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  • 07.05.2009 | Praxiswissen für den Vorstand

    Umgang mit fehlerhaften Beschlüssen im Verein

    von Rechtsanwalt Michael Röcken, Bonn

    In jedem Verein müssen Beschlüsse gefasst werden, um das Vereinsleben zu gestalten. Teilweise werden jedoch Beschlüsse gefasst, die gegen Gesetze oder Satzungsbestimmungen verstoßen. Dann stellt sich die Frage, wie diese Beschlüsse behandelt werden müssen oder wie man dagegen vorgehen kann. Damit Sie als Vorstand mit allen „Beschluss-Fragen“ souverän umgehen, bringen wir Sie nachfolgend auf den Stand der Dinge.  

    Voraussetzungen für ordnungsgemäße Beschlüsse

    Ein ordnungsgemäßer Beschluss kann nur auf einer Versammlung oder Sitzung getroffen werden, die so einberufen wurde, wie es Satzung - oder eventuell Geschäftsordnung - vorsehen. Es müssen die Ladungsfristen und Formen beachtet werden. Schreibt die Satzung es nicht ausdrücklich anders vor, gelten für Mitgliederversammlungen und Vorstandssitzungen die gleichen Regeln (§ 28 Bürgerliches Gesetzbuch [BGB]).  

     

    Formale Anforderungen müssen eingehalten werden

    Die Abstimmung, mit der der Beschluss gefasst wurde, muss ebenfalls ordnungsgemäß durchgeführt werden. Dazu gehört, dass an der Abstimmung nur stimmberechtigte Mitglieder teilnehmen und gegebenenfalls vorgeschriebene Regularien (Form der Abstimmung) eingehalten werden. Außerdem müssen erforderliche Mehrheitsverhältnisse gegeben sein.  

     

    Beachten Sie: Ein Beschluss ist fehlerhaft, wenn er ohne die Einhaltung dieser Formalien herbeigeführt wurde. Selbst wenn er formal ordnungsgemäß ist, kann es aber vorkommen, dass er gegen die Satzung oder Gesetze verstößt. Auch dann liegt ein fehlerhafter Beschluss vor.  

     

    Behandlung fehlerhafter Beschlüsse

    Wie ein fehlerhafter Beschluss behandelt werden muss, ergibt sich nicht aus dem Gesetz, sondern aus der Rechtsprechung. Diese sieht einen Beschluss entweder als gültig oder ungültig an. Dieses drastische Ergebnis wird dadurch relativiert, dass der Verein nachweisen kann, dass der Mangel für das Beschlussergebnis nicht relevant war.  

     

    Beispiel

    Wenn zu einer Mitgliederversammlung nicht alle Mitglieder eingeladen wurden, kann sich der Verein darauf berufen, dass der auf der Versammlung getroffene Beschluss auch durch diese Mitglieder unterstützt worden wäre oder auch ohne diese Stimmen gefasst worden wäre. Wenn der Verein sich jedoch allein auf die Mehrheitsverhältnisse des Beschlusses beruft, könnte entgegengehalten werden, dass zu den mitgliedschaftlichen Rechten auch die Diskussion gehört. Durch die Redebeiträge hätte das nicht eingeladene Mitglied aber ein anderes Abstimmungsergebnis herbeiführen können.  

    In der Praxis unterscheidet man nichtige und anfechtbare Beschlüsse.  

    Nichtige Beschlüsse

    Ist ein Beschluss nichtig, wird er so angesehen, als sei er überhaupt nicht getroffen worden. Nichtigkeit ist in drei Fällen gegeben:  

     

    1. Verstoß gegen gesetzliche Bestimmungen

    Ein Verstoß gegen ein Gesetz wäre beispielsweise ein Verstoß gegen zwingende vereinsrechtliche Vorschriften des BGB. So kann also zum Beispiel nicht beschlossen werden, dass es den Mitgliedern nicht mehr möglich ist, ihre Mitgliedschaft zu kündigen (Verstoß gegen § 39 BGB). Auch ein Beschluss, den Vorstand abzuschaffen, wäre nichtig, da der Verein einen Vorstand haben muss (Verstoß gegen § 26 Nummer 1 BGB).  

     

    2. Verstoß gegen die guten Sitten

    Auch ein Verstoß gegen die guten Sitten ist nach § 138 BGB nichtig. Ein solcher läge beispielsweise vor, wenn ein Beschluss eine Minderheit des Vereins gegenüber der Mehrheit bevorzugen würde.  

     

    3. Verstoß gegen Satzungsbestimmungen

    Beschlüsse sind auch nichtig, wenn sie gegen Satzungsbestimmungen verstoßen, die den gemeinschaftlichen Interessen der Mitglieder an einer ordnungsgemäßen Willensbildung dienen. Sieht die Satzung zum Beispiel vor, dass die Tagesordnung mit dem genauen Wortlaut der Anträge vorher mitgeteilt werden muss, ist ein Verstoß dagegen ein Nichtigkeitsgrund. Auch eine satzungswidrige Versammlungsleitung oder eine fehlende Beschlussfähigkeit führt zur Nichtigkeit eines Beschlusses.  

    Anfechtbare Beschlüsse

    In anderen Fällen, wenn also die Satzungsbestimmung keinem übergeordneten Interesse dient, ist der Beschluss lediglich anfechtbar. Das heißt: Damit der betreffende Beschluss unwirksam wird, muss er von irgendeinem Mitglied gerügt werden.  

     

    Fehlerhafter Beschluss muss gerügt werden

    Die Rüge eines fehlerhaften Beschlusses muss in der jeweiligen Mitgliederversammlung oder Sitzung erfolgen. Lässt der Teilnehmer den Beschluss fassen, ohne ihn zu rügen, handelt er treuwidrig. Er kann aber den Beschluss später rügen, wenn er den Mangel zunächst nicht erkannt hatte oder an der Versammlung nicht teilgenommen hatte.  

     

    Im Gesetz ist keine konkrete Frist festgelegt, bis zu der die Rüge erfolgen muss. Sie kann aber in der Satzung vorgesehen werden. Auf jeden Fall muss die Rüge innerhalb einer angemessenen Frist erfolgen. Was unter einer angemessenen Frist zu verstehen ist, wird unterschiedlich beurteilt. Eine Rüge, die erst nach sechs Monaten eingelegt wird, kann als verwirkt angesehen werden. Die Rüge sollte somit so schnell wie möglich eingelegt werden.  

     

    Anfechtungsrecht ist Mitgliedern vorbehalten

    Anfechtungsberechtigt sind nur Vereinsmitglieder. Wurde die Mitgliedschaft beendet, muss sie zum Zeitpunkt der Beschlussfassung bestanden haben. Ist die Rüge ordnungsgemäß erhoben worden und auch sachlich begründet, ist der beanstandete Beschluss als von Anfang an ungültig zu behandeln.  

     

    Der Vorstand darf diesen Beschluss nicht ausführen. Ansonsten macht er sich schadenersatzpflichtig. Wird ein ungültiger Beschluss ausgeführt und werden durch die Ausführung Dritte geschädigt, haftet der Verein nach § 31 BGB.  

     

    Konsequenz für den Vorstand

    Für den Verein bedeutet das, dass ein ungültiger Beschluss erneut in satzungsgemäßer Form herbeigeführt werden muss.  

     

    Beachten Sie: Jedes Mitglied kann die Nichtigkeit eines Beschlusses auch durch eine Feststellungsklage (§ 256 Zivilprozessordnung) gegen den Verein geltend machen. Hat das angerufene Gericht die Nichtigkeit des Beschlusses festgestellt, wirkt dieses Urteil allgemeinverbindlich und muss auch vom Registergericht beachtet werden.  

    Schaubild verschafft Überblick

    Im folgenden Schaubild haben wir die Zusammenhänge und Auswirkungen nichtiger bzw. anfechtbarer Beschlüsse noch einmal zusammengefasst.  

     

     

     

     

     

     

     

     

     

     

     

     

     

     

     

     

     

     

     

     

     

     

     

     

    Quelle: Ausgabe 05 / 2009 | Seite 15 | ID 126581