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  • · Fachbeitrag · Haftungsrecht

    Informationspflichten des Steuerberaters

    von Oberstaatsanwalt Raimund Weyand, St. Ingbert

    Der Steuerberater ist ohne besonderen Anlass nicht verpflichtet, die Jahresberichte des Bundesfinanzhofs einzusehen. Er darf einen im Auftrag des Mandanten eingelegten Einspruch aber nicht eigenmächtig zurücknehmen (BGH 25.9.14, IX ZR 199/13, Abruf-Nr. 143031).

     

    Sachverhalt

    Weil das FA Aufwendungen für die doppelte Haushaltsführung nicht akzeptierte, legte der Steuerberater absprachegemäß Einspruch gegen den ESt-Bescheid ein. Ohne mit seinem Mandanten gesprochen zu haben, nahm er dieses Rechtsmittel zurück, nachdem das FA unter Hinweis auf einschlägige Gerichtsentscheidungen nicht von seiner Auffassung abweichen wollte. Nur einen Monat später änderte der BFH seine Rechtsprechung (BFH 5.3.09, VI R 23/07, Abruf-Nr. 091789). Der Mandant verlangte Schadenersatz. Seine Klage blieb - wie in den Vorinstanzen - auch beim BGH erfolgreich.

     

    Entscheidung

    Die Vorinstanzen hatten den Schadenersatzanspruch unter anderem deswegen bejaht, weil der Berater die mögliche Rechtsprechungsänderung nicht bedacht hatte. Die frühere Auffassung des BFH war Gegenstand vielfältiger Kritik (s. etwa Schmidt/Drenseck, EStG, 27. Aufl. 08, § 9 Rn. 147). In den Jahresberichten des BFH für 2008 und 2009 wurde - wie auch in einer Rechtsprechungsübersicht der Zeitschrift „Der Ertrag-Steuerberater“ - zudem auf das zu dieser Frage anhängige Revisionsverfahren hingewiesen. Der BGH hielt den Beklagten aber nicht für verpflichtet, diese Publikationen auszuwerten.

     

    Grundsätzlich darf der Steuerberater auf den Fortbestand einer höchstrichterlichen Rechtsprechung vertrauen und deren Stand zum Beratungszeitpunkt zur Grundlage seiner Tätigkeit machen. Dennoch muss er sich über mögliche Entwicklungen anhand der amtlichen Sammlungen und der einschlägigen Fachzeitschriften fortlaufend unterrichten. Rechtsprechungsänderungen hat der Berater dann in Betracht zu ziehen, wenn ein oberstes Gericht sie in Aussicht stellt oder neue Entwicklungen in Rechtsprechung und Rechtswissenschaft Auswirkungen auf eine ältere Rechtsprechung haben können und es zu einer bestimmten Frage an neueren höchstrichterlichen Erkenntnissen fehlt.

     

    Ist ein Rechtsgebiet im Umbruch, muss der Berater darüber hinaus auch die Rechtsprechung der Instanzgerichte und das Schrifttum heranziehen. Hat er eine Angelegenheit aus einem besonderen Bereich zu bearbeiten, muss der Berufsangehörige zudem Spezialzeitschriften in angemessener Zeit durchsehen (grundlegend BGH 6.11.08, IX ZR 140/07, Abruf-Nr. 090043). Der Jahresbericht des BFH ist aber nicht Teil der amtlichen Sammlung und gehört auch nicht zu den einschlägigen Fachzeitschriften, die ein Steuerberater auszuwerten hat, selbst wenn dies angesichts ihres geringen Umfangs durchaus möglich wäre. Die Berichte richten sich gerade nicht an den einzelnen Berufsangehörigen; sie sind vielmehr Teil der allgemeinen Öffentlichkeitsarbeit des Gerichts. Der einzelne Steuerberater kann sich darauf verlassen, die für ihn bedeutsamen Informationen der allgemeinen Presse und der Fachliteratur entnehmen zu können. Die Zeitschrift „Der Ertrag-Steuerberater“ ist nach Meinung des Senats dabei zu speziell, um stets ausgewertet zu werden.

     

    Das Gericht bejahte den Schadenersatzanspruch aber, weil der Berufsangehörige das Rechtsmittel auf eigene Faust zurückgenommen hatte. Wird ein Steuerberater beauftragt, Einspruch gegen einen Steuerbescheid einzulegen, heißt das in aller Regel zugleich, dass das Rechtsmittelverfahren durchgeführt und gerade nicht zurückgenommen werden soll. Zumindest muss der Berufsangehörige vor einer solchen Entscheidung Rücksprache mit seinem Mandanten nehmen. Im Streitfall hatte der Klient das Rechtsmittel in Kenntnis der damaligen entgegenstehenden Rechtsprechung einlegen lassen. Hieraus schließt der Senat auf seine klare Absicht, die Rechtsfrage umfassend prüfen lassen zu wollen.

     

    PRAXISHINWEIS | Welche Zeitschriften der Berufsangehörige regelmäßig auswerten muss, wurde nicht abschließend entschieden. Zur Pflichtlektüre gehören jedenfalls das BStBl und die DStR. Allgemein muss der Berater Zeitschriften lesen, die die für die Beratungspraxis benötigten Informationen redaktionell aufarbeiten und das nötige Wissen gebündelt präsentieren. Die Kenntnis jeder einzelnen Entscheidung des BFH wird von ihm aber nicht erwartet. Reine Entscheidungssammlungen - etwa die Zeitschrift „BFH/NV“ - braucht der Berater daher nicht lückenlos auszuwerten (BGH 23.9.10, IX ZR 26/09, Abruf-Nr. 103515).

    Quelle: Ausgabe 12 / 2014 | Seite 206 | ID 43058953

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