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  • 07.04.2008 | Lösungen für ein typisches Vereinsproblem

    Verein ohne Vorstand: So reagieren Sie richtig auf unbesetzte Vorstandsposten

    Im April und Mai werden die meisten Mitgliedsversammlungen durchgeführt. Viele Vereine werden dann wieder mit dem Problem konfrontiert werden, dass Vorstandsmitglieder zurücktreten und sich keine Nachfolger finden. Der Verein muss dann richtig und zeitnah reagieren, um nicht handlungsunfähig zu werden. Erfahren Sie deshalb, 

    • welche rechtlichen Schritte erforderlich und möglich sind und
    • wie Sie das Problem über eine Satzungsänderung vermeiden können.

    Die Gründe für das Ausscheiden aus dem Vorstand

    Zu unbesetzten Vorstandsposten kann es aus verschiedenen Gründen kommen: Rücktritt, Ablauf der Amtszeit, Tod und Geschäftsunfähigkeit, Wegfall der persönlichen Eigenschaften (zum Beispiel, wenn das Vorstandsamt laut Satzung an bestimmte Voraussetzungen gebunden ist – wie Berufszugehörigkeit), Ende der Mitgliedschaft (das Vorstandsamt endet aber nur automatisch, wenn die Satzung für das Amt die Mitgliedschaft im Verein verlangt). 

    Rücktritt eines Vorstandsmitglieds

    Erklärt ein Vorstandsmitglied seinen Rücktritt, ist dieser in der Regel sofort wirksam. Das gilt auch für einen Rücktritt „zur Unzeit“ – also dann, wenn dem Verein durch den Rücktritt ein Schaden droht. Das Vorstandsmitglied ist dem Verein dann zwar zu Schadenersatz verpflichtet. Der Rücktritt ist aber trotzdem wirksam. 

     

    Einzelfragen zur Rücktrittserklärung

    Wirksam ist die Rücktrittserklärung, wenn das Vorstandsmitglied sie gegenüber einem anderen Vorstandsmitglied oder dem Bestellorgan (in der Regel die Mitgliederversammlung) abgibt. Besondere Formerfordernisse gibt es nicht. Auch eine mündliche Rücktrittserklärung ist wirksam.  

     

    Wichtig: Ein „Rücktritt vom Rücktritt“ ist nicht möglich. War die Rücktrittserklärung wirksam, kann das Vorstandsmitglied nur durch die erneute Bestellung (Wahl) wieder ins Amt kommen. 

     

    Der Rücktritt ist aber eine persönliche Angelegenheit jedes Vorstandsmitglieds. Tritt nur ein Teil des Vorstands zurück, bleibt der andere im Amt. Ein mit Mehrheit beschlossener Rücktritt bindet diejenigen Vorstandsmitglieder, die dagegen gestimmt haben, nicht. 

     

    Zwei Ausnahmen vom jederzeitigen Rücktrittsrecht

    Das jederzeitige Rücktrittsrecht ist nur in zwei Fällen eingeschränkt: 

     

    1.Das Vorstandsmitglied handelt unredlich oder verstößt mit dem Rücktritt gegen Treu und Glauben. Das ist der Fall, wenn der Funktionär
    • den Verein bewusst handlungsunfähig machen will, oder
    • sich bestimmten Verpflichtungen entziehen will – zum Beispiel der Abgabe einer eidesstattlichen Versicherung für den Verein.
    2.Das Vorstandsmitglied hat mit dem Verein einen Anstellungsvertrag geschlossen. Hier ist ein Rücktritt nur aus wichtigem Grund möglich. Das ist immer dann der Fall, wenn dem Vorstandsmitglied das Verbleiben im Amt nicht mehr zugemutet werden kann.

     

    In der Praxis ist dem Verein mit der Unwirksamkeit des Rücktritts oft nicht geholfen. Zwar wird man in vielen Fällen mit dem Vorstandsmitglied eine Einigung erzielen, die verhindert, dass der Verein bis zur Neubesetzung des Amts handlungsunfähig ist. Weigert sich das Vorstandsmitglied aber zu kooperieren, bleibt nur die Bestellung eines Notvorstands (lesen Sie dazu auch den Absatz auf Seite 11). 

     

    Praxistipp: Kommissarische Berufung in der Satzung vorsehen

    Damit der Verein durch den Rücktritt einzelner (für die Vertretung des Vereins nötiger) Vorstandsmitglieder nicht zeitweilig handlungsunfähig wird, sollten Sie in der Satzung eine kommissarische Berufung (Selbstergänzung des Vorstands) verankern: 

     

    Musterklausel

    „Scheidet ein Vorstandsmitglied vor dem Ende seiner Amtsperiode aus dem Vorstand aus, können die übrigen Vorstandsmitglieder bis zur Durchführung von Neuwahlen ein Ersatzmitglied berufen“. 

    Auf Basis dieser Satzungsregelung kann das kommissarische Vorstandsmitglied ins Vereinsregister eingetragen werden und ist dann auch vertretungsberechtigt. 

    Ablauf der Amtszeit

    Legt die Satzung eine feste Dauer für die Amtsperiode fest, endet die Amtszeit auch dann, wenn noch kein neuer Vorstand gewählt ist. Typisch dafür sind Satzungsklauseln wie: „Der Vorstand wird für jeweils zwei Jahre bestellt.“ Dann endet die Amtsperiode genau zwei Jahre nach Annahme der Wahl. 

     

    Praxistipp: An Nachfolger geknüpfte Amtszeitklausel

    Enthält die Satzung Ihres Vereins eine solche Regelung, sollten Sie sie unbedingt ergänzen. Die „Amtszeitklausel“ sollte wie folgt lauten: 

     

    Vorschlag für Amtszeitklausel

    Der Vorstand wird für jeweils ... Jahre bestellt. Die Vorstandsmitglieder bleiben bis zur Wahl der Nachfolger im Amt. 

    Fehlende Kandidaten bei Neuwahlen

    Ein häufiges Problem ist auch, dass sich bei Neuwahlen keine oder nicht genügend Kandidaten finden. Das kann verschiedene Gründe haben: 

     

    Keine Nachfolgeplanung

    Amtsmüde Vorstände sollten sich nicht darauf verlassen, dass sie bei der Wahlversammlung spontan Kandidaten finden. Sie sollten sich zeitig auf die Suche nach Nachfolgern machen. Auch das Angebot, die Neuen bei der Einarbeitung zu betreuen, kann zur Kandidatur motivieren. 

     

    Zu großer Vorstand

    Nicht selten umfasst der Vorstand zu viele Posten. Können voraussichtlich nicht alle Ämter besetzt werden, sollten Sie schon für die Wahlversammlung einen satzungsändernden Beschluss vorbereiten, der den Vorstand verkleinert. Die Wahl des verkleinerten Vorstands kann unmittelbar nach der Satzungsänderung stattfinden. Eine zweite Mitgliederversammlung ist nicht nötig.  

     

    Die Eintragung des neues Vorstands kann aber erst erfolgen, nachdem die Satzungsänderung angemeldet ist. Das liegt daran, dass Satzungsänderungen konstitutive (rechtsschaffende) Wirkung haben. 

     

    Organisatorische Probleme im Verein

    Finden sich trotz aller Bemühungen keine Kandidaten, liegen meist grundsätzliche organisatorische Probleme vor, die in der Mitgliederversammlung offen gelegt werden sollten. 

     

    Unser Tipp: Machen Sie den Mitgliedern klar, dass die Angebote des Vereins nur mit entsprechendem Engagement möglich sind. Eine verbesserte Arbeitsteilung im Vorstand kann Interessenten, die grundsätzlich mitarbeiten wollen, sich aber überfordert fühlen, die Angst nehmen.  

    Zeitweiliger Ausfall eines Vorstandsmitglieds

    Fällt ein Vorstandsmitglied nur vorübergehend aus (zum Beispiel wegen Krankheit oder längerer Abwesenheit vom Vereinssitz), muss der Verein nur reagieren, wenn das Mitglied für die Vertretung des Vereins benötigt wird. In der Regel wird man dem Vorstandsmitglied dann nahelegen, sein Amt niederzulegen – eventuell unter der Maßgabe, dass es bei den nächsten Wahlen erneut kandidieren kann. Der Verein hat dann freie Hand, den Posten durch umgehende Neuwahlen wieder zu besetzen. 

     

    Abberufung durch Verein möglich

    Der Verein kann das Vorstandsmitglied aber auch abberufen. Grundsätzlich ist das nämlich jederzeit und ohne besondere Gründe möglich. Macht die Satzung hier Einschränkungen, ist das kein Problem. Eine Abberufung aus wichtigem Grund ist nämlich immer möglich. Die Amtsunfähigkeit eines Vorstandsmitglieds – egal wodurch sie bedingt ist – ist ein solcher wichtiger Grund. Die Abbestellung muss aber zeitnah erfolgen.  

     

    Ein vorübergehendes Ruhen des Vorstandsamts kennt das Vereinsrecht nicht. Die Satzung könnte eine solche Regelung zwar einführen. Dann müsste sie aber bestimmen, wer in diesem Fall den Vorstandsposten übernimmt und den Verein nach außen vertritt. 

    Die rechtlichen Folgen fehlender Vorstandsmitglieder

    Je nachdem, ob das fehlende Vorstandsmitglied für die Vertretung des Vereins unverzichtbar ist, ergeben sich unterschiedliche Folgen. 

     

    Verein kann noch nach außen vertreten werden

    Kann der Verein durch die verbleibenden Vorstandsmitglieder noch nach außen vertreten werden, besteht kein akutes Problem. Es sollten zwar möglichst bald Neuwahlen durchgeführt werden, damit das Amt wieder besetzt wird. Der Verein bleibt aber in der Zwischenzeit handlungsfähig. 

     

    Verein kann nicht mehr nach außen vertreten werden

    Unmittelbar problematisch ist der Rücktritt von Vorstandsmitgliedern, wenn sie erforderlich sind, um den Verein zu vertreten. Dieser „GAU“ tritt ein, wenn einer dieser Fälle erfüllt ist:  

     

    • Der Vorstand besteht nur aus einer Person.
    • Im mehrgliedrigen Vorstand sind zwei oder mehr Mitglieder gemeinsam vertretungsberechtigt und eines davon fehlt.

     

    Fehlt ein Vorstandsmitglied zur Vertretung des Vereins, muss das Amt so schnell wie möglich neu besetzt werden. In der Zwischenzeit kann der Verein faktisch keine Rechtsgeschäfte tätigen. Für kleinere und Bargeschäfte ist das zwar praktisch kein Problem, weil hier niemand nach der Vertretungsberechtigung fragt. Bei größeren Geschäften und dem Abschluss von Dauerschuldverhältnissen (zum Beispiel Miet- oder Arbeitsverträge) ist das problematisch, weil für die rechtlichen Folgen dann im Zweifel nicht der Verein, sondern der nicht legitimierte Vertreter haftet. Die verbleibenden Vorstandsmitglieder gehen also ein Haftungsrisiko ein. 

     

    Satzungstipp zur gemeinsamen Vertretungsberechtigung 

    Sieht die Satzung eine gemeinsame Vertretungsberechtigung mehrerer Vorstandsmitglieder vor, sollte diese nicht alle umfassen. Es würde reichen, wenn zum Beispiel zwei von insgesamt drei Vorstandsmitgliedern jeweils gemeinsam vertretungsberechtigt sind. Dann wäre eine Kontrolle nach dem „Vier-Augen-Prinzip“ gewahrt. Zugleich bliebe der Verein auch noch handlungsfähig, wenn ein Vorstandsmitglied ausfällt. 

    Wann Sanktionen durch das Vereinsregister drohen

    Probleme mit dem Vereinsregister bekommt der Verein nur, wenn ein Vorstandsposten längere Zeit vakant bleibt. Unproblematisch ist es, wenn die ausgeschiedenen Vorstandsmitglieder nicht zum BGB-Vorstand gehören, also nicht im Vereinsregister eingetragen sind. Änderungen im erweiterten Vorstand müssen dem Registergericht nicht gemeldet werden.  

     

    Nur Änderungen im Bereich des BGB-Vorstands sind relevant

    Anders sieht es bei BGB-Vorständen aus. Zunächst kann ein solches Vorstandsmitglied nicht gelöscht werden, ohne dass ein Neues eingetragen wird. Die Folge ist, dass das ausgeschiedene Vorstandsmitglied den Verein weiter vertreten kann. Rechtsgeschäfte, die es abschließt, binden den Verein, soweit der Geschäftspartner nichts von seinem Ausscheiden wusste oder wissen konnte (negative Publizität des Vereinsregisters).  

     

    Unser Tipp: Im Zweifelsfall sollten Sie also Geschäftspartner über die Änderung im Vorstand informieren. 

     

    Registergericht akzeptiert Vakanz nur befristet

    Da das Registergericht nicht von sich aus recherchiert, wird es auf das Ausscheiden eines Vorstandsmitglieds nur aufmerksam, wenn eine entsprechende Meldung erfolgt – etwa durch das ausgeschiedene Vorstandsmitglied selbst. Wie lange das Gericht die Vakanz akzeptiert, liegt in seinem Ermessen. Es wird zunächst eine Frist zur Neubestellung des Vorstandspostens setzen.  

     

    Darauf sollten Sie aber nicht warten, sondern umgehend eine Mitgliederversammlung mit entsprechender Tagesordnung einberufen. Lassen Sie eine gesetzte Frist verstreichen, kann das Gericht Zwangsgelder verhängen. 

    Wer kann die Mitgliederversammlung einberufen?

    Zur Neubesetzung der vakanten Vorstandsposten ist regelmäßig die Einberufung einer Mitgliederversammlung nötig. Regelt die Satzung das nicht anders, kann nur der vertretungsberechtigte Vorstand die Mitgliederversammlung einberufen. Das wird aber gerade dann zum Problem, wenn der Vorstand durch Ausscheiden eines Mitglieds nicht mehr vertretungsfähig ist.  

     

    Einberufung durch den noch eingetragenen Vorstand ...

    Nach der geltenden Rechtsprechung (zum Beispiel Kammergericht Berlin, Urteil vom 13.7.1971, Az: 1 W 1305/71, Bayerisches Oberstes Landesgericht, Beschluss vom 18.4.1985, Az: 2 Z 100/84) kann aber auch ein nicht mehr amtierender, aber noch eingetragener Vorstand die Mitgliederversammlung einberufen. Bei Ablauf der Amtszeit ergibt sich also in der Regel kein Problem. Ebensowenig wenn ein für die Einberufung erforderliches zurückgetretenes Vorstandsmitglied kooperationswillig ist.  

     

    Weigert sich das Vorstandsmitglied bei der Einberufung mitzuwirken, oder ist es aus anderen Gründen verhindert, bleibt nur die Bestellung eines Notvorstands. 

     

    Ein Beschluss des Vorstands ist zur Einberufung der Mitgliederversammlung nicht erforderlich. Ist der Vorstand noch vertretungsfähig, ist er auf die Mitwirkung nicht kooperationswilliger Vorstandsmitglieder also nicht angewiesen. 

     

    ... oder den faktischen Vorstand

    Einberufen kann die Mitgliederversammlung auch der sogenannte faktische Vorstand. Typischer Fall ist ein amtierender Vorstand, der nicht ordnungsgemäß bestellt wurde, weil etwa nachträglich festgestellt wurde, dass die Mitgliederversammlung bei der Wahl beschlussunfähig war. In diesem Fall muss also nicht der vorherige Vorstand reaktiviert werden. 

    Der Notvorstand

    Fehlen die erforderlichen Mitglieder des Vorstands, können diese in dringenden Fällen gerichtlich bestellt werden (§ 29 Bürgerliches Gesetzbuch). Ein solcher Notvorstand bleibt dann bis „zur Behebung des Mangels“ im Amt. Also bis Neuwahlen durchgeführt wurden oder – im Extremfall – bis die Liquidatoren bestellt sind, die den Verein auflösen.  

     

    Einsatzfälle in der Praxis

    Da nicht mehr amtierende aber noch eingetragene Vorstandsmitglieder die Wahlversammlung noch einberufen können, wird ein Notvorstand nur erforderlich sein, wenn einer der denkbaren zwei Fälle eintritt:  

     

    1.Ein zur Vertretung des Vereins nötiges Vorstandsmitglied fällt durch Tod oder Geschäftsunfähigkeit aus.

     

    2.Ein zur Vertretung des Vereins nötiges Vorstandsmitglied weigert sich, die Geschäfte weiterzuführen.

     

    Verweigert ein Vorstandsmitglied nur einzelne Vertretungs- oder Geschäftsführungsmaßnahmen oder blockieren sich zerstrittene Mitglieder gegenseitig, wird kein Notvorstand bestellt, sondern der Verein muss das Problem durch Neuwahlen lösen. Die dazu nötige Mitgliederversammlung kann durch Minderheitenverlangen einberufen werden (§ 37 BGB). Weigert sich der Vorstand, die Einberufung vorzunehmen, kann das Amtsgericht die Mitglieder dazu ermächtigen. 

     

    Zuständig für die gerichtliche Bestellung des Vorstands ist das Amtsgericht (Registergericht), bei dem der Verein eingetragen ist. Den Antrag dazu können alle Mitglieder und Vorstandsmitglieder stellen. Das Gericht kann aber auch von Amts wegen tätig werden. Der Antrag kann schriftlich gestellt oder beim Amtsgericht zu Protokoll gegeben werden. 

     

    Auswahl des Notvorstands

    Die Auswahl des Notvorstands ist Sache des Gerichts. In der Regel wird es die Vorschläge der Antragsteller aber berücksichtigen. Der Notvorstand hat alle Rechte des fehlenden Vorstands. Das Gericht kann die Vertretungsmacht aber beschränken – zum Beispiel auf die Einberufung und Leitung einer Mitgliederversammlung. 

     

    Soweit das Gericht die Amtsdauer des Vorstands nicht befristet hat, endet diese mit dem Wegfall des Bestellungsgrundes – in diesem Fall also mit der Neuwahl des Vorstands. 

    Quelle: Ausgabe 04 / 2008 | Seite 6 | ID 118654