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  • 07.08.2017 · IWW-Abrufnummer 195704

    Finanzgericht Düsseldorf: Urteil vom 06.02.2017 – 11 K 2879/15 E

    Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


    Tenor:

    Die Klage wird abgewiesen.

    Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.

    Die Revision wird zugelassen.
     
    1

     Tatbestand:
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    Streitig ist, ob der Kläger auf Grund einer auf Dauer angelegten Vermietung mit Einkünfteerzielungsabsicht Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung erzielt.
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    Mit Notarvertrag vom November 2012 übertrugen die Eltern des Klägers das bebaute Grundstück Z-Str. in Y auf den Kläger. Der Kläger übernahm die noch valutierenden Belastungen in Höhe von 50.000 €. Zudem räumte er seinen Eltern eine beschränkt persönliche Dienstbarkeit in Form eines lebenslangen Wohnungsrechts an der abgeschlossenen Wohnung im Erdgeschoss ein. Für die Ausübung des Wohnungsrechts verpflichteten sich die Eltern zur Zahlung eines monatlichen Entgelts in Höhe von 500 € bis zum 31. Dezember 2022. Danach ist das Wohnungsrecht unentgeltlich (Ziffer 3 b des notariellen Vertrages). Außerdem verpflichtete sich der Kläger zur Zahlung von jeweils 16.000 € an seine beiden Schwestern. Besitz, Nutzungen, Vorteile und Lasten des Grundstücks gingen am  November 2012 auf den Kläger über.
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    Das Grundstück weist eine Größe von 278,75 qm auf. Das Gebäude umfasste im Zeitpunkt der Übertragung die von den Eltern bewohnte Wohnung im Erdgeschoss von 100 qm und eine weitere vom Kläger bewohnte Wohnung in der ersten Etage von 63 qm. In den Jahren 2012 und 2013 erfolgten Umbaumaßnahmen, welche zu einem Anbau und dadurch Vergrößerung der vom Kläger bewohnten Wohnung auf 110 qm führte.
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    In seinen Einkommensteuererklärungen 2012 und 2013 machte der Kläger gegenüber dem Beklagten neben Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit einen Werbungskostenüberschuss in Höhe von 2.071 € für das Jahr 2012 und in Höhe von 16.618 € für das Jahr 2013 als Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung geltend.
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    Mit Bescheiden jeweils vom November 2014 setzte der Beklagte die Einkommensteuer für 2012 und 2013 fest. Dabei ließ er die Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung unberücksichtigt. Zur Begründung führte er die mangelnde Absicht, positive Einkünfte zu erzielen, an.
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    Mit seinen hiergegen gerichteten Einsprüchen wendete der Kläger ein, aus einer von ihm erstellten Totalüberschussprognose ergebe sich die Absicht, positive Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung zu erzielen. Die Prognose sei für einen Zeitraum von 30 Jahren vorzunehmen. Die in diesem Zeitraum erfolgende Vermietungstätigkeit unterteile sich in drei Abschnitte: Für die Jahre 2012 bis 2022 ergebe sich eine entgeltliche Vermietung an die Eltern; für die Jahre 2023 bis 2037 eine unentgeltliche Vermietung an die Eltern; für die Jahre 2038 bis 2042 eine entgeltliche Vermietung an fremde Dritte. Der Zeitraum des zweiten Abschnitts ermittele sich anhand der statistischen Lebenserwartung der Eltern. Im Zeitpunkt der Übertragung seien der Vater 63 Jahre und die Mutter 60 Jahre alt gewesen. Laut Sterbestafel des Statistischen Bundesamtes, Wiesbaden 2013, ergebe sich deshalb eine statistische Lebenserwartung von 19 bzw. 25 Jahren ab Übertragung. Für die Prognose sei er deshalb von 25 Jahren ausgegangen. Unberücksichtigt bleibe dabei, ob die Eltern nicht bereits vorher pflegebedürftig würden und in ein Altenheim umziehen müssten. Für die Prognose sei zu berücksichtigen, dass die Vermietung im ersten und dritten Abschnitt entgeltlich erfolge, weshalb die Werbungskosten grundsätzlich abzugsfähig seien. Da die Vermietung im zweiten Abschnitt unentgeltlich erfolge, seien die Werbungskosten grundsätzlich nicht abzugsfähig und damit auch bei der Prognose nicht zu berücksichtigen. Die Prognose des Klägers führt zum 31.12.2022 zu kumulierten Einkünften von - 24.165,97€ und zum 31.12.2042 von 11.500,19 €.
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    Mit Einspruchsentscheidung vom August 2015 wies der Beklagte die Einsprüche als unbegründet zurück.
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    Zur Begründung verwies er auf die fehlende Einkunftserzielungsabsicht. Das Mietverhältnis zwischen dem Kläger und seinen Eltern sei bis zum 31. Dezember 2022 befristet. Die anschließende unentgeltliche Überlassung sei als Selbstnutzung zu werten. Bei Vertragsschluss habe somit festgestanden, dass die Vermietungstätigkeit nicht auf Dauer ausgerichtet gewesen sei. Wenn sich ein Steuerpflichtiger nur für eine vorübergehende Vermietung entscheide, fehle die  Einkunftserzielungsabsicht, wenn in diesem Zeitraum kein positives Gesamtergebnis erreicht werden könne. Nach der vom Kläger eingereichten Prognose, ergebe sich bis zum Jahr 2022 ein Totalverlust von 24.165,97 €. Der Zeitraum ab 2038 könne nicht berücksichtigt werden, da zukünftig eintretende Faktoren nur dann in die Beurteilung einzubeziehen seien, wenn sie bei objektiver Betrachtung konkret vorhersehbar seien. Mangels konkreter Umstände (z.B. Mietvertrag), könne nicht von einer tatsächlichen Vermietung ausgegangen werden. Sofern sich die Verhältnisse nachträglich änderten, sei die Einkunftserzielungsabsicht allerdings erneut zu prüfen.
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    Der Kläger hat Klage erhoben.
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    Zur Begründung trägt er ergänzend vor, der Zeitraum ab 2023 sei in den Prognosezeitraum einzubeziehen. Die unentgeltliche Überlassung stelle nur eine zeitweise Unterbrechung dar, die jedoch von der Vermietungsabsicht vor und nach der Unterbrechung getragen werde. Er habe zwar derzeit keinen weiteren Mietvertrag für den Zeitraum nach Nutzung durch die Eltern abgeschlossen. Auch sei der Zeitpunkt des Auszuges der Eltern nicht prognostizierbar. Es sei aber prognostizierbar, dass der Kläger nach Ablauf des kostenlosen Wohnungsrechts die Wohnung (wieder) entgeltlich vermieten werde. Die Wohnung im Erdgeschoss sei selbständig nutzbar und gehöre nicht zu seiner Wohnung. Gerade dies sei ein Beweis für seine Absicht, aus der Erdgeschosswohnung Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung zu erzielen. Darüber hinaus sei ebenfalls prognostizierbar, dass auch in den kommenden Jahren die monatliche Miete in Y mindestens 5 € pro qm betragen werde. Zudem handele es sich bei der entgeltlichen Vermietung an seine Eltern nicht um eine befristete Vermietung. Bei einer Befristung finde nach Ablauf der Befristung keine entgeltliche Überlassung mehr statt. Damit liege eine zeitweise Unterbrechung vor. Bei einer solchen finde nach Ablauf der Unterbrechung wiederum eine entgeltliche Überlassung statt. Der durch die Absicht der Einkunftserzielung begründete Veranlassungszusammenhang wirke fort, solange er nicht durch eine der privaten Vermögenssphäre zuzuweisende neue Veranlassung überlagert werde. Im vorliegenden Fall sei keine private Veranlassung (z.B. Eigennutzung zu Wohnzwecken, Veräußerung) erkennbar.
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    Des Weiteren hätten er und seine Eltern verschiedene rechtliche Möglichkeiten gehabt, die Übertragung zu gestalten. Indem er geduldet habe, dass sich seine Eltern für eine gewisse Zeit ein kostenloses Wohnrecht vorbehielten, habe er sich Anschaffungskosten erspart, da er ein um diese Wohnrecht „entkerntes“ Gebäude erworben habe und der Wert eines entsprechend „entkernten“ Gebäudes niedriger sei als ohne eine solche „Entkernung“. Hierfür verzichte er aber im Gegenzug auf Einnahmen über einen Zeitraum von zehn Jahren. Daher stelle sich der Vorgang nicht als Selbstnutzung durch nahe Angehörige dar, sondern es würden Anschaffungskosten und damit Aufwendungen für Absetzung für Abnutzung erspart, wobei dies durch einen Verzicht auf Mieteinnahmen erkauft würde. Ein solches Verhalten, Anschaffungskosten bzw. Aufwendungen durch einen (teilweisen) Verzicht auf Einnahmen zu sparen, sei keine private Nutzung, sondern sei Voraussetzung dafür, dass eine auf Dauer angelegte Vermietung durch ihn überhaupt möglich geworden sei. Ohne diese vertragliche Gestaltung hätte er das Grundstück gar nicht erwerben können. Die Konstruktion sei einem Vorbehaltsnießbrauch vergleichbar. Der Unterschied bestünde darin, dass nicht die Früchte einer Sache vorbehalten würden, sondern die Nutzung durch die Wohnung, d.h. das Wohnen. Aufgrund des zurückbehaltenen Wohnrechts habe er über die Wohnung gar nicht verfügen können, weshalb keine Überlassung der Wohnung vorliege, sondern es sich um eine Duldung des Nutzungsrechts handele.
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    Der Kläger beantragt,
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    die Einkommensteuerbescheide für die Jahre 2012 und 2013 vom November 2014 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom August 2015, insoweit zu ändern, als im Rahmen der Steuerfestsetzungen die Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung im Jahr 2012 in Höhe von -2.071 € und im Jahr 2013 in Höhe von -16.617 € angesetzt werden,
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    Der Beklagte beantragt,
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                  die Klage abzuweisen.
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    Zur Begründung verweist der Beklagte auf die Gründe in der Einspruchsentscheidung.
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    Das Gericht hat die Steuerakten zum Verfahren hinzugezogen.
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    Entscheidungsgründe
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    Die Klage ist unbegründet.
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    Die Einkommensteuerbescheide für die Jahre 2012 und 2013 vom November 2014 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom August 2015 sind rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 100 Abs. 1 S. 1 FGO). Die vom Kläger geltend gemachten Verluste aus Vermietung und Verpachtung sind zu Recht wegen fehlender Einkunftserzielungsabsicht nicht im Rahmen der Steuerfestsetzungen angesetzt worden. Bei der Vermietung des Klägers an seine Eltern handelt es sich nicht um eine auf Dauer angelegte Vermietung, bei der die Einkünfteerzielungsabsicht typisierend zu unterstellen ist. Die Vermietung ist vielmehr auf den Zeitraum bis zum 31. Dezember 2022 begrenzt. Bis zu diesem Zeitpunkt erzielt der Kläger - auch nach seiner eigenen Prognoseberechnung - keinen Einnahmenüberschuss, sondern einen Verlust i.H.v. ca. 24.000 €.
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    Der Kläger hat keine Einkunftserzielungsabsicht.
    23

    Bei allen Einkunftsarten des § 2 Einkommensteuergesetz (EStG) einschließlich der Einkunftsart Vermietung und Verpachtung (§ 21 EStG) ist Voraussetzung für die steuerrechtliche Berücksichtigung von Einkünften das Vorliegen einer Einkünfteerzielungsabsicht, d. h. bei der Einkunftsart Vermietung und Verpachtung die Absicht, für die Dauer der Vermögensnutzung (Vermietung) einen Totalüberschuss der Einnahmen über die Werbungskosten zu erzielen. Die Einkünfteerzielungsabsicht stellt eine innere Tatsache dar, die anhand äußerer Merkmale festzustellen ist (vgl. BFH-Urt. v. 05.09.2000 IX R 33/97, BStBl. II 2000, 676 und v. 21.11.2000 IX R 2/96, BStBl. II 2001, 789).
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    Bei einer auf Dauer angelegten Vermietungstätigkeit ist nach dem Regelungszweck des § 21 Abs. 1 Nr. 1 EStG grundsätzlich davon auszugehen, dass der Steuerpflichtige beabsichtigt, einen Einnahmeüberschuss zu erwirtschaften; die Einkunftserzielungsabsicht kann insoweit nur in Ausnahmefällen verneint werden (ständige Rechtsprechung, siehe dazu beispielsweise: BFH-Urteil vom 30. September 1997, IX R 80/94, BFHE 184, 406, BStBl II 1998, 771). Liegt dagegen keine auf Dauer angelegte Vermietungstätigkeit vor, ist im Rahmen einer Prognose zu prüfen, ob der Steuerpflichtige in dem zeitlich begrenzten Vermietungszeitraum einen Überschuss der Mieteinnahmen über die Werbungskosten erzielen kann (BFH-Urteil vom 14. September 1994, IX R 71/93, BFHE 175, 416, BStBl II 1995, 116).
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    Bei der Vermietung an die Eltern des Klägers handelt es sich nicht um eine auf Dauer angelegte Vermietung. Von einer auf Dauer ausgerichteten Vermietung ist nur auszugehen, wenn sie nach den bei ihrem Beginn ersichtlichen Umständen keiner Befristung unterliegt (vgl. BFH-Urteile vom 20. Januar 2009 IX R 49/07, BFH/NV 2009, 757 und vom 20. Januar 2013 IX R 13/12, BStBl II 2013, 533). Die Vermietungstätigkeit ist jedenfalls dann dauerhaft ausgerichtet, wenn sie 30 Jahre oder mehr umfasst. Unter einer Vermietungstätigkeit im steuerlichen Sinne ist dabei ausschließlich die entgeltliche oder zumindest teilentgeltliche Überlassung einer Wohnung zu verstehen. Denn der objektive Tatbestand der Vermietung i.S.d. § 21 Abs. 1 S. 1 Nr. 1, § 2 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 EStG wird nur durch eine entgeltliche oder teilentgeltliche Überlassung erfüllt.
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    Im vorliegenden Fall ist die Vermietung von Anfang an auf den Zeitraum bis zum 31. Dezember 2022 und damit auf ca. 10 Jahre begrenzt. Die Begrenzung ergibt sich aus der ausdrücklichen Vereinbarung des unentgeltlichen Wohnungsrechtes ab dem 01. Januar 2013 im notariellen Übertragungsvertrag. Auf Grund dieser ausdrücklichen Vereinbarung ist bereits zu Beginn der entgeltlichen Vermietung im Jahr 2012 eindeutig erkennbar, dass ab 2023 eine unentgeltliche Überlassung vorliegt, die den objektiven Tatbestand des § 21 Abs. 1 Nr. 1, § 2 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 EStG nicht erfüllt. Die fehlende Erfüllung des objektiven Tatbestandes des § 21 Abs. 1 Nr. 1 EStG stellt eine Zäsur dar, durch die die steuerlich relevante Einnahmeerzielung endgültig beendet wird. Eine Vermietung nach dem Auszug der Eltern wird in Folge des dann erneut erfüllten objektiven Tatbestandes des § 21 Abs. 1 Nr. 1 EStG als eine neue, unabhängig zu beurteilende Vermietung zu beurteilen sein. Ein Gesamtwürdigung der bis Ende 2022 und der ab Auszug der Eltern geplanten Vermietung ist wegen der fehlenden Verwirklichung des objektiven Tatbestandes des § 21 Abs. 1 Nr. 1 EStG durch die unentgeltliche Überlassung ab 2023 und der damit einhergehenden Zäsur nicht möglich (siehe dazu auch BFH-Beschluss vom 10.06.2010 IX B 233/09, BFH/NV 2010, 1824).
    27

    Dem steht nicht entgegen, dass der Kläger den Kaufpreis für das Haus nicht ohne die unentgeltliche Überlassung der Wohnung an die Eltern hätte finanzieren und damit niemals Vermietungseinnahmen hätte erzielen könnte. Die Anschaffung einer Immobilie betrifft im Bereich der Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung die steuerlich nicht relevante Vermögenssphäre. Tilgungsleistungen sind im Rahmen der Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung nicht abzugsfähig; dies gilt erst Recht für ersparte Tilgungsleistungen.
    28

    Für die begrenzte Vermietung besteht keine Überschusserzielungsabsicht. Nach der vom Kläger selbst erstellten Prognoseberechnung beläuft sich der Verlust aus Vermietung und Verpachtung zum 31.12.2022 auf ca. 24.000 €.
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    Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.
    30

    Die Revision war zur Fortbildung des Rechts (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO) zuzulassen. Eine Entscheidung des Bundesfinanzhofes zur Einbeziehung von Unterbrechungszeiten in den 30jährigen Prognosezeitraum ist bisher nicht ergangen.