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  • · Fachbeitrag · Der praktische Fall

    Fortbildung: So setzen Sie die Kosten Ihrer Mandanten steuersparend ab!

    | Berufliche Weiterbildungen gehen nicht nur mit einer hohen zeitlichen Belastung einher. Die Kosten machen sich auch im Geldbeutel bemerkbar. Der praktische Fall zeigt, welche Fortbildungskosten steuersparend abgesetzt werden können und verdeutlicht zudem, wie vorzugehen ist, wenn im Fortbildungsjahr keine Einkünfte erzielt wurden. |

    1. Sachverhalt

    Kevin Meier (M) ist ledig und hat von Juli 2013 bis Dezember 2014 zwei Vollzeit-Weiterbildungen zum Dachdecker- und Klempnermeister absolviert. Für 2013 hat M eine Einkommensteuererklärung abgegeben. Einkommensteuer wurde infolge des niedrigen zu versteuernden Einkommens (unterhalb des Grundfreibetrags) nicht festgesetzt. Da M in 2014 keine Einnahmen erzielt hat, hat er für dieses Jahr bisher keine Einkommensteuererklärung eingereicht.

     

    Anfang 2015 wurde M dann von einem Dachdeckerbetrieb als Meister angestellt. In seiner Steuererklärung für 2015 hat M die in 2014 gezahlten Kurs- und Prüfungsgebühren i. H. von 2.500 EUR als Werbungskosten angesetzt, was das FA aber abgelehnt hat. Nach Ablauf der einmonatigen Einspruchsfrist wendet sich M in 2017 erstmals an einen Steuerberater.

     

    Fragen: Hat M einen Anspruch auf Berücksichtigung seiner Fortbildungskosten - und falls ja, kann er neben den bereits erklärten Fortbildungskosten weitere Aufwendungen ansetzen?

    2. Steuerlicher Abzug von Fortbildungskosten

    Das FA hat die Fortbildungskosten in der Steuererklärung für 2015 zu Recht nicht anerkannt. Wegen des Abflussprinzips (§ 11 Abs. 2 S. 1 EStG) muss M die Kosten bereits in seiner Steuererklärung für 2014 geltend machen.

     

    Im Gegensatz zu einer Antragsveranlagung (§ 46 Abs. 2 Nr. 8 EStG), für die keine Anlaufhemmung von drei Jahren gewährt wird, liegt der Verlustfeststellung eine Pflichterklärung zugrunde mit der Folge einer längstens dreijährigen Anlaufhemmung. Damit sind Verlustfeststellungsanträge anders als „freiwilligee“ Veranlagungsanträge sieben Jahre nachholbar (vgl. Kulosa in Schmidt, EStG, § 10d, Rz. 49).

     

    Bei der Frage, wie Aus- und Fortbildungskosten steuerlich zu behandeln sind, ist wie folgt zu unterscheiden:

     

    • Die erste Berufsausbildung und das Erststudium, das zugleich eine Erstausbildung vermittelt, sind den Kosten der privaten Lebensführung zugeordnet. Aufwendungen können nur als Sonderausgaben bis max. 6.000 EUR im Kalenderjahr geltend gemacht werden (§ 10 Abs. 1 Nr. 7 EStG). Betriebsausgaben oder Werbungskosten liegen nur dann vor, wenn eine Erstausbildung abgeschlossen wurde oder im Rahmen eines Dienstverhältnisses stattfindet (§§ 4 Abs. 9, 9 Abs. 6 EStG).

     

    • Ob der Ausschluss von Erstausbildungskosten vom Betriebsausgaben- und Werbungskostenabzug verfassungsgemäß ist, wird das BVerfG (2 BvL 23/14 und 2 BvL 24/14) entscheiden müssen.

     

    • Aufwendungen für eine berufliche Fort- und Weiterbildung stellen Betriebsausgaben oder Werbungskosten dar, sofern sie durch den Beruf veranlasst sind und soweit es sich dabei nicht um eine erstmalige Berufsausbildung oder ein Erststudium handelt (BMF 22.9.10, IV C 4 - S 2227/07/10002: 002, Tz. 3).

     

     

    Da die Aufwendungen im Zusammenhang mit der Meisterprüfung beruflich veranlasst sind (BFH 18.4.96, VI R 75/95) und M zuvor bereits eine erste Berufsausbildung abgeschlossen hat, kann er die Aufwendungen als vorab entstandene Werbungskosten deklarieren. Dies hat einen entscheidenden Vorteil: Sonderausgaben bleiben bei fehlenden Einkünften wirkungslos, da hier keine jahresübergreifende Verrechnung möglich ist. Vorweggenommene Werbungskosten hingegen führen regelmäßig zu einem vortragsfähigen Verlust, der sich in den Jahren der Berufsausübung steuermindernd auswirkt.

     

    Ledige Steuerpflichtige können Verluste bis zu 1 Mio. EUR in den vorangegangenen Zeitraum zurücktragen (§ 10d Abs. 1 S. 1 EStG). Auf den Rücktrag kann jedoch ganz oder teilweise verzichtet werden (§ 10d Abs. 1 S. 5 EStG), sodass der verbleibende Verlust dann vorgetragen wird (§ 10d Abs. 2 EStG).

     

    PRAXISHINWEIS | M sollte für den VZ 2014 eine Steuererklärung abgeben. Die Fortbildungskosten können als Werbungskosten im Rahmen der Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit angesetzt werden. Da im Kalenderjahr 2014 keine Einnahmen erzielt wurden, entsteht ein Verlust. Ein Verlustrücktrag nach 2013 sollte ausgeschlossen werden, da M in 2013 keine Einkommensteuer gezahlt hat. Wird der Verlust nach 2015 vorgetragen, wirkt er sich hier steuermindernd aus.

     

    3. Umfang der Fortbildungskosten

    Da sich die im Kalenderjahr 2014 gezahlten Fortbildungskosten aufgrund des Verlustvortrags nach 2015 steuerlich auch auswirken, sollten die Fortbildungskosten vollständig ermittelt werden.

     

    PRAXISHINWEIS | In der folgenden Checkliste sind die von M getragenen Fortbildungskosten eingetragen. Die Checkliste (ohne Zahlen) kann unter mbp.iww.de unter der Rubrik „Downloads“ heruntergeladen werden und als Leitfaden für alle Mandantengespräche genutzt werden, in denen Fortbildungskosten eruiert werden müssen.

     

    Checkliste / Fortbildungskosten

    EUR
    EUR

    1) Unmittelbare Kosten der Bildungsmaßnahme

    Kursgebühren

    2.000,00

    Zulassungs- und Prüfungsgebühren

    500,00

    Summe unmittelbare Kosten der Bildungsmaßnahme

    2.500,00

    2.500,00

    2) Aufwendungen für Arbeitsmittel/Büromaterial

    Büroeinrichtung (Schreibtisch, Stuhl, Regal); ggf. AfA

    99,00

    Büromaterial (Schreib- und Zeichengeräte, Ordner …)

    78,00

    Kopierkosten und Druckkosten

    15,00

    Computer, Laptop mit Zubehör; ggf. AfA

    80,00

    Fachliteratur (Fachzeitschriften, Fachbücher)

    240,00

    Arbeitsmaterial für die praktische Ausbildung/Prüfung

    400,00

    Summe Aufwand für Arbeitsmittel/Büromaterial

    912,00

    912,00

    3) Reisekosten

    Fahrtkosten zur Bildungseinrichtung und zur Prüfung

    1.680,00

    Fahrtkosten im Rahmen einer Lerngemeinschaft

    180,00

    Verpflegungsmehraufwand

    0,00

    Übernachtungskosten

    0,00

    Reisenebenkosten (Parkplatzkosten etc.)

    18,00

    Summe Reisekosten

    1.878,00

    1.878,00

    4) Kosten für ein Arbeitszimmer (ggf. Abzugsbeschränkung = 1.250 EUR)

    Miete oder anteilige Gebäude-AfA

    720,00

    Schuldzinsen

    0,00

    Instandhaltung und Renovierungsaufwendungen

    76,00

    Reinigungskosten

    0,00

    Wasser- und Energiekosten sowie Grundbesitzabgaben

    80,00

    weitere Kosten

    20,00

    Summe Kosten für Arbeitszimmer

    896,00

    896,00

    5) Kosten der doppelten Haushaltsführung (Deckelung der Unterkunftskosten auf maximal 1.000 EUR/Monat)

    Fahrtkosten (Familienheimfahrten)

    0,00

    Mietkosten

    0,00

    Verpflegungsmehraufwand

    0,00

    Sonstige Kosten im Rahmen der doppelten Haushaltsführung

    0,00

    Summe Kosten der doppelten Haushaltsführung

    0,00

    0,00

    6) Sonstige Kosten

    Telekommunikationskosten

    50,00

    Anwalts- und Prozesskosten

    0,00

    weitere Kosten

    0,00

    Summe sonstige Kosten

    50,00

    50,00

    Summe Fortbildungskosten

    6.236,00

     

     

    Insbesondere zu den originären, unmittelbaren Kosten der Bildungsmaßnahme (Kursgebühren etc.) erhalten Steuerpflichtige häufig Zuschüsse von dritter Seite (Arbeitsagentur, IHK etc.). Die Fortbildungskosten sind dann grundsätzlich um die erhaltenen Zuschüsse zu kürzen.

     

    PRAXISHINWEIS | Wer in Bayern einen Meisterkurs erfolgreich abschließt, erhält einen staatlichen Meisterbonus von 1.000 EUR. Dieser Bonus ist weder einkommensteuerpflichtig noch mindert er die Werbungskosten (FG München 30.5.16, 15 K 474/16; BayLfSt 6.7.16, S 2324.2.1-262/6 St32, Abruf-Nr. 187221).

     

     

    Aufwendungen für Arbeitsmittel können bis zu einer Höhe von 487,90 EUR (brutto) unmittelbar geltend gemacht werden. Teurere Arbeitsmittel können nur anteilig, mittels Abschreibung, abgesetzt werden. Die Nutzungsdauer ist der amtlichen AfA-Tabelle zu entnehmen und beträgt beispielsweise bei Computern drei und bei Büromöbeln dreizehn Jahre.

     

    Bei einer Vollzeitfortbildung stellt die Bildungseinrichtung die erste Tätigkeitsstätte dar (§ 9 Abs. 4 S. 8 EStG). Die Fahrten zur Meisterschule wirken sich für M nur mit 0,30 EUR je Entfernungskilometer aus. Der Ansatz von Verpflegungsmehraufwendungen ist hier ausgeschlossen.

     

    M kann Kosten für ein häusliches Arbeitszimmer absetzen. Der Abzug ist jedoch auf 1.250 EUR pro Jahr begrenzt, da das Arbeitszimmer nicht den Mittelpunkt der gesamten (Fortbildungs-)Tätigkeit darstellt.

     

    Beachten Sie | Büromöbel gehören zu den Arbeitsmitteln. Die Abzugsbeschränkungen für das häusliche Arbeitszimmer greifen somit nicht.

     

    FAZIT | Die nachträgliche Abgabe der Steuererklärung für 2014 und der Ansatz aller Fortbildungskosten i. H. von 6.236 EUR bringt M durch den Verlustvortrag nach 2015 eine Steuerermäßigung von rund 1.900 EUR (bei einem unterstellten Steuersatz von 30 %).

     
    Quelle: Ausgabe 03 / 2017 | Seite 47 | ID 44471468

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