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  • 07.04.2011 | Wichtige Vorstandsinfo

    Vorstandssitzungen und Beschlussfassung im Vorstand: Empfehlungen für die Vereinspraxis

    Die Zusammenarbeit im Vorstand erfolgt oft sehr informell. Das ist meist auch kein Problem, solange Konsens zwischen den Vorstandsmitgliedern besteht. Im Streitfall sollten Sie aber mit den rechtlichen Grundlagen der Beschlussfassung im Vorstand vertraut sein.  

    Gesetzliche Vorgaben für die Beschlussfassung

    Das Bürgerliche Gesetzbuch (BGB) schreibt für Vorstandsbeschlüsse eine förmliche Beschlussfassung vor. Das gilt sowohl für Rechtsgeschäfte nach außen als auch für das Handeln des Vorstands nach innen. Nicht möglich ist deswegen eine stillschweigende oder konkludente Beschlussfassung. Ein wirksamer Beschluss kommt also nicht dadurch zustande, dass der Vorstand auf Vorschläge einzelner Vorstandsmitglieder nicht reagiert, aber deren Umsetzung duldet.  

     

    Gleiche Regeln wie bei Mitgliederversammlungen

    § 28 BGB gibt vor, dass bei einem mehrgliedrigen Vorstand für die Beschlussfassung die gleichen Regelungen gelten wie für die Mitgliederversammlung. Das bedeutet Folgendes:  

     

    • Die Beschussfassung erfolgt grundsätzlich auf einer Versammlung, also einer persönlichen Zusammenkunft der Vorstandsmitglieder.
    • Eine schriftliche Beschlussfassung ist möglich, wenn alle Vorstandsmitglieder ihre Zustimmung zu dem Beschluss schriftlich erklären.
    • Die Tagesordnung („Beschlussgegenstände“) muss schon bei der Einladung zur Sitzung mitgeteilt werden. Über später eingereichte Beschlussanträge kann also nicht gültig abgestimmt werden.
    • Beschlüsse werden mit einfacher Mehrheit der Stimmen gefasst. Jedes Vorstandsmitglied hat eine Stimme.

     

    Praxishinweis

    Alle diese Regelungen sind nachgiebig. Die Satzung kann abweichende Regelungen treffen. Das ist in der Regel auch empfehlenswert, weil dadurch Beschlüsse schneller und flexibler möglich sind. Eine Abweichung von diesen gesetzlichen Regelungen ist aber nur per Satzung möglich. Eine bloße Geschäftsordnung des Vorstands genügt nicht - selbst wenn sie von der Mitgliederversammlung beschlossen wird. Eine Ausnahme gilt nur für Vereinsordnungen, die Satzungsbestandteil sind. Das setzt aber voraus, dass sie wie die Satzung zum Vereinsregister angemeldet sind.  

    Die Beschlussfähigkeit

    Wie bei der Mitgliederversammlung gibt es auch bei der Vorstandssitzung keine Mindestzahl von Mitgliedern, die anwesend sein muss, damit der Vorstand beschlussfähig ist. Für eine beschlussfähige Vorstandssitzung müssen also keineswegs alle Vorstandsmitglieder anwesend sein.  

     

    Der Vorstand muss aber die satzungsmäßige Zahl von Mitgliedern haben. Sind Mitglieder ersatzlos ausgeschieden, ist der Vorstand nicht beschlussfähig. Das gilt für den Zeitpunkt der Abstimmung. Der Vorstand kann also beschlussunfähig werden, wenn Mitglieder im Lauf der Sitzung ihr Amt niederlegen.  

     

    Empfehlungen zur Satzungsgestaltung

    Die Satzung kann Bestimmungen über die Beschlussfähigkeit enthalten, die von der gesetzlichen Vorgabe abweichen. Erforderlich ist dafür aber eine Satzungsklausel. Sie kann die gesetzlichen Vorgaben sowohl erleichtern als auch verschärfen. Sinnvolle Erleichterungen wären, dass  

    • die Tagesordnung bei der Einladung zur Sitzung nicht mitgeteilt werden muss,
    • bei einer schriftlichen Beschlussfassung nicht alle Vorstandsmitglieder zustimmen müssen und
    • Beschlüsse auch telefonisch gefasst werden können.

     

    Praktikable Verschärfungen der gesetzlichen Vorgaben können sein, dass  

    • der Vorstand nur beschlussfähig ist, wenn der Vorsitzende anwesend ist oder
    • eine Mindestzahl von Vorstandsmitgliedern für die Beschlussfassung anwesend sein muss.

    Die Einladung zur Vorstandssitzung

    Für die Einladung zur Vorstandssitzung ist - wenn die Satzung das nicht eigens regelt - der Vorstandvorsitzende zuständig. Ist er verhindert oder verweigert er grundlos die Einberufung, kann sein Vertreter einladen.  

     

    Legt die Satzung keinen bestimmten Zeitpunkt oder Turnus fest, muss eine Sitzung immer dann einberufen werden, wenn es das Vereinsinteresse erfordert. Grundsätzlich kann aber jedes Vorstandsmitglied eine Einberufung verlangen und dabei von ihm gewünschte Tagesordnungspunkte behandeln lassen.  

     

    Mit der Einladung muss die Tagesordnung mitgeteilt werden (soweit es die Satzung nicht anders regelt - siehe oben). Die Ladungsfrist muss, wenn die Satzung keine Vorgaben macht, so bemessen sein, dass jedes Vorstandsmitglied sich auf die Beratung vorbereiten kann. In der Regel kann sie kürzer sein als bei der Mitgliederversammlung.  

     

    Keine Anforderungen an die Form der Einladung

    Ein bestimmtes Formerfordernis gibt es für die Ladung nicht. Sie muss also nicht schriftlich (per Brief) erfolgen, sondern kann auch per Telefon, Fax, E-Mail etc. vorgenommen werden, ohne dass die Satzung das eigens regeln muss.  

     

    Die Teilnahme an der Vorstandssitzung

    Teilnahmeberechtigt sind alle Vorstandsmitglieder, auch wenn sie kein Stimmrecht haben (zum Beispiel Ehrenmitglieder). Die Teilnahme muss persönlich erfolgen. Eine Stellvertretung ist möglich, wenn die Satzung das zulässt, allerdings nur durch andere Vorstandsmitglieder.  

     

    Vorstandssitzungen sind nicht öffentlich

    Vorstandssitzungen sind nicht öffentlich. Einfache Vereinsmitglieder haben also keinen Anspruch auf Teilnahme. Das gilt auch für andere Vereinsorgane, die nicht zum Vorstand gehören (zum Beispiel Geschäftsführer oder Beiratsmitglieder). Vorstandsfremde Personen können aber zugelassen werden. Der Vorstand beschließt darüber mit einfacher Mehrheit.  

    Die Beschlussfassung in der Vorstandssitzung

    Die Vertretungsregelungen in der Satzung spielen bei der Beschlussfassung des Vorstands keine Rolle. Der BGB-Vorstand (also die Mitglieder mit Vertretungsberechtigung nach außen) haben keine Sonderstimmrechte. Mitglieder des erweiterten Vorstands, die nicht ins Vereinsregister eingetragen sind, sind dem BGB-Vorstand gleichgestellt.  

     

    Umgekehrt ist für ein rechtsverbindliches Handeln nach außen aber kein Beschluss des Vorstands erforderlich. Verträge, die der vertretungsberechtigte Vorstand abschließt, sind in jedem Fall wirksam. Ein Verstoß gegen Vorstandsbeschlüsse kann aber zu Regressansprüchen des Vereins führen.  

     

    Besteht im Vorstand ein Geschäftsverteilungsplan (Ressortaufteilung), kann das zuständige Vorstandsmitglied Entscheidungen allein treffen und ausführen, die in seiner Ressortzuständigkeit liegen. Das Vorstandsmitglied hat aber eine Berichtspflicht an den Vorstand und dieser eine allgemeine Kontrollpflicht.  

     

    Stimmrecht

    Ohne anderslautende Satzungsregelung haben alle Mitglieder die gleichen Stimmrechte (eine Stimme). Wie bei der Mitgliederversammlung kommt es auf die Zahl der Ja-Stimmen gegenüber den Nein-Stimmen an. Ungültige Stimmen und Enthaltungen werden nicht gezählt.  

     

    Sonderrechte können nur durch die Satzung entstehen. Das gilt vor allem auch für ein Stichentscheidungsrecht eines Vorstandsmitglieds bei Stimmengleichheit. Sieht die Satzung ein solches Recht (meist des Vorsitzenden) vor, kann es auch von seinem Stellvertreter ausgeübt werden.  

     

    Stimmrechtsausschluss

    Ein Vorstandsmitglied ist vom Stimmrecht ausgeschlossen, wenn die Beschlussfassung die Vornahme eines - auch einseitigen - Rechtsgeschäfts mit ihm oder die Einleitung oder Erledigung eines Rechtsstreits zwischen dem betreffenden Vorstandsmitglied und dem Verein betrifft (§ 34 BGB).  

     

    Fehlerhafte Beschlüsse

    Wie alle Vereinsbeschlüsse können auch Vorstandsbeschlüsse aus sachlichen oder Verfahrensgründen unwirksam sein und können dann - vereinsintern oder gerichtlich - angefochten werden. Anders als in der Mitgliederversammlung sind Beschlüsse aber entweder - von Vornherein -
    nichtig oder wirksam. Dass fehlerhafte Beschlüsse wirksam werden, weil sie nicht zeitnah angefochten wurden, kommt also nicht in Frage.  

     

    Nichtig sind Beschlüsse, die gegen geltendes Recht oder die Satzung verstoßen. Das Gleiche gilt für Beschlüsse zu Gegenständen, die nicht in die Zuständigkeit des Vorstands fallen. Aber auch Verfahrensfehler führen zu unwirksamen Beschlüssen. So etwa, wenn nicht alle Vorstandsmitglieder zur Sitzung eingeladen wurden oder die Ankündigung in der Tagesordnung fehlte oder zu ungenau war.  

     

    Praxishinweis  

    Einberufungsfehler können dadurch geheilt werden, dass sich alle Vorstandsmitglieder trotz Kenntnis des Mangels mit der Vorstandssitzung und der Beschlussfassung einverstanden erklären. Diese Einverständniserklärung sollte zur Vermeidung späterer Streitigkeiten unbedingt ins Sitzungsprotokoll aufgenommen werden.  

     

    Die Nichtigkeit von Vorstandsbeschlüssen kann auch gerichtlich festgestellt werden. Einfache Vereinsmitglieder können den Rechtsweg aber nur beschreiten, wenn der Vorstandsbeschluss in ihre Rechte eingreift.  

     

    Beispiel

    Der Ausschluss eines Mitglieds wurde unter dem Tagesordnungspunkt „Verschiedenes“ angekündigt. Das betroffene Mitglied kann den Beschluss anfechten, weil der Beschlussgegenstand vorab nicht hinreichend genau bezeichnet war.  

    Das Protokoll der Vorstandssitzung

    Gesetzliche Vorgaben zur Niederschrift über Vorstandsbeschlüsse (Sitzungsprotokoll) gibt es nicht. Trifft die Satzung keine anderslautenden Regelungen, hat das Protokoll nur eine Beweisfunktion. Beschlüsse sind also auch dann wirksam, wenn sie nicht oder falsch protokolliert wurden.  

     

    Praxishinweis

    Um spätere Auseinandersetzungen zu vermeiden, sollten die Beschlüsse des Vorstands aber in jedem Fall protokolliert werden. Außerdem sollte das Protokoll Angaben enthalten zu  

    • dem Tag, Ort, Beginn und Ende der Sitzung,
    • den Teilnehmern,
    • der Feststellung der Beschlussfähigkeit,
    • der Tagesordnung und den Anträgen,
    • der Beschlussfassung mit Abstimmungsergebnis (Ja-, Nein-Stimmen und Enthaltungen).

     

    Quelle: Ausgabe 04 / 2011 | Seite 11 | ID 143733