20.02.2014 · IWW-Abrufnummer 140574
Bundesfinanzhof: Urteil vom 07.11.2013 – IV R 4/12
1.Der zur Bemessung von Geldbußen nach Art. 23 Abs. 3 EGV 1/2003 zu errechnende Grundbetrag enthält keinen Abschöpfungsteil.
2.Richtet sich die Bemessung einer von der Europäischen Kommission wegen eines Kartellrechtsverstoßes verhängten Geldbuße allein nach dem Grundbetrag, der ggf. anschließend auf den Höchstbetrag nach Art. 23 Abs. 2 Satz 2 EGV 1/2003 gekürzt wird, so ist die Geldbuße auch nicht teilweise nach § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 8 Satz 4 Halbsatz 1 EStG als Betriebsausgabe abziehbar.
Gründe
I.
1
Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) ist eine GmbH & Co. KG.
2
Wegen einer Zuwiderhandlung gegen Art. 81 Abs. 1 des Vertrags zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft i.d.F. des Vertrags von Amsterdam zur Änderung des Vertrags über die Europäische Union, der Verträge zur Gründung der Europäischen Gemeinschaften sowie einiger damit zusammenhängender Rechtsakte --EG-- (Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften --ABlEG-- 1997, Nr. C 340, 1) --jetzt Art. 101 Abs. 1 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union i.d.F. des Vertrags von Lissabon zur Änderung des Vertrags über die Europäische Union und des Vertrags zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft --AEUV-- (Amtsblatt der Europ äischen Union --ABlEU-- 2008, Nr. C 115, 47)-- sowie ab 1. Januar 1994 gegen Art. 53 Abs. 1 des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum --EWRAbk-- (ABlEG 1994, Nr. L 1, 3) durch Beteiligung an einem Kartell verhängte die (nach damaliger Bezeichnung) Kommission der Europäischen Gemeinschaften (im Folgenden: Kommission) mit Entscheidung vom ... 2006 Geldbußen. Gegenüber der Klägerin wurde eine Geldbuße in Höhe von ... € festgesetzt, die von der Klägerin zwischenzeitlich entrichtet worden ist.
3
Bei der Bemessung dieser Geldbuße ging die Kommission von der Schwere der begangenen Zuwiderhandlung, ihrer Beschaffenheit, ihren konkreten Auswirkungen auf den Markt, sofern messbar, und dem Umfang des räumlich relevanten Marktes aus (Erwägung 744). Trotz der Behauptung der Klägerin, dass sie nicht zum "harten Kern" des Kartells gehört habe, ihre Zuwiderhandlung allenfalls als schwer einzustufen sei und keine Auswirkung auf den Markt gehabt habe (Erwägung 748), ermittelte die Kommission trotz nicht messbarer tatsächlicher Auswirkungen der von der Klägerin begangenen Zuwiderhandlung (Erwägung 755) mit dem Ziel einer wirksamen Abschreckung (Erwägung 756) auf der Grundlage der Marktanteile der Klägerin im Europäischen Wirtschaftsraum im Jahr 2000 (Erwägung 758) einen Ausgangsbetrag für die zu verhängende Geldbuße in Höhe von ... € (Erwägung 765). Im Hinblick auf die Dauer der Zuwiderhandlung der Klägerin --zugrunde gelegt wurde der Zeitraum (neun Jahre und drei Monate; Erwägung 734 Buchst. xxx)-- erhöhte die Kommission den Ausgangsbetrag für jedes Jahr der Zuwiderhandlung um 10 % (Erwägung 775), insgesamt um 90 %, auf einen Grundbetrag in Höhe von ... € (Erwägung 777).
4
Nach Auffassung der Kommission war dieser Grundbetrag weder aufgrund mildernder noch erschwerender Umstände zu ändern; da der Grundbetrag jedoch 10 % des von der Klägerin im Jahr 2005 weltweit erwirtschafteten Gesamtumsatzes überstieg, setzte die Kommission den Grundbetrag der gegen die Klägerin zu verhängenden Geldbuße auf ... € herab (Erwägungen 739, 830, 831).
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Die gegen die Kommissionsentscheidung gerichtete Klage wies das Gericht der Europäischen Union ab. Das hiergegen gerichtete Rechtsmittel der Klägerin wies der Gerichtshof der Europäischen Union (vormals Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften --EuGH--) zurück.
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In ihrer Steuerbilanz auf den 31. Dezember 2006 bildete die Klägerin wegen der verhängten, zu jener Zeit noch nicht entrichteten Geldbuße eine gewinnmindernde Rückstellung in Höhe von ... €, die sich nach Angaben der Klägerin aus geschätzten Prozesskosten sowie einem ebenfalls geschätzten, nach ihrer Auffassung steuerlich zu berücksichtigenden Abschöpfungsteil i.S. des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 8 Satz 4 des Einkommensteuergesetzes in der im Streitjahr (2006) geltenden Fassung (EStG) in Höhe von ... € zusammensetzte. Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) folgte der von der Klägerin auf dieser Grundlage für das Streitjahr erstellten Feststellungserklärung nicht. In seinem Gewinnfeststellungsbescheid 2006 vom 4. Dezember 2007 ging er von entsprechend höheren Einkünften der Klägerin aus Gewerbebetrieb aus.
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Aufgrund des von der Klägerin eingelegten Einspruchs wandte sich das FA am 4. Februar 2008 per E-Mail an die "Generalkommission Wettbewerb" der Kommission und bat um Beantwortung folgender Fragen:
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"1) Enthalten die von der EU-Kommission festgesetzten kartellrechtlichen Geldbußen grundsätzlich nur einen Sanktionsteil oder auch einen Teil, der den wirtschaftlichen Vorteil aus dem Verstoß gegen das EU-Wettbewerbsrecht abschöpft, gleich Abschöpfungsteil?
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2) Ist die Kommission in der Lage, im Einzelfall auf Antrag des Unternehmens, gegen das ein Bußgeld verhängt wurde, denjenigen Betrag zu bestätigen, der auf den Abschöpfungsanteil entfällt?"
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Diese Anfrage wurde von Seiten der angeschriebenen Behörde am 18. Februar 2008 per E-Mail unter Bezugnahme auf die "Leitlinien der Kommission für das Verfahren zur Festsetzung von Geldbußen" und die in diesen Leitlinien in Bezug genommene Rechtsprechung des EuGH, wonach Geldbußen so hoch festgesetzt werden sollen, "dass nicht nur die an der Zuwiderhandlung ... beteiligten Unternehmen sanktioniert werden (Spezialprävention), sondern auch andere Unternehmen von der Aufnahme oder Fortsetzung einer Zuwiderhandlung gegen die Artikel 81 oder 82 abgehalten werden (Generalprävention)", dahin gehend beantwortet, dass die Geldbußen der Kommission, die zur Ahndung von Verstößen gegen Art. 81 oder 82 EG verhängt werden, der Abschreckung dienten, eine gesonderte Absch öpfungsfunktion den Leitlinien nicht zu entnehmen sei und dementsprechend die Kommission auch keinen Abschöpfungsteil bestimmen könne.
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Eine im Laufe des Einspruchsverfahrens bei der Klägerin durchgeführte Außenprüfung erkannte zwar die von der Klägerin für voraussichtlich anfallende Prozesskosten gebildete Rückstellung in voller Höhe an. Soweit die von der Klägerin gebildete Rückstellung auf einen nach deren Auffassung in der verhängten Geldbuße enthaltenen Abschöpfungsteil in Höhe von ... € entfiel, wurde diese jedoch auch weiterhin steuerlich nicht berücksichtigt. Dem schloss sich das FA in seinem geänderten Gewinnfeststellungsbescheid 2006 vom 16. Februar 2009 an. Unter Aufhebung des Vorbehalts der Nachprüfung stellte das FA die Einkünfte aus Gewerbebetrieb für das Streitjahr auf ... € fest.
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Mit Einspruchsentscheidung vom 8. April 2009 wies das FA das nach Erlass des Änderungsbescheids vom 16. Februar 2009 verbleibende Einspruchsbegehren der Klägerin als unbegründet zurück. Es könne nicht festgestellt werden, dass die gegen die Klägerin verhängte Geldbuße einen Abschöpfungsteil enthalten habe. Zudem enthalte die Regelung des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 8 Satz 4 EStG ein von der handelsrechtlichen Regelung abweichendes Rückstellungsverbot.
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Das Finanzgericht (FG) wies die Klage aus den in Entscheidungen der Finanzgerichte 2012, 1030 veröffentlichten Gründen ab.
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Mit ihrer Revision rügt die Klägerin Verfahrensfehler (§ 96 Abs. 1 der Finanzgerichtsordnung --FGO-- i.V.m. § 162 der Abgabenordnung, Art. 103 Abs. 1 des Grundgesetzes --GG--, § 119 Nr. 3 FGO) sowie die Verletzung materiellen Rechts (§ 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 8 EStG).
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Sie trägt im Wesentlichen vor, das FG sei zwar richtigerweise davon ausgegangen, dass eine Geldbuße nach EU-Kartellrecht prinzipiell Abschöpfungswirkung haben könne, es habe jedoch unter Verstoß gegen Denkgesetze angenommen, dass die Voraussetzungen für eine Schätzung des durch die im Streitfall verhängte Geldbuße abgeschöpften wirtschaftlichen Vorteils bereits dem Grunde nach nicht vorlägen. Ausgehend von dem Beschluss des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 24. März 2004 I B 203/03 (BFH/NV 2004, 959) sei das Vorliegen eines Abschöpfungsteils dem Grunde nach unabhängig davon zu bejahen, welche Aussagen die Klägerin im Kartellverfahren vor der Kommission gemacht habe und ob ein kartellbedingter Vorteil durch die Kommission gemessen worden bzw. von dieser messbar gewesen sei. Des Weiteren habe das FG im Rahmen seiner Schätzung des Abschöpfungsteils auf Null € verkannt, dass die Klägerin die Schätzungsgrundlagen anhand betriebsinterner Unterlagen hinreichend dargelegt und bei ihrer Schätzung die in der Kartellrechtspraxis anerkannten Grundsätze uneingeschränkt berücksichtigt habe; insoweit habe das FG gegen die Grundsätze der sphärenorientierten Risikoverteilung, gegen Denkgesetze und gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz (Art. 3 Abs. 1 GG) verstoßen. Schließlich liege ein Gehörsverstoß vor, soweit das FG die von der Klägerin eingereichten Unterlagen als unzureichend angesehen und den Abschöpfungsteil auf Null € geschätzt habe, ohne der Klägerin Gelegenheit zu geben, entsprechende Unterlagen vorzulegen.
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Die Klägerin beantragt,
das Urteil des FG Münster vom 18. November 2011 14 K 1535/09 F und die Einspruchsentscheidung vom 8. April 2009 aufzuheben und den geänderten Gewinnfeststellungsbescheid 2006 vom 16. Februar 2009 dahin zu ändern, dass gewinnmindernd eine Rückstellung in Höhe von ... € berücksichtigt wird.
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Das FA beantragt,
die Revision zurückzuweisen,
hilfsweise,
die Europäische Kommission gemäß Art. 15 Abs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 1/2003 des Rates vom 16. Dezember 2002 zur Durchführung der in den Artikeln 81 und 82 des Vertrags niedergelegten Wettbewerbsregeln --EGV 1/2003-- (ABlEG 2003, Nr. L 1, 1) um Übermittlung von Informationen und um Stellungnahme zu der Frage zu bitten, ob und ggf. in welcher Höhe die von der Europäischen Kommission gegen die Klägerin mit ihrer Entscheidung ... vom ... verhängte Geldbuße einen wirtschaftlichen Vorteil bei der Klägerin abschöpfen sollte,
äußerst hilfsweise,
das Verfahren bis zu einer Entscheidung des EuGH auszusetzen und dem EuGH folgende Fragen zur Vorabentscheidung gemäß Art. 267 AEUV vorzulegen:
1. | Enthält eine von der Europäischen Kommission wegen eines Verstoßes gegen Art. 81 EG und Art. 53 EWRAbk verhängte Geldbuße einen Abschöpfungsteil, mit dem beim wettbewerbsverstoßenden Unternehmen der durch den Wettbewerbsverstoß erlangte wirtschaftliche Vorteil abgeschöpft wird, und wird bei der Bemessung der Geldbuße die auf den wirtschaftlichen Vorteil entfallende Steuer abgezogen? |
2. | Für den Fall, dass eine von der Europäischen Kommission verhängte Geldbuße einen Abschöpfungsteil enthält, ist eine nationale steuerliche Regelung, die einen Abzug des Abschöpfungsteils als steuerliche Betriebsausgabe bei den Steuern vom Einkommen und Ertrag zulässt, als wettbewerbsbeeinträchtigende staatliche Beihilfe nach Art. 107 AEUV zu qualifizieren? |
3. | Für den Fall, dass eine von der Europäischen Kommission verhängte Geldbuße einen Abschöpfungsteil enthält, ist eine nationale steuerliche Regelung, die einen Abzug des Abschöpfungsteils als steuerliche Betriebsausgabe bei den Steuern vom Einkommen und Ertrag zulässt, als Verletzung der Verpflichtung zur loyalen Zusammenarbeit nach Art. 4 Abs. 3 des Vertrags über die Europäische Union zu werten? |
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Die Klägerin beantragt,
die Hilfsanträge des FA zurückzuweisen,
für den Fall, dass der Senat eine Vorlage an den EuGH für erforderlich hält,
dem EuGH folgende Fragen vorzulegen:
1. | Sind die für die Auferlegung einer Kartellgeldbuße maßgeblichen Vorschriften (und Rechtsgrundsätze) des EU-Rechts dahin gehend auszulegen, dass die Kartellgeldbuße allein der Ahndung dient und der aus dem Kartellrechtsverstoß gezogene wirtschaftliche Vorteil durch die Geldbuße nicht abgeschöpft werden soll? |
2. | Soweit die Frage 1 zustimmend beantwortet wird: Hat die konkrete Zumessung der Geldbuße gegen die Klägerin durch die Europäische Kommission ... hinreichend berücksichtigt, dass nach den für die Auferlegung einer Kartellgeldbuße maßgeblichen Vorschriften (und Rechtsgrundsätzen) des EU-Rechts der aus dem konkreten Kartellrechtsverstoß gezogene wirtschaftliche Vorteil nicht abgeschöpft werden sollte? |
3. | Ist § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 8 Satz 4 des deutschen EStG, dem zufolge u.a. von der Europäischen Kommission verhängte Geldbußen in dem Umfang, in dem sie zur Abschöpfung des durch den Kartellrechtsverstoß gezogenen wirtschaftlichen Vorteils führen, als Betriebsausgaben von dem zu versteuernden Gewinn in Abzug gebracht werden können, mit EU-Recht vereinbar? |
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Das FA trägt u.a. vor, die streitbefangene Geldbuße enthalte keinen Abschöpfungsteil. Nicht nur im deutschen Recht liege es grundsätzlich in der Natur der Straf- und Bußgeldbemessung, dass dabei der Schaden beim Opfer und der Vorteil beim Täter Berücksichtigung fänden. Der Umstand, dass bei der Bemessung der Buße der vom Täter erlangte finanzielle Gewinn berücksichtigt werde, bedeute nicht automatisch, dass dieser Gewinn damit abgeschöpft werde. Auch dem BFH-Beschluss in BFH/NV 2004, 959 lasse sich nicht entnehmen, dass ein Abschöpfungsteil dem Grunde nach automatisch zu bejahen sei. Soweit die Klägerin sich auf Ausführungen des XXI. Berichts über die Wettbewerbspolitik berufe, wonach in zunehmendem Maße die finanziellen Gewinne, die den gegen die Wettbewerbsbedingungen verstoßenden Unternehmen aus ihrem rechtswidrigen Verhalten entstehen, Berücksichtigung fänden, treffe die Folgerung der Klägerin, dass jedenfalls eine Abschöpfung stattfinde, nicht zu. Zur Sicherung des Sanktions- und Präventionszwecks von Strafe und Bußgeld dürften diese nicht niedriger als der erlangte Vorteil sein. Zweck von EU-Kartellrechtsbußen sei ausschließlich die Ahndung einschlägiger Verstöße mit dem Ziel der Spezial- und Generalprävention. Wenn überhaupt, sei der erzielte wirtschaftliche Vorteil nur ein Kriterium für die Bemessung einer Geldbuße. Dabei handele die Kommission auf der Grundlage ihrer einschlägigen Leitlinien stets in Kategorien der Strafzumessung. Auch habe die Kommission nach Art. 103 Abs. 2 AEUV nicht die Kompetenz zur Abschöpfung wirtschaftlicher Vorteile. Die EGV 1/2003 sehe gleichfalls keine Abschöpfungskompetenz der Kommission vor. Soweit der bei Wettbewerbsverstößen Geschädigte nach der Rechtsprechung des EuGH einen Anspruch auf Schadensersatz habe, seien hierfür die Gerichte der Mitgliedstaaten zuständig. Die Bemessung der Geldbußen durch die Kommission folge einer hiervon abgekoppelten Systematik. Auch spreche die in den Leitlinien der Kommission vorgesehene Kronzeugenregelung, die eine niedrigere Festsetzung der Geldbuße zur Folge habe, gegen einen Abschöpfungsteil der Geldbuße; gebe es einen solchen, dann müsse dieser auch im Fall der Inanspruchnahme der Kronzeugenregelung Bestand haben. Abgesehen davon verstoße die Abzugsfähigkeit einer Geldbuße gegen vorrangiges Unionsrecht, soweit durch die Minderung der Steuerlast der Zweck der Geldbuße unterlaufen werde. Auch enthalte § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 8 Satz 4 EStG ein Rückstellungsverbot, weil einem rechtswidrig Handelnden vor Entrichtung der Geldbuße keine Steuer-, Zins- oder Liquiditätsvorteile aus seiner Tat und der Festsetzung der Geldbuße zukommen dürften. Schließlich sei auch die Bezifferung des Abschöpfungsteils durch das FG nicht zu beanstanden. Wenn keine Anhaltspunkte für eine Abschöpfung des wirtschaftlichen Vorteils dem Grunde nach vorlägen, könne der Abschöpfungsteil nur auf Null geschätzt werden.
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Das Finanzministerium des Landes Nordrhein-Westfalen hat gemäß § 122 Abs. 2 Satz 2 FGO den Beitritt zum Verfahren erklärt.
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Es trägt u.a. vor, dass EU-Kartellrechtsgeldbußen Ahndung und Abschreckung bezweckten, nicht hingegen eine Abschöpfung des wirtschaftlichen Vorteils. Weder den Art. 101 und 102 AEUV, die ex-Art. 81 und 82 EG entsprechen, noch der EGV 1/2003 sei eine Formulierung zum Mehrerlös zu entnehmen. Die Orientierung am Gewinn sei lediglich ein Kriterium, das zwar die Höhe einer Geldbuße beeinflussen könne, nicht jedoch zwingend beeinflussen müsse. Entscheidend sei, welche Funktion der Geldbuße im europäischen Wettbewerbsrecht von den Organen der EU selbst beigemessen werde. Danach beinhalteten EU-Kartellrechtsgeldbußen weder allgemein noch im Streitfall die Abschöpfung eines wirtschaftlichen Vorteils.
II.
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Die Revision ist unbegründet und war deshalb zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 FGO). Das FG ist im Ergebnis zu Recht davon ausgegangen, dass die Voraussetzungen des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 8 Satz 4 Halbsatz 1 EStG für einen teilweisen Abzug der gegen die Klägerin verhängten Geldbuße als Betriebsausgabe unter den im Streitfall vorliegenden Umständen nicht gegeben sind und --da die Rückstellung einer Verbindlichkeit wie der betreffende Betriebsausgabenabzug gleichen tatbestandlichen Voraussetzungen unterliegt-- schon deshalb keine Bildung einer entsprechenden Rückstellung im Streitjahr in Betracht kommt. Auf der Grundlage von Art. 23 Abs. 2 und Abs. 3 EGV 1/2003 und der hierzu von der Kommission veröffentlichten Leitlinien für das Verfahren zur Festsetzung von Geldbußen und unter Berücksichtigung der im Streitfall für die Bemessung der Geldbuße maßgeblichen Erwägungen und Rechenschritte enthält die streitbefangene Geldbuße keinen Abschöpfungsteil.
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1. Gemäß § 249 Abs. 1 Satz 1 des Handelsgesetzbuchs sind u.a. Rückstellungen für ungewisse Verbindlichkeiten zu bilden. Dieses Gebot stellt einen nach § 5 Abs. 1 Satz 1 EStG auch steuerrechtlich zu beachtenden handelsrechtlichen Grundsatz ordnungsmäßiger Buchführung dar. Dies gilt nach ständiger Rechtsprechung des BFH auch für öffentlich-rechtliche Verpflichtungen (näher dazu z.B. BFH-Urteil vom 17. Oktober 2013 IV R 7/11, zur amtlichen Veröffentlichung vorgesehen, Deutsches Steuerrecht 2013, 2745, m.w.N.). Allerdings kann die Rückstellung einer Verbindlichkeit ebenso wenig wie der betreffende Betriebsausgabenabzug über die steuerlichen Abzugsverbote und -grenzen hinausgehen; beide unterliegen den gleichen tatbestandlichen Beschränkungen. Insoweit wird der entsprechende, gemäß § 5 Abs. 1 EStG auch für das Steuerrecht maßgebliche handelsrechtliche Passivposten durch außerbilanzielle Hinzurechnung im Ergebnis neutralisiert (z.B. BFH-Urteil vom 9. Juni 1999 I R 64/97, BFHE 189, 75, BStBl II 1999, 656). Deshalb setzt die steuerbilanzielle Anerkennung einer Rückstellung für einen Teil der streitbefangenen Geldbuße voraus, dass (insoweit) die Voraussetzungen des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 8 Satz 4 Halbsatz 1 EStG erfüllt sind, der eine Ausnahme von dem in Satz 1 der Vorschrift normierten Abzugsverbot bestimmt.
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2. Nach § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 8 Satz 1 EStG dürfen auch Betriebsausgaben --also durch den Betrieb veranlasste Aufwendungen (§ 4 Abs. 4 EStG)-- in Gestalt der von Organen der Europäischen Gemeinschaften (hier der Kommission) festgesetzten Geldbußen den Gewinn nicht mindern. Nach § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 8 Satz 4 Halbsatz 1 EStG gilt das Abzugsverbot für Geldbußen nicht, soweit der wirtschaftliche Vorteil, der durch den Gesetzesverstoß erlangt wurde, abgeschöpft worden ist, wenn die Steuern vom Einkommen und Ertrag, die auf den wirtschaftlichen Vorteil entfallen, nicht abgezogen worden sind. Eine Ausnahme von dem in Satz 1 der Vorschrift normierten Abzugsverbot setzt folglich u.a. voraus, dass die Geldbuße einen sog. Abschöpfungsteil enthält.
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3. Unter den im Streitfall vorliegenden Umständen kann jedoch nicht davon ausgegangen werden, dass die gegen die Klägerin verhängte Geldbuße auch einen Abschöpfungsteil umfasst.
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a) Dabei steht der Umstand, dass bei Geldbußen zur Ahndung von Wettbewerbsverstößen sowohl der Aspekt der Generalprävention als auch der Gesichtspunkt der Spezialprävention eine entscheidende Rolle spielen, der Annahme eines Abschöpfungsteils nicht entgegen. Zwar hat der I. Senat des BFH für von der Kommission ausgesprochene kartellrechtliche Sanktionen entschieden, dass diese nicht auf einen konkreten Mehrerlös bezogen und auf dessen Abschöpfung gerichtet sind, sondern vor allem der Ahndung des Verstoßes und der Abschreckung potenzieller Nachahmer dienen (eingehend BFH-Beschluss in BFH/NV 2004, 959, m.w.N.). Dem schließt sich der erkennende Senat an, denn sowohl den vom I. Senat des BFH in seiner genannten Entscheidung angesprochenen Leitlinien der Kommission für das Verfahren zur Festsetzung von Geldbußen (ABlEG 1998, Nr. C 9, 3) --im Folgenden Leitlinien 1998-- als auch den nunmehr geltenden Leitlinien der Kommission für das Verfahren zur Festsetzung von Geldbußen (ABlEU 2006, Nr. C 210, 2) --im Folgenden Leitlinien 2006-- lässt sich entnehmen, dass die Kommission mit Geldbußen wegen kartellrechtlicher Verstöße das Ziel verfolgt, das Verhalten der Unternehmen im Sinne der im EG bzw. jetzt im AEUV festgelegten Grundsätze des Wettbewerbsrechts zu lenken, und deshalb entsprechende Maßnahmen der Kommission die hierzu notwendige Abschreckungswirkung entfalten sollen. Daher sollte nach den jüngeren Leitlinien der Kommission, die die älteren Leitlinien lediglich präzisieren und fortschreiben, ohne die Zweckbestimmung von Geldbußen anders zu gewichten, eine wegen Rechtsverstößen verhängte Geldbuße --worauf auch das FA zutreffend hingewiesen hat-- so hoch festgesetzt werden, dass nicht nur die an der Zuwiderhandlung beteiligten Unternehmen sanktioniert werden (Spezialprävention), sondern auch andere Unternehmen von der Aufnahme oder Fortsetzung einer Zuwiderhandlung gegen die Art. 81 oder 82 EG abgehalten werden (Generalprävention; vgl. Leitlinien 2006, unter Ziffer 4). Diese Zweckbestimmung und Lenkungsfunktion von Geldbußen schließt es indes nicht aus, dass mit derartigen Geldbußen auch durch die sanktionierten Wettbewerbsverstöße erlangte wirtschaftliche Vorteile i.S. des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 8 Satz 4 EStG jedenfalls teilweise abgeschöpft werden (BFH-Beschluss in BFH/NV 2004, 959).
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b) Die Annahme eines Abschöpfungsteils scheidet im Streitfall jedoch schon deshalb aus, weil die Bemessung der Geldbuße nach Maßgabe eines in Höhe von ... € ermittelten sog. Grundbetrags erfolgt ist, der anschließend um ... s€ auf einen Höchstbetrag in Höhe von ... € gekürzt worden ist. Auf der Grundlage der EGV 1/2003 ist davon auszugehen, dass der nach Maßgabe der zu der genannten Verordnung veröffentlichten Leitlinien ermittelte Grundbetrag keinen Abschöpfungsteil enthält, sondern eine eventuelle Gewinnabschöpfung erst im Rahmen einer nach den Leitlinien möglichen, zur Erhöhung des Grundbetrags führenden Berücksichtigung "erschwerender Umstände" erfolgt. Im Streitfall liegt eine derartige Erhöhung des Grundbetrags indes nicht vor.
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aa) Nach Art. 23 Abs. 2 EGV 1/2003 kann die Kommission gegen Unternehmen und Unternehmensvereinigungen durch Entscheidung Geldbußen u.a. dann verhängen, wenn sie --wie im Streitfall-- vorsätzlich oder fahrlässig gegen Art. 81 oder Art. 82 EG verstoßen. Dabei darf die Geldbuße für jedes an der Zuwiderhandlung beteiligte Unternehmen oder jede beteiligte Unternehmensvereinigung 10 % seines bzw. ihres jeweiligen im vorausgegangenen Geschäftsjahr erzielten Gesamtumsatzes nicht übersteigen. Diese Begrenzung auf einen Höchstbetrag soll die Verhängung von Geldbußen verhindern, die die Unternehmen voraussichtlich nicht werden zahlen können (vgl. EuGH-Urteil vom 28. Juni 2005 C-189/02 P, C-202/02 P, C-205/02 P bis C-208/02 P und C-213/02 P, Slg. 2005, I-5425, Rz 280, m.w.N.); ein Bezug (auch) zur Abschöpfung von wirtschaftlichen Vorteilen lässt sich der Regelung nicht entnehmen. Art. 23 Abs. 3 EGV 1/2003 bestimmt, dass bei der Festsetzung der Höhe der Geldbuße sowohl die Schwere der Zuwiderhandlung als auch deren Dauer zu berücksichtigen sind. Dieser Regelung kann weder nach ihrem eindeutigen Wortlaut (Schwere und Dauer der Zuwiderhandlung) noch nach Sinn und Zweck der Verhängung von Geldbußen, wonach --wie ausgeführt-- Gesichtspunkte der General- und Spezialprävention im Vordergrund stehen, entnommen werden, dass eine Geldbuße stets einen Abschöpfungsteil enthält.
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bb) Die Höhe einer Geldbuße ist nach Maßgabe der Schwere und Dauer des Verstoßes als den einzigen Kriterien des Art. 23 Abs. 3 EGV 1/2003 festzusetzen. Allerdings kann der Senat nicht erkennen, ob die Kommission ihrer Entscheidung vom ... 2006 die --eine Selbstbindung der Kommission hinsichtlich der Durchführung der in den Art. 81 und 82 EG niedergelegten Wettbewerbsregeln vermittelnden-- Leitlinien 1998 oder die Leitlinien 2006 zugrunde gelegt hat. Letztere sind ausdrücklich für das Verfahren zur Festsetzung der Geldbußen gemäß dem hier einschlägigen Art. 23 Abs. 2 Buchst. a EGV 1/2003 erlassen, allerdings erst am 1. September 2006 im ABlEU veröffentlicht worden. Angesichts der erst unmittelbar vor der Absendung des Bescheids erfolgten Veröffentlichung der Leitlinien 2006 ist daher nicht ausgeschlossen, dass Grundlage der Kommissionsentscheidung noch die Leitlinien 1998 waren. Welche Leitlinien die Kommission ihrer Entscheidung zugrunde gelegt hat, kann indes dahinstehen, da die im Streitfall einschlägigen Textpassagen beider Leitlinien weitgehend inhalts- und deckungsgleich sind.
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Nach den Leitlinien 1998 (unter Ziffer 1 Buchst. A und B) ist --zunächst-- der sog. Grundbetrag zu errechnen. Dabei sind bei der Ermittlung der Schwere eines Verstoßes seine Art und die konkreten Auswirkungen auf den Markt, sofern diese messbar sind, sowie der Umfang des betreffenden räumlichen Marktes zu berücksichtigen (vgl. Leitlinien 1998, unter Ziffer 1 Buchst. A). Bei der Berücksichtigung der Dauer eines Verstoßes kann sich die Festsetzung eines Zuschlags zu der Geldbuße ergeben. So ist ein Verstoß von langer Dauer (in der Regel mehr als fünf Jahre) für jedes Jahr des Verstoßes mit bis zu 10 % des für die Schwere des Verstoßes ermittelten Betrags zu berücksichtigen (vgl. Leitlinien 1998, unter Ziffer 1 Buchst. B.).
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Die Berücksichtigung "erschwerender Umstände" erfolgt demgegenüber erst im Rahmen einer Erhöhung des Grundbetrags, wobei dessen Erhöhung nach den Leitlinien 1998 (unter Ziffer 2) auch dem Erfordernis entsprechen kann, die Geldbuße zu erhöhen, um den Betrag der aufgrund der Verstöße unrechtmäßig erzielten Gewinne zu übertreffen, sofern dieser Betrag objektiv ermittelt werden kann. Nichts anderes ergibt sich im Übrigen für die Bemessung des Grundbetrags, soweit in Ziffer 5 Buchst. b der Leitlinien 1998 auf Ziffer 139 des XXI. Berichts (der Kommission) über die Wettbewerbspolitik (1991) Bezug genommen und --worauf die Klägerin zutreffend hingewiesen hat-- an jener Stelle des Berichts u.a. ausgeführt wird, dass in zunehmendem Maße die finanziellen Gewinne, die den gegen die Wettbewerbsbestimmungen verstoßenden Unternehmen aus ihrem rechtswidrigen Verhalten entstehen, Berücksichtigung fänden. Hieraus ist nicht zu folgern, dass --entgegen den in den Leitlinien 1998 formulierten Grundsätzen für die Errechnung des Grundbetrags-- schon im Grundbetrag Abschöpfungsgesichtspunkte Berücksichtigung finden können.
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Auch soweit die Klägerin meint, dass das Ziel der effektiven Verwirklichung von Sinn und Zweck europarechtlicher Bestimmungen ("effet utile") zwingend eine Vorteilsabschöpfung durch EU-Kartellgeldbußen gebiete, steht dies den vorgenannten Grundsätzen zur Errechnung des Grundbetrags nicht entgegen. Insoweit kann dahingestellt bleiben, ob dem Einwand der Klägerin u.a. entgegenstünde, dass der mit derartigen Sanktionen beabsichtigte Abschreckungseffekt sowohl unter dem Aspekt der Spezial- als auch Generalprävention nicht zwingend eine zumindest teilweise Abschöpfung der durch die geahndeten Verstöße erzielten wirtschaftlichen Vorteile voraussetzt und durch die erforderliche Begrenzung von Geldbußen auf einen Höchstbetrag auch eine beabsichtigte Abschöpfung rechnerisch wieder neutralisiert werden kann.
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Aber auch die Leitlinien 2006 sehen eine Berücksichtigung von widerrechtlich erzielten Gewinnen nicht schon bei der Bestimmung des Grundbetrags der Geldbuße vor. Vielmehr hat sich diese nach dem Wert der verkauften Waren oder Dienstleistungen zu richten; zur Berechnung des Grundbetrags ist ein bestimmter Anteil am Umsatz, der sich nach der Schwere des Verstoßes richtet, mit der Anzahl der Jahre der Zuwiderhandlung zu multiplizieren (vgl. im Einzelnen Leitlinien 2006, unter Ziffer 1 Buchst. A und B, Tz. 12 ff.). Erwägungen, die (auch) auf eine Abschöpfung von Gewinnen gerichtet sind, kommen erst im Rahmen von "Anpassungen des Grundbetrags" in Betracht, soweit diese auch zu einer Erhöhung des festgesetzten Grundbetrags führen können (vgl. Leitlinien 2006, unter Ziffer 2, Tz. 27). Insoweit wird in den Leitlinien 2006 (unter Ziffer 2 Buchst. C) auch ein "Aufschlag zur Gewährleistung einer abschreckenden Wirkung" benannt; (erst) in diesem Zusammenhang kann die Kommission die Geldbuße erhöhen, damit ihr Betrag die aus der Zuwiderhandlung erzielten widerrechtlichen Gewinne übersteigt, sofern diese Gewinne geschätzt werden können (vgl. Leitlinien 2006, unter Ziffer 2 Buchst. C, Tz. 31).
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Richtet sich somit nach den Leitlinien der Kommission die Bemessung des Grundbetrags im Einklang mit der EGV 1/2003 nach der Schwere der Zuwiderhandlung und deren Dauer, so kann offenbleiben, ob die Kommission nach Maßgabe der Verordnung überhaupt befugt wäre, (bereits) bei der Berechnung des Grundbetrags den Aspekt der Abschöpfung von durch den Wettbewerbsverstoß erlangten wirtschaftlichen Vorteilen zu berücksichtigen.
35
cc) Ausgehend von Art. 23 Abs. 2 und Abs. 3 EGV 1/2003 und den hierzu in den Leitlinien der Kommission dargelegten Grundsätzen scheidet somit bei der Errechnung des Grundbetrags stets die Berücksichtigung von Abschöpfungsgesichtspunkten aus. Ob solche Aspekte bei der Bemessung einer Geldbuße zum Tragen gekommen sind, ist deshalb erst zu untersuchen, wenn und soweit es im konkreten Einzelfall zu einer Erhöhung des Grundbetrags gekommen ist.
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dd) Da die richtige Anwendung des Gemeinschaftsrechts im Streitfall derart offenkundig ist, dass für einen vernünftigen Zweifel keinerlei Raum bleibt, besteht für den Senat auch keine Pflicht zur Anrufung des EuGH nach Art. 267 AEUV (z.B. EuGH-Urteil vom 6. Dezember 2005 C-461/03, Slg. 2005, I-10513, Rz 16, m.w.N.).
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ee) Nach diesen Maßstäben scheidet im Streitfall die Annahme aus, dass die von der Kommission gegen die Klägerin verhängte Geldbuße einen Abschöpfungsteil enthält. Nach den insoweit nicht mit Verfahrensrügen angegriffenen und deshalb den Senat nach § 118 Abs. 2 FGO bindenden Feststellungen des FG liegt der streitbefangenen Geldbuße die Berechnung eines Grundbetrags in Höhe von ... € zugrunde. Dabei hat die Kommission u.a. die Schwere der begangenen Zuwiderhandlung auf der Grundlage der Marktanteile der Klägerin bemessen und zur Berücksichtigung der Dauer der Zuwiderhandlung den nach der Schwere der Zuwiderhandlung bestimmten Ausgangsbetrag für jedes Jahr der Zuwiderhandlung um 10 % erhöht. Eine solche Errechnung des Grundbetrags steht im Einklang mit den vorgenannten Grundsätzen. Sog. "erschwerende Umstände", die zu einer Erhöhung des Grundbetrags führen könnten, hat die Kommission nicht berücksichtigt. Vielmehr hat sie ausgehend von dem Grundbetrag in Höhe von ... € die Geldbuße im Hinblick auf die durch Art. 23 Abs. 2 EGV 1/2003 vorgegebene Höchstgrenze (vgl. dazu auch Leitlinien 1998, unter Ziffer 5 Buchst. a) auf einen (Höchst-)Betrag von ... € festgesetzt. Auch diese Höchstgrenze hat sich im Übrigen nicht an durch den Wettbewerbsverstoß erlangten wirtschaftlichen Vorteilen zu orientieren, sondern allein an dem im vorausgegangenen Geschäftsjahr erzielten Gesamtumsatz (vgl. Abs. 23 Abs. 2 Satz 2 EGV 1/2003).
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ff) Dahingestellt bleiben kann deshalb, ob die hier vorliegende Verminderung des Grundbetrags die Annahme eines Abschöpfungsteils der verhängten Geldbuße auch deshalb ausschließt, weil der Kürzungsbetrag in Höhe von ... € (Grundbetrag in Höhe von ... € abzüglich Höchstbetrag in Höhe von ... Mio. €) den von der Klägerin errechneten, von ihr aufgrund des geahndeten Kartellrechtsverstoßes erlangten Gewinn in Höhe von ... € übersteigt, oder ob insoweit nur eine (dem Verhältnis von Kürzungsbetrag zu Grundbetrag entsprechende) anteilige Berücksichtigung dieses Gewinns ausgeschlossen wäre.
39
4. Dies vorausgesetzt, braucht der Senat nicht über die von der Klägerin erhobenen Verfahrensrügen zu entscheiden.
40
a) Scheidet unter den Besonderheiten des Einzelfalls die Annahme aus, dass die streitbefangene Geldbuße auch einen Abschöpfungsteil enthält, so kommt der Rüge der Klägerin, dass das FG zu Unrecht von der Klägerin vorgelegte Unterlagen zur (nachträglichen) Quantifizierung vermeintlicher wirtschaftlicher Vorteile verworfen und bei seiner Schätzung gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz verstoßen habe, revisionsrechtlich keine Bedeutung zu.
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b) Der von der Klägerin gerügte Gehörsverstoß kommt ebenfalls nicht zum Tragen, weil er sich allein auf die Quantifizierung eines von der Klägerin behaupteten wirtschaftlichen Vorteils bezieht. Soweit nach § 119 FGO in den dort genannten Fällen unwiderleglich vermutet wird, dass das Urteil auf der Verletzung von Bundesrecht beruht, gilt dies ausnahmsweise nicht, wenn es auf das Vorbringen des Revisionsklägers unter keinem denkbaren Gesichtspunkt ankommt (z.B. BFH-Urteil vom 27. März 2001 VII R 62/00, BFH/NV 2001, 1037, m.w.N.).
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5. Nach alledem braucht auch nicht entschieden zu werden, ob die Kommission --was das FA angezweifelt hat-- überhaupt die Kompetenz zur Abschöpfung wirtschaftlicher Vorteile hat. Des Weiteren kann offenbleiben, ob --wie ebenfalls das FA meint-- die Bildung der streitbefangenen Rückstellung schon deshalb nicht in Betracht kommt, weil die Klägerin die Geldbuße im Streitjahr noch nicht bezahlt hatte und aus der Festsetzung einer Geldbuße wegen rechtswidrigen Handelns keine Steuer-, Zins- oder Liquiditätsvorteile gezogen werden dürfen. Ebenfalls braucht der erkennende Senat nicht über die vom FA auch in seinen Hilfsanträgen aufgeworfene Frage zu befinden, ob § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 8 Satz 4 EStG eine unerlaubte Beihilfe i.S. von Art. 87 EG bzw. Art. 107 Abs. 1 AEUV beinhaltet, soweit die Wirkung von durch die Kommission verhängten Geldbußen durch deren steuerlichen Abzug teilweise wieder zurückgenommen wird.
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6. Nachdem sich die Revision der Klägerin als unbegründet erweist, ist über die Hilfsanträge des FA nicht zu entscheiden. Da eine Vorlage an den EuGH ausscheidet (s. oben unter II.3.b dd), ist auch auf die von der Klägerin in ihrem Hilfsantrag aufgeführten Fragen nicht weiter einzugehen.