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  • · Fachbeitrag · Kanzleiorganisation

    Qualitätssicherung in der Steuerberatungskanzlei durch Dokumentenmanagement

    von Werner Roth, Neuschönau

    | Ein funktionierendes Qualitätsmanagement(QM)-System in einer Kanzlei erfordert eine entsprechende Dokumentation. Die Dokumentation stellt dabei die Abbildung der betrieblichen Realität dar und trägt dazu bei, die tägliche Arbeit zu erleichtern sowie die Qualität der Arbeit zu sichern. Der Aufbau und die Organisation eines praxisgerechten Dokumentenmanagements sind von entscheidender Bedeutung für eine Effizienzverbesserung in einer Steuerberatungskanzlei. |

    Dokumentation als Bestandteil der Qualitätssicherung

    Bereits im Juni 1998 hat die Bundssteuerberaterkammer (BStBK) in einer Verlautbarung zur Qualitätssicherung in der Steuerberaterpraxis die Wichtigkeit der Dokumentation in der Steuerberaterkanzlei betont. Hier heißt es, dass eine aktuelle und jederzeit verfügbare Dokumentation der in der Praxis geltenden Verfahrensregelungen ein wesentlicher Bestandteil der Qualitätssicherung ist, um Transparenz und Nachvollziehbarkeit zu gewährleisten.

     

    Die Flut von externen und internen Daten sowie Informationen in einer Kanzlei erfordert eine professionelle Dokumentenverwaltung, da bei den betrieblichen Abläufen die Verfahrensanweisungen festgehalten werden müssen, für

    • den Posteingang und -ausgang,
    • die Gesprächsdokumentation von Unterredungen mit Mandanten, Ämtern (auch Telefonate) etc.,
    • die Fristenkontrolle,
    • die Aktenführung und Anlage von Arbeitspapieren sowie
    • die Ablage und Aufbewahrung von Arbeitspapieren und Handakten.

     

    Alle internen Dokumente sind ebenfalls sorgfältig aufzubewahren. Auftragsbezogene Fremd- und Eigendokumente dürfen nicht vermischt werden. Interne Dokumente sind beispielsweise Personalakten, Zielvereinbarungen, Protokolle allgemeiner Mitarbeiterbesprechungen und Arbeitsanweisungen zur Herausgabe von Dokumenten (bei Durchsuchung und Beschlagnahme).

     

    Weiterhin fordert die BStBK die Dokumentation des Überprüfungsprozesses. Dies ist im Sinne eines QM die Nachschau-Dokumentation. Bei einer Nachschau sind durchgeführte Maßnahmen und dabei getroffene Feststellungen zu dokumentieren. Daraus ergeben sich Maßnahmen zur Fehler- und Mängelbeseitigung, die wiederum auf messbare Verbesserungen hin geprüft werden.

    Dokumentationsanforderungen in einem QM-System

    Die Empfehlungen der BStBK zur Sicherung der Qualität der beruflichen Arbeit von Steuerberatern sollen die Kanzleiinhaber motivieren, die Praxisorganisation und Arbeitsabläufe unter den Aspekten der Qualitätssicherung zu prüfen und zu verbessern. Diese Verlautbarungen zur Qualitätssicherung stimmen mit den Anforderungen der Norm DIN EN ISO 9001:2008 überein. Die DIN EN ISO 9001:2008 fordert als Norm ausdrücklich den Aufbau und die Dokumentation eines geeigneten QM-Systems. Die Dokumentation zum QM-System muss enthalten:

     

    • Dokumentierte Qualitätspolitik und Qualitätsziele der Kanzlei
    • Ein QM-Handbuch
    • Dokumentierte Verfahren und Aufzeichnungen, die von der Norm gefordert werden
    • Dokumente und Aufzeichnungen, die die Kanzlei als notwendig zur Sicherstellung der wirksamen Planung, Durchführung und Lenkung der eigenen Prozesse eingestuft hat

     

    PRAXISHINWEIS |  Die Dokumentation sollte einen angemessenen Umfang haben, der sich an der Größe und den zu leistenden Tätigkeiten einer Kanzlei orientiert. Die Form, die Art und der Umfang der Dokumentation sind von der Kanzlei frei wählbar, müssen aber gewährleisten, dass die Festlegungen allen Mitarbeitern zugängig sind und sie diese auch lesen und anwenden können.

     

    Mit der Dokumentation in einem QM-System lassen sich alle wichtigen Abläufe und Maßnahmen in einer Kanzlei zurückverfolgen und sind damit nachvollziehbar und überprüfbar. Damit liefert die Dokumentation eine Bestätigung über die Leistungsfähigkeit einer Kanzlei, denn hier werden alle qualitätsrelevanten Regelungen festgehalten hinsichtlich

    • Aufbau und Struktur der Kanzlei,
    • Ablauforganisation und Vorgehensweise,
    • Zuständigkeiten, Verantwortlichkeiten und Befugnissen.

    Lenkung von Dokumenten

    Ein zentrales Thema in einem QM-System ist die Lenkung von Dokumenten und Aufzeichnungen. Aus diesem Grund ist der Umgang mit Dokumenten und Daten eindeutig festzulegen. Dies dient zur Sicherstellung, dass die richtigen Dokumente zur richtigen Zeit am richtigen Ort und alle alten Unterlagen zurückgezogen sind. Es muss nachvollziehbar sein

    • welches die aktuelle Version eines Dokuments ist,
    • wie viele Kopien im Umlauf sind und
    • an welchem Arbeitsplatz welches Dokument vorhanden ist.

     

    Ein dokumentiertes Verfahren zur Festlegung der erforderlichen Lenkungsmaßnahmen ist von der Kanzlei einzuführen, um

    • Dokumente bezüglich ihrer Angemessenheit vor der Herausgabe zu genehmigen,
    • Dokumente zu bewerten, bei Bedarf zu aktualisieren und erneut zu genehmigen sowie
    • sicherzustellen, dass Änderungen und der aktuelle Überarbeitungsstatus von Dokumenten gekennzeichnet sind.

     

    Um Verwechselungen von Unterlagen auszuschließen, ist es erforderlich, dass diese eindeutig gekennzeichnet und identifizierbar sind. Dadurch wird außerdem gewährleistet, dass nur freigegebene Dokumente im Umlauf sind.

    Lenkung von Aufzeichnungen

    Aufzeichnungen - auch Qualitätsaufzeichnungen genannt - halten als Nachweis- oder Ergebnisdokumente fest, was getan, besprochen oder vereinbart wurde. Sie dürfen aus diesem Grund nicht mehr nachträglich verändert werden und sollten auch immer unterschrieben sein. Auch hierfür hat die Kanzlei ein dokumentiertes Verfahren zu erstellen, um Lenkungsmaßnahmen festzulegen, die erforderlich sind für

    • die Kennzeichnung,
    • die Aufbewahrung,
    • den Schutz,
    • die Wiederauffindbarkeit,
    • die Aufbewahrungsfristen und
    • die Verfügbarkeit inklusive der Beseitigung.

     

    Qualitätsaufzeichnungen in einer Kanzlei dokumentieren die Beratungs- und Prozessqualität und erfüllen zwei sehr wichtige Funktionen. Sie dienen als Nachweis dafür, dass die vorher festgelegten Qualitätsanforderungen (Mandantenwünsche, Sicherheitsvorschriften etc.) erfüllt wurden. Weiterhin liefern sie wichtige Informationen darüber, ob oder wie gut ein QM-System in einer Kanzlei funktioniert.

    Risikominimierung durch Dokumentation

    Die beste, einfachste und günstigste Maßnahme zur Reduzierung des berufsrechtlichen Risikos in einer Kanzlei ist die Dokumentation: Auftragsannahmebestätigung, Dokumentation von Mandatsgesprächen durch Bestätigungsschreiben, schriftliche Vergütungsvereinbarungen etc. Die Dokumentation dient nicht nur der Risikobewältigung, sondern zeigt dem Mandanten auch auf, welche besonderen Leistungen der Berufsträger für ihn erbracht hat.

     

    Unter Risikomanagementgesichtspunkten kommt in relevanten Haftungsfällen der „konkreten Erinnerungn“ des Berufsträgers besondere Bedeutung zu. Da die Beratungen und Belehrungen der Mandanten oftmals schon längere Zeit zurückliegen, ist es dem Berater ohne Dokumentation in der Regel unmöglich, der ihm obliegenden Darlegungs- und Beweislast im Haftpflichtprozess nachzukommen. Der Berufsträger muss bezogen auf das vom Mandanten behauptete Verschulden nach § 280 BGB einen Entlastungsbeweis führen.

     

    Im Idealfall kann der Steuerberater alle Mandantengespräche aus der Mandantenakte nachvollziehen. Dies ist aber aufgrund des damit verbundenen hohen Aufwands in der Kanzleipraxis eine Wunschvorstellung und kaum zu bewältigen, schon gar nicht ohne ein professionelles EDV-gestütztes Dokumentenmanagement. Je nach Art und Umfang des „mandantenspezifischen Risikopotenzials“, dem sogenannten vertragstypischen Risiko, ist die umfangreiche Dokumentation dennoch empfehlenswert - besonders wenn es um exponierte Risiken oder Mandate geht. In der Praxis hat sich der nachfolgende „Drei-Stufen-Plan“ bei der Dokumentation bewährt.

     

    Stufe 1: Aktennotiz

    Diese wird nach dem Beratungsgespräch erstellt und in die Mandantenakte gelegt oder in der elektronischen Akte abgespeichert. Wichtig ist, dass das Datum der Erstellung fixiert ist und später objektiv nachvollzogen werden kann.

     

    Stufe 2: Bestätigungsschreiben oder Mandantenbrief

    Der Berater fasst das Gespräch als Protokoll zusammen und schickt es seinem Mandanten möglichst zeitnah zu, sodass der Mandant ggf. möglichst schnell Stellung nehmen kann, bevor wesentliche Rechtshandlungen stattfinden. Ein solches Schreiben an den Mandanten kann der Berater noch um eine Risiko-Erörterung ergänzen.

     

    Stufe 3: Beratungsprotokoll

    Ein solches Protokoll ist vom Mandanten gegenzuzeichnen und besitzt durch die Unterschrift des Mandanten volle Beweiskraft. Diese Form sollte allerdings nur in Extrem- oder Ausnahmefällen angewandt werden, wenn es in der Beratung um sehr hohe Gegenstandswerte oder eine anspruchsvolle Steuergestaltungsberatung mit einem hohen Anteil an Rechtsunsicherheit geht, oder aber wenn der Mandant der Empfehlung des Beraters nicht folgen will und z.B. auf einer aussichtslosen Klage oder Gestaltung besteht.

    Dokument-Management-System (DMS)

    Ein DMS managt alle wichtigen Funktionen der Dokumentenlenkung. Neben der Grundfunktion - die Erstellung von Dokumenten - übernimmt ein DMS auch die Verwaltungsfunktion, d.h. die Verteilung, Einziehung und Archivierung. Handbücher, Verfahrensanweisungen und Dokumente stehen somit an jedem PC-Arbeitsplatz schnell und unmittelbar jedem Mitarbeiter zur Verfügung. Weiterhin kann der Mitarbeiter gemäß einer Benutzerrichtlinie auf alle relevanten Mandantendaten zugreifen. Damit verschafft ein DMS einer Kanzlei einen großen Zeit- und Kostenvorteil. In einem DMS werden Dokumente, die in Papier existieren und bisher aufwendig verwaltet werden mussten, in einem elektronischen Format - z.B. TIFF oder pdf - gescannt und gespeichert, oder die Dokumente werden direkt im PC erstellt und dann sofort in einer Datenbank verwaltet.

     

    Anforderungen an ein DMS

    Die heutigen DMS sind sehr komplexe Systeme aus Datenbankservern im Hintergrund, auf denen Dokumente im Endzustand gespeichert werden. Wichtig ist hier, darauf zu achten, dass über die jeweilige Software- bzw. Hardware-Architektur eine Langzeit-Archivierung erfolgt. Ein DMS sollte die folgenden Anforderungen erfüllen:

     

    • Pyramidenförmig aufgebaute Dokumentenstruktur
    • Einheitliches Layout und einheitlicher Aufbau aller Dokumente und Formulare
    • Online-Zugriff auf die aktuellsten Dokumente
    • Querverweise mit Verlinkung auf mitgeltende Unterlagen
    • Automatische Statuskennzeichnung in der Fußzeile
    • Verteilung und Einziehung aller Dokumente
    • Automatische Vergabe von Versions- und Revisionsnummern
    • Indexfestlegung zwecks Rückverfolgbarkeit
    • Verwaltung von Zugriffsrechten
    • Bearbeitungs- und Freigabehistorie
    • Einbindung von eingescannten Dokumenten
    • Automatische Benachrichtigung von Veränderungen an die jeweiligen Mitarbeiter
    • Archivierung von Datenträgern

     

    Nutzen eines DMS

    Für den Nutzen und die Wirtschaftlichkeit des Einsatzes eines elektronischen DMS sprechen die folgenden Argumente:

     

    • Durch die Informationsmerkmale lassen sich Informationen schnell und einfach suchen
    • Gewährleistung der langfristigen Lesbarkeit von Dokumenten und der gesetzlichen Archivierungsfristen von teilweise bis zu 30 Jahren
    • Verwaltung von Bearbeitungsständen (Versionen)
    • Ortsunabhängige Bereitstellung der Dokumente in elektronischer Form
    • Keine Unklarheiten über die Gültigkeit und Aktualität
    • Verhindern von Doppelarbeiten und Doppelablage

     

    Hauptfunktionen eines funktionierenden DMS

    Die Hauptfunktionen eines funktionierenden DMS sind:

     

    • Visualisierte Ordnungsstrukturen
    • Versionierung mit Änderungsmanagement
    • Metadatenverwaltung zur Index-gestützten Dokumentensuche

     

    Hinweis | Unter Metadatenverwaltung versteht man verschiedene Informationen und Parameter an einem Dokument, über die das Dokument eindeutig identifizierbar wird. Zum Beispiel unterscheiden sich die Dokumenten-Typen zwischen Vorgabe- und Aufzeichnungsdokumenten.

     

    In herkömmlichen Dateisystemen, wie man es aus dem Explorer kennt, kann der Anwender Dokumente nur über den Dateinamen, die Dateiendung, die Größe oder das Änderungsdatum suchen. In einem DMS stehen hierfür vielfältige Felder zur Verfügung. Diese Suchfunktionen kann eine Kanzlei für die eigenen Belange individuell festlegen, wie z.B. Mandantennummer, Mandatsnummer, interner Ansprechpartner etc. Die folgenden Merkmale ergeben sich in der Regel aus dem Dokument selbst. Sie werden in DV-Systemen für die Verwaltung, den Zugriff und die Bereitstellung genutzt. Aus ihnen ergeben sich auch die Schutz- und Suchmerkmale für das DMS:

     

    • Dokumenteneigenschaften
    • Informationen darüber, wie das Dokument erstellt wurde
    • Formale Eigenschaften
    • Dokumentenzugehörigkeit
    • Dokumenteninhalt generell
    • Aufbewahrungsdauer oder zusätzliche charakterisierende Informationen
    • Erstellungsdatum/Versionierung
    • Autor
    • Nutzer

     

    Eine zusätzliche Komponente in einem DMS ist die Führung von elektronischen Akten. Der Vorteil ist, dass von jedem Arbeitsplatz aus ein Zugang zum DMS möglich ist. Damit werden Wege, Bearbeitungszeiten und der Überwachungsaufwand erheblich verkürzt. Urlaubs- bzw. Krankheitsvertretungen oder Mitarbeiter, die in Teams arbeiten, erhalten einen wesentlich schnelleren Überblick über den Status des zu bearbeitenden Vorgangs.

     

    Datensicherung durch ein DMS

    Alle gängigen DMS verfügen über separate Datensicherungsmöglichkeiten. Dies bietet den Vorteil, dass die Kanzlei selbstständig eine Datensicherung aller Anwendungen vornehmen kann, ohne dass dazu ein Systemadministrator benötigt wird. Damit entfällt bei Rücksicherungen der Rückgriff auf die Serversicherungen, auf die normalerweise nur der Systemadministrator Zugriff hat. Das erspart der Kanzlei zugleich Zeit und Kosten. Durch die automatische Speicherung des Serververzeichnisses entfällt für den Anwender die Erstellung von manuellen Sicherungen und Backups. Gleichzeitig wird verhindert, dass Dokumente entweder verloren gehen oder in einer falschen Version vorliegen.

     

    Einsparmöglichkeiten durch ein DMS

    DMS-Tools sind auf die Verwaltung von Dokumenten für das QM ausgelegt. Mit den technischen Möglichkeiten solcher Systeme können bestimmte Normforderungen - wie die Lenkung und Steuerung von Dokumenten sowie Aufzeichnungen - mit geringem Aufwand erfüllt und so Verwaltungskosten reduziert werden. Ein DMS verwaltet anfragerelevante Dokumente wie Managementprozesse, Kernprozesse oder Arbeitsanweisungen.

     

    Die Dokumentenverwaltung über DMS reduziert den Aufwand erheblich, der sich durch verschiedene Dokumente, Versionen und unterschiedliche Anwendungen ergibt, und stellt sicher, dass alle Mitarbeiter stets Zugriff auf die aktuellste Version der für sie erforderlichen Informationen haben. Entsprechende Systeme weisen Nutzer automatisch auf fehlende oder fehlerhafte Eintragungen und auszufüllende Felder hin. Somit wird die Fehlerhäufigkeit in der Ablage von Dokumenten reduziert. Außerdem wird die Gesamtzahl von falsch abgelegten Dokumenten minimiert, da eine automatische Speicherung erst erfolgt, wenn die Informationen vollständig und korrekt eingegeben sind.

     

    MERKE |  Heutzutage wird es aus Gründen der gesellschaftlichen Entwicklung immer wichtiger, schnelle Entscheidungen zu treffen. Dies beruht auf der zunehmenden Geschwindigkeit und Verfügbarkeit von Informationen. Dokumente, die mit viel Aufwand erstellt worden sind, sollten daher nicht einfach in einer großen Ablage verschwinden: Die Kunst liegt in der Verwendbarkeit aller Dokumente und Aufzeichnungen.

    Quelle: Ausgabe 11 / 2013 | Seite 199 | ID 28416250

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