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  • · Fachbeitrag · Haftung

    Zur Haftung des Steuerhehlers, der schwarzgebrannten Alkohol erwirbt

    von Prof. Dr. Carsten Wegner, Krause & Kollegen, Berlin

    Die Grundsätze der anteiligen Haftung für die Umsatzsteuer, die der Senat für die Haftung nach § 69 AO entwickelt hat, können nicht auf die Haftung eines Steuerhehlers nach § 71 AO übertragen werden (BFH 23.4.14, VII R 41/12, Abruf-Nr. 142276).

     

    Sachverhalt

    Die Klägerin K war zusammen mit ihrem Mann an einer GmbH beteiligt, die Abfindungsbranntwein kaufte und verkaufte. Nach den Feststellungen des Zollfahndungsamts und des LG (Strafsachen) kauften beide im Zeitraum von Januar 1999 bis Juli 2002 in mindestens vier Fällen von einem Herrn B zahlreiche Liter reinen Alkohol. B hatte den Branntwein seinerseits von einem Herrn C erworben, der den Branntwein in einer von ihm ohne Genehmigung betriebenen Brennerei hergestellt hatte.

     

    Aufgrund der im Rahmen der strafrechtlichen Ermittlungen gewonnenen Erkenntnisse - die strafrechtliche Verurteilung ist rechtskräftig - nahm das beklagte Hauptzollamt die K sowie B und C mit Haftungsbescheid vom 16.9.09 nach § 71 AO gesamtschuldnerisch auf Zahlung der nicht entrichteten Branntweinsteuer in Anspruch.

     

    Entscheidungsgründe

    Die Klage blieb auch beim BFH erfolglos. Insbesondere durfte das FG auch auf die strafrechtlichen Urteilsfeststellungen Bezug nehmen. Die Behauptung der K, der Steuerschuldner sei zur Entrichtung der Branntweinsteuer nicht in der Lage gewesen, sodass nach dem Grundsatz der anteiligen Haftung der Steuerschaden nicht habe eintreten können, steht der haftungsrechtlichen Inanspruchnahme der K nach § 71 AO nicht entgegen. Denn der Grundsatz der anteiligen Haftung kann nach Ansicht des BFH auf die Haftung eines Steuerhehlers, der für die vom Schwarzbrenner hinterzogene Branntweinsteuer in Anspruch genommen wird, nicht angewendet werden.

     

    Praxishinweis

    Ebenso wie § 69 AO hat § 71 AO Schadenersatzcharakter. Eine Sanktion für steuerunehrliches Verhalten wird mit der Vorschrift nicht bezweckt. Vielmehr soll mit der angeordneten Haftung des Straftäters der Vermögensschaden ausgeglichen werden. Deshalb kommt eine Haftung nur in Betracht, wenn zwischen der Pflichtverletzung und dem Steuerausfall ein adäquater Kausalzusammenhang besteht.

     

    Den Grundsatz der anteiligen Haftung hat der BFH bei Anwendung des § 71 AO bisher nur auf die Fälle der steuerrechtlichen Haftung gesetzlicher Vertreter angewandt, in denen der Geschäftsführer einer GmbH infolge einer begangenen Steuerhinterziehung neben dem Haftungstatbestand des § 69 AO zugleich den Haftungstatbestand des § 71 AO verwirklicht hat (BFH 16.3.93, VII R 89/90, BFH/NV 94, 359 m.w.N.).

     

    Reichen in diesen Fällen die dem Steuerschuldner zur Verfügung stehenden Mittel nicht aus, kann nur eine anteilige Befriedigung des Steuergläubigers verlangt werden, sodass der Täter einer Steuerhinterziehung nur für den Betrag haftet, der bei fristgerechter Abgabe der Steueranmeldung unter Beachtung einer gleichmäßigen Befriedigung aller Gläubiger vom Steuerschuldner hätte getilgt werden können.

     

    Nach Ansicht des BFH lassen sich diese Grundsätze auf den Fall der Haftung eines Steuerhehlers, der unversteuerte verbrauchsteuerpflichtige Waren kauft, nicht übertragen. Bei einem rechtmäßigen Verhalten des Steuerschuldners - nämlich dem Unterlassen des Schwarzbrennens - wäre es zu einer Steuerentstehung nach § 136 Abs. 3 Nr. 1 des Gesetzes über das Branntweinmonopol a.F. überhaupt nicht gekommen. Hätte sich der Steuerhehler rechtmäßig verhalten und das schwarz gebrannte Erzeugnis nicht gekauft, stellte sich die Frage einer Inanspruchnahme nach § 71 AO nicht.

     

    Zudem kann die Haftung nach § 71 AO in anderen Fällen als denen einer gleichzeitigen Erfüllung des Haftungstatbestands des § 69 AO nach Ansicht des BFH nicht davon abhängig gemacht werden, inwieweit das Verhalten des Haftungsschuldners (Steuerhehlers) ursächlich für die Nichtentrichtung der Steuer durch den Steuerschuldner (Schwarzbrenner, Schmuggler) gewesen ist. Auch hat der Steuerhehler keine steuerlichen Pflichten des Steuerschuldners zu erfüllen. Bei einer Haftung nach § 71 AO kann es daher nach Ansicht des BFH auf die Leistungsfähigkeit des Steuerschuldners oder des in Haftung genommenen Steuerstraftäters nicht ankommen.

     

    Weiterführender Hinweis

    • Wegner, Steuerhehlerei bei Branntweingeschäften, PStR 10, 113 f.
    Quelle: Ausgabe 10 / 2014 | Seite 246 | ID 42901388

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