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  • 10.10.2017 · IWW-Abrufnummer 196993

    Finanzgericht Berlin-Brandenburg: Urteil vom 30.11.2016 – 7 K 7099/15

    Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


    Finanzgericht Berlin-Brandenburg

    Urt. v. 30.11.2016

    Az.: 7 K 7099/15

    In dem Rechtsstreit
    des Herrn A...,
    der Frau B...,
    Kläger,
    gegen
    das Finanzamt
    Beklagter,

    wegen Einkommensteuer 2013

    hat das Finanzgericht Berlin-Brandenburg - 7. Senat - ohne mündliche Verhandlung vom 30. November 2016 durch
    den Vorsitzenden Richter am Finanzgericht ...,
    die Richterin am Finanzgericht ... und
    den Richter am Finanzgericht ...
    sowie die ehrenamtlichen Richter Herr ... und Herr ...

    für Recht erkannt:

    Tenor:

    Die Einkommensteuer 2013 wird unter Änderung des Bescheides vom 09.03.2015 und Aufhebung der Einspruchsentscheidung vom 06.05.2015 dahingehend neu festgesetzt, dass im Rahmen der Günstigerprüfung nach § 10 Abs. 4a EStG ein Betrag i. H. v. 8.202,00 € (statt 7.959,00 €) als Sonderausgaben abgezogen wird. Die Berechnung der Steuer wird gemäß § 100 Abs. 2 Satz 3 Finanzgerichtsordnung -FGO- dem Beklagten übertragen.

    Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

    Die Revision zum Bundesfinanzhof wird zugelassen.

    Die Kosten des Verfahrens werden zu 94 % den Klägern und zu 6 % dem Beklagten auferlegt.

    Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des Kostenerstattungsanspruchs der Kläger abwenden, wenn nicht die Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leistet.

    Tatbestand

    Streitig ist die Anwendung der Höchstbeträge nach § 10 Abs. 4 Satz 1-3 Einkommensteuergesetz - EStG - 2013 auf gezahlte Beiträge zu einer privaten Krankenversicherung - PKV - zur Basisabsicherung neben Beiträgen zur gesetzlichen Krankenversicherung - GKV - bei der Einkommensteuer 2013. Hilfsweise begehren die Kläger die Berücksichtigung als außergewöhnliche Belastungen.

    Die Kläger sind zusammenveranlagte Eheleute. Beide Eheleute waren im Streitjahr in der GKV pflichtversicherte Rentner mit Anspruch auf steuerfreie Zuschüsse zur GKV. Der Ehemann wandte Beiträge zur Basiskrankenabsicherung bei der C... Krankenkasse i. H. v. 2.148,74 € auf, die Ehefrau solche i. H. v. 2.340,92 € (Bl. 12ff. der Gerichtsakte - GA -). In ihrer Einkommensteuererklärung für 2013 machten sie in der Anlage Versorgungsaufwand (Bl. 208f. der Einkommensteuerakte - ESt -, Zeile 31) diese PKV-Beiträge neben Beiträgen zur GKV und gesetzlichen Pflegeversicherung (Ehemann: GKV 5.872,92 €, Pflegeversicherung 968,64 €; Ehefrau: GKV 643,26 €, Pflegeversicherung 160,80 €) und Beiträgen zu über die Basisabsicherung hinausgehenden privaten Krankenversicherungen (Ehemann: 424,30 €, Ehefrau: 510,88 €) sowie Beiträgen zu Unfall-, Haftpflicht- und Risikoversicherungen i. H. v. 466,00 € geltend.

    Mit Bescheid vom 09.03.2015 (Bl. 5ff. GA) setzte der Beklagte die Einkommensteuer 2013 auf 3.356,00 € fest und zog dabei als beschränkt abziehbare Sonderausgaben insgesamt 7.959,00 € ab, die er (im Rahmen der Günstigerprüfung nach § 10 Abs. 4a EStG 2013) wie folgt ermittelte:
     
    Versicherungsbeiträge9.050,00 € 
    Vorwegabzug4.200,00 €4.200,00 €
    Verbleibende Versicherungsbeiträge4.850,00 € 
    Höchstbeträge § 10 Abs. 3 Nr. 1 EStG (a. F.)2.668,00 €2.668,00 €
    verbleiben2.182,00 € 
    Davon 50 % abziehbar1.091,00 €1.091,00 €
    Summe der beschränkt abziehbaren Sonderausgaben 7.959,00 €

    Der Ausgangsbetrag i. H. v. 9.050,00 € entspricht der Summe der (jeweils aufgerundeten) Beiträge zur gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung, zu über die Basisabsicherung hinausgehenden privaten Krankenversicherungen und zu Unfall-, Haftpflicht- und Risikoversicherungen.

    In den Erläuterungen zur Festsetzung heißt es, die Kläger hätten zeitgleich Beiträge zu einer gesetzlichen und zu einer privaten Krankenversicherung entrichtet. Bei einer Pflichtversicherung in der gesetzlichen Krankenversicherung seien zusätzliche Beiträge zu einer privaten Krankenversicherung zur Basisabsicherung nicht notwendig. Es seien daher nur die Beiträge zur gesetzlichen Krankenversicherung als Beiträge zur Basisabsicherung berücksichtigt worden. Die Günstigerprüfung habe ergeben, dass die Ermittlung der abziehbaren Vorsorgeaufwendungen nach der Rechtslage 2004 zu einem günstigeren Ergebnis führe.

    Als außergewöhnliche Belastungen i. S. d. § 33 EStG 2013 wurden dem Grunde nach nicht streitgegenständliche Aufwendungen i. H. v. 1.020,00 € anerkannt, welche allerdings die zumutbare Belastung (unstreitig 2.145,00 €) nicht überstiegen.

    Am 01.04.2015 legten die Kläger Einspruch ein (Bl. 214 ESt / Bl. 8 GA) und gaben an, die Einkommensteuer 2013 sei auf 2.318,00 € festzusetzen.

    Neben nicht näher spezifizierten grundsätzlichen Einwendungen gegen die Besteuerung durch die Bundesrepublik Deutschland führten sie an, es seien nach der Rechtslage 2013 die gesamten erklärten Basiskranken- und Pflegeversicherungsbeiträge i. H. v. 12.138,00 €, also einschließlich der PKV-Beiträge zur Basisabsicherung (aber ohne weitergehende PKV-Beiträge und Beträge zu sonstigen Versicherungen) und ohne Kürzung abzugsfähig, sodass es nicht auf die Günstigerprüfung nach der Rechtslage 2004 ankomme, nach der sich im Übrigen (ausgehend von einer Gesamtsumme der geltend gemachten Versicherungsbeiträge einschließlich Zusatzkrankenversicherung und sonstigen Versicherungsbeiträgen i. H. v. 13.540,00 €) ein Betrag i. H. v. 8.202,00 € ergebe. Nach Tz. 68 des Schreibens des Bundesministeriums der Finanzen - BMF - vom 19.08.2013 (Az. IV C 3-S 2221/12/10010:004, Bundessteuerblatt - BStBl - I 2013, 1087, geändert durch das BMF-Schreiben vom 10.01.2014 IV C 5-S 2345/08/0001/2013/0760735, BStBl I 2014, 70) seien die tatsächlich geleisteten Beiträge für eine Absicherung auf sozialhilfegleichem Versorgungsniveau (Basisabsicherung) zur privaten und (nicht: oder) gesetzlichen Krankenversicherung in vollem Umfang steuerlich zu berücksichtigen. Die Einschränkungen in Bezug auf die gleichzeitige Geltendmachung von PKV- und GKV-Basisabsicherungsbeiträgen in Tz. 69 des genannten BMF-Schreibens könne nur für die Zukunft gelten, nicht aber für die Regelung zur Günstigerprüfung, die noch bis 2019 gelte. Außerdem führten sie an, dass der Bescheid nicht eigenhändig unterschrieben worden sei. Überdies beantragten sie die Aussetzung der Vollziehung.

    Mit Bescheid vom 15.04.2015 (Bl. 15 GA) lehnte der Beklagte den Aussetzungsantrag ab. Zur Begründung heißt es dort, nach § 10 Abs. 1 Nr. 3 Satz 1 Buchst. a) EStG 2013 seien Beiträge zur Krankenversicherung als Sonderausgaben abzugsfähig, soweit sie zur Erlangung eines sozialhilfegleichen Versorgungsniveaus erforderlich seien. Dies sei bei den Klägern bereits durch die GKV erreicht. Eine darüber hinausgehende Versicherung bei der PKV, auch zur Basisabsicherung, sei insoweit nicht erforderlich. Die PKV-Beiträge - auch soweit sie auf die Basisabsicherung entfielen - könnten daher nur im Rahmen der sonstigen Vorsorgeaufwendungen berücksichtigt werden. Die Günstigerprüfung beinhalte lediglich den Vergleich der nach der Rechtslage bis 2004 und der nach der Rechtslage ab 2005 abzugsfähigen Beiträge, nicht aber die Höhe der berücksichtigungsfähigen Aufwendungen.

    Hiergegen legten die Kläger am 27.04.2015 Einspruch ein (Bl. 232 ESt / Bl. 16 GA) und führten aus, das Bürgerentlastungsgesetz Krankenversicherung habe eine Verbesserung für die Steuerpflichtigen bezweckt und dürfe daher bei ihnen nicht zu einer Verschlechterung führen. Nach der Rechtslage bis 2004 seien Basisbeiträge zur GKV und zur PKV berücksichtigt worden. Die bis 2019 geltende gesetzliche Übergangsregelung schließe Verschlechterungen aus und könne nicht durch ein BMF-Schreiben aufgehoben werden.

    Mit Einspruchsentscheidungen vom 06.05.2015 wies der Beklagte die Einsprüche gegen den Einkommensteuerbescheid 2013 (Bl. 14 GA) und die Ablehnung der Aussetzung der Vollziehung (Bl. 17 GA) als unbegründet zurück. Zur Begründung heißt es dort, die nach der Rechtslage 2013 abzugsfähigen Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge beliefen sich auf 7.645,62 € (GKV und gesetzliche Pflegeversicherung beider Eheleute).

    Da der Höchstbetrag von 3.800,00 € überschritten sei, komme eine Berücksichtigung weiterer Versicherungsbeiträge, also auch derjenigen zur PKV, nicht in Betracht. Die nach § 10 Abs. 4a EStG vorgenommene Günstigerprüfung habe ergeben, dass nach alter Rechtslage Aufwendungen i. H. v. 7.959,00 € abzugsfähig seien, sodass dieser Betrag zutreffend angesetzt worden sei.

    Am 20.05.2015 haben die Kläger Klage erhoben und einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung gestellt, der zum Az. 7 V 7100/15 geführt wurde.

    Die Kläger nehmen Bezug auf die Begründung ihres Einspruchs. Ergänzend tragen sie vor, bis 2005 und sogar noch bis 2012 seien die Basisbeiträge sowohl zur GKV als auch zur PKV berücksichtigt worden. Die in dem BMF-Schreiben vom 19.08.2013 (a. a. O.) beschriebene Regelung könne frühestens ab 2020 gelten. Zudem verletze die Regelung das Gebot der Normenklarheit und Normenbestimmtheit. Sollten die Basisversorgungsbeiträge zur PKV nicht als Sonderausgaben zu berücksichtigen sein, müsse über eine Berücksichtigung als außergewöhnliche Belastungen nachgedacht werden.

    Mit Beschluss vom 18.06.2015 (7 V 7100/15) hat der Senat die Vollziehung des angefochtenen Bescheides ausgesetzt.

    Die Kläger beantragen sinngemäß,

    unter Änderung des Einkommensteuerbescheides 2013 vom 09.03.2015 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 06.05.2015 die Einkommensteuer 2013 in der Weise festzusetzen, dass Vorsorgeaufwendungen i. H. v. 12.138,00 € statt 7.959,00 € als Sonderausgaben abgezogen werden.

    Der Beklagte beantragt,

    die Klage abzuweisen.

    Der Beklagte nimmt Bezug auf die Gründe der Einspruchsentscheidung.

    Dem Gericht hat neben den Akten des hiesigen Klageverfahrens und des Aussetzungsverfahrens 7 V 7100/15 Band IV der Einkommensteuerakte zur Steuernummer ..., die der Beklagte für die Kläger führt, vorgelegen.

    Entscheidungsgründe

    I. Das Gericht entscheidet im Einverständnis der Beteiligten nach § 90 Abs. 2 FGO ohne mündliche Verhandlung, weil der Sachverhalt geklärt ist und die entscheidungserheblichen Rechtsfragen schriftsätzlich hinreichend erörtert worden sind.

    II. Die Klage ist nur teilweise begründet. Der angefochtene Bescheid ist nur insoweit rechtswidrig und verletzt die Kläger in ihren Rechten, § 100 Abs. 1 Satz 1 FGO, als im Rahmen der Günstigerprüfung nach § 10 Abs. 4a EStG ein Betrag i. H. v. 8.202,00 € (statt - wie vom Beklagten abgezogen - 7.959,00 €) als Sonderausgaben abzugsfähig ist.

    1. Die von den Klägern geleisteten Basisversicherungsbeiträge zur PKV gehören nicht zu den nach § 10 Abs. 4 Satz 4 EStG 2013 unbeschränkt abzugsfähigen Vorsorgeaufwendungen i. S. d. § 10 Abs. 1 Nr. 3 Satz 1 Buchst. a) EStG 2013.

    Nach § 10 Abs. 1 Nr. 3 Satz 1 Buchst. a) EStG 2013 sind als Sonderausgaben abzugsfähig Beiträge zu Krankenversicherungen, soweit diese zur Erlangung eines durch das Zwölfte Buch Sozialgesetzbuch - SGB XII - bestimmten sozialhilfegleichen Versorgungsniveaus erforderlich sind und sofern auf die Leistungen ein Anspruch besteht. Für Beiträge zur gesetzlichen Krankenversicherung sind dies die nach dem Dritten Titel des Ersten Abschnitts des Achten Kapitels des Fünften Buches Sozialgesetzbuch - SGB V - oder die nach dem Sechsten Abschnitt des Zweiten Gesetzes über die Krankenversicherung der Landwirte festgesetzten Beiträge. Für Beiträge zu einer privaten Krankenversicherung sind dies die Beitragsanteile, die auf Vertragsleistungen entfallen, die, mit Ausnahme der auf das Krankengeld entfallenden Beitragsanteile, in Art, Umfang und Höhe den Leistungen nach dem Dritten Kapitel des SGB V vergleichbar sind.

    Nach § 10 Abs. 1 Nr. 3 Buchst. b) EStG 2013 sind auch Beiträge zu gesetzlichen Pflegeversicherungen (soziale Pflegeversicherung und private Pflege-Pflichtversicherung) Sonderausgaben.

    Nach § 10 Abs. 1 Nr. 3a EStG 2013 unterfallen überdies - soweit für den vorliegenden Fall relevant - Beiträge zu Kranken- und Pflegeversicherungen, soweit diese nicht nach § 10 Abs. 1 Nr. 3 EStG 2013 zu berücksichtigen sind, und Beiträge zu Unfall- und Haftpflichtversicherungen sowie zu Risikoversicherungen, die nur für den Todesfall eine Leistung vorsehen, dem Sonderausgabenabzug.

    Vorsorgeaufwendungen i. S. d. § 10 Abs. 1 Nr. 3 und Nr. 3a EStG 2013 können je Kalenderjahr insgesamt bis 2.800,00 € abgezogen werden (§ 10 Abs. 4 Satz 1 EStG 2013). Der Höchstbetrag beträgt 1.900,00 € bei Steuerpflichtigen, die ganz oder teilweise ohne eigene Aufwendungen einen Anspruch auf vollständige oder teilweise Erstattung oder Übernahme von Krankheitskosten haben oder für deren Krankenversicherung Leistungen im Sinne des § 3 Nr. 9, 14, 57 oder 62 EStG 2003 erbracht werden (§ 10 Abs. 4 Satz 2 EStG 2013). Bei zusammen veranlagten Ehegatten bestimmt sich der gemeinsame Höchstbetrag aus der Summe der jedem Ehegatten unter den Voraussetzungen von § 10 Abs. 4 Satz 1-2 EStG 2013 zustehenden Höchstbeträge (§ 10 Abs. 4 Satz 3 EStG 2013). Übersteigen die Vorsorgeaufwendungen im Sinne des § 10 Abs. 1 Nr. 3 EStG 2013 die nach § 10 Abs. 4 Satz 1-3 EStG 2013 zu berücksichtigenden Vorsorgeaufwendungen, sind diese abzuziehen und ein Abzug von Vorsorgeaufwendungen im Sinne des § 10 Abs. 1 Nr. 3a EStG 2013 scheidet aus (§ 10 Abs. 4 Satz 4 EStG 2013).

    Nach § 10 Abs. 4 Satz 4 EStG 2013 sind die unter § 10 Abs. 1 Nr. 3 EStG 2013 fallenden Basiskrankenversicherungs- und Pflegeversicherungsbeiträge also ohne Höchstbetragsbegrenzung in voller Höhe abzugsfähig (Hutter in Blümich, EStG/KStG/GewStG, Dokumentenstand 127. EL März 2015, § 10 EStG, Rn. 253). Wenn allerdings bereits die Basiskrankenversicherungs- und Pflegeversicherungsbeiträge i. S. d. § 10 Abs. 1 Nr. 3 EStG 2013 den geltenden Höchstbetrag ausschöpfen oder darüber hinausgehen, bleibt für den zusätzlichen Abzug von Versicherungsbeiträgen i. S. d. § 10 Abs. 1 Nr. 3a EStG 2013 kein Raum (Hutter in Blümich, EStG/KStG/GewStG, Dokumentenstand 127. EL März 2015, § 10 EStG, Rn. 262). Im vorliegenden Fall übersteigen bereits die Beiträge der Kläger zur GKV und zur Pflege-Pflichtversicherung den gemeinsamen Höchstbetrag der Kläger, sodass die Beiträge zur Basisversicherung in der PKV nur dann berücksichtigt werden könnten, wenn sie ebenfalls unter § 10 Abs. 1 Nr. 3 EStG 2013 fallen würden. Dies ist jedoch nicht der Fall, vielmehr handelt es sich um Beiträge i. S. d. § 10 Abs. 1 Nr. 3a EStG 2013.

    Die Frage, ob die Zahlung von Pflichtbeiträgen zur GKV i. S. d. § 10 Abs. 1 Nr. 3 Satz 1 Buchst. a) Satz 2 EStG 2013 den Abzug von Basisversicherungsbeiträgen zur PKV i. S. d. § 10 Abs. 1 Nr. 3 Satz 1 Buchst. a) Satz 3 EStG 2013 tatsächlich ausschließt, wie der Antragsgegner und das BMF im Schreiben vom 19.08.2013 (a. a. O., als Verwaltungsvorschrift für das Gericht nicht bindend) meinen, wird weder durch den Gesetzeswortlaut eindeutig beantwortet, noch ist diese Frage bislang höchstrichterlich entschieden. In der Kommentarliteratur ist diese Frage bislang kaum diskutiert. Heinicke (in Schmidt, EStG, 35. Aufl. 2016, § 10 EStG, Rn. 71) schließt sich zwar der Auffassung der Verwaltung in Tz. 69 des BMF-Schreibens vom 19.08.2013 (a. a. O.) grundsätzlich an und spricht sich gegen einen unbeschränkten Abzug von Basisversicherungsbeiträgen zur PKV neben Beiträgen zur GKV aus, schließt aber andererseits Ausnahmen für ergänzende private Basisversorgungen nicht aus, ohne dies näher auszuführen.

    Der Wortlaut des Gesetzes normiert zunächst keine Rangfolge zwischen § 10 Abs. 1 Nr. 3 Satz 1 Buchst. a) Satz 2 und Satz 3 EStG 2013, und Satz 3 enthält auch keine ausdrückliche Einschränkung dahingehend, dass bei bereits durch Mitgliedschaft in der GKV bestehender Basisabsicherung die auf Basisleistungen entfallenden PKV-Beiträge nicht von dieser Bestimmung erfasst wären.

    Ein Ausschluss der Privilegierung von Basisversicherungsbeiträgen zur PKV durch eine bestehende Basisabsicherung in der GKV ergibt sich aber aus einer systematischen und teleologischen Auslegung von § 10 Abs. 1 Nr. 3 Satz 1 Buchst. a) EStG 2013. Im Rahmen der systematischen Auslegung ist zunächst zu berücksichtigen, dass § 10 Abs. 1 Nr. 3 Satz 1 Buchst. a) Satz 1 EStG 2013 von den zur Erlangung eines durch das SGB XII bestimmten sozialhilfegleichen Versorgungsniveaus erforderlichen Aufwendungen spricht. Wenn bereits eine Basisabsicherung in der GKV besteht, ist eine private Versicherung für die bereits abgesicherten Leistungen zur Erlangung des sozialhilfegleichen Versorgungsniveaus aber nicht erforderlich. Auch der Gesetzeszweck stützt dieses Ergebnis. Denn es ging dem Gesetzgeber um die Umsetzung der Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts - BVerfG - im Urteil vom 13.02.2008 2 BvL 1/06, Neue Juristische Wochenschrift - NJW - 2008, 1868 (Cöster in Littmann/Bitz/Pust, Das Einkommensteuerrecht, Dokumentenstand 103. EL Februar 2014, § 10 EStG, Rn. 427; Hutter in Blümich, EStG/KStG/GewStG, Dokumentenstand 127. EL März 2015, § 10 EStG, Rn. 254). Dort hatte das BVerfG gefordert, Beiträge zu privaten Versicherungen für den Krankheits- und Pflegefall insoweit zum Sonderausgabenabzug zuzulassen, als sie erforderlich sind, um das sozialhilferechtlich gewährleistete Leistungsniveau zu erlangen. Diesem Gesetzeszweck entspricht es aber nicht, auch solche PKV-Basisabsicherungsbeiträge zum Sonderausgabenabzug zuzulassen, derer der Steuerpflichtige zur Erlangung des sozialhilferechtlich gewährleisteten Leistungsniveaus nicht bedarf, weil bereits ein Pflichtversicherungsschutz in der GKV besteht. Besondere Umstände, aufgrund derer ausnahmsweise eine doppelte Absicherung notwendig gewesen wäre, haben die Kläger nicht dargelegt.

    2. Allerdings hat der Beklagte die Günstigerprüfung nach § 10 Abs. 4a EStG 2013 insoweit fehlerhaft durchgeführt, als er dort die PKV-Basisabsicherungsbeiträge hätte berücksichtigen müssen (was der Beklagte auf einen entsprechenden Hinweis des Berichterstatters auch eingeräumt hat). Nach § 10 Abs. 4a EStG 2013 sind mindestens die Beiträge abzugsfähig, welche sich nach § 10 Abs. 3 EStG 2004 (mit einem reduzierten Vorwegabzug i. H. v. 4.200,00 €) ergäben. Bei den PKV-Basisabsicherungsbeiträgen handelt es sich ungeachtet des bestehenden Versicherungsschutzes in der GKV um solche i. S. d. § 10 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a) EStG 2004, deren Summe die Ausgangsgröße für die Höchstbetragsberechnung nach § 10 Abs. 3 EStG 2004 darstellt. Ein Anhaltspunkt dafür, dass auch hier nach Basiskrankenversicherungsbeiträgen und sonstigen Krankenversicherungsbeiträgen zu unterscheiden wäre, ergibt sich weder aus dem Wortlaut noch aus dem Sinn und Zweck des § 10 Abs. 4a EStG, welcher eine Mindestberücksichtigung entsprechend dem alten Recht (mit Ausnahme der Vorwegabzüge, welche abgeschmolzen werden) in einer Übergangsphase bis 2019 sicherstellen will. Gegenteiliges ergibt sich auch nicht aus der Tz. 69 des BMF-Schreibens vom 19.08.2013 (a. a. O.), welche sich nur auf die Höchstbetragsbegrenzung des § 10 Abs. 4 EStG 2013 bezieht. Zutreffend ist demnach folgende Berechnung der nach § 10 Abs. 4a EStG 2013 mindestens abzugsfähigen Beiträge:

    Versicherungsbeiträge13.540,00 € 
    Vorwegabzug4.200,00 €4.200,00 €
    Verbleibende Versicherungsbeiträge9.340,00 € 
    Höchstbeträge § 10 Abs. 3 Nr. 1 EStG (a. F.)2.668,00 €2.668,00 €
    verbleiben6.672,00 € 
    Davon 50 %, höchstens aber 1.334,00 € abziehbar3.336,00 €1.334,00 €
    Summe der beschränkt abziehbaren Sonderausgaben 8.202,00 €

    3. Ein Verstoß gegen das Gebot der Normenklarheit und Normenbestimmtheit liegt nicht vor. Für einen solchen Verstoß reicht es nicht aus, wenn eine Regelung - wie es für die Regelungen zum Abzug von Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträgen im Streitjahr zweifellos der Fall ist - kompliziert ist. Mit den hergebrachten Methoden der Gesetzesauslegung handhabbar sind die Regelungen durchaus.

    4. Ein weitergehender Abzug der PKV-Basisabsicherungsbeiträge als außergewöhnliche Belastungen kommt nicht in Betracht. Zunächst ist der Abzug als außergewöhnliche Belastungen schon durch § 33 Abs. 2 Satz 2, 1. HS EStG 2013 gesperrt, weil die Zuordnung der Krankenversicherungsbeiträge zu den Sonderausgaben durch § 10 Abs. 1 Nr. 3, Nr. 3a EStG 2013 auch insoweit vorrangig ist, als dem Abzug als Sonderausgaben Abzugsbeschränkungen entgegenstehen (Kanzler in Herrmann/Heuer/Raupach, EStG/KStG, Dokumentenstand 273. Lfg. 02/2016, § 33 EStG, Rn. 202 m. w. N.). Voraussetzung für den Abzug als außergewöhnliche Belastungen wäre nach § 33 Abs. 1 EStG 2013 zudem u. a. die Zwangsläufigkeit der Ausgaben. Aufwendungen erwachsen dem Steuerpflichtigen zwangsläufig, wenn er sich ihnen aus rechtlichen, tatsächlichen oder sittlichen Gründen nicht entziehen kann und soweit die Aufwendungen den Umständen nach notwendig sind und einen angemessenen Betrag nicht übersteigen, § 33 Abs. 2 Satz 1 EStG 2013. Die Kläger waren jedoch weder rechtlich zum Abschluss einer privaten Krankenversicherung verpflichtet, noch bestand eine entsprechende sittliche oder tatsächliche Verpflichtung, da durch die Pflichtversicherung in der GKV bereits ein Krankenversicherungsschutz im notwendigen Umfang sichergestellt war.

    5. Die fehlende Unterschrift berührt die Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheides nach § 119 Abs. 3 Satz 2, 2. HS Abgabenordnung - AO - nicht.

    III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 136 Abs. 1 Satz 1 FGO. Die Kläger haben die Berücksichtigung zusätzlicher Sonderausgaben i. H. v. (12.138,00 € - 7.959,00 € =) 4.179,00 € angestrebt und eine solche i. H. v. (8.202,00 € - 7.959,00 € =) 243,00 € erreicht, was einer Erfolgsquote von 6 % entspricht.

    Die Revision wird nach § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO im Hinblick auf die ungeklärte Frage der Berücksichtigungsfähigkeit von Basisversicherungsbeiträgen zur PKV, die neben Beiträgen zur GKV geleistet werden, zugelassen.

    Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 151 FGO in Verbindung mit §§ 708 Nr. 10, 711 Zivilprozessordnung - ZPO -.

    RechtsgebietEStGVorschriften§ 10 Abs. 4 S. 1 EStG