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  • · Fachbeitrag · Leserforum

    Therapie- und Heilpraktikerpraxis nebeneinander: Was geht und was nicht?

    von Rechtsanwalt Ralph Jürgen Bährle, Bährle & Partner, Nothweiler

    | Mehrere Leser richteten folgende Fragen an uns: „Ich bin Inhaber einer Therapiepraxis mit mehreren Angestellten. Ich habe nun die (volle) Heilpraktikererlaubnis erworben und praktiziere auch als Heilpraktiker in von der Therapiepraxis getrennten Räumen. Die Therapiepraxis läuft weiter, die Therapien werden von den Angestellten erbracht. Darf aufgrund meiner Heilpraktikererlaubnis eine Therapie jetzt ohne Rezept verabreicht werden, wenn ich die entsprechende Anweisung gebe?“ |

    Behandlung von Kranken nur auf Rezept

    Ein „voller“ Heilpraktiker (HP) deckt vom Grundsatz her ein größeres Betätigungsfeld ab als die sektorale Heilpraktikererlaubnis eines Therapeuten. Gleichwohl gilt aber auch in dem in der Leseranfrage beschriebenen Fall, dass kranke Patienten in der Therapiepraxis nur aufgrund einer ärztlichen Verordnung oder einer HP-Verordnung behandelt werden dürfen. Ohne Rezept dürfen von den angestellten Therapeuten keinerlei Behandlungen abgegeben werden, selbst dann nicht, wenn der Inhaber der Therapiepraxis in seiner Eigenschaft als HP das Rezept ausstellen könnte. Das Rezept ist auch in diesem Fall vor Beginn der Behandlung auszustellen.

     

    MERKE | Handelt es sich bei dem Kranken um einen in der gesetzlichen Krankenkasse Versicherten, wird die verordnete Therapie nur dann von der gesetzlichen Krankenkasse bezahlt, wenn die Verordnung von einem Arzt ausgestellt wurde. Doch auch Privatversicherte sollten vorher abklären, ob von einem HP verordnete Therapien von ihrem Versicherer bezahlt werden.

     

    Wichtig | Ohne Rezept darf nur der Heilpraktiker selbst behandeln. Die Behandlung muss er in eigener Person durchführen, es genügt nicht, wenn er einem angestellten Therapeuten genaue Anweisungen erteilt, wie die Behandlung durchzuführen ist oder wenn er die Ausführung der Behandlung kontrolliert.

    Verordnung des Heilpraktikers für die eigene Therapiepraxis

    Die HP-Tätigkeit ist grundsätzlich von der Tätigkeit als Therapeut zu trennen, weswegen die HP-Tätigkeit auch nicht in den Räumen der Therapiepraxis ausgeübt werden darf. Es drängt sich allerdings die Frage auf, ob der Therapeut, der gleichzeitig HP ist, in seiner Eigenschaft als HP Verordnungen ausstellen darf, die seiner eigenen Therapiepraxis zugutekommen.

     

    Dies ist per se nicht verboten, allerdings muss Basis für den Inhalt einer Verordnung immer die vom HP aufgrund der vom Patienten geschilderten Beschwerden gestellte Diagnose sein. Erfordert diese Diagnose eine Therapie, die die Mitarbeiter in der Therapiepraxis nicht erbringen können, darf der HP nicht auf die Idee kommen, eine andere Therapie zu verordnen, die „seine“ Therapeuten leisten können. Der HP darf dann nur die Therapie verordnen, die der Diagnose entspricht. Geht der Patient mit diesem Rezept anschließend in die Therapeutenpraxis des HP, haben die angestellten Therapeuten den Patienten darauf hinzuweisen, dass diese Therapie bei ihnen nicht durchgeführt werden kann. Die Abgabe einer anderen als der verordneten Therapie ist nicht erlaubt!

    Darf der Heilpraktiker seine Therapiepraxis empfehlen?

    Ein anderer Gesichtspunkt ist die Frage, ob der HP den Patienten seiner HP-Praxis empfehlen darf, die von ihm ausgestellte Verordnung in „seiner“ Therapeutenpraxis einzulösen (sofern die verordnete Therapie dort durchgeführt werden kann). Grundsätzlich hat sich ein HP bei Empfehlungen für einen bestimmten Therapeuten genauso zu verhalten und zurückzuhalten wie ein Arzt. Es ist in erster Linie Angelegenheit des Patienten, sich für einen bestimmten Therapeuten zu entscheiden, der die Kompetenz hat, die Verordnung „abzuarbeiten“. Fragt der Patient beim HP nach, ob die verordnete Behandlung in „seiner Therapeutenpraxis“ möglich ist, darf der HP dies aber selbstverständlich bejahen.

     

    Da HP und Inhaber der Therapiepraxis identisch sind, bleibt der Gesichtspunkt des „Verweisens“ von Patienten - von der HP-Praxis für die Therapie an die Therapeutenpraxis, umgekehrt aber auch von der Therapeutenpraxis an den HP (zum Beispiel wenn einem Therapeuten ein gesundheitliches Problem des Patienten bekannt wird) - immer ein mit Risiken behafteter Graubereich: Wann ist die Grenze zum Beeinflussen des Patienten erreicht? Wann überwiegt eigenes Interesse an einem wirtschaftlichen Betrieb der Praxen das Interesse des Patienten an der „bestmöglichen Behandlung“ oder das Interesse der Krankenkasse an einer „wirtschaftlichen Verordnungspraxis“?

     

    Im Vergleich dazu unproblematisch ist die Vornahme einer Therapie durch den HP selbst, das heißt, der HP stellt die Diagnose und bestimmt als Maßnahme zur Wiederherstellung der Gesundheit eine bestimmte therapeutische Behandlung, die er anschließend (und dann in den verordneten Intervallen) aufgrund seiner Ausbildung zum Therapeuten selbst abgibt. In diesem Fall bleibt durch den Patienten nur die Frage zu klären, welcher Kostenträger neben der HP-Behandlung die therapeutische Behandlung bezahlt.

     

    Weiterführende Hinweise

    • Für die Behandlung ohne ärztliche Verordnung bedarf es keiner Heilpraktikerprüfung (PP 06/2009, Seite 10)
    • Entzug der Heilpraktikerprüfung wegen fehlender Zuverlässigkeit (PP 08/2010, Seite 1)
    Quelle: Ausgabe 04 / 2014 | Seite 5 | ID 42586338