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  • 05.08.2009 | Alternative zur Mitgliederversammlung

    Die schriftliche Beschlussfassung im Verein

    § 32 Absatz 2 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) sieht vor, dass Beschlüsse im Verein auch schriftlich gefasst werden können - also ohne dass eine Mitgliedersammlung einberufen werden muss. Für Vereine kann das eine erhebliche organisatorische Vereinfachung darstellen. Erfahren Sie deshalb, wie Sie von § 32 BGB auch in Ihrem Verein profitieren.  

    Die rechtlichen Grundsätze

    Das Vereinsrecht sieht für Beschlüsse der Mitgliederversammlung eine tatsächliche Zusammenkunft der Mitglieder vor. Die Satzung kann davon abweichen und für alle oder bestimmte Beschlüsse auch eine schriftliche Beschlussfassung zulassen.  

     

    Enthält die Satzung keine Regelung, gelten für schriftliche Abstimmungen die strengen Anforderungen des § 32 Absatz 2 BGB. Danach müssen alle Mitglieder zustimmen. Ein einziges Mitglied, das auf ein entsprechendes Schreiben des Vereins nicht reagiert, macht also die schriftliche Beschlussfassung unmöglich. Der Verein kann eine fehlende Antwort nicht als stillschweigende Zustimmung auslegen - auch wenn er das in seinem Schreiben an die Mitglieder so formuliert. Deshalb wird eine schriftliche Abstimmung nach § 32 Absatz 2 BGB nur in kleinen Vereinen praktikabel sein. Sinnvoll ist sie, wenn die Mitglieder weit verstreut wohnen.  

     

    Satzung kann Beschlussfassung erleichtern

    Die BGB-Regelung kann per Satzung sowohl erleichtert als auch erschwert werden. So kann zum Beispiel die Einstimmigkeit entfallen. Aus Sicht des Vorstands ist es außerdem sinnvoll, Verfahrensvorschriften einzuführen, ohne dass die Einstimmigkeit aufgehoben wird. Gerade in kleinen Vereinen können so Abstimmungen am Vorstand vorbei verhindert werden.  

     

    Beispiel

    Der Vorstand erhält einen von allen 15 Mitgliedern unterschriebenen Brief, dass er abgewählt ist. Der Abberufungsbeschluss ist gültig, weil er von allen Mitgliedern in schriftlicher Form gefasst wurde. Für den Vorstand galt das Stimmverbot des § 34 BGB.  

     

    Die schriftliche Abstimmung

    Grundsätzlich kann zu jedem Gegenstand ein schriftlicher Beschluss gefasst werden. Die einzige Ausnahme ist die Verschmelzung von Vereinen. Hier ist nach § 13 Absatz 1 Umwandlungsgesetz eine Versammlung zwingend erforderlich. Die Satzung kann die schriftliche Abstimmung nur für bestimmte Fälle vorsehen und dabei auch die Anforderung des § 32 BGB mildern, indem sie auf die Einstimmigkeit verzichtet. Möglich wäre auch eine Kombination von schriftlicher Beschlussfassung und Mitgliederversammlung. Denkbar wäre zum Beispiel ein Briefwahlverfahren bei Vorstandswahlen für Mitglieder, die an der Versammlung nicht teilnehmen können.  

    Die Durchführung der schriftlichen Abstimmung

    Eingeleitet wird die schriftliche Abstimmung durch das Vereinsorgan, das auch die Mitgliederversammlung einberuft. Macht die Satzung hier keine Vorgaben, ist das der vertretungsberechtigte Vorstand.  

     

    Abgestimmt werden kann durch Einzelschreiben, aber auch im Umlaufverfahren, also mit einem Schriftstück, das jedes Mitglied unterzeichnet. Im Anschreiben sollte darauf hingewiesen werden, dass das Abstimmungsverfahren nach der Satzung zulässig ist.  

     

    Neben einem einfachen Brief sind auch Telefax oder Telegramm zulässig. E-Mail erfüllt zwar die Schriftformerfordernis, wirft aber Probleme beim Nachweis der Urheberschaft auf. Eine Abstimmung per E-Mail wird also nur dann nicht anfechtbar sein, wenn die Satzung das ausdrücklich erlaubt und ein sicheres Authentifizierungsverfahren eingesetzt wird.  

     

    Da für ein schriftliches Abstimmungsverfahren die Einstimmigkeit nachzuweisen ist, muss die genaue Mitgliederzahl festgestellt werden. Das gilt besonders für Beschlüsse, die zum Vereinsregister angemeldet werden müssen, etwa die Wahl des Vorstands oder Satzungsänderungen. Vom Stimmrecht ausgeschlossene Mitglieder müssen nicht berücksichtigt werden.  

     

    Für die erforderlichen Mehrheiten gelten die allgemeinen Vorschriften. Außer bei Satzungsänderungen und der Auflösung des Vereins genügt also die relative Mehrheit der abgegebenen Stimmen (mehr Ja- als Nein-Stimmen). Enthaltungen und ungültige Stimmen werden nicht gezählt. Die Zustimmung zum schriftlichen Verfahren muss aber eindeutig sein. Fehlende Antworten können also nicht als Enthaltung gewertet werden.  

     

    Die schriftliche Stimmabgabe ist mit Eingang aller Stimmen beim Verein beendet. Die BGB-Regelung ist hier problematisch, weil bis zum Eingang aller Stimmen offen bleibt, ob die Abstimmung überhaupt wirksam möglich ist. Für die Bekanntgabe des Abstimmungsergebnisses gibt es keine gesetzlichen Vorschriften. Für die Bekanntmachung der Protokolle gelten die Vorgaben der Satzung für Mitgliederversammlungen.  

    Empfehlungen für die Satzungsgestaltung

    Das Fazit lautet: Schriftliche Abstimmungsverfahren können das Vereinsleben organisatorisch vereinfachen. Das setzt aber voraus, dass entsprechende Satzungsregelungen die Anforderungen des § 34 Absatz 2 BGB mildern. Dazu sollte  

    • geregelt werden, wann das Verfahren angewendet werden kann,
    • in der Regel die Einstimmigkeit aufgehoben werden,
    • eine Fristsetzung für die Stimmabgabe erfolgen und
    • eine Regelung für die Bekanntgabe des Abstimmungsergebnisses getroffen werden.
    Quelle: Ausgabe 08 / 2009 | Seite 11 | ID 128953