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  • 02.03.2017 · IWW-Abrufnummer 192243

    Finanzgericht Nürnberg: Urteil vom 05.06.2014 – 4 K 1171/13

    Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


    FG Nürnberg

    05.06.2014

    4 K 1171/13

    In dem Rechtsstreit
    - Kläger -
    Prozessbev.:
    gegen
    Finanzamt
    - Beklagter -

    wegen Einkommensteuer 2006

    hat der 4. Senat des Finanzgerichts Nürnberg durch
    ohne mündliche Verhandlung am 5. Juni 2014

    für Recht erkannt:

    Tenor:

    1. Die Klage wird abgewiesen.
    2. Die Kosten des Verfahrens hat der Kläger zu tragen.

    Tatbestand

    Die Beteiligten streiten darüber, ob eine Zahlung des Klägers, die er an seine geschiedene Ehefrau als Gegenleistung für den Verzicht auf den Versorgungsausgleich geleistet hat, als vorab entstandene Werbungskosten bei den sonstigen Einkünften nach § 22 Einkommensteuergesetz (EStG) zu berücksichtigen ist.

    Im Streitjahr 2006 erzielte der Kläger aus seiner Beteiligung an der Gesellschaft bürgerlichen Rechts XXX- Gemeinschaftspraxis Einkünfte aus selbständiger Tätigkeit. Des Weiteren erzielte er Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung und aus Kapitalvermögen. Der Kläger ist als praktizierender Arzt Mitglied der Bayerischen Ärzteversorgung.

    I.

    Die seit Januar 2004 getrennt lebenden Eheleute schlossen am 24.11.2005 eine notarielle "Trennungsvereinbarung". Darin heißt es u.a.:

    "III. Zugewinn

    Jeder von uns verzichtet durch diesen Vertrag auf ihm etwa zustehende Zugewinnausgleichsansprüche gegen den anderen für die bisherige Dauer unserer Ehe.

    ...

    IV. Versorgungsausgleich

    Wir verzichten hiermit gegenseitig für Vergangenheit und Zukunft auf jeden Versorgungsausgleich.

    Diese Vereinbarung wird als Scheidungsvereinbarung gemäß § 1587o BGB geschlossen vorbehaltlich Genehmigung des Familiengerichts. Sie soll aber auch als ehevertragliche Vereinbarung gelten, wenn binnen Jahres ab heute zwar Antrag auf Scheidung unserer Ehe gestellt, der gestellte Antrag aber wieder zurückgenommen wird; in diesem Fall tritt die Rechtswirksamkeit mit Ablauf eines Jahres ab heute ein.

    V. Ausgleichszahlung

    Als Gegenleistung für die unter Ziff. III und IV vereinbarten Verzichte verpflichtet sich Herr EM zur Zahlung eines Betrags von 197.200 Euro (...) an Frau EF.

    Dieser Betrag ist am 1. Januar 2006 zur Zahlung fällig.

    ...

    Damit sind alle güterrechtlichen Ansprüche sowie alle sonstigen gegenseitigen vermögensrechtlichen Ansprüche sowie der Verzicht auf Versorgungsausgleich abgegolten.

    Die Zahlungspflicht entfällt in Höhe eines Teilbetrags von 70.000 EUR, wenn der Verzicht auf Versorgungsausgleich endgültig nicht rechtswirksam wird.

    V. nachehelicher Unterhalt

    Zur Abgeltung aller Ansprüche von Frau EF auf nachehelichen Unterhalt erhält sie von Herr EM einen Betrag von 52.800 Euro.

    ...

    Die Zahlung ist in 48 Monatsraten zu je 1.100 Euro zu entrichten, deren erste am 01.01.2006 fällig ist."

    Das Amtsgericht Bamberg genehmigte die notarielle Trennungsvereinbarung vom 24.11.2005 mit Beschluss vom 15.03.2006 und schied die Ehe. Ein Versorgungsausgleich wurde im Zusammenhang mit der Scheidung nicht durchgeführt, da ein solcher in der Vereinbarung der Eheleute unter Ziffer IV ausgeschlossen war.

    Mit Überweisungen vom 17.01.2006 und 18.01.2006 überwies der Kläger an seine frühere Ehefrau zur Begleichung der Ansprüche aus der Trennungsvereinbarung insgesamt 185.200 €.

    II.

    In der Einkommensteuererklärung 2006 machte der Kläger in der Anlage R Zahlungen als Gegenleistung für den Verzicht seiner früheren Ehefrau auf den Versorgungsausgleich in Höhe von 70.000 € als vorweggenommene Werbungskosten bei den sonstigen Einkünften geltend. Das Finanzamt lehnte den Abzug der beantragten Werbungskosten im Einkommensteuerbescheid 2006 vom 03.01.2008 ab, da der Zugewinnausgleichscharakter der Zahlung im Vordergrund stehe. Die Zahlung betreffe die Vermögensebene. Der dagegen eingelegte Einspruch blieb ohne Erfolg; mit Einspruchsentscheidung vom 13.08.2013 wies das Finanzamt den Einspruch als unbegründet zurück.

    Mit der dagegen erhobenen Klage vom 29.08.2013 beantragt der Kläger,

    den Einkommensteuerbescheid 2006 vom 03.01.2008 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 13.08.2013 dahin zu ändern, dass als vorweggenommene Werbungskosten bei den sonstigen Einkünften die Ausgleichszahlungen für den Verzicht seiner früheren Ehefrau auf den Versorgungsausgleich in Höhe von 70.000 € berücksichtigt werden und die Steuer entsprechend niedriger festgesetzt wird;

    hilfsweise beantragt er die

    Zulassung der Revision.

    Zur Begründung lässt der Kläger im Wesentlichen vorbringen:

    (1) Die Ausgleichszahlungen für den Verzicht auf die Durchführung des Versorgungsausgleichs seien als vorweggenommene Werbungskosten bei den Einkünften aus § 22 EStG anzuerkennen. Die vom Bundesfinanzhof (BFH) im Urteil vom 08.03.2006 IX R 107/00 entwickelten Grundsätze seien auf den vorliegenden Fall übertragbar. Demnach seien Ausgleichszahlungen, die ein zum Versorgungsausgleich verpflichteter Ehegatte aufgrund einer Vereinbarung gemäß § 1587o BGB an den anderen Ehegatten leiste, um die Kürzung seiner Versorgungsbezüge zu vermeiden, sofort als Werbungskosten abziehbar. Hätte der Kläger vorliegend die Ausgleichszahlung nicht geleistet, so wären seine Versorgungsbezüge aufgrund des durchzuführenden öffentlich-rechtlichen Versorgungsausgleichs zu kürzen gewesen. Die Ausgleichszahlungen hätten dem Kläger daher der Erhaltung von Einnahmen gemäß § 22 EStG gedient.

    (2) Die Rechtsprechung des BFH betreffend Zahlungen zur Begründung einer Rentenanwartschaft sei mit dem Alterseinkünftegesetz überholt, da mit der Änderung der Besteuerung von Alterseinkünften ein Systemwechsel vollzogen worden sei. Die Unterscheidung zwischen einem Kapital- und einem Zinsanteil erübrige sich, da auch Renten aus berufsständischen Versorgungseinrichtungen ab dem Jahr 2040 in vollem Umfang der Besteuerung unterlägen. Nach Auslaufen der Übergangsregelung im Jahr 2039 ergebe sich kein Unterschied mehr in der Besteuerung steuerpflichtiger Versorgungsbezüge gemäß § 19 EStG und Renten aus berufsständischen Versorgungseinrichtungen.

    (3) Auch für die Übergangsphase bis zum Jahr 2040 habe sich die Rechtsprechung (vgl. BFH-Urteil vom 01.02.2006 X R 166/05) geäußert.

    Demnach ergebe sich aus der Tatsache, dass der Gesetzgeber die vor dem Jahr 2040 beginnenden Altersrenten nur anteilig besteuere, keine Besonderheit. Das gesetzliche Regelungskonzept sehe vor, dass Leistungen aus gesetzlichen Renten, auch wenn diese vor dem Jahr 2040 begännen, ab dem Jahr 2005 grundsätzlich der sog. nachgelagerten Besteuerung unterlägen. Auch Renteneinkünfte aus berufsständischen Versorgungseinrichtungen seien nach Ablauf des Übergangszeitraums in voller Höhe als Einnahmen zu versteuern. Dies rechtfertige, Ausgleichszahlungen zur Wiederauffüllung ungeschmälerter Renteneinkünfte aus berufsständischen Versorgungseinrichtungen als Werbungskosten vollumfänglich abzuziehen.

    (4) Auch wenn der Gesetzgeber durch die in § 10 Abs. 1 Nr. 2 EStG getroffene Regelung Altersvorsorgeaufwendungen mit konstitutiver Wirkung den Sonderausgaben zuordne, ändere dies nichts daran, dass jene Aufwendungen ihrer Rechtsnatur nach in erster Linie vorweggenommene Werbungskosten bei den sonstigen Einkünften im Sinne von § 22 EStG seien. Dies ergebe sich auch aus der Rechtsprechung des BFH (unter Hinweis auf BFH-Urteil vom 18.11.2009 X R 9/07). Die regelmäßigen Beiträge zur berufsständischen Versorgungseinrichtung seien in ihrer rechtlichen Beurteilung von einer einmaligen Ausgleichszahlung zu unterscheiden. Ausgleichszahlungen fielen nicht unter die spezielle Regelung des § 10 Abs. 1 Nr. 2 und Abs. 3 EStG und unterlägen damit nicht der gesetzlich angeordneten beschränkten Abziehbarkeit.

    (5) Das Finanzamt ordne im Wege der teleologischen Extension - über den Wortlaut des § 10 Abs. 1 Nr. 2a EStG hinaus - die Ausgleichszahlung des Klägers den Sonderausgaben zu. In konsequenter Fortführung seiner Rechtsauffassung hätte das Finanzamt die Ausgleichszahlung folglich zumindest als Sonderausgabe berücksichtigen müssen. Dies sei jedoch unterblieben.

    Das Finanzamt beantragt

    die Klage abzuweisen.

    Es trägt dazu im Wesentlichen vor:

    (1) Die vom Kläger geleistete Ausgleichszahlung betreffe die Vermögensebene und könne nicht als vorweggenommene Werbungskosten zu den sonstigen Einkünften abgezogen werden. Der Gesetzgeber habe die monatlichen Rentenbeitragszahlungen dem privaten Bereich zugeordnet und einen Abzug nur als Sonderausgaben zugelassen. Diese, vom Gesetzgeber gewollte Zuordnung zum privaten Bereich, müsse aber auch für Zahlungen im Rahmen eines Versorgungsausgleichs einer Basisversorgung (berufsständische Versorgungseinrichtung) gelten, da Aufwendungen zur Erhaltung der Einnahmen nicht anders behandelt werden könnten, als Zahlungen zur Begründung oder Erhöhung der Einnahmen. Der Werbungskostenabzug scheide demnach aus. Die Rechtsprechung des BFH differenziere nach der Einkunftsart. Deshalb könne es Unterschiede in der steuerlichen Behandlung der Ausgleichszahlungen eines Beamten und denen eines gesetzlich Rentenversicherten bzw. wie im vorliegenden Fall, für denjenigen, der Beiträge zu einer berufsständischen Versorgungseinrichtung leiste, geben. Im Rahmen ein und derselben Einkunftsart dürften Steuerpflichtige jedoch nicht unterschiedlich behandelt werden.

    (2) Ein Sonderausgabenabzug scheide vorliegend ebenfalls aus. § 10 Abs. 1 Nr. 1b EStG, in der durch das Jahressteuergesetz 2008 eingeführten Fassung, erweitere zwar die bisherigen Abzugsmöglichkeiten, da auch die schuldrechtliche Teilung einer Rente als möglicher steuerrechtlich relevanter Einkünftetransfer akzeptiert werde. Ein Einkünftetransfer sei im Streitfall jedoch nicht zu bejahen, da der Kläger durch seine Zahlung das Anrecht auf Versorgungsausgleich abgefunden habe. Darüber hinaus unterliege die Zahlung bei der Ausgleichsberechtigten nicht der Besteuerung. Schließlich sei zu berücksichtigen, dass im Veranlagungszeitraum 2006 § 10 Abs. 1 Nr. 1b EStG noch nicht anwendbar sei. Ein Sonderausgabenabzug sei deshalb nicht möglich.

    Mit Schreiben vom 04.02.2014 hat das Gericht den Klägervertreter um Mitteilung gebeten, ob und in welchem Umfang der Abfindungsbetrag in Höhe von 70.000 € auf den Ausgleich der Versorgungsanwartschaft aus der berufsständischen Versorgungseinrichtung bzw. auf den Ausgleich der Lebensversicherungen des Klägers entfällt. Mit Schreiben vom 14.02.2014 an den Klägervertreter hat die damalige Scheidungsanwältin der Eheleute mitgeteilt, dass die Lebensversicherungen im Rahmen des Zugewinnausgleichs berücksichtigt worden seien und der Betrag von 70.000 € auf den Ausgleich der Versorgungsanwartschaften aus der berufsständischen Versorgungseinrichtung entfalle.

    Mit Schreiben vom 12.05.2014 und 13.05.2014 an den Klägervertreter hat die Bayerische Ärzteversorgung auf Nachfrage des Gerichts mitgeteilt, dass - bei einer unterstellten Ausgleichspflicht des Klägers - eine Realteilung der Versorgungsanwartschaft des Klägers bei der Bayerischen Ärzteversorgung gemäß § 55 Abs. 1 Satz 1 der damals gültigen Satzung der Bayerischen Ärzteversorgung (Stand 01.01.2006) nur dann möglich gewesen wäre, wenn neben dem ausgleichspflichtigen Ehegatten auch der ausgleichsberechtigte Ehegatte (also die Ehefrau) Arzt, Zahnarzt, Apotheker, Architekt, Rechtsanwalt, Steuerberater, Steuerbevollmächtigter, Wirtschaftsprüfer oder vereidigter Buchprüfer gewesen wäre. Auch nach § 55 Abs. 1 Satz 2 der damals gültigen Satzung wäre eine Realteilung auf Antrag der Ehefrau des Klägers nur dann möglich gewesen, wenn diese einem der in § 55 Abs. 1 Satz 1 der damals gültigen Satzung genannten Berufe angehört hätte. Denn § 55 Abs. 1 Satz 2 der damals gültigen Satzung erweitere nicht etwa den Rahmen der Realteilungsmöglichkeiten, sondern enge ihn vielmehr zugunsten der Angehörigen der unter Satz 1 genannten freien Berufe ein. Mit Schriftsatz vom 02.05.2014 hat der Klägervertreter mitgeteilt, dass die frühere Ehefrau des Klägers als OP-Krankenschwester tätig war und keinem der in § 55 Abs. 1 Satz 1 der damals gültigen Satzung der Bayerischen Ärzteversorgung (Stand 01.01.2006) aufgezählten freien Berufe zuzurechnen sei.

    Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung des Rechtsstreits ohne mündliche Verhandlung gemäß § 90 Abs. 2 Finanzgerichtsordnung (FGO) einverstanden erklärt.

    Entscheidungsgründe

    Die zulässige Klage ist nicht begründet.

    Der angefochtene Einkommensteuerbescheid 2006 vom 03.01.2008 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 13.08.2013 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Das Finanzamt hat zu Recht die Zahlungen des Klägers an seine frühere Ehefrau - als Gegenleistung für den Verzicht auf den Versorgungsausgleich - nicht steuermindernd berücksichtigt. Ein Abzug der geltend gemachten Aufwendungen in Höhe von 70.000 € für den Ausschluss des Versorgungsausgleichs als Werbungskosten, Sonderausgaben oder außergewöhnliche Belastungen scheidet aus.

    1. Die Zahlungen des Klägers an seine frühere Ehefrau für den Ausschluss des Versorgungsausgleichs wegen Bestehens einer Anwartschaft auf berufsständische Altersversorgung können nicht als vorweggenommene Werbungskosten zu den sonstigen Einkünften im Sinne von § 22 EStG abgezogen werden. Die Zahlungen in Höhe von 70.000 € haben nicht dazu gedient, eine Verringerung der sonst im Scheidungsfall beim Kläger zufließenden Leistungen aus der Bayerischen Ärzteversorgung zu verhindern. Es fehlt am erforderlichen Veranlassungszusammenhang mit dieser Einkunftsart.

    a) Gemäß § 9 Abs. 1 Satz 1 EStG sind Werbungskosten Aufwendungen zur Erwerbung, Sicherung und Erhaltung der Einnahmen. Nach Satz 2 der Norm sind sie bei der Einkunftsart abzuziehen, bei der sie erwachsen sind. Voraussetzung für die Abziehbarkeit der Aufwendungen als Werbungskosten ist, dass sie in einem ausreichend bestimmten wirtschaftlichen Zusammenhang mit der Einkunftsart stehen (st. Rspr., vgl. z.B. BFH-Urteil vom 08.03.2006 IX R 107/00, BStBl. II 2006, 446).

    b) Abziehbare Werbungskosten liegen im Streitfall nicht bereits deshalb vor, weil die zu beurteilenden Zahlungen im sachlichen Zusammenhang mit Versorgungsanwartschaften stehen. Allein maßgebend ist stattdessen, ob das Bestehen einer solchen Verpflichtung zur Folge haben kann, dass dem Inhaber des Anspruchs auf Versorgung wegen der Verpflichtung zum Versorgungsausgleich niedrigere steuerpflichtige Versorgungsbezüge im Sinne des § 19 Abs. 2 EStG zufließen als im Falle des Fehlens einer solchen Ausgleichsverpflichtung.

    Denn nur bei einer solchen Sachlage dient die Ablösung der Verpflichtung aufgrund des Versorgungsausgleichs dazu, (steuerpflichtige) Einnahmen im Sinne des § 9 Abs. 1 Satz 1 EStG zu erhalten (vgl. BFH-Urteil vom 22.08.2012 X R 36/09, BStBl. II 2014, 109).

    c) Fließen dem Ausgleichspflichtigen auch im Scheidungsfall die ungekürzten Versorgungsbezüge beim Eintritt des Versorgungsfalls zu, betrifft eine Vereinbarung, die den dinglichen Versorgungsausgleich durch eine andere Regelung ersetzt, auch dann nicht den Bereich der Einkunftserzielung - in dem allein Werbungskosten anfallen können -, sondern den der Einkommensverwendung, wenn der Ausgleichspflichtige einen Teil der Versorgungsbezüge an den ausgleichsberechtigten Ehegatten weiterleiten muss (vgl. BFH-Urteil vom 15.06.2010 X R 23/08, BFH/NV 2010, 1807).

    Im Streitfall fließen dem Kläger auch ohne Verzicht auf den Versorgungsausgleich durch seine frühere Ehefrau im Scheidungsfall die ungekürzten Leistungen aus der Anwartschaft auf berufsständische Altersversorgung bei der Bayerischen Ärzteversorgung zu. Die Anwartschaft des Klägers bei der Bayerischen Ärzteversorgung konnte im Zeitpunkt der Scheidung nicht im Wege der Realteilung gesplittet werden. Mit den vorliegend zu beurteilenden Zahlungen von 70.000 € hat der Kläger nicht eine sonst durch die Scheidung eintretende Verringerung seiner Anwartschaft auf berufsständische Altersversorgung verhindert. Folglich hat die Ablösung der Verpflichtung aufgrund des Versorgungsausgleichs nicht dazu gedient, (steuerpflichtige) Einnahmen im Sinne des § 9 Abs. 1 Satz 1 EStG zu erhalten.

    aa) Es kann deshalb dahinstehen, ob die Änderung der Besteuerung von Alterseinkünften durch das Alterseinkünftegesetz bereits für das Streitjahr 2006 den Schluss zulässt, dass für die steuerliche Beurteilung von Ausgleichszahlungen für den Verzicht auf den Versorgungsausgleich - trotz derzeit unterschiedlicher Besteuerungsnormen - keine Unterscheidung mehr zwischen steuerpflichtigen Versorgungsbezügen gemäß § 19 EStG und Renten aus berufsständischen Versorgungseinrichtungen gerechtfertigt ist, weil der Gesetzgeber mit der sog. nachgelagerten Besteuerung auch für Renteneinkünfte aus berufsständischen Versorgungseinrichtungen grundsätzlich die vollumfängliche Besteuerung vorsieht. Auf die Beantwortung dieser Frage kommt es im Streitfall nicht an, denn selbst bei einer Übertragung der Rechtsprechung des BFH zur steuerlichen Behandlung von Ausgleichszahlungen betreffend Versorgungsbezüge von Beamten gemäß § 19 Abs. 2 EStG auf Ausgleichszahlungen für den Verzicht auf Renten aus berufsständischen Versorgungseinrichtungen können die vom Kläger geleisteten Ausgleichszahlungen keine Werbungskosten begründen. Die Ausgleichszahlungen haben vorliegend nicht dazu gedient, steuerpflichtige Einnahmen im Sinne des § 9 Abs. 1 Satz 1 EStG zu erhalten.

    bb) Vorliegend wäre es auch ohne die notarielle Trennungsvereinbarung vom 25.11.2005 und den darin enthaltenen Verzicht auf den Versorgungsausgleich - mit anderen Worten also bei Durchführung des Versorgungsausgleichs - im Scheidungsfall zu keiner Aufteilung der Anwartschaft des Klägers auf Altersversorgung bei der Bayerischen Ärzteversorgung und damit zu einer Verringerung der diesem zufließenden sonstigen Einkünften im Sinne von § 22 EStG gekommen. Denn nach dem für den berufsständischen Versorgungsträger, der Bayerischen Ärzteversorgung, geltenden Recht, wäre eine Realteilung des Versorgungsrechts des Klägers bei Scheidung im Jahr 2006 nicht möglich gewesen. Nach Auskunft der Bayerischen Ärzteversorgung in ihren Schreiben vom 12. und 13.05.2014, die sich mit den Feststellungen des Gerichts deckt, wäre es - bei einer unterstellten Ausgleichspflicht des Klägers - weder nach § 55 Abs. 1 Satz 1 noch nach § 55 Abs. 1 Satz 2 der damals gültigen Satzung der Bayerischen Ärzteversorgung (Stand 01.01.2006) zu einer Realteilung der Versorgungsanwartschaft des Klägers bei der Bayerischen Ärzteversorgung gekommen. Es fehlt an der Zugehörigkeit des ausgleichsberechtigten Ehegatten (also der Ehefrau) zu einem der in § 55 Abs. 1 Satz 1 der damals gültigen Satzung genannten freien Berufe. Im Streitfall ist die frühere Ehefrau des Klägers als OP-Krankenschwester tätig gewesen und kann demnach keinem der genannten freien Berufe zugerechnet werden.

    Fließen dem Ausgleichsverpflichteten - wie vorliegend - im Scheidungsfall auch ohne Verzicht auf den Versorgungsausgleich die ungekürzten Leistungen aus der Versorgungsanwartschaft zu, so betrifft eine Vereinbarung, die den dinglichen Versorgungsausgleich durch eine andere Regelung ersetzt, den Bereich der Einkommensverwendung, in dem keine Werbungskosten anfallen können (vgl. BFH-Urteil vom 22.08.2012 X R 36/09, BStBl. II 2014, 109).

    2. Die Abfindungszahlungen des Klägers sind im Streitjahr 2006 auch nicht als dauernde Last im Sinne des § 10 Abs. 1 Nr. 1a EStG (2006) abziehbar.

    a) Gemäß § 10 Abs. 1 Nr. 1a Satz 1 EStG (2006) sind auf besonderen Verpflichtungsgründen beruhende Renten und dauernde Lasten abziehbar, die nicht mit Einkünften in wirtschaftlichem Zusammenhang stehen, die bei der Veranlagung außer Betracht bleiben. Der BFH hat diese Vorschrift auch auf Zahlungen angewendet, die im Rahmen des schuldrechtlichen Versorgungsausgleichs vom Ausgleichsverpflichteten an den ausgleichsberechtigten anderen Ehegatten geleistet werden (vgl. BFH-Urteile vom 18.09.2003 X R 152/97, BStBl. II 2007, 749 und 15.10.2003 X R 29/01, BFH/NV 2004, 478). Anders als bei der realen Teilung der Versorgungsanwartschaft erfolge beim schuldrechtlichen Versorgungsausgleich keine dingliche Teilung. Stattdessen verbleibe auch der Teil der während der Ehezeit angewachsenen Versorgungsanwartschaft, der nach der gesetzlichen Wertung auszugleichen sei und damit dem anderen Ehegatten "gehöre", bei dem Ehegatten, der rechtlich Inhaber der Versorgungsanwartschaft sei. Von diesem seien dann im Rahmen des schuldrechtlichen Versorgungsausgleichs in dem gesetzlich bestimmten Umfang Zahlungen an den anderen Ehegatten zu leisten. Der Ausgleichsverpflichtete müsse also von ihm erwirtschaftete und zu versteuernde Einkünfte an den anderen Ehegatten auskehren. Dieser Transfer steuerlicher Leistungsfähigkeit stelle die rechtliche Grundlage für die Abziehbarkeit dieser Aufwendungen im Rahmen von § 10 Abs. 1 Nr. 1a EStG (2006) dar.

    b) Die Abziehbarkeit von Aufwendungen nach § 10 Abs. 1 Nr. 1a EStG (2006) ist jedoch nur gerechtfertigt, soweit und solange eine solche Verlagerung erwirtschafteter Einkünfte nach Maßgabe des Korrespondenzprinzips auf einen Dritten tatsächlich stattfindet (vgl. BFH-Urteil vom 19.01.2010 X R 32/09, BStBl. II 2011, 162). Der BFH hat hiervon ausgehend in seinem Urteil vom 31.03.2004 (X R 66/98, BStBl. II 2004, 830) entschieden, dass Aufwendungen, die dazu dienen, den Transfer steuerlicher Leistungsfähigkeit zu beenden, nicht im Rahmen von § 10 Abs. 1 Nr. 1a EStG abziehbar sind. Erst recht kann nichts anderes gelten, wenn - wie im Streitfall - durch eine vertraglich zu erbringende Ablösezahlung von vornherein verhindert wird, dass künftig im Rahmen des schuldrechtlichen Versorgungsausgleichs Erträge an den ausgleichsberechtigten Ehegatten auszukehren sind. Denn hierdurch wird ebenfalls ein Transfer steuerlicher Leistungsfähigkeit unterbunden.

    3. Ein Sonderausgabenabzug nach § 10 Abs. 1 Nr. 1b EStG, in der durch das Jahressteuergesetz 2008 eingeführten Fassung, scheidet vorliegend ebenfalls aus, da die mit dieser Norm eingeführte Erweiterung der bisherigen Abzugsmöglichkeiten - schuldrechtliche Teilung einer Rente als möglicher steuerrechtlich relevanter Einkünftetransfer - erst ab dem Veranlagungszeitraum 2008 greift. Im Streitfall handelt es sich um den Veranlagungszeitraum 2006.

    4. Die Abfindungszahlung kann auch nicht als außergewöhnliche Belastung gemäß § 33 EStG berücksichtigt werden.

    Es entspricht der ständigen Rechtsprechung des BFH, dass Aufwendungen, die mit einer Vermögensauseinandersetzung zusammenhängen, keine außergewöhnlichen Belastungen im Sinne des § 33 EStG sind (vgl. z.B. BFH-Urteil vom 12.11.1993 III R 11/93, BStBl. II 1994, 240 und BFH-Beschluss vom 28.04.2010 VI B 167/09, BStBl. II 2010, 747). Auch Abfindungszahlungen, die aufgrund einer nach § 1587o BGB geschlossenen Vereinbarung zwecks Ablösung von (künftigen) Ansprüchen auf schuldrechtlichen Versorgungsausgleich zu leisten sind, dienen einer solchen Vermögensauseinandersetzung und nicht der Abgeltung normaler Unterhaltsansprüche. Denn eine Vereinbarung gemäß § 1587o BGB soll dem ausgleichsberechtigten Ehegatten ein Ausgleichssurrogat für den ihm zustehenden Teil der während der Ehe begründeten Versorgungsanwartschaften verschaffen.

    5. Dass der Kläger seine Abfindungszahlungen nicht als Werbungskosten abziehen und sie auch nicht als Sonderausgaben berücksichtigen kann, ist nach der Rechtsprechung des BFH verfassungsrechtlich unbedenklich (vgl. BFH-Urteil vom 15.06.2010 X R 23/08, BFH/NV 2010, 1807). Hierin liege kein Verstoß gegen Art. 3 Grundgesetz und keine Verletzung des Gebots der Besteuerung nach der Leistungsfähigkeit.

    Die Beteiligten hätten es in der Hand, bei Abschluss ihrer Ausgleichsvereinbarung nach § 1587o BGB der steuerlichen Lage Rechnung zu tragen. Sie könnten daher berücksichtigen, dass Abfindungszahlungen im Gegensatz zu laufenden Zahlungen, die im Rahmen des schuldrechtlichen Versorgungsausgleichs erbracht werden, beim Zahlungspflichtigen steuerlich nicht abziehbar sind und umgekehrt beim Zahlungsempfänger keine Steuerpflicht auslösen.

    Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO.

    Die Revision wurde nicht zugelassen, weil keiner der Zulassungsgründe des § 115 Abs. 2 FGO vorliegt.

    RechtsgebietEStGVorschriften§ 22 EStG