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  • · Fachbeitrag · Umsatzsteuer

    Reifeneinlagerung mit 16 oder 19 Prozent Umsatzsteuer abrechnen?

    von Diplom-Finanzwirt Rüdiger Weimann, Dozent, Lehrbeauftragter und freier Gutachter in Umsatzsteuerfragen, Dortmund

    | Passend zur bevorstehenden Räder- bzw. Reifenwechselsaison möchte ein ASR-Leser wissen: Welches Leistungsdatum ist bei einer Reifeneinlagerung ausschlaggebend für den Umsatzsteuersatz? Lesen Sie, was wann gilt. |

     

    Frage: Wenn der Kunde jetzt seine Sommerräder bringt, holt er sie (vermutlich) erst 2021 ab. Das Mietverhältnis läuft also bis in das neue Jahr. Abrechnung mit 19 Prozent? Das wirft folgende zusätzliche Fragen auf:

     

    • Sind die Rechnungen aus dem ersten Halbjahr auf 16 Prozent zu korrigieren?
    • Was tun, wenn die Steuersenkung doch plötzlich verlängert wird?
    • Oder der Kunde überraschend zu Weihnachten seiner Frau ein neues Fahrzeug kauft und die Räder noch vor dem Jahreswechsel auslagert?

     

    Antwort: Bei der Beantwortung Ihrer Fragen sind folgende fünf der zwölf in ASR 7/2020, Seite 9 (→ Abruf-Nr. 46648615 ) vorgestellten Grundregeln zu beachten:

     

    • Umsatzsteuer-Senkung / Für Reifeneinlagerung relevante Grundregeln
    • Sonstige Leistungen (also solche, die nicht zu einer Lieferung führen) sind grundsätzlich im Zeitpunkt ihrer Vollendung ausgeführt (Abschn. 13.1. Abs. 3 S. 1 UStAE) → vgl. Grundregel 5
    • Bei zeitlich begrenzten Dauerleistungen (Miete, Leasing, Pacht) kommt es für die gesamte Leistung auf den Steuersatz am Ende des Dauerleistungszeitraums an → vgl. Grundregeln 5 und 7
    • Ohne Bedeutung ist das Datum des Vertrags, also wann der Kunde den der Leistung zugrundeliegenden Vertrag unterschrieben hat → vgl. Grundregel 10
    • Ohne Bedeutung ist das Datum der Rechnungsstellung, also wann das Autohaus dem Kunden die Rechnung schreibt (Abschn. 12.1. Abs. 3 S. 2 UStAE) → vgl. Grundregel 11
    • Ohne Bedeutung ist, wann der Kunde die Rechnung bezahlt (Abschn. 12.1. Abs. 3 S. 2 UStAE). → vgl. Grundregel 12
     

    Betrachtung des jeweiligen Einzelfalls erforderlich!

    Um sonstige Leistungen wie die Reifeneinlagerung beurteilen zu können, müssen Sie den tatsächlichen Sachverhalt und die konkreten Vertragsvereinbarungen genau kennen. Denn ändert sich auch nur ein „Stellschräubchen“, führt dies häufig zu einem anderen (umsatz-)steuerlichen Ergebnis.

     

    Die folgenden Fallbeispiele gehen insoweit alle davon aus, dass

    • Winterreifen vom 01.04. bis spätestens zum 15.11. desselben Jahrs eingelagert werden,
    • Sommerreifen vom 01.10. bis längstens zum 30.04. des Folgejahrs eingelagert werden,
    • auf Kundenwunsch eine frühere Auslagerung möglich ist und
    • Auftragserteilung, Rechnung und Bezahlung jeweils auf den Einlagerungsbeginn datieren bzw. dann erfolgen.

    Die umsatzsteuerlichen Folgen

    Die folgenden Beispiele zeigen Ihnen, was sich daraus umsatzsteuerlich für die von Ihnen vorgestellten Fallgestaltungen ergibt:

     

    • Beispiel 1

    Sachverhalt: Einlagerung der Winterreifen am 01.04.2020

     

    Beurteilung: Die Einlagerung ist eine Dauerleistung und wird gegen Einmalzahlung erbracht. Maßgebend ist der Steuersatz bei der Auslagerung am 01.10.2020 (Grundregeln 5 und 7). Die Zeitpunkte des Abschlusses des Einlagerungsvertrags, der Rechnungsstellung und der Bezahlung sind ohne Bedeutung (Grundregeln 10 bis 12).

     

    Steuersatz: Damit gilt eigentlich der gesenkte Umsatzsteuersatz von 16 Prozent. Da bei der Zahlung im April 2020 noch der Steuersatz von 19 Prozent galt, mussten Sie diesen auch zunächst abrechnen. Im zweiten Halbjahr 2020 müsste dann der neue Steuersatz herangezogen und die Rechnung entsprechend berichtigt werden.

     

    PRAXISTIPP |

    • Sie sollten die ursprüngliche Abrechnung beibehalten. Die Ersparnis bei Ihrem Kunden durch eine Berichtigung wäre gering; sie würde bei einem Brutto-Einlagerungspreis von 59,50 Euro lediglich 1,50 Euro betragen. Die betriebswirtschaftlichen Kosten Ihres Autohauses wären um ein Vielfaches höher.
    • Die Rechnung berichtigen sollten Sie daher nur, wenn Ihr Kunde
      • dies ausdrücklich wünscht oder
      • als Großkunde eine erhebliche Ersparnis hätte.
     

     

    • Beispiel 2

    Sachverhalt: Einlagerung der Sommerreifen am 01.10.2020

     

    Beurteilung: Die Einlagerung ist eine Dauerleistung und wird gegen Einmalzahlung erbracht. Maßgebend ist der Steuersatz bei der Auslagerung am 01.04.2021 (Grundregeln 5 und 7). Die Zeitpunkte des Abschlusses des Einlagerungsvertrags, der Rechnungsstellung und der Bezahlung sind ohne Bedeutung (Grundregeln 10 bis 12).

     

    Steuersatz: Damit gilt wieder der „alte“ Umsatzsteuersatz von 19 Prozent.

     

    PRAXISTIPP | Sie sollten die Rechnung sofort unter Ausweis von 19 Prozent Umsatzsteuer erstellen. U. E. ist es unerheblich, dass Sie die Rechnung im Oktober 2020 schreiben, da der abgesenkte Steuersatz nur für Leistungen gilt, die im zweiten Halbjahr 2020 erbracht werden (analoge Anwendung von BMF, Schreiben vom 30.06.2020, Az. III C 2 ‒ S 7030/20/10009 :004, Rz. 1, Abruf-Nr. 216200). Durch dieses Vorgehen ersparen Sie sich eine Rechnungsberichtigung auf 19 Prozent im April 2021, welche dann erforderlich würde, wenn Sie im Oktober 2020 mit 16 Prozent abrechnen würden.

     

     

    • Beispiel 3

    Sachverhalt: Wie Beispiel 2. Der Kunde kauft seiner Frau zu Weihnachten ein neues Auto und lagert die Räder noch vor dem Jahreswechsel 2020/2021 aus.

     

    Beurteilung: Die Einlagerung ist eine Dauerleistung und wird gegen Einmalzahlung erbracht. Maßgebend ist der Steuersatz bei der Auslagerung im Dezember 2020 (Grundregeln 5 und 9). Die Zeitpunkte des Abschlusses des Einlagerungsvertrags, der Rechnungsstellung und der Bezahlung sind ohne Bedeutung (Grundregeln 10 bis 12).

     

    Steuersatz: Es gilt der gesenkte Umsatzsteuersatz von 16 Prozent.

     

    PRAXISTIPP | Wenn Sie die Einlagerung der Sommerreifen ‒ wie in Beispiel 2 empfohlen ‒ mit 19 Prozent besteuert haben, ist nunmehr eine Rechnungsberichtigung unumgänglich. Dabei müssen Sie nicht nur den Steuersatz (16 Prozent), sondern auch die Leistungsbeschreibung (vorzeitiges Lagerende) und ggf. das Lagerentgelt anpassen.

     

    Wenn der gesenkte Umsatzsteuersatz länger gilt

    Zu guter Letzt: Sollte der Umsatzsteuersatz über den 31.12.2020 hinaus gesenkt werden, fakturieren Sie mit dem Steuersatz, der am Ende des Einlagerungszeitraums gelten wird (analog Beispiel 2).

     

    WICHTIG | Verwenden Sie diesen aber nur, wenn er im Zeitpunkt der Rechnungsstellung bereits feststeht, also schon gesetzlich fixiert ist.

     

    Weiterführende Hinweise

    • Beitrag „So meistern Sie die befristete Senkung des Umsatzsteuersatzes in Ihrem Kfz-Betrieb“, ASR 7/2020, Seite 9 → Abruf-Nr. 46648615
    • Beitrag „So wirkt sich die Umsatzsteuersenkung auf die Voranmeldungen der Autohäuser ab Juli 2020 aus“, ASR 8/2020, Seite 7 → Abruf-Nr. 46725258
    • Beitrag „Die acht wichtigsten rechtlichen Aspekte bei der Einlagerung von Reifen und Kompletträdern, ASR 9/2018, Seite 17 → Abruf-Nr. 45375019
    • Beitrag „So erfüllen Sie Ihre drei wichtigsten Pflichten beim Reifen- bzw. Komplett-räderwechsel richtig“, ASR 10/2018, Seite 16 → Abruf-Nr. 45375118
    Quelle: Ausgabe 10 / 2020 | Seite 7 | ID 46824049