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  • 10.02.2017 · IWW-Abrufnummer 191772

    Oberverwaltungsgericht Schleswig-Holstein: Urteil vom 15.11.2016 – 14 LB 2/16

    1.

    Ein Beamter, der über einen Zeitraum von elf Monaten die ihm als Vorsitzenden eines Sparclubs von seinen Kollegen anvertraute Gelder i.H.v. über 10.000 € unterschlagen und anschließend durch Vortäuschen einer Straftat sein Verhalten zu vertuschen versucht hat und der zudem durch die Nichtabgabe von Steuererklärungen die Einkommensteuer verkürzt hat, hat ein Dienstvergehen gemäß § 47 Abs. 1 S. 1 und S. 2 BeamtStG begangen. Auch wenn er mehrere Pflichtverletzungen begangen hat, liegt nur ein Dienstvergehen vor. Dieses Dienstvergehen hat der Beamte inner- und außerdienstlich begangen, wobei der Schwerpunkt in der als innerdienstlich zu wertenden veruntreuenden Unterschlagung der Spargelder der Kollegen liegt.
    2.

    Begeht ein Beamter innerdienstlich unter Ausnutzung seiner Dienststellung eine Straftat, für die das Strafgesetz als Strafrahmen eine Freiheitsstrafe von bis zu drei Jahren - bei der veruntreuenden Unterschlagungung der von den Kollegen anvertrauten Gelder sind es sogar bis zu fünf Jahre - vorsieht, reicht der Orientierungsrahmen für die mögliche Disziplinarmaßnahme bis zur Entfernung aus dem Beamtenverhältnis.
    3.

    Der Umstand, dass es sich bei dem Dienstvergehen nicht um ein einmaliges Fehlverhalten handelte, sondern die veruntreuenden Unterschlagungen über einen längeren Zeitraum andauerten, das anschließende Vortäuschen einer Straftat sowie die Höhe des veruntreuten Betrages sind bereits Kriterien, die die volle Ausschöpfung des Orientierungsrahmens geboten erscheinen lassen. Ebensolches gilt für den Umstand, dass es sich um dem Beamten anvertraute Gelder der Kollegen handelte.
    4.

    Die von der Schwere ausgehende Indizwirkung entfällt, wenn zugunsten des Beamten gewichtige Entlastungsgründe zu berücksichtigen sind, die den Schluss rechtfertigen, der Beamte habe das Vertrauen noch nicht endgültig verloren. Solche Gründe stellen auch, aber nicht nur die vom Bundesverwaltungsgericht zu den Zugriffsdelikten entwickelten sogenannten anerkannten Milderungsgründe dar, die besondere Konfliktsituationen (etwa Handeln in einer wirtschaftlichen Notlage oder in einer psychischen Ausnahmesituation) und Verhaltensweisen mit noch günstigen Persönlichkeitsprognosen (freiwillige Wiedergutmachung des Schadens oder Offenbarung des Fehlverhaltens vor Tatentdeckung) umschreiben. Entlastungsgründe können sich aus allen Umständen ergeben. Sie müssen in ihrer Gesamtheit aber geeignet sein, die Schwere des Pflichtenverstoßes erheblich herabzusetzen. Generell gilt, dass das Gewicht der Entlastungsgründe umso größer sein muss, je schwerer das Zugriffsdelikt aufgrund der Schadenhöhe, der Anzahl und Häufigkeit der Zugriffshandlungen, der Begehung von "Begleitdelikten" und anderen belastenden Gesichtspunkten im Einzelfall wiegt.


    In der Disziplinarsache
    des Finanzministeriums des Landes Schleswig-Holstein, Düsternbrooker Weg 64, 24105 Kiel
    - Kläger und Berufungsbeklagter -
    gegen
    Oberamtsmeister ...
    - Beklagter und Berufungskläger -
    Proz.-Bev.: Rechtsanwälte...
    Streitgegenstand: Disziplinarrecht der Landesbeamten
    - Entfernung aus dem Dienst -
    hat der 14. Senat des Schleswig-Holsteinischen Oberverwaltungsgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 15. November 2016 durch die Präsidentin des Oberverwaltungsgerichts ..., den Richter am Oberverwaltungsgericht ..., die Richterin am Oberverwaltungsgericht ... sowie die ehrenamtlichen Richter Frau ... und Herr ... für Recht erkannt:

    Tenor:

    Die Berufung wird zurückgewiesen.

    Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.

    Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.

    Dem Beklagten wird nachgelassen, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht zuvor der Kläger Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

    Die Revision wird nicht zugelassen.

    Tatbestand

    Der Beklagte wendet sich gegen seine Entfernung aus dem Beamtenverhältnis.

    Der im ... 1963 geborene Beklagte absolvierte nach seinem Hauptschulabschluss eine Bäckerlehre (August 1980 bis Juli 1983). In der Zeit von Februar 1985 bis März 1988 war er als Lagerist tätig. Seit Oktober 1988 ist der Beklagte im Landesdienst - Finanzverwaltung (Finanzamt ...) - beschäftigt. Mit Wirkung vom 1. Oktober 1999 wurde der Beklagte unter Berufung in das Beamtenverhältnis auf Lebenszeit zum Oberamtsmeister (A 6 einfacher Dienst) ernannt. Dort war er seit 1996 in der Finanzkasse als Kontenverwalter eingesetzt. In seiner letzten dienstlichen Regelbeurteilung zum Beurteilungsstichtag 1. September 2012 wurde er in der Leistungsbeurteilung mit "die Anforderungen werden hervorragend übertroffen (unterer Bereich) bewertet, in der Befähigungsbewertung erhielt er viermal besonders stark ausgeprägt und sechsmal stärker ausgeprägt, die Empfehlung für die weitere Verwendung lautete: Beförderung nach A 7.

    Der Beklagte ist seit dem 10. Dezember 2012 vorläufig des Dienstes enthoben. Der ursprünglich gleichzeitig angeordnete Einbehalt von 15 % der monatlichen Dienstbezüge wurde am 18. Januar 2013 aufgehoben.

    Der Beklagte ist verheiratet und hat drei 1987, 1991 und 1993 geborene Kinder. Derzeit hat die Familie des Beamten monatlich Einnahmen in Höhe von ca. 3450 Euro.

    Straf- und disziplinarrechtlich ist der Beklagte vor den Vorwürfen, die den Gegenstand dieses Verfahren bilden, nicht in Erscheinung getreten.

    Im sachgleichen Strafverfahren verurteilte das Amtsgericht ... - AZ.: 50 Ds 779 Js 54220/12 (235/13) - den Beklagten mit rechtskräftigem Urteil vom 6. November 2013 wegen Unterschlagung in Tatmehrheit mit Vortäuschen einer Straftat zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von 7 Monaten auf Bewährung. Das Amtsgericht ist dabei von folgenden Feststellungen ausgegangen:

    Der Angeklagte war über einen Zeitraum von über acht Jahren Vorsitzender eines Sparclubs, in dem Mitarbeiter des Finanzamtes ... ansparten. Aufgabe des Angeklagten war die Entgegennahme der eingezahlten Gelder und deren Einzahlung auf ein hierzu eingerichtetes Konto bei der Sparkasse Holstein. Die Einzahlungen der Sparclubmitglieder wurden von anderen Mitgliedern in Listen betragsmäßig erfasst. Die Gelder wurden an den Angeklagten weitergegeben, ebenso die Listen. Der Angeklagte fügte die Listen zusammen und zahlte die eingenommenen Beträge auf das Konto bei der Sparkasse Holstein ein. Jeweils im Spätherbst eines jeden Jahres übernahm es der Angeklagte, die gesamten auf dem Konto eingezahlten Gelder abzuheben und an die Einzahler wieder auszukehren.

    Im Laufe des Jahres 2012 versäumte es der Angeklagte mehrfach, die laufenden Einzahlungen der Sparclubmitglieder auf das Konto bei der Sparkasse Holstein einzuzahlen. Stattdessen verbrauchte er von den eingenommenen Beträgen in den ersten 11 Monaten des Jahres 2012 einen Betrag von über 10.000,00 € für eigene private Zwecke. Statt der insgesamt von den Sparclubmitgliedern eingezahlten über 70.000,00 € befand sich so am 14.11.2012 auf dem Konto des Sparclubs bei der Sparkasse Holstein lediglich ein Betrag von 58.565,00 €. Dem Angeklagten wurde mit Näherrücken des geplanten Auszahlungstermins die Dimension der von ihm für eigene Zwecke verbrauchten Beträge deutlich. Ihm fiel jedoch kein Ausweg ein. Er brachte es auch nicht fertig, sich den Mitgliedern des Sparclubs oder seiner Familie zu offenbaren. Stattdessen begab sich der Angeklagte am 14.11.2012 gegen 10:30 Uhr in die Geschäftsräume der Sparkasse Holstein in der ..., ..., und hob den entsprechend vorbestellten Betrag von 58.565,00 € ab. Er nahm das Geld in einem Umschlag entgegen und begab sich damit zu seinem PKW. Statt aber das Geld wie geplant an die Sparclubmitglieder auszukehren, versteckte er den Umschlag mit dem Geld unter der Rücksitzbank seines PKW.

    Anschließend begab sich der Angeklagte zur Polizei-Zentralstation ... . Dort gab er gegenüber den Polizeibeamten an, er sei nach dem Verlassen der Sparkassenfiliale von einer unbekannten Person mit einem Elektroschocker außer Gefecht gesetzt worden. Anschließend habe man ihm den Umschlag mit dem zuvor abgehobenen Geld (knapp 60.000,00 €) geraubt. Die Polizei leitete daraufhin Ermittlungen wegen eines schweren Raubes ein. Erst nachdem umfangreiche Ermittlungen und Fahndungsmaßnahmen ohne Ergebnis blieben und die Polizeibeamten darauf hin den PKW des Angeklagten durchsuchten, wo sie den Umschlag mit dem Geld unter der Sitzbank fanden, gab der Angeklagte zu, dass der vorgebliche Überfall gar nicht stattgefunden habe.

    Der wieder aufgefundene Geldbetrag von 58.565,00 € wurde später bestimmungsgemäß an die Mitglieder des Sparclubs ausgeschüttet. Darüber hinaus zahlte der Angeklagte innerhalb einer Woche nach der Entdeckung der Taten auch die von ihm zuvor zweckentfremdeten Beträge vollständig an die Einzahler zurück.

    Aufgrund dieses Sachverhaltes wurden Ermittlungen durch die Innenrevision veranlasst, die feststellte, dass der Beklagte seit dem Jahr 2004 keine Steuererklärungen abgegeben hatte. Nachdem der Beklagte und seine Ehefrau auf Aufforderung durch das Finanzamt die fehlenden Erklärungen einreichten, wurden für die Jahre 2005 bis 2011 Einkommensteuern in Höhe von insgesamt 4.191,00 € (2005 in Höhe von 485,00 €, 2006 in Höhe von 447,00 €, 2007 in Höhe von 432,00 €, 2008 in Höhe von 484,00 €, 2009 in Höhe von 710,00 €, 2010 in Höhe von 815,00 €, 2011 in Höhe von 818,00 €) festgesetzt. Das gegen den Kläger und seine Ehefrau eingeleitete Steuerstrafverfahren wurde nach vollständiger Begleichung der Steuerschulden am 18. April 2013 gemäß § 170 Abs. 2 StPO i.V.m. § 371 AO eingestellt.

    Wegen des dem Strafurteil zugrundeliegenden Sachverhaltes leitete der Kläger mit Verfügung vorn 16. November 2012 gegen den Beklagten ein Disziplinarverfahren ein, das am 28. November 2012 um den Vorwurf der Nichtabgabe von Steuererklärungen ab dem Veranlagungszeitraum 2004 erweitert wurde. Das Disziplinarverfahren wurde am 23. Januar 2013 im Hinblick auf das strafrechtliche Ermittlungsverfahren ausgesetzt und mit Verfügung vom 28. November 2013 fortgesetzt. Der Beklagte äußerte sich durch Schreiben vom 23. Dezember 2013 und in seiner abschließenden Anhörung (Schreiben vorn 4. Juni 2014) - wie im Strafverfahren - geständig, auch hinsichtlich des zweiten Vorwurfs. Er habe seine finanziellen Belastungen aus Sorge um seine Ehe nicht mehr anders zu beheben gewusst. Die Nichtabgabe von Steuererklärungen habe auf Nachlässigkeit beruht.

    Nach Zustimmung des Hauptpersonalrats hat der Kläger am 27. August 2014 Disziplinarklage wegen des mit rechtskräftigem Urteil des Amtsgerichts ... vom 6. November 2013 festgestellten Sachverhalts und der Nichtabgabe von Steuererklärungen für die Jahre 2005 bis 2011 (Verkürzung der Einkommensteuern in Höhe von insgesamt 4.191,00 €) erhoben.

    Der Kläger hat beantragt,

    den Beklagten aus dem Beamtenverhältnis zu entfernen.

    Der Beklagte hat beantragt,

    die Klage abzuweisen,

    hilfsweise, eine geringere Disziplinarmaßnahme auszusprechen.

    Der Beklagte hat - wie bereits im Strafverfahren und im Zuge der abschließenden Anhörung im Disziplinarverfahren - vorangestellt, dass er sein Verhalten zutiefst bedauere. Seine zum Zeitpunkt der Tatbegehung angespannte finanzielle Situation und die daraus resultierenden Spannungen in seiner Ehe hätten im Sinne einer Kurzschlussreaktion zu seinem Verhalten geführt. Er habe keineswegs mit erheblicher krimineller Energie kaltblütig und vorausplanend seine Straftat geplant. Auch müsse berücksichtigt werden, dass das Strafgericht ihm mit guten Gründen eine positive Sozialprognose ausgestellt habe, so dass nicht damit gerechnet werden müsse, dass er das in ihn gesetzte Vertrauen künftig noch einmal enttäuschen werde. Allein die Erfahrung des Strafverfahrens und des Disziplinarverfahrens sowie die zahllosen schlaflosen Nächte hätten einen so nachhaltigen Eindruck auf ihn gemacht, dass mit einem nochmaligen Fehlverhalten nicht zu rechnen sei. Insgesamt sei damit die Entfernung aus dem Dienst alles andere als zwingend, sie erscheine als Mittel der Wahl auch zu hart. Es solle ein milderes Disziplinarmittel in Erwägung gezogen werden.

    Das Schleswig-Holsteinische Verwaltungsgericht - 17. Kammer - hat den Beklagten mit Urteil vom 2. Dezember 2015 aus dem Beamtenverhältnis entfernt. Habe sich der Beamte - wie hier der Beklagte - bei der Ausübung seiner dienstlichen Tätigkeiten an Vermögenswerten von Kolleginnen und Kollegen vergriffen, so handelt es sich dabei um ein Eigentumsdelikt, das in seiner Schwere im Grundsatz mit der Veruntreuung amtlich anvertrauter Gelder gleichzusetzen sei. Ein solches Dienstvergehen sei deshalb regelmäßig geeignet, das Vertrauensverhältnis zu zerstören, sodass in diesen Fällen die Entfernung aus dem Dienst grundsätzlich Ausgangspunkt der Bestimmung der angemessenen Disziplinarmaßnahme sei.

    Die von der Schwere ausgehende Indizwirkung werde nicht durch gewichtige Entlastungsgründe in Frage gestellt. Die zu den Zugriffsdelikten entwickelten sogenannten anerkannten Milderungsgründe lägen nicht vor. Dem "Handeln in einer unverschuldeten, ausweglosen wirtschaftlichen Notlage" stehe schon entgegen, dass der Beklagte nach Aufdeckung der Straftaten durch Verkauf seines PKW halbwegs geordnete Verhältnisse habe schaffen können. Das wäre ihm auch vor Begehung der Straftaten zumutbar und möglich gewesen. Ein einmaliges, persönlichkeitsfremdes Augenblicksversagen in einer besonderen Versuchungssituation könne nicht angenommen werden, weil der Beklagte in regelmäßigen, monatlichen Abständen, in denen das Geld des Sparclubs bei der Sparkasse hätte eingezahlt werden sollen, jeweils Beträge für sich "abgezweigt" habe. Auch bei dem vom Beklagten vorgetäuschten Raubüberfall könne nicht von einer plötzlich entstandenen besonderen Versuchungssituation ausgegangen werden, in der der Beklagte einmalig und persönlichkeitsfremd gehandelt habe. Der Beklagte habe seit langem gewusst, dass er die Gelder würde zurückzahlen müssen. Von einer Ausweglosigkeit dieser Situation könne schon deshalb nicht gesprochen werden, weil es ihm gelungen sei, innerhalb einer Woche nach der Entdeckung der Taten die von ihm zuvor zweckentfremdeten Beträge vollständig an die Kollegen auszuzahlen.

    Die in der Nichtabgabe der Einkommensteuererklärungen über einen langen Zeitraum hinweg liegende außerdienstliche Pflichtverletzung sei gegenüber dem sonstigen Verhalten von zu vernachlässigendem Gewicht.

    Durch die begangenen Straftaten habe der Beklagte auch bei Würdigung aller be- und entlastenden Gesichtspunkte, insbesondere der Wiedergutmachung des entstandenen finanziellen Schadens, eine beamtenunwürdige Haltung an den Tag gelegt, die zu einer irreparablen Beschädigung des Ansehens des Berufsbeamtentums geführt habe. Das werde bereits dadurch offenkundig, dass über die Taten in der Presse berichtet worden sei, womit der Beklagte habe rechnen müssen. Vor diesem Hintergrund könne dem Umstand, dass der Beklagte bisher weder strafrechtlich noch disziplinarrechtlich in Erscheinung getreten sei, kein in der Weise entlastendes Moment zukommen, dass von der Höchstmaßnahme abzusehen sei.

    Hiergegen wendet sich der Beklagte mit seiner fristgerecht eingereichten Berufung. Er ist der Auffassung, ihm komme der Milderungsgrund des "Handelns in einer unverschuldeten, aussichtslosen wirtschaftlichen Notlage" zugute. Eine solche habe zwar objektiv nicht vorgelegen, er habe sich jedoch nach seinem subjektiven Empfinden in einer ausweglosen wirtschaftlichen Lage befunden. Er habe geglaubt, den Erwartungen seiner Familie nicht gerecht werden zu können, so dass er das Zerbrechen seiner Familie, die für ihn der maßgebliche Halt und zentrale Fixpunkt seines Lebens sei, befürchtet habe. Seine große Sorge davor, von seiner Frau verlassen zu werden, wenn er seine wirtschaftlichen Nöte ihr gegenüber aufdeckte, habe ihn daran gehindert, früher sein Fahrzeug zu verkaufen, um den von ihm angerichteten Schaden wiedergutzumachen. Denn damit hätte er seiner Frau gegenüber seine bis ans Äußerste angespannten prekären wirtschaftlichen Verhältnissen offengelegt, was in seiner damaligen Vorstellung das Ende seiner Ehe hätte bedeuten können. Seinerzeit habe er nicht wissen können, dass er damit seine Frau offenbar erheblich unterschätzt habe.

    Er sei zudem davon ausgegangen, über abrufbare Gelder seiner Rentenversicherung die Rückführung sicherstellen zu können. Vorzuwerfen sei ihm, dass er sich über die tatsächliche Abrufbarkeit und den Zeitpunkt einer solchen möglichen Abrufbarkeit nicht rechtzeitig und nicht in ausreichendem Maße informiert gehabt habe. Möglicherweise habe er es in dieser Phase auch gar nicht so genau wissen wollen. Je auswegloser die Lage aus seiner Sicht geworden sei, desto weniger sei er - der Beklagte - in der Lage gewesen, hierauf in vernünftiger Form zu reagieren.

    Das Ergebnis der von ihm subjektiv gesehenen Lage sei dann der unkluge und darüber hinaus dilettantische Versuch der Veruntreuung auch der von ihm dann letztlich bei der Bank abgehobenen Gelder und das Vortäuschen des Raubüberfalles, und das auch noch in einer Weise, die untauglich gewesen sei. Das Fehlen jeder ernst zu nehmenden Tatspuren an ihm selbst sowie die Phantasielosigkeit des Geldverstecks offenbarten, dass seine Tat nicht von langer Hand geplant und vorbereitet gewesen sei, sondern ganz offensichtlich der fast hilflose Versuch einer im Grunde ehrlichen Seele gewesen sei, mit einer auch von ihm selbst als falsch anerkannten Verhaltensweise umzugehen. Damit solle nur deutlich werden, dass sich der Beklagte - jedenfalls in seiner subjektiven Wahrnehmung - in einer von ihm selbst als aussichtslos empfundenen Ausnahmesituation befunden habe, in der er andere Wege aus der Lage gar nicht mehr erkannt habe. Das Vortäuschen der Straftat stelle ein persönlichkeitsfremdes Augenblicksversagen dar, denn dass die Vortäuschung des Überfalles nicht von langer Hand geplant gewesen sei, offenbare sich bereits in der dilettantischen Vorgehensweise. Es sei ganz offenkundig der beinahe hilfslose Versuch des von seiner Persönlichkeit her im Grunde ehrlichen Beklagten, mit der von ihm als ausweglos betrachteten Lage umzugehen.

    Der Beklagte habe keineswegs über einen längeren Zeitraum für den Spar-Club bestimmte Gelder seiner Kollegen veruntreut, sondern es habe sich um Einlagen über einen sehr begrenzten Zeitraum von etwa zwei Monaten gehandelt.

    Auch bei der Nichtabgabe von Einkommensteuererklärungen über einen längeren Zeitraum hinweg habe er - der Beklagte - zwar pflichtwidrig gehandelt, insbesondere als Finanzbeamter. Dieser Tatvorwurf sei aber nicht Grundlage der beantragten und/ oder der vom Verwaltungsgericht bestätigten Entfernung aus dem Beamtenverhältnis. Darüber hinaus sei er in der Finanzverwaltung nur ein recht kleines Licht mit sehr eingeschränkter Entscheidungskompetenz.

    Selbst wenn das Vertrauen des Dienstherrn und der Allgemeinheit in den Beklagten nach Bekanntwerden von dessen Taten zweifellos erschüttert worden sei, so habe allein das Strafverfahren, und vielleicht sogar noch mehr das anhängige Disziplinarverfahren auf ihn - den Beklagten - einen so nachhaltigen Eindruck gemacht hätten, dass weder der Dienstherr noch die Allgemeinheit Sorge haben müssten, ein derartiges Verhalten könne sich wiederholen. Das werde auch deutlich in der vom Strafgericht ausgesprochenen Sozialprognose. Unzweifelhaft habe die Presseberichterstattung über den vorgetäuschten Raubüberfall kein gutes Licht auf den Beklagten und die Beamtenschaft der Finanzverwaltung geworfen. Genauso sei aber zu berücksichtigen, dass auch über die strafrechtliche Verurteilung zu einer Haftstrafe öffentlich berichtet und daher das Sanktionsbedürfnis der öffentlichen Meinung befriedigt worden sei. Die Beschädigung des Ansehens des Berufsbeamtentums sei daher nicht irreparabel.

    Der Beklagte habe in der konkreten Situation seines dilettantischen Versuches des Vortäuschens einer Straftat zu allerletzt daran gedacht, dass durch seine Darstellung eines Raubüberfalles besonderes öffentliches Interesse ausgelöst würde. Tatsächlich habe er sich lediglich gedacht, dass die Polizei den Vorfall aufnehmen und die Sache dann zu den Akten legen würde, wie das offensichtlich - ausgehend von bekannten unbefriedigenden Aufklärungsquoten bei Eigentumsdelikten - mit den meisten Delikten dieser Art in Schleswig-Holstein geschehe. Dass tatsächlich die Polizei in der geschehenen Weise sofort tätig geworden sei, dürfte niemanden mehr überrascht haben als ihn selbst. Auch dies sei eine reichlich naive und ungelenke Vorstellung. Gleichwohl sei das tatsächlich seine Vorstellung gewesen, soweit er überhaupt darüber nachgedacht habe. Dieser Vorwurf sei daher auszublenden und die prognostische Gesamtwürdigung habe sich vielmehr an der ausgesprochen günstigen Sozialprognose im Strafurteil zu orientieren, nach der mit einer Begehung weiterer Straftaten durch den Beklagten nicht zu rechnen sei. Vor diesem Hintergrund sei eine mildere Sanktion als die Entfernung aus dem Dienstverhältnis vertretbar und geboten. Dem Beklagten sei durchaus bewusst, dass sein Fehlverhalten auch disziplinarrechtlich nicht folgenlos bleiben könne. Er sei bereit, sich in jede disziplinarische Maßnahme unterhalb der Ebene der Entfernung aus dem Dienst zu fügen.

    Der Beklagte beantragt,

    das Urteil des Schleswig-Holsteinischen Verwaltungsgerichtes - 17. Kammer - vom 2. Dezember 2015 abzuändern und gegen ihn - den Beklagten - eine mildere Disziplinarmaßnahme als die Entfernung aus dem Dienst zu bestimmen.

    Der Kläger beantragt,

    die Berufung zurückzuweisen.

    Der Senat hat in der mündlichen Verhandlung den Beklagten angehört und Beweis erhoben durch Vernehmung der Zeugin ... zu den persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen der Familie des Beklagten im Jahr 2012. Wegen des Ergebnisses der Anhörung des Beklagten und der Beweisaufnahme wird auf Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 15. November 2016 Bezug genommen.

    Entscheidungsgründe

    Die Berufung des Beklagten ist zwar zulässig, jedoch nicht begründet. Das Verwaltungsgericht hat den Beklagten im Ergebnis zu Recht aus dem Beamtenverhältnis entfernt. Der Senat kommt bei seiner Bemessungsentscheidung zu dem Ergebnis, dass der Beklagte ein inner- und außerdienstliches Dienstvergehen begangen hat, das bei Abwägung aller disziplinarrechtlich relevanten Gesichtspunkte mit der Entfernung aus dem Beamtenverhältnis zu ahnden ist.

    a) Aufgrund der geständigen Einlassung des Beklagten und des im rechtskräftigen Strafurteil - AZ.: 50 Ds 779 Js 54220/12 (235/13) - des Amtsgerichts ... vom 6. November 2013 gemäß § 41 Abs. 1 LDG, § 57 Abs. 1 BDG bindend festgestellten Sachverhaltes ist davon auszugehen, dass der Beklagte die ihm mit der Klageschrift vorgeworfenen Verfehlungen vorsätzlich, rechtswidrig und schuldhaft begangen hat:

    Der Beklagte war über einen Zeitraum von über acht Jahren Vorsitzender eines Sparclubs von Mitarbeitern des Finanzamtes ... . Seine Aufgabe war die Entgegennahme der eingezahlten Gelder und deren Einzahlung auf ein hierzu eingerichtetes Konto bei der Sparkasse Holstein. Die Einzahlungen der Sparclubmitglieder wurden von anderen Mitgliedern in Listen betragsmäßig erfasst. Die Gelder wurden an den Beklagten weitergegeben, ebenso die Listen. Der Beklagte fügte die Listen zusammen und zahlte die eingenommenen Beträge auf das Konto bei der Sparkasse Holstein ein. Jeweils im Spätherbst eines jeden Jahres übernahm es der Beklagte, die gesamten auf dem Konto eingezahlten Gelder abzuheben und an die Einzahler wieder auszukehren.

    Im Laufe des Jahres 2012 versäumte es der Beklagte mehrfach, die laufenden Einzahlungen der Sparclubmitglieder auf das Konto bei der Sparkasse Holstein einzuzahlen. Stattdessen verbrauchte er von den eingenommenen Beträgen in den ersten elf Monaten des Jahres 2012 einen Betrag von über 10.000,00 € für eigene private Zwecke.

    Statt der insgesamt von den Sparclubmitgliedern eingezahlten über 70.000,00 € befand sich so am 14. November 2012 auf dem Konto des Sparclubs bei der Sparkasse Holstein lediglich ein Betrag von 58.565,00 €. Dem Beklagten wurde mit Näherrücken des geplanten Auszahlungstermins die Dimension der von ihm für eigene Zwecke verbrauchten Beträge deutlich. Ihm fiel jedoch kein Ausweg ein. Er brachte es auch nicht fertig, sich den Mitgliedern des Sparclubs oder seiner Familie zu offenbaren. Stattdessen begab sich der Beklagte am 14. November 2012 gegen 10:30 Uhr in die Geschäftsräume der Sparkasse Holstein in der ..., ..., und hob den entsprechend vorbestellten Betrag von 58.565,00 € ab. Er nahm das Geld in einem Umschlag entgegen und begab sich damit zu seinem PKW. Statt aber das Geld wie geplant an die Sparclubmitglieder auszukehren, fuhr er zunächst ziellos in ... umher, bis er auf dem rückwärtigen Parkplatz der PolizeiZentralstation ... ankam. Dort versteckte er den Umschlag mit dem Geld unter der Rücksitzbank seines PKW und begab sich sodann in die Polizeistation, wo er gegenüber den Polizeibeamten angab, er sei nach dem Verlassen der Sparkassenfiliale von einer unbekannten Person mit einem Elektroschocker außer Gefecht gesetzt worden. Anschließend habe man ihm den Umschlag mit dem zuvor abgehobenen Geld (knapp 60.000,00 €) geraubt. Die Polizei leitete daraufhin Ermittlungen wegen eines schweren Raubes ein. Erst nachdem umfangreiche Ermittlungen und Fahndungsmaßnahmen ohne Ergebnis blieben und die Polizeibeamten daraufhin den PKW des Beklagten durchsuchten, wo sie den Umschlag mit dem Geld unter der Sitzbank fanden, gab der Beklagte zu, dass der vorgebliche Überfall gar nicht stattgefunden habe. Der wieder aufgefundene Geldbetrag von 58.565,00 € wurde später bestimmungsgemäß an die Mitglieder des Sparclubs ausgeschüttet. Darüber hinaus zahlte der Angeklagte innerhalb einer Woche nach der Entdeckung der Taten auch die von ihm zuvor zweckentfremdeten Beträge vollständig an die Einzahler des Sparclubs zurück. Das Geld stammte aus dem Erlös des Verkaufs seines fast neuen Autos.

    Aufgrund von Nachlässigkeit versäumten der Beklagte und seine Ehefrau von 2004 bis November 2012 die Abgabe ihrer Steuererklärungen. Nachdem der Beklagte und seine Ehefrau auf Aufforderung durch das Finanzamt die fehlenden Erklärungen einreichten, wurden für die Jahre 2005 bis 2011 Einkommensteuern in Höhe von insgesamt 4.191,00 € (2005 in Höhe von 485,00 €, 2006 in Höhe von 447,00 €, 2007 in Höhe von 432,00 €, 2008 in Höhe von 484,00 €, 2009 in Höhe von 710,00 €, 2010 in Höhe von 815,00 €, 2011 in Höhe von 818,00 €) festgesetzt. Die festgesetzten Steuern beglich der Beklagte ebenfalls aus dem Erlös des Verkaufs seines Autos.

    Der Beklagte behauptet in der Berufungsbegründung, er habe keineswegs über einen längeren Zeitraum für den Spar-Club bestimmte Gelder seiner Kollegen veruntreut, sondern es habe sich um Einlagen über einen sehr begrenzten Zeitraum von etwa zwei Monaten gehandelt. Soweit sich dieses Vorbringen auf die Dauer und Häufigkeit und unbestimmt zur Gesamthöhe der Geldentnahmen bezieht, widerspricht dies den gemäß § 41 Abs. 1 LDG i.V.m. § 57 Abs. 1 BDG bindenden tatsächlichen Feststellungen im Strafurteil, das insoweit ausführt:

    Im Laufe des Jahres 2012 versäumte es der Angeklagte mehrfach, die laufenden Einzahlungen der Sparclubmitglieder auf das Konto bei der Sparkasse Holstein einzuzahlen. Stattdessen verbrauchte er von den eingenommenen Beträgen in den ersten 11 Monaten des Jahres 2012 einen Betrag von über 10.000,00 € für eigene private Zwecke. Statt der insgesamt von den Sparclubmitgliedern eingezahlten über 70.000,00 € befand sich so am 14.11.2012 auf dem Konto des Sparclubs bei der Sparkasse Holstein lediglich ein Betrag von 58.565,00 €.

    Für eine Lösung von diesen Feststellungen besteht kein Anlass, da pauschale Behauptungen ebenso wie bloßes Bestreiten hierfür nicht genügen. Es hätten tatsächliche Umstände dargetan werden müssen, aus denen sich die offenkundige Unrichtigkeit der Feststellungen im Sinne des § 57 Abs. 1 Satz 2 BDG ergeben kann (vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 26. August 2010 - 2 B 43.10 - Rn. 6, [...] und vom 28. Dezember 2011 - 2 B 74.11 - Rn. 13 mwN, [...]). Daran fehlt es hier, da lediglich pauschal ein abweichender Geschehensablauf behauptet wird.

    Zudem hat der Beklagte in seiner persönlichen Anhörung in der mündlichen Verhandlung dieses Vorbringen nicht wiederholt, sondern ausgesagt:

    Irgendwann habe ich die Gelder nicht mehr eingezahlt. Ich habe geglaubt, ich werde es vor der Auszahlung zurückzahlen können. Das Geld habe ich meinem Sohn gegeben und für mich verbraucht. Bevor die Auszahlung anstand, wollte ich es zurückzahlen. (...)

    Ich hatte von den Geldern nicht immer alles einbehalten, hatte nur ein bisschen davon weggenommen. (...)

    Was ich im Laufe der Zeit für eine Summe entnommen hatte, habe ich gar nicht nachgerechnet. Ich hatte den Überblick verloren. Sonst wäre mir das schon vorher aufgefallen, wie viel das ist. (...)

    Ich habe mir im Oktober Gedanken gemacht, dass ich mit der Auflösung der Rentenversicherung den Fehlbetrag ausgleichen könnte. Ich hatte nicht geschaut, dass es schon so eine große Summe war. Ich weiß nicht, wieso es so eine große Summe war. Ich hatte nicht gerechnet und den Überblick verloren.

    Sein weiteres Vorbringen betrifft lediglich die disziplinarrechtliche Würdigung.

    b) Durch dieses Verhalten hat der Beklagte vorsätzlich, rechtswidrig und schuldhaft gegen seine ihm obliegenden Pflichten zu achtungs- und vertrauensgerechtem Verhalten (§ 34 Satz 3 BeamtStG) verstoßen.

    c) Durch diese Pflichtverletzungen hat der Beklagte ein Dienstvergehen gemäß § 47 Abs. 1 Satz 1 und Satz 2 BeamtStG begangen. Der Beklagte hat über einen Zeitraum von elf Monaten ihm von seinen Kollegen anvertraute Gelder unterschlagen und anschließend durch Vortäuschen einer Straftat sein Verhalten zu vertuschen versucht. Zudem hat er durch Nichtabgabe von Steuererklärungen ab 2004 die Einkommensteuer für die Jahre 2005 bis 2011 in Höhe von insgesamt 4.191,00 € verkürzt. Auch wenn der Beklagte mehrere Pflichtverletzungen begangen hat, liegt nur ein Dienstvergehen vor (Grundsatz der Einheit des Dienstvergehens, vgl. BVerwG, Urteile vom 28. Juli 2011 - 2 C 16.10 -, BVerwGE 140, 185 Rn. 19, vom 27. Januar 2011 - 2 A 5.09 - Rn. 12, [...] und vom 14. Februar 2007 - 1 D 12.05 -, BVerwGE 128, 125 Rn. 21 f.; Beschlüsse vom 6. Juni 2013 - 2 B 50.12 - Rn. 14, [...], und vom 11. Februar 2014 - 2 B 37.12 - Rn. 17, [...]).

    Dieses Dienstvergehen hat der Beklagte inner- und außerdienstlich begangen, wobei der Schwerpunkt in der als innerdienstlich zu wertenden veruntreuenden Unterschlagung der Spargelder der Kollegen liegt. Dabei richtet sich die Unterscheidung zwischen inner- und außerdienstlichen Verfehlungen nicht entscheidend nach der formalen Dienstbezogenheit, das heißt nach der engen räumlichen oder zeitlichen Beziehung zum Dienst, vielmehr kommt es in erster Linie auf die materielle Dienstbezogenheit an. Abzustellen ist darauf, ob durch das Verhalten inner- oder außerdienstliche Pflichten verletzt sind (vgl. BVerwG, Urteil vom 20. Februar 2001 - 1 D 55.99 - Rn. 57, [...]). Entscheidend für die rechtliche Einordnung eines Verhaltens als innerdienstliche Pflichtverletzung (§ 47 Abs. 1 Satz 1 BeamtStG) ist danach dessen kausale und logische Einbindung in ein Amt und die damit verbundene dienstliche Tätigkeit (vgl. BVerwG, Urteil vom 25. August 2009 - 1 D 1.08 -Rn. 54, [...]; zum Ganzen vgl. auch BVerwG, Urteil vom 10. Dezember 2015 - 2 C 4.14 - Rn. 11 m.w.N., [...]). Das pflichtwidrige Verhalten des Beklagten war in sein Amt und in seine Pflicht eingebunden, sich auch innerdienstlich, und zwar nicht nur seinem Dienstherrn gegenüber, sondern auch seinen Kollegen gegenüber, achtungs- und vertrauenswürdig zu verhalten. Der Beklagte war über acht Jahre Vorsitzender eines Sparclubs von Mitarbeitern des Finanzamtes ... . Wäre er nicht Finanzbeamter gewesen, hätten ihm die Kollegen nicht ihr Geld anvertraut, damit er es für sie einzahlt. Das damit dem Beklagten gegenüber verbundene Vertrauen der Kollegen hat er durch Entnahme von Geldern für eigene private Zwecke verletzt.

    Dass die Steuerhinterziehung außerdienstlich war, steht außer Frage. Das Vortäuschen einer Straftat diente zwar allein der Verschleierung seines innerdienstlichen Fehlverhaltens, dies allein jedoch genügt nicht für die Einordnung als innerdienstlich. Hinsichtlich der besonderen Qualifizierung des § 47 Abs. 1 Satz 2 BeamtStG - das außerdienstliche Verhalten muss nach den Umständen des Einzelfalles in besonderem Maße geeignet sein, das Vertrauen in das Amt in bedeutsamer Weise zu beeinträchtigen - ist es bei der vorgetäuschten Straftat bereits ausreichend, dass es sich hierbei um eine Straftat handelt, für die der Strafrahmen bis zu drei Jahren Freiheitsstrafe (§ 145d Abs. 1 StGB) reicht und der Beklagte deswegen verurteilt worden ist. Zwar ist der Beklagte wegen der Steuerhinterziehung durch Unterlassen (§ 370 Abs. 1 Nr. 2 AO) nicht verurteilt worden, indes reicht der Strafrahmen sogar zu fünf Jahren Freiheitsstrafe und die Tat weist einen besonderen Dienstbezug auf, da der Beklagte Finanzbeamter ist.

    d) Nach § 13 Abs. 1 Satz 1 LDG ergeht die Entscheidung über eine Disziplinarmaßnahme nach pflichtgemäßem Ermessen. Gemäß § 13 Abs. 1 Satz 2 bis 4 LDG ist die Disziplinarmaßnahme nach der Schwere des Dienstvergehens und unter angemessener Berücksichtigung des Persönlichkeitsbildes des Beamten sowie des Umfangs der Beeinträchtigung des Vertrauens des Dienstherrn und der Allgemeinheit zu treffen. Das Gewicht der Pflichtverletzung ist danach Ausgangspunkt und richtungsweisendes Bemessungskriterium für die Bestimmung der erforderlichen Disziplinarmaßnahme. Dies beruht auf dem Schuldprinzip und dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, die auch im Disziplinarverfahren Anwendung finden. Die gegen den Beamten ausgesprochene Disziplinarmaßnahme muss unter Berücksichtigung aller be- und entlastenden Umstände des Einzelfalls in einem gerechten Verhältnis zur Schwere des Dienstvergehens und zum Verschulden des Beamten stehen (stRpsr., vgl. zum Ganzen BVerwG, Urteile vom 20. Oktober 2005 - 2 C 12.04 - BVerwGE 124, 252 <258 f.> sowie zuletzt vom 10. Dezember 2015 - 2 C 6.14 - Rn. 12 und 22 mwN, [...]). Die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis als disziplinarrechtliche Höchstmaßnahme ist nur zulässig, wenn der Beamte wegen der schuldhaften Verletzung einer ihm obliegenden Pflicht das für die Ausübung seines Amtes erforderliche Vertrauen endgültig verloren hat (§ 13 Abs. 2 Satz 1 LDG). Das ist hier der Fall.

    Da die Schwere des Dienstvergehens nach § 13 Abs. 1 Satz 2 LDG maßgebendes Bemessungskriterium für die Bestimmung der erforderlichen Disziplinarmaßnahme ist, muss das festgestellte Dienstvergehen nach seiner Schwere einer im Katalog des § 5 Abs. 1 LDG aufgeführten Disziplinarmaßnahme zugeordnet werden. Bei der Auslegung des Begriffs "Schwere des Dienstvergehens" ist maßgebend auf das Eigengewicht der Verfehlung abzustellen. Hierfür können bestimmend sein objektive Handlungsmerkmale (insbesondere Eigenart und Bedeutung der Dienstpflichtverletzungen, z.B. Kern- oder Nebenpflichtverletzungen, sowie besondere Umstände der Tatbegehung, z.B. Häufigkeit und Dauer eines wiederholten Fehlverhaltens), subjektive Handlungsmerkmale (insbesondere Form und Gewicht der Schuld des Beamten, Beweggründe für sein Verhalten) sowie unmittelbare Folgen des Dienstvergehens für den dienstlichen Bereich und für Dritte (stRspr., vgl. BVerwG, Urteile vom 20. Oktober 2005 - 2 C 12.04 -, BVerwGE 124, 253 <259>; zuletzt vom 10. Dezember 2015 - 2 C 6.14 - Rn. 16, [...]).

    Nach der bisherigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts konnte dabei auf die vom Disziplinarsenat des Bundesverwaltungsgerichts für bestimmte Fallgruppen herausgearbeiteten Regeleinstufungen zurückgegriffen werden (vgl. dazu zuletzt BVerwG, Urteil vom 25. Juli 2013 - 2 C 63.11 - Rn. 14 mwN, [...]). Für die hier verwirklichte Fallgruppe der Zugriffsdelikte, zu der auch der sogenannte Kollegendiebstahl gehört, war die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis grundsätzlich Richtschnur für die Maßnahmebestimmung, wenn die veruntreuten Beträge oder Werte insgesamt die Schwelle der Geringwertigkeit, die bei 50 Euro angenommen wurde, deutlich überstiegen (zuletzt BVerwG, Urteil vom 25. Juli 2013 a.a.O. Rn. 15 f. mwN, [...]; vgl. hierzu auch BVerwG, Urteil vom 10. Dezember 2015 - 2 C 6.14 - Rn. 19 ff., [...]).

    Diese Rechtsprechung hat das Bundesverwaltungsgericht zwar in seinem Urteil vom 10. Dezember 2015 - 2 C 6.14 - (LS 1 und Rn. 19, [...]) aufgegeben, indes ergibt sich danach vorliegend keine wesentlich andere Zuordnung in den Katalog der Disziplinarmaßnahmen nach § 5 LDG. Nach dieser neuen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, der der Senat folgt (vgl. Senatsurteil vom 26. Mai 2016 - 14 LB 4/15 - ), richtet sich auch bei einem innerdienstlich begangenen Dienstvergehen die an seiner Schwere orientierte grundsätzliche Zuordnung zu einer der Disziplinarmaßnahmen nach dem gesetzlich bestimmten Strafrahmen. Dies war zuvor nur für außerdienstlich begangene Dienstvergehen entschieden worden (vgl. zu den außerdienstlichen Dienstvergehen grundlegend BVerwG, Urteile vom 19. August 2010 - 2 C 5.10 - Rn. 22, [...], und - 2 C 13.10 - Rn. 25, [...], vgl. auch BVerwG, Urteil evom 18. Juni 2015 - 2 C 9.14 - Rn. 31, [...] und vom 10. Dezember 2015 - 2 C 50.13 - [...] Rn. 17). Die Orientierung des Umfangs des Vertrauensverlustes am gesetzlichen Strafrahmen gewährleistet eine nachvollziehbare und gleichmäßige disziplinarische Ahndung der Dienstvergehen.

    Der Schwerpunkt des Dienstvergehens liegt in der veruntreuenden Unterschlagung der Kollegengelder. Das Amtsgericht hat den Beklagten wegen Unterschlagung in Tatmehrheit mit Vortäuschen einer Straftat nach § 246 Abs. 1 und 2, § 145d Abs. 1 StGB zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von 7 Monaten, deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt wurde, verurteilt. Der Strafrahmen des § 246 Abs. 1 StGB sieht eine Freiheitstrafe bis zu drei Jahren vor, der des § 246 Abs. 2 StGB sogar eine Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren vor. Begeht ein Beamter innerdienstlich unter Ausnutzung seiner Dienststellung eine Straftat, für die das Strafgesetz als Strafrahmen eine Freiheitsstrafe von bis zu drei Jahren - hier sind es bei der veruntreuenden Unterschlagungung der von den Kollegen dem Beklagten anvertrauten Gelder sogar bis zu fünf Jahre - vorsieht, reicht der Orientierungsrahmen für die mögliche Disziplinarmaßnahme bis zur Entfernung aus dem Beamtenverhältnis (vgl. BVerwG, Urteil vom 10. Dezember 2015 - 2 C 6.14 - LS 2 und Rn. 20, [...]).

    Demgegenüber fällt der außerdienstliche Teil des Dienstvergehens nicht beträchtlich ins Gewicht. Das Vortäuschen einer Straftat steht in engem Zusammenhang mit den innerdienstlichen Pflichtverletzungen und diente nur der Verschleierung des vorherigen Fehlverhaltens. Die Steuerhinterziehung durch Unterlassen würde für sich betrachtet nicht die Höchstmaßnahme rechtfertigen, da das Strafverfahren nach Abgabe der Steuern und Begleichung der Steuerschulden gemäß § 170 Abs. 2 StPO i.V.m. § 371 AO eingestellt worden ist (vgl. zum "Gleichklang zum Strafrecht" bei außerdienstlichen Dienstvergehen: BVerwG, Urteile vom 25. März 2010 - 2 C 83.08 - [...] Rn. 21, 26, vom 18. Juni 2015 - 2 C 9.14 - [...] Rn. 38 und vom 10. Dezember 2015 - 2 C 50.13 -; Beschlüsse vom 14. Mai 2012 - 2 B 146.11 - NVwZ-RR 2012, 658 Rn. 10 und vom 25. Mai 2012 - 2 B 133.11 - NVwZ-RR 2012, 607 Rn. 10).

    Die in Ausfüllung dieses Rahmens zu treffende Bemessungsentscheidung nach Maßgabe des § 13 LDG führt zur Entfernung des Beklagten aus dem Beamtenverhältnis, weil er durch sein Dienstvergehen das Vertrauen des Klägers und auch der Allgemeinheit endgültig verloren hat (§ 13 Abs. 2 Satz 1 LDG).

    Die volle Ausschöpfung des in Anlehnung an die abstrakte Strafandrohung für die veruntreuende Unterschlagung eröffneten Orientierungsrahmens bis zur Entfernung aus dem Beamtenverhältnis ist hier wegen der konkreten Umstände des Dienstvergehens geboten.

    Der Umstand, dass es sich bei dem Dienstvergehen nicht um ein einmaliges Fehlverhalten handelte, sondern die veruntreuenden Unterschlagungen über einen längeren Zeitraum andauerten, das anschließende Vortäuschen einer Straftat sowie die Höhe des veruntreuten Betrages sind bereits Kriterien, die die volle Ausschöpfung des Orientierungsrahmens geboten erscheinen lassen. Ebensolches gilt für den Umstand, dass es sich um dem Beklagten anvertraute Gelder der Kollegen handelte, da das Anvertrautsein der Gelder den Gesetzgeber zu der genannten Strafrahmenhebung von bis zu fünf Jahren im Vergleich zum "Grund"- tatbestand der Unterschlagung veranlasst hat. Die außerdienstliche Steuerhinterziehung durch Unterlassen kann daneben unberücksichtigt bleiben.

    Da es sich um ein innerdienstliches Dienstvergehen handelt, bei dem der Beamte gerade nicht wie jeder andere Bürger, sondern in seiner dienstlichen Pflichtenstellung und damit als Garant einer unparteilichen und gesetzestreuen Verwaltung betroffen ist, kommt dem ausgeurteilten Strafmaß bei der Bestimmung der konkreten Disziplinarmaßnahme zwar grundsätzlich keine "indizielle" oder "präjudizielle" Bedeutung zu (BVerwG, Beschluss vom 5. Juli 2016 - 2 B 24.16 - LS und Rn.15). Hier verhält es sich aber anders, da es sich nicht um eine Verletzung der dem Beamten gerade als Amtswalter obliegenden Pflichten - Kernpflichten - handelt, wie dies etwa der Fall wäre, wenn es sich um Gelder des Dienstherrn gehandelt hätte. Es ging vielmehr um die Unterschlagung der ihm von den Kollegen anvertrauten Gelder. Den besonderen Dienstbezug und die Einordnung als innerdienstliches Dienstvergehen gewinnt sein Verhalten lediglich dadurch, dass es Gelder der Kollegen waren. In einer solchen Fallkonstellation ist auch die von den Strafgerichten ausgesprochene, erhebliche Freiheitsstrafe von insgesamt sieben Monaten zu berücksichtigen und rechtfertigt ebenfalls die Ausschöpfung des eröffneten Orientierungsrahmens.

    Das Kriterium "Umfang der Beeinträchtigung des Vertrauens des Dienstherrn und der Allgemeinheit" gemäß § 13 Abs. 1 Satz 4 LDG erfordert desweiteren eine Würdigung des Fehlverhaltens des Beamten im Hinblick auf seinen allgemeinen Status, seinen Tätigkeitsbereich innerhalb der Verwaltung und seine konkret ausgeübte Funktion (stRspr., vgl. grundlegend BVerwG, Urteil vom 20. Oktober 2005 - 2 C 12.04 -, BVerwGE 124, 252 ff. = [...]). Dahinstehen kann, ob nicht auch insoweit allein auf das Statusamt abgestellt werden müsste und nicht mehr auf das Amt im konkret funktionellen Sinn (so BVerwG zu außerdienstlichem Fehlverhalten nach § 34 Satz 3 BeamtStG unter Aufgabe der bisherigen Rechtsprechung im Urteil vom 18. Juni 2015 - 2 C 9.14 -LS 1 und Rn. 16, BVerwGE 152, 228 ff. = [...]), denn vorliegend fällt beides nicht auseinander. Die Berücksichtigung des Kriteriums der Vertrauensbeeinträchtigung würde ebenfalls die Ausschöpfung des Orientierungsrahmens rechtfertigen, da schwerwiegende Vorsatzstraftaten generell einen Vertrauensverlust bewirken, der unabhängig vom jeweiligen Amt zu einer Untragbarkeit der Weiterverwendung als Beamter führt (vgl. BVerwG, Urteil vom 10. Dezember 2015 - 2 C 6.14 - Rn. 14 f. mwN, [...] unter Verweis auf die gesetzgeberische Wertung in § 24 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BeamtStG).

    Dass das Verhalten des Beklagten einer breiten Öffentlichkeit bekannt geworden ist, ist nicht zusätzlich zu seinen Lasten zu berücksichtigen. Umgekehrt ist aber auch nicht zu seinen Gunsten zu berücksichtigen, dass ihm die meisten der Kollegen inzwischen verziehen haben. Die Frage, ob und gegebenenfalls inwieweit der Beamte durch sein Dienstvergehen das Vertrauen des Dienstherrn oder der Allgemeinheit im Sinne von § 13 Abs. 1 Satz 2 LDG beeinträchtigt hat, ist nach objektiven Gesichtspunkten zu beurteilen. Entscheidend ist nicht die subjektive Einschätzung des jeweiligen Dienstvorgesetzten oder der Kollegen, sondern schon aus Gründen der Gleichbehandlung (Art. 3 Abs. 1 GG) die Frage, inwieweit der Dienstherr bei objektiver Gewichtung des Dienstvergehens auf der Basis der festgestellten belastenden und entlastenden Umstände noch darauf vertrauen kann, dass der Beamte in Zukunft seinen Dienstpflichten ordnungsgemäß nachkommen wird. Entscheidungsmaßstab ist insoweit, in welchem Umfang die Allgemeinheit dem Beamten noch Vertrauen in eine zukünftig pflichtgemäße Amtsausübung entgegenbringen kann, wenn ihr das Dienstvergehen einschließlich der belastenden und entlastenden Umstände bekannt würde (BVerwG, Urteile vom 20. Oktober 2005 - 2 C 12.04 - [...] und vom 25. August 2009 - 1 D 1.08 - [...] Rn. 78; Beschluss vom 2. März 2012 - 2 B 8.11 - [...] Rn. 16). Für die danach gebotene objektive Bewertung der Beeinträchtigung des Vertrauens ist es unerheblich, inwieweit das Dienstvergehen im konkreten Einzelfall in der Öffentlichkeit bekannt geworden und inwieweit hierüber berichtet worden ist (vgl. zum Ganzen BVerwG, Urteil vom 28. Februar 2013 - 2 C 62.11 - [...] Rn. 56).

    Indes darf nicht bei dieser Betrachtung der rein objektiven Umstände stehen geblieben werden, sondern es sind auch die persönlichen Umstände mit dem ihnen zukommenden Gewicht in die Zumessungsentscheidung einzubeziehen. Insoweit erfasst das Bemessungskriterium "Persönlichkeitsbild des Beamten" gemäß § 13 Abs. 1 Satz 3 LDG dessen persönliche Verhältnisse und sein sonstiges dienstliches Verhalten vor, bei und nach der Tatbegehung. Es erfordert eine Prüfung, ob das festgestellte Dienstvergehen mit dem bisher gezeigten Persönlichkeitsbild des Beamten übereinstimmt oder etwa als persönlichkeitsfremdes Verhalten in einer Notlage oder in einer psychischen Ausnahmesituation davon abweicht (stRspr., vgl. grundlegend BVerwG, Urteil vom 20. Oktober 2005 - 2 C 12.04 - [...]; zur Berücksichtigung dieser Umstände vgl. auch BVerwG, Urteil vom 10. Dezember 2015 - 2 C 6.14 -, Rn. 31 ff., [...]).

    Die von der Schwere ausgehende Indizwirkung entfällt, wenn zugunsten des Beamten gewichtige Entlastungsgründe zu berücksichtigen sind, die den Schluss rechtfertigen, der Beamte habe das Vertrauen noch nicht endgültig verloren. Solche Gründe stellen auch, aber nicht nur die vom Bundesverwaltungsgericht zu den Zugriffsdelikten entwickelten sogenannten anerkannten Milderungsgründe dar, die besondere Konfliktsituationen (etwa Handeln in einer wirtschaftlichen Notlage oder in einer psychischen Ausnahmesituation) und Verhaltensweisen mit noch günstigen Persönlichkeitsprognosen (freiwillige Wiedergutmachung des Schadens oder Offenbarung des Fehlverhaltens vor Tatentdeckung) umschreiben. Entlastungsgründe können sich aus allen Umständen ergeben. Sie müssen in ihrer Gesamtheit aber geeignet sein, die Schwere des Pflichtenverstoßes erheblich herabzusetzen. Generell gilt, dass das Gewicht der Entlastungsgründe umso größer sein muss, je schwerer das Zugriffsdelikt aufgrund der Schadenhöhe, der Anzahl und Häufigkeit der Zugriffshandlungen, der Begehung von "Begleitdelikten" und anderen belastenden Gesichtspunkten im Einzelfall wiegt. Erforderlich ist stets eine Prognoseentscheidung zum Umfang der Vertrauensbeeinträchtigung auf der Grundlage aller im Einzelfall be- und entlastenden Umstände. Entlastungsgründe sind bereits dann einzubeziehen, wenn hinreichende tatsächliche Anhaltspunkte für ihr Vorliegen sprechen (stRspr., vgl. etwa BVerwG, Urteil vom 6. Juli 2007 - 1 D 2.06 - Rn. 25 mwN, [...]).

    Anerkannte Milderungsgründe vermag der Senat nicht zu erkennen. Beim anerkannten Milderungsgrund der überwundenen negativen Lebensphase können außergewöhnliche Verhältnisse, die den Beamten während des Tatzeitraums oder im Tatzeitpunkt zeitweilig aus der Bahn geworfen haben, mildernd berücksichtigt werden, wenn der Beamte diese Lebensphase in der Folgezeit überwunden hat (stRspr.; vgl. BVerwG Urteil vom 28. Februar 2013 - 2 C 3.12 - Rn. 40 f., [...]; Beschlüsse vom 20. Dezember 2013 - 2 B 35.13 -Rn. 29, [...], und vom 9. Oktober 2014 - 2 B 60.14 - Rn. 32, [...]). Dieser Milderungsgrund ist bereits deshalb zu verneinen, weil ein - auch ein länger andauernder - finanzieller Engpass nicht außergewöhnlich ist. Da der Beklagte die finanzielle Situation anschließend unter anderem durch Verkauf seines Autos überwinden konnte, bestand schon objektiv keine ausweglose wirtschaftliche Notlage, so dass der anerkannte Milderungsgrund der unverschuldeten wirtschaftlichen Notlage gleichfalls zu verneinen ist, abgesehen davon, dass dieser Milderungsgrund ein zeitlich begrenztes Verhalten voraussetzt und mit einem Versagen über einen längeren Zeitraum nicht vereinbar ist (vgl. zu diesem Milderungsgrund BVerwG, Urteile vom 25. August 2009 - 1 D 1.08 - Rn. 74 mwN, [...], und vom 10. Dezember 2015 - 2 C 6.14 - Rn. 34 mwN, [...]). Dem Milderungsgrund des Handelns in einer schockartig ausgelösten psychischen Ausnahmesituation steht ebenfalls schon entgegen, dass sich der Beklagte in einer länger andauernden finanziellen Belastungssituation befand, die schon aufgrund ihrer Dauer nicht geeignet ist, als "Ausnahmesituation" im Sinne des anerkannten Milderungsgrundes angesehen zu werden (vgl. z.B. BVerwG, Urteil vom 25. November 1997 - 1 D 77.97 - Rn. 14 f., [...]). Gegen eine persönlichkeitsfremde Augenblickstat in einer besonderen Versuchungssituation spricht ebenfalls die lange Dauer seines Fehlverhaltens (vgl. BVerwG, Urteil vom 10. Dezember 2015 - 2 C 6.14 -, [...] Rn. 13 mwN).

    Liegen - wie hier - Umstände vor, die für sich genommen nicht genügen, einen anerkannten Milderungsgrund zu erfüllen, muss ernsthaft ermittelt und geprüft werden, ob diese oder weitere Umstände in ihrer Gesamtheit dem Gewicht eines anerkannten Milderungsgrundes vergleichbar sind (stRspr., vgl. BVerwG, Urteile vom 3. Mai 2007 - BVerwG 2 C 9.06 - LS 1 und Rn. 23, [...]; vom 24. Mai 2007 - BVerwG 2 C 25.06 - Rn. 22 mwN, [...], und vom 23. Februar 2012 - 2 C 38.10 - LS und Rn. 14, [...]). Dies ist indes vorliegend zu verneinen.

    Die vom Beklagten befürchtete familiäre Krisensituation kann ihn nicht entlasten, da seiner Familie die angespannte finanzielle Lage bekannt war. Sie war unter anderem dadurch entstanden, dass der Beklagte die seinerzeit noch in Ausbildung befindliche Tochter unterhalten musste und einer seiner Söhne nur unregelmäßig Geld von seinem Arbeitgeber erhielt. Es ist deshalb nicht nachzuvollziehen, warum der Beklagte nicht bereits zu einem früheren Zeitpunkt sein Auto veräußert hat, um den finanziellen Engpass zu überwinden. Seiner Frau hätte er hierdurch nichts offenbart, was nicht bereits in der Familie bekannt gewesen war. Sein Vorbringen, er habe geglaubt, durch die Auszahlung der Rentenversicherung die Gelder rechtzeitig zurückführen zu können, sich nur im Jahr und in der Höhe des Betrages geirrt, vermag der Senat schon nicht nachzuvollziehen. Das Geld aus der Auflösung der Rentenversicherung hat sich der Beklagte bereits Ende August auszahlen lassen, es war ein Betrag von 3154,49 €. Bereits zu diesem Zeitpunkt hätte ihm auffallen müssen, dass das Geld für eine Rückführung nicht reicht. In der mündlichen Verhandlung hat er hierzu ausgeführt, er habe nicht gedacht, dass es so ein hoher Betrag sei, den er unterschlagen hatte, er habe nicht gerechnet. Dabei wurden auf seinem Computer als Sparclubvorsitzenden wurden die Listen zusammengeführt, so dass er sich jederzeit einen Überblick über die Einzahlungen der Kollegen im Vergleich zum tatsächlichen Kontostand hätte verschaffen können. Irgendwelche Bemühungen um Rückführung des Geldes zu einem früheren Zeitpunkt - etwa nach Auszahlung der Rentenversicherung - oder gar ein Beenden der Entnahmen waren hingegen zu keinem Zeitpunkt zu verzeichnen. Erst als der Auszahlungstag näher rückte, kam er auf die Idee, eine Straftat vorzutäuschen, statt sich nunmehr um eine Schadenswiedergutmachung (durch den Verkauf des Autos) zu bemühen oder sich den Kollegen oder seinem Dienstherrn zu offenbaren. Die vorgetäuschte Straftat wirkt dilettantisch und sein Verhalten in diesem Zusammenhang kopflos. Allerdings hat er in der Berufungsbegründung hierzu sogar vorgetragen, er habe - ausgehend von den bekannten unbefriedigenden Aufklärungsquoten bei Eigentumsdelikten in Schleswig-Holstein - gedacht, die Polizei werde den Vorfall aufnehmen und die Sache dann zu den Akten legen, soweit er überhaupt darüber nachgedacht habe. Dass das Vortäuschen einer Straftat dilettantisch war und er insgesamt unklug gehandelt hat, vermag der Senat nicht zu seinen Gunsten bei der den Schwerpunkt des Fehlverhaltens bildenden veruntreuenden Unterschlagung zu berücksichtigen. Gerade sein zielgerichtetes Handeln über einen längeren Zeitraum bei den Geldentnahmen einschließlich des anschließenden Vortäuschens einer Straftat zum Zwecke der Vertuschung des vorangegangenen Fehlverhaltens sprechen bereits gegen einen "fast hilflosen Versuch einer im Grunde ehrlichen Seele". Seine hervorragenden dienstlichen Beurteilungen lassen ebenfalls nicht auf "schlichte Dummheit" oder eine "begrenzte Auffassungsgabe" schließen.

    Zugunsten des Beklagten ist zwar zu berücksichtigen, dass er die veruntreuten Gelder an die Kollegen zurückgezahlt hat. Dies sowie die positive Sozialprognose des Strafgerichts können indes den durch das nahezu ein Jahr andauernde Fehlverhalten des Beklagten herbeigeführten Vertrauensschaden nicht wiedergutmachen. Dem Umstand, dass der Beklagte zuvor weder straf- noch disziplinarrechtlich in Erscheinung getreten ist und über lange Zeit gute dienstliche Leistungen erbracht hat, kann angesichts der Schwere der Verfehlungen keine durchgreifende Bedeutung zukommen. Denn jede Beamtin und jeder Beamte ist verpflichtet, bestmögliche Leistungen bei vollem Einsatz seiner Arbeitskraft zu erbringen und sich inner- und außerhalb des Dienstes achtungs- und vertrauenswürdig zu verhalten (vgl. BVerwG, Urteil vom 29. März 2012, - 2 A 11.10 - [...] Rn. 82).

    Dahinstehen kann, ob die bisherige Verfahrensdauer unangemessen lang war, denn dies führte zu keinem anderen Ergebnis. Ergibt die für die Bestimmung der Disziplinarmaß-nahme erforderliche Gesamtwürdigung aller erschwerenden und mildernden Umstände des Dienstvergehens, dass die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis geboten ist, kann davon nicht abgesehen werden, weil das Disziplinarverfahren unangemessen lange gedauert hat. Ein Verbleib im Beamtenverhältnis ausschließlich aufgrund einer überlangen Verfahrensdauer lässt sich nicht mit dem Zweck der Disziplinarbefugnis, nämlich dem Schutz der Funktionsfähigkeit der öffentlichen Verwaltung und der Integrität des Berufsbeamtentums, vereinbaren. Diese Schutzgüter und der Grundsatz der Gleichbehandlung schließen aus, dass ein Beamter weiterhin Dienst leisten und als Repräsentant des Dienstherrn auftreten kann, obwohl er durch ein gravierendes Fehlverhalten untragbar geworden ist. Die Dauer des Disziplinarverfahrens ist nicht geeignet, das von dem Beamten zerstörte Vertrauensverhältnis wiederherzustellen (vgl. BVerwG, Urteil vom 28. Februar 2013 - 2 C 3.12 - [...] Rn. 53, zuletzt Beschluss vom 10. Oktober 2014 - 2 B 66.14 -[...] Rn. 7).

    Die gegen Art. 6 Abs. 1 Satz 1 EMRK verstoßende unangemessen lange Dauer eines behördlichen oder gerichtlichen Verfahrens kann nicht dazu führen, dass den Verfahrensbeteiligten eine Rechtsstellung zuwächst, die ihnen nach dem innerstaatlichen materiellen Recht nicht zusteht. Daher kann der Verstoß für die Sachentscheidung in dem zu lange dauernden Verfahren nur berücksichtigt werden, wenn das materielle Recht dies vorschreibt oder zulässt. Ob diese Möglichkeit besteht, ist durch die Auslegung der entscheidungserheblichen materiell-rechtlichen Normen und Rechtsgrundsätze zu ermitteln. Bei dieser Auslegung ist das Gebot der konventionskonformen Auslegung im Rahmen des methodisch Vertretbaren zu berücksichtigen (vgl. BVerwG, Urteil vom 28. Februar 2013 a.a.O. Rn. 50).

    Dementsprechend hat der Gesetzgeber die Verfahrensbeteiligten wegen der unangemessen langen Verfahrensdauer auf Entschädigungsansprüche nach Maßgabe der §§ 198 ff. GVG in der Fassung des Gesetzes über den Rechtsschutz bei überlangen Gerichtsverfahren und strafrechtlichen Ermittlungsverfahren vom 24. November 2011 (BGBl I S. 2302) verwiesen. Diese Vorschriften finden auch für gerichtliche Disziplinarverfahren Anwendung (BVerwG, Urteil vom 28. Februar 2013 a.a.O. Rn. 51). Für den vorliegenden Fall ergibt sich dies aus § 173 Satz 2 VwGO, § 4 LDG.

    Die Entscheidung über die Kosten des Verfahrens beruht auf § 41 Abs. 1 LDG i.V.m. § 77 Abs. 1 BDG i.V.m. § 154 Abs. 2 VwGO, der Anspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf den § 4 LDG, § 167 VwGO, § 708 Nr. 10, § 711 ZPO.

    Die Revision ist nicht zuzulassen, weil Zulassungsgründe gemäß § 41 Abs. 1 LDG i.V.m. § 69 BDG und § 132 Abs. 2 VwGO nicht gegeben sind.

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