürnberg folgende Handlungsempfehlungen ableiten: Das steuerliche Risiko für inländische Händler, die Exportdienstleister einschalten, erscheint zwar überschaubar. Es besteht jedoch ein „Restrisiko“. Das sollte mit folgenden Maßnahmen minimiert werden:

     

    • Kaufverträge sollten ausschließlich mit dem Exportdienstleister geschlossen werden. Dritte, also die Anschlusskäufer im Ausland, dürfen darin keine Rolle spielen.
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    • Das Eigentum am Fahrzeug sollte eindeutig auf den Exportdienstleister übertragen werden. Hierfür ist die physische Übergabe des Fahrzeugs der rechtssichere Weg. Nur hilfsweise sollte eine die physische Übergabe ersetzende schriftliche Übergabevereinbarung geschlossen werden.
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    • Übergibt das Autohaus das Fahrzeug direkt an den Anschlusskunden, erhöht sich das Risiko der Annahme eines Vermittlungsgeschäfts. Dann sollte zumindest eine Abholvollmacht des Exportdienstleisters vorliegen.

     

    PRAXISTIPP | Um abschließende Gewissheit über die steuerliche Behandlung der Transaktionen zu erlangen, kann ein Streitfall (Musterferfahren) provoziert werden, etwa in dem man sich gegen die Steuerschuld aus dem Verkauf eines einzelnen Fahrzeugs an den Exportdienstleister wendet.

     

    Den Exportdienstleister trifft ein ungleich höheres Risiko. Wird sein Geschäftsmodell beanstandet, hat das nicht nur die oben beschriebenen umsatzsteuerlichen Konsequenzen. Die Ermittlungen sind häufig Ausfluss oder flankiert von steuerstrafrechtlichen Ermittlungen im Zusammenhang mit Karussellgeschäften. Exportdienstleister sollten daher auf eine möglichst beanstandungsfreie Lieferkette hinarbeiten. D. h.,

    • Kaufverträge eindeutig formulieren,
    • Warenbewegungen organisieren und
    • alle Transaktionen umfassend dokumentieren.

     

    Weiterführende Hinweise

    • Beitrag „Vermittlungsleistungen oder Eigengeschäft beim Verkauf gebrauchter Kraftfahrzeuge“, ASR 3/2016, Seite 4 → Abruf-Nr. 43845739
    • Beitrag „Insolvenz eines ,Exportdienstleisters‘ ‒ Autohäuser sollen Umsatzsteuer zurückzahlen“ auf asr.iww.de → Abruf-Nr. 37061220
    Quelle: Ausgabe 06 / 2018 | Seite 11 | ID 45300469