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  • · Fachbeitrag · Lohnsteuer/Sachzuwendungen/Betriebsveranstaltung

    Spielregeln für eine Firmenfeier anlässlich eines runden Mitarbeiter-Geburtstags

    von StB Dipl.-Finw. (FH) Volker Grasmück, Walsheim

    | Veranstalten Sie in Ihrem Autohaus oder Kfz-Betrieb anlässlich des runden Geburtstags eines Mitarbeiters eine Firmenfeier oder geben Sie einen Empfang, stellt sich die Frage, wie dies lohnsteuer- und beitragsrechtlich zu beurteilen ist. Nachfolgend finden Sie die Spielregeln. |

    Lohnsteuerliche Spielregeln

    Feiert der Mitarbeiter einen runden Geburtstag, handelt es sich ‒ zumindest auf den ersten Blick ‒ um ein privates Ereignis. Dann tragen Sie als Arbeitgeber private Aufwendungen Ihres Mitarbeiters (§ 12 Nr. 1 EStG). Und diese Aufwendungen zählen zum lohnsteuer- und beitragspflichtigen Arbeitslohn.

     

    Hat die Geburtstagsfeier jedoch einen überwiegend betrieblichen Anlass, ist zu prüfen, ob der Arbeitslohnbegriff erfüllt ist. Das wäre der Fall, wenn die Bereicherung des Mitarbeiters überwiegt.

     

    Wann der Entlohnungscharakter und wann das überwiegende betriebliche Interesse des Arbeitgebers überwiegt, richtet sich nach dem Gesamtbild der Verhältnisse des jeweiligen Einzelfalls.

     

    Grundsätze und Abgrenzungsmerkmale des BFH

    Die Rechtsprechung hat hier einige Grundsätze aufgestellt, die eine steuer- und beitragsrechtliche Zuordnung ermöglichen, insbesondere der BFH im Urteil vom 28.01.2003 (Az. VI R 48/99, Abruf-Nr. 030715).

     

    Im BFH-Fall hatte eine Genossenschaftsbank zu einem Empfang anlässlich des runden Geburtstags eines Vorstandsmitglieds eingeladen. Die Aufwendungen der Bank für den Empfang betrugen 6.661 DM (Streitjahr 1993). Die Aufwendungen entstanden für Speisen, Getränke und Blumenschmuck. Eingeladen waren 100 Gäste, die sich aus Geschäftspartnern, Angehörigen des öffentlichen Lebens (Bürgermeister etc.) und der Presse zusammensetzten. Neben dem Arbeitnehmer nahmen vier seiner Angehörigen teil.

     

    • Das Finanzamt sah den gesamten Aufwand des Arbeitgebers als Arbeitslohn beim Arbeitnehmer an (6.661 DM).

     

    • Dagegen ging das Finanzgericht davon aus, dass lediglich die auf den Arbeitnehmer und seine Angehörigen entfallenden Aufwendungen, im Streitfall 333 DM, als Arbeitslohn anzusetzen seien.

     

    • Der BFH bestätigte die Auffassung des Finanzgerichts. Für einen überwiegenden betrieblichen Anlass (und damit keinen Arbeitslohn) sprachen folgende Argumente:
      • Der Arbeitgeber (nicht der Arbeitnehmer selbst) war als Gastgeber aufgetreten.
      • Die Einladungen richteten sich nach betrieblichen Aspekten (Geschäftspartner, Presse, etc.).
      • Der Empfang fand in den Geschäftsräumen des Arbeitgebers statt.

     

    Der BFH ging daher nicht von einer privaten Geburtstagsfeier des Arbeitnehmers, sondern von einer betrieblichen Veranstaltung des Arbeitgebers aus.

     

    Regelung der Finanzverwaltung

    Die Finanzverwaltung hat in R 19.3 Abs. 2 Nr. 4 LStR sowie in H 19.3 LStH (Arbeitslohn, Nicht zum Arbeitslohn gehören …) die vorgenannte BFH-Rechtsprechung übernommen und folgende Regelung getroffen:

     

    • Regelung der Finanzverwaltung

    Nicht zum Arbeitslohn zählen …

    • ‒ übliche Sachleistungen bei einem Empfang anlässlich eines runden Geburtstages eines Arbeitnehmers, wenn es sich unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls um ein Fest des Arbeitgebers (betriebliche Veranstaltung) handelt. Die anteiligen Aufwendungen des Arbeitgebers, die auf den Arbeitnehmer selbst, seine Familienangehörigen sowie private Gäste des Arbeitnehmers entfallen, gehören jedoch zum steuerpflichtigen Arbeitslohn, wenn die Aufwendungen des Arbeitgebers mehr als 110 Euro je teilnehmender Person betragen; auch Geschenke bis zu einem Gesamtwert von 60 Euro sind in die 110-Euro-Grenze einzubeziehen,
     

    Wichtig | Die 110-Euro-Freigrenze ist nicht mit dem Freibetrag für Betriebsveranstaltungen im Sinne von § 19 Abs. 1 Nr. 1a S. 3 EStG zu verwechseln.

    Einhalten der Vorgaben des BFH und der Finanzverwaltung

    Werden die Vorgaben des BFH und der Finanzverwaltung eingehalten, führt dies einerseits beim Arbeitgeber zu ‒ ggf. beschränkt ‒ abzugsfähigen Betriebsausgaben und andererseits beim Arbeitnehmer nicht zu Arbeitslohn.

     

    • Beispiel

    Ein Autohaus lädt anlässlich des 50. Geburtstags seines angestellten Geschäftsführers zu einem Empfang ein, bei dem Speisen und Getränke gereicht werden. Neben der gesamten 40-köpfigen Belegschaft sind 60 Kunden und Geschäftspartner sowie Vertreter der Presse und des öffentlichen Lebens eingeladen. Die Kosten betragen 10.000 Euro und entfallen auf Speisen, Getränke, Dekoration und Ausgestaltung der betrieblichen Räume.

     

    Ergebnis: Da es sich offensichtlich um ein Fest des Arbeitgebers handelt, und die Kosten je teilnehmender Person den Betrag von 110 Euro nicht übersteigen, entsteht kein Arbeitslohn. Das Autohaus muss die Kosten weder versteuern noch in der Sozialversicherung verbeitragen. Ungeachtet dessen dürfen die anfallenden Bewirtungskosten nur zu 70 Prozent den Gewinn mindern (§ 4 Abs. 5 S. 1 Nr. 2 EStG).

     

    Überschreiten der 110-Euro-Freigrenze

    Wird die Freigrenze von 110 Euro überschritten, führen diejenigen Kosten, die auf den Mitarbeiter entfallen, zu steuerpflichtigem Arbeitslohn.

     

    • Abwandlung

    Die Kosten für die Feier anlässlich des 50. Geburtstags belaufen sich auf insgesamt 12.000 Euro.

     

    Ergebnis: Auf den Geschäftsführer entfallen Kosten von 120 Euro. In dieser Höhe entsteht steuerpflichtiger und beitragspflichtiger Arbeitslohn.

     

    Da es sich um einen Sachbezug handelt, kann das Autohaus die Zuwendung nach § 37b Abs. 2 EStG versteuern (ggf. mit Verbeitragung in der Sozialversicherung). Alternativ kann auch eine individuelle Versteuerung beim Geschäftsführer erfolgen.

     

    Will das Autohaus die Lohnsteuer übernehmen, muss der Nettobezug von 120 Euro auf einen Bruttobezug hochgerechnet werden (analog der Regelung des § 40 Abs. 1 S. 2 EStG). Eine (günstige) Pauschalierung nach § 40 Abs. 2 EStG scheidet aus, weil die gesetzlichen Voraussetzungen nicht vorliegen.

    Teilnahme von Angehörigen des Arbeitnehmers

    Nehmen auch Familienangehörige des Arbeitnehmers an der Veranstaltung teil, sind die Aufwendungen für die Familienangehörigen dem Arbeitnehmer zuzurechnen.

     

    • Abwandlung

    Die Kosten der Feier anlässlich des 50. Geburtstags belaufen sich insgesamt auf 12.000 Euro. Neben dem Geschäftsführer nehmen seine Ehefrau sowie seine beiden Kinder an der Feier teil. Die Kosten betragen je Person 120 Euro.

     

    Ergebnis: Auf den Geschäftsführer entfallen Kosten von 480 Euro (4 x 120 Euro). In dieser Höhe entsteht steuerpflichtiger und sozialversicherungspflichtiger Arbeitslohn.

     

    Mehr Arbeitnehmer als fremde Personen

    Wie sind die Fälle zu behandeln, in denen mehr Mitarbeiter als fremde Personen (Kunden, Geschäftspartner etc.) an der Geburtstagsfeier teilnehmen?

     

    In diesem Fall liegt eine Betriebsveranstaltung im Sinne von § 19 Abs. 1 Nr. 1a EStG vor. Folge: Der Arbeitgeber kann die Zuwendung ‒ ggf. unter Abzug des Freibetrags in Höhe von 110 Euro nach § 19 Abs. 1 Nr. 1a S. 3 EStG ‒ pauschal mit 25 Prozent nach § 40 Abs. 2 Nr. 2 EStG lohnversteuern.

     

    • Beispiel

    Ein Autohaus lädt anlässlich des 50. Geburtstags seines Verkaufsleiters zu einem Empfang ein, bei dem Speisen und Getränke gereicht werden. Neben der gesamten 40-köpfigen Belegschaft sind 30 Kunden und Geschäftspartner eingeladen. Die Kosten betragen 120 Euro pro Person.

     

    Ergebnis: Bei der Veranstaltung überwiegen die Betriebsangehörigen. Es handelt sich um eine Betriebsveranstaltung im Sinne von § 19 Abs. 1 Nr. 1a EStG. Die Kosten je Teilnehmer betragen 120 Euro.

    • Der Arbeitgeber kann nun den Freibetrag von 110 Euro in Anspruch nehmen und den übersteigenden Betrag von 10 Euro je teilnehmendem Arbeitnehmer pauschal mit 25 Prozent lohnversteuern.
    • Wird der 110-Euro-Freibetrag nicht in Anspruch genommen (z. B. weil er bereits für zwei andere Betriebsveranstaltungen in Anspruch genommen wurde), kann der Arbeitgeber den gesamten Betrag von 120 Euro je teilnehmendem Arbeitnehmer pauschal versteuern.
    • Die Pauschalierung führt zur Beitragsfreiheit in der Sozialversicherung.
     

    Wichtig | Die auf die Nichtarbeitnehmer entfallenden Bewirtungskosten dürfen nur in Höhe von 70 Prozent der Aufwendungen den Gewinn mindern.

    Geburtstagsgeschenk im Rahmen der Feier

    Erhält der Arbeitnehmer im Rahmen der Geburtstagsfeier ein Geschenk, sind die Kosten des Geschenks beim Arbeitnehmer einzubeziehen, falls der Wert des Geschenks 60 Euro (R 19.6 Lohnsteuerrichtlinien) nicht übersteigt.

     

    • Beispiel

    Ein Autohaus lädt anlässlich des 60. Geburtstags seines Verkaufsleiters zu einem Empfang ein, bei dem Speisen und Getränke zur Verfügung gestellt werden. Neben der gesamten 40-köpfigen Belegschaft sind 60 Kunden und Geschäftspartner eingeladen. Damit handelt es sich nicht um eine Betriebsveranstaltung im Sinne von § 19 Abs. 1 Nr. 1a EStG. Die Kosten belaufen sich insgesamt auf 6.000 Euro, je teilnehmender Person also 60 Euro. Das „Geburtstagskind“ erhält ein Geschenk im Wert von 60 Euro, alternativ eines im Wert von 300 Euro.

     

    Ergebnis:

    • Der Wert des Geschenks von 60 Euro ist in die Kosten beim Verkaufsleiter einzubeziehen. Damit wird bei ihm die 110-Euro-Freigrenze überschritten, was zu steuerpflichtigem Arbeitslohn in Höhe von 120 Euro führt. Hinsichtlich der Versteuerungsmöglichkeiten gelten die obigen Ausführungen zur Pauschalierung.

     

    • Beträgt der Wert des Geschenks 300 Euro, bleibt das Geschenk bei Prüfung der Freigrenze außen vor. Die 110-Euro-Freigrenze wird nicht überschritten. Der Betrag von 60 Euro führt beim Arbeitnehmer nicht zu Arbeitslohn. Das Geschenk hingegen muss als sonstiger Bezug versteuert werden. Da es sich um einen Sachbezug handelt, kann eine Versteuerung nach § 37b Abs. 2 EStG erfolgen.
     
    Quelle: Ausgabe 11 / 2019 | Seite 13 | ID 46107967