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  • · Fachbeitrag · Drittes Quartal 2014

    FG-Rechtsprechung kompakt: Die „Top 10“ für die Gestaltungsberatung

    von RiFG Prof. Dr. Volker Kreft, Bielefeld

    | Auch im dritten Quartal 2014 haben die Finanzgerichte wieder eine Vielzahl von Urteilen hervorgebracht, deren Kenntnis für die optimale Gestaltungsberatung unumgänglich ist. Der Schwerpunkt liegt auch in diesem Quartal wieder bei materiell-rechtlichen Rechtsfragen im Ertragsteuerrecht. Die wichtigsten Entscheidungen haben wir für Sie auf den Punkt gebracht. |

    1. Bedeutung der amtlichen AfA-Tabellen für die Praxis

    Die AfA-Tabellen des BMF haben für das Finanzamt den Charakter einer Dienstanweisung. Für den Steuerpflichtigen handelt es sich um das Angebot der Verwaltung für eine tatsächliche Verständigung im Rahmen einer Schätzung, das er annehmen kann, aber nicht muss. Solange die AfA-Tabelle die Nutzungsdauer eines Wirtschaftsgutes im Einzelfall vertretbar abbildet, ist die Finanzverwaltung an die Erfahrungswerte der Tabelle im Rahmen einer tatsächlichen Verständigung gebunden (FG Niedersachsen 9.7.14, 9 K 98/14, EFG 14, 1780).

     

    PRAXISHINWEISE |  

    Die zunächst von der Finanzverwaltung eingelegte Nichtzulassungsbeschwerde ist aktuell zurückgenommen worden. Damit erlangt die Entscheidung des FG Rechtskraft (BFH 14.10.14, IV B 74/14) und der Steuerpflichtige kann sich auf diese Rechtsgrundsätze berufen. Das Urteil betraf zwar unmittelbar nur Gebäudeabschreibungen; die aufgestellten Grundsätze sind aber entsprechend auf alle übrigen abnutzbaren Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens übertragbar.

     

    Wichtig ist für die Praxis die Klarstellung des FG, dass die von der Finanzverwaltung ausgegebenen AfA-Tabellen gegenüber dem Steuerpflichtigen einen ausschließlich begünstigenden Charakter haben (vgl. Isselmann, BB 14, 2226). Sollte also die vom Steuerpflichtigen - etwa in bedeutenden Fällen z.B. durch Sachverständigengutachten - ermittelte Nutzungsdauer günstiger sein, bleibt es ihm unbenommen, eine Anwendung der AfA-Tabellen abzulehnen und sich stattdessen auf die eigens ermittelte voraussichtliche Nutzungsdauer zu berufen.

     

    2. Berechnungsweise nicht abziehbarer Betriebsausgaben für Wege zwischen Wohnung und Betriebsstätte

    Nicht abziehbare Betriebsausgaben für Wege zwischen Wohnung und Betriebsstätte mit dem Pkw sind gemäß § 4 Abs. 5 S. 1 Nr. 6 S. 3 EStG pauschal mit 0,03 % des Listenpreises im Zeitpunkt der Erstzulassung pro Entfernungskilometer im Monat und nicht lediglich für jede einzelne Fahrt mit 0,002 % des Listenpreises anzusetzen (FG Düsseldorf 24.7.14, 11 K 1586/13 F, EFG 14, 1770; Rev. BFH: III R 25/14).

     

    PRAXISHINWEIS |  

    Bis auf Weiteres sollten Gewerbetreibende und Freiberufler weiter auf einer Einzelbewertung des Zuschlags bestehen. Denn das Urteil des FG Düsseldorf steht im Widerspruch zu der BFH-Rechtsprechung zur korrespondierenden Vorschrift des § 8 Abs. 2 S. 3 EStG (BFH 4.4.08, VI R 85/04, BStBl II 08, 887; siehe auch FG Düsseldorf 12.7.10, 11 K 2479/09, EFG 11, 35). Wird danach der Dienstwagen einmal wöchentlich für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte genutzt, so hängt der Zuschlag nach § 8 Abs. 2 S. 3 EStG von der Anzahl der tatsächlich durchgeführten Fahrten ab. Zur Ermittlung des Zuschlags ist hier eine Einzelbewertung der Fahrten mit 0,002 % des Listenpreises i.S. des § 6 Abs. 1 Nr. 4 S. 2 EStG je Entfernungskilometer vorzunehmen.

     

    Die Frage, ob bzw. in welchem Umfang für die Gewinneinkünfte eine taggenaue Berechnung des Zuschlages in Betracht kommt, ist vom BFH bisher höchstrichterlich nicht geklärt.

     

    3. Antrag auf Anwendung des Teileinkünfteverfahrens anstelle des Abgeltungsteuersatzes

    Der Antrag nach § 32d Abs. 2 Nr. 3 EStG zur Nichtanwendung des Abgeltungsteuersatzes ist spätestens zusammen mit der Einkommensteuererklärung für den jeweiligen Veranlagungszeitraum zu stellen. Insoweit kommt es auf den Zeitpunkt der wirksamen Abgabe der Steuererklärung an (FG Münster 21.8.14, 7 K 4608/11 E, BB 14, 2327; Rev. eingelegt, Az. des BFH: VIII R 50/14).

     

    PRAXISHINWEIS | Im Unterschied zu den Anträgen nach § 32d Abs. 4 und Abs. 6 EStG (etwa auf optionale Veranlagung) geht das FG Münster bei dem Antrag auf Anwendung des Teileinkünfteverfahrens von einer Ausschlussfrist aus, die als Handlungsfrist nicht verlängerbar ist. Setzt sich diese Auffassung durch, wäre ein nachträglicher Antrag ausgeschlossen. Vorerst sollte der steuerliche Berater in entsprechenden Fällen aber auch noch nach Abgabe der Steuererklärung den Antrag auf Anwendung des Teileinkünfteverfahrens stellen und bei Ablehnung den Steuerbescheid offenhalten.

     

    4. Keine Bescheidänderung trotz Nichterfüllung eines Benennungsverlangens

    Ein nach Eintritt der Bestandskraft eines ohne Nebenbestimmung ergangenen Bescheides an den Steuerpflichtigen gerichtetes Benennungsverlangen rechtfertigt im Fall der Nichterfüllung weder eine Änderung des Steuerbescheides nach § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO noch nach § 175 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 AO (FG Niedersachsen 22.7.14, 4 K 150/14, EFG 14, 1746; Rev. BFH: III R 28/14).

     

    MERKE | Nach § 160 Abs. 1 S. 1 AO sind insbesondere Betriebsausgaben, Werbungskosten und andere Ausgaben steuerlich regelmäßig nicht zu berücksichtigen, wenn der Steuerpflichtige dem Verlangen der Finanzbehörde nicht nachkommt, die Gläubiger oder die Zahlungsempfänger genau zu benennen.

     

    PRAXISHINWEIS | Auch wenn die Voraussetzungen für die Versagung des Betriebsausgabenabzugs vorliegen, kann diese Rechtsfolge in Fällen, in denen bereits ein Steuerbescheid ergangen ist, aber nur dann eingreifen, wenn zusätzlich die verfahrensrechtlichen Voraussetzungen vorliegen. Ist ein Steuerbescheid nicht unter Vorbehalt der Nachprüfung ergangen, müssen zusätzlich die Voraussetzungen einer Änderungsvorschrift des § 172 ff. AO vorliegen. Da Benennungsverlangen und Nichterfüllung Tatsachen sind, die erst nach Erlass des Steuerbescheides entstanden sind und denen auch keine steuerliche Rückwirkung zukommt, scheiden §§ 173 Abs. 1 Nr. 1, 175 Abs. 1 Nr. 2 AO als Änderungsnormen aus.

     

    5. Kosten eines Scheidungsprozesses weiter abziehbar

    Scheidungskosten können auch nach der seit 2013 geltenden Neuregelung des § 33 Abs. 2 S. 4 EStG steuermindernd als außergewöhnliche Belastung berücksichtigt werden. Prozesskosten im Zusammenhang mit den Folgesachen Unterhalt, Ehewohnung und Haushalt, Güterrecht, Sorgerecht, Umgangsrecht sind hingegen nicht als zwangsläufig im Sinne des § 33 EStG anzusehen (FG Rheinland-Pfalz 16.10.14, 4 K 1976/14; Rev. zugelassen).

     

    PRAXISHINWEIS |  

    Die günstige BFH-Rechtsprechung zur Abziehbarkeit von Zivilprozesskosten (BFH 12.5.11, VI R 42/10, BStBl II 11, 1015) ist durch die Neufassung des § 33 Abs. 2 S. 4 EStG überholt und gilt nur noch für Altfälle bis einschließlich VZ 2012. Seit dem VZ 2013 sind Prozesskosten vom Abzug ausgeschlossen, es sei denn, es handelt sich um Aufwendungen, ohne die der Steuerpflichtige Gefahr liefe, seine Existenzgrundlage zu verlieren und seine lebensnotwendigen Bedürfnisse in dem üblichen Rahmen nicht mehr befriedigen zu können.

     

    Das FG Rheinland-Pfalz hat es zugunsten des Steuerpflichtigen als „existenziell“ angesehen, sich aus einer zerrütteten Ehe lösen zu können. Die Kosten der Ehescheidung, die nur durch einen zivilgerichtlichen Prozess herbeigeführt werden kann, sind danach für den Betroffenen aus tatsächlichen Gründen zwangsläufig. Etwas anderes soll für die Folgekosten gelten, weil hierüber nur auf Antrag eines Ehepartners mit dem Scheidungsverfahren zusammen - im Zwangsverbund - verhandelt und entschieden wird. Es bleibt abzuwarten, ob sich diese differenzierende Betrachtung höchstrichterlich durchsetzen wird.

     

    6. Umsatzsteuerliche Rückwirkung einer Rechnungsberichtigung

    Der V. Senat des FG Niedersachsen hat dem EuGH verschiedene Fragen zum Thema „rückwirkende Rechnungsberichtigung“ zur Vorabentscheidung vorgelegt. Im Streitfall war die Steuernummer des Leistenden nachträglich ergänzt worden. Das FG will vom EuGH wissen, ob die ursprüngliche Rechnung bereits eine Steuernummer oder USt-IdNr. enthalten muss oder ob diese später ergänzt werden kann, um den Vorsteuerabzug aus der ursprünglichen Rechnung zu erhalten. Sollte der EuGH diese Frage bejahen, will das FG abgeklärt wissen, ob die Rechnungsberichtigung noch rechtzeitig ist, wenn sie erst im Rahmen eines Einspruchsverfahrens erfolgt, das sich gegen den Änderungsbescheid der Finanzbehörde richtet (FG Niedersachsen 3.7.14, 5 K 40/14).

     

    PRAXISHINWEIS | Die Frage, unter welchen Voraussetzungen es sich um eine (noch) berichtigungsfähige Rechnung handelt, hat insbesondere Auswirkungen auf den Zeitpunkt des Vorsteuerabzugs. Scheidet eine Rückwirkung aus, bleibt der Vorsteuerabzug bei Rechnungsberichtigung zwar möglicherweise in einem späteren VZ erhalten. Es bleibt jedoch der Schaden, der durch die Versagung des ursprünglichen Vorsteuerabzugs entsteht, insbesondere der durch die Verzinsung der Steuernachforderung entstehende Zinsschaden. Da die Problematik häufig erst Jahre später infolge einer Außenprüfung aufgedeckt wird, kann dieser Schaden beträchtlich sein.

     

    7. Übertragung stiller Reserven einer § 6b EStG-Rücklage auf ein im EU-Ausland belegenes Betriebsgrundstück

    Die Vorschrift des § 6b Abs. 4 S. 1 Nr. 3 EStG ist aufgrund des Vorrangs des Unionsrechts so zu verstehen, dass zum Anlagevermögen einer inländischen Betriebsstätte auch das Anlagevermögen einer Betriebsstätte im Unionsgebiet zählt (FG München 7.7.14, 5 K 1206/14, StE 14, 534; Rev. BFH: IV R 35/14).

     

    PRAXISHINWEIS | Die Entscheidung des FG München liegt auf der Linie der schon zuvor zu dieser Problematik ergangenen FG-Rechtsprechung (vgl. FG Niedersachsen 1.12.11, 6 K 435/09, EFG 12, 1031; Rev. BFH: I R 3/12). Dieser EU-rechtskonformen Gesetzesauslegung wird in der Literatur teilweise nur für den Outboundfall zugestimmt. In Inboundfällen (Besteuerung in Deutschland als Quellenstaat, insbesondere beschränkte Steuerpflicht) soll hingegen keine Verpflichtung Deutschlands bestehen, dem EU-Ausländer die Übertragung stiller Reserven auf ein inländisches Ersatzwirtschaftsgut zu ermöglichen, wenn die stillen Reserven in einem anderen Mitgliedstaat aufgedeckt wurden. Denn dem deutschen Fiskus würde das Besteuerungsrecht hinsichtlich des Ersatzwirtschaftsguts zumindest teilweise dauerhaft entzogen (so Bünning, BB 14, 2802).

     

    8. Keine Anerkennung von Verlusten aus Geschäften mit Knock-out-Produkten im VZ 2006

    Verluste aus Geschäften mit Knock-out-Produkten sind steuerlich dann nicht zu berücksichtigen, wenn bei Eintritt des Knock-out-Ereignisses ein Differenzausgleich nach der Vertragsgestaltung von vornherein ausgeschlossen ist, das Produkt also ohne Entscheidung des Steuerpflichtigen wertlos verfällt (FG Niedersachsen 20.5.14, 12 K 421/13; Rev. BFH: IX R 20/14).

     

    PRAXISHINWEIS | Der BFH hatte bereits im Jahr 2012 entschieden, dass Prämien wertlos gewordener Optionen als Werbungskosten bei einem Termingeschäft abgezogen werden können (BFH 26.9.12, IX R 50/09, BStBl II 13, 231). Auf Verluste aus Geschäften mit Knock-out-Produkten hat das FG dieses Urteil aber ausdrücklich nicht angewendet. Es bleibt abzuwarten, ob sich diese Rechtsauffassung beim BFH durchsetzt. Bis dahin sind in betroffenen Fällen Einspruch und Klage geboten.

     

    9. Abgrenzung anschaffungsnaher Herstellungsaufwand/sofort abziehbare Erhaltungsaufwendungen

    Aufwendungen, die aus anderen Gründen (z.B. durch einen Standardsprung) bereits als Herstellungskosten im Sinne des § 255 HGB zu klassifizieren sind, sind laut FG München dennoch in die 15-Prozentgrenze des § 6 Abs. 1 Nr. 1a EStG für anschaffungsnahe Herstellungskosten einzubeziehen (FG München 25.2.14, 6 K 2930/11; Rev. BFH: IX R 25/14). Man darf gespannt sein, ob der BFH diese wenig steuerzahlerfreundliche Entscheidung bestätigen wird.

     

    PRAXISHINWEIS |  

    Dieses Rechtsproblem ist immer dann relevant, wenn eine Immobilie zur Erzielung von Vermietungseinkünften erworben wurde und innerhalb von 3 Jahren seit Anschaffung größere Instandsetzungs- und Modernisierungsarbeiten anfallen. Käme man hier - anders als das FG München - zu dem Ergebnis, dass die bereits zu einem Standardsprung führenden Aufwendungen außen vor bleiben, könnte das für den Steuerpflichtigen sehr günstig sein. Denn bleiben die restlichen Aufwendungen im Einzelfall unter der 15-Prozentgrenze, könnte der Steuerpflichtige diese bei seinen Vermietungseinkünften sofort als Werbungskosten abziehen.

     

    Die Auffassung des FG München liegt auf der Linie der Finanzverwaltung (vgl. etwa OFD Frankfurt/M. 31.1.06, S 2171 a A - 2 - St II 2.04). In entsprechenden Fällen sollten Einspruch eingelegt und ggf. Klage erhoben werden. Wie aktuell bekannt wurde, hat der BFH die Revision zugelassen und wird diese in der Literatur äußerst umstrittene, sehr praxisrelevante Frage höchstrichterlich klären (vgl. aktuell Fahlenbach, DStR 14, 1902 m.w.N.).

     

    10. Vorweggenommene Werbungskosten bei Pilotenausbildung?

    Ein Schulungsvertrag, mit dem sich der Steuerpflichtige zwar zur Teilnahme an Schulungen verpflichtet, dessen das Vertragsverhältnis wesentlich prägende Hauptleistungen jedoch durch die von den zu erbringenden Schulungsdienstleistungen auf der einen und dem dafür vom Steuerpflichtigen geschuldeten Kostenbeitrag auf der anderen Seite gebildet werden, begründet kein Ausbildungsdienstverhältnis (FG Köln 31.7.14, 6 K 2104/12; Rev. BFH: VI R 59/14).

     

    PRAXISHINWEIS | Das Urteil steht in Zusammenhang mit den Abzugsverboten für Erstausbildungskosten (§§ 4 Abs. 9, 9 Abs. 6 EStG). Zum einen sei nochmals darauf hingewiesen, dass die Verfassungsmäßigkeit dieser Abzugsverbote äußerst zweifelhaft ist (ausführlich dazu Kreft, SteuerStud 14, 599; aktuell Vorlagebeschlüsse des BFH (17.7.14, VI R 2/12, VI R 8/12 u.a.). Zum anderen ist umstritten, wann die Berufsausbildung - die Anwendung der §§ 4 Abs. 9, 9 Abs. 6 EStG ausschließend - im Rahmen eines (Ausbildungs-)Dienstverhältnisses stattfindet.

     

    Speziell zur Beurteilung von Schulungsverträgen von Piloten sind die Rechtsauffassungen der FG bislang geteilt (wie das FG Köln: FG Sachsen 19.5.14, 6 K 1094/13; FG Schleswig-Holstein 4.9.13, 2 K 159/11, EFG 13, 1995; Rev. BFH: VI R 72/13; anderer Auffassung: FG Münster 4.4.14, 14 K 4281/11 F, EFG 14, 1786; Rev. BFH: VI R 50/14). Bis zur Klärung der Verfassungsmäßigkeit und der vorgenannten materiell-rechtlichen Problematik sind betroffene Steuerbescheide offenzuhalten.

    Quelle: Ausgabe 01 / 2015 | Seite 12 | ID 43068753

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