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  • · Nachricht · Abgeltungsteuer

    Der BFH räumt den Schreibtisch auf.

    | Fünf Leitsatzentscheidungen befassen sich mit Zweifelsfragen zur Anwendung der Abgeltungsteuer - im Wesentlichen zugunsten der Steuerpflichtigen, die nun vom Abgeltungsteuersatz profitieren. |

    Kein Abgeltungsteuersatz bei Gesellschafterfremdfinanzierung

    Die Anwendung des Abgeltungsteuersatzes ist bei der Besteuerung von Kapitalerträgen ausgeschlossen, die ein zu mindestens 10 % beteiligter Anteilseigner für die Gewährung eines verzinslichen Darlehens an die Gesellschaft erzielt (BFH 29.4.14 ,VIII R 23/13).

     

    • Sachverhalt: Gesellschafterfremdfinanzierung

    Der Kläger war Alleingesellschafter und Geschäftsführer einer GmbH. Er gewährte dieser ein festverzinsliches Darlehen. Das Finanzamt besteuerte die hieraus erzielten Kapitalerträge mit der tariflichen Einkommensteuer: Der niedrigere Abgeltungsteuersatz nach § 32d Abs. 2 S. 1 Nr. 1 Buchst. b EStG sei nicht anzuwenden, weil der Kläger zu mehr als 10 % an der GmbH beteiligt war.

     

    Der Ausschluss des Abgeltungsteuersatzes nach § 32d Abs. 2 S. 1 Nr. 1 Buchst. b EStG bei Gesellschafterfremdfinanzierungen verstößt nicht gegen den Gleichheitsgrundsatz (Art. 3 Abs. 1 GG). Die Ungleichbehandlung des Klägers im Vergleich zu den durch den Abgeltungsteuersatz begünstigten Steuerpflichtigen findet ihre Rechtfertigung darin, dass bei der Finanzierung einer im Inland ansässigen GmbH keine Gefahr besteht, dass Kapital in das niedrig besteuerte Ausland verlagert wird. Da durch die Einführung des Abgeltungsteuersatzes gerade solche Verlagerungen verhindert werden sollten, würde durch eine Privilegierung der (inländischen) Gesellschafterfremdfinanzierung das gesetzgeberische Ziel verfehlt. Die Anwendung des allgemeinen (höheren) Steuertarifs führt nicht zu einer Ungleichheit, sondern stellt im Hinblick auf die Besteuerung nach der Leistungsfähigkeit eine größere Gleichheit her. Die von dem Kläger erhobenen verfassungsrechtlichen Bedenken gegen die Höhe der Beteiligungsgrenze von 10 % teilte der BFH nicht.

    Abgeltungsteuersatz auch bei Darlehen an eine GmbH von nahe stehender Person

    Die Anwendung des Abgeltungsteuersatzes ist nicht schon deshalb nach § 32d Abs. 2 S. 1 Nr. 1 Buchst. b S. 2 EStG ausgeschlossen, weil der Gläubiger der Kapitalerträge ein Darlehen an eine GmbH gewährt hat, bei der ein Angehöriger i.S. des § 15 AO zu mehr als 10 % beteiligt ist (BFH 14.5.14, VIII R 31/11).

     

    • Sachverhalt: Darlehen von einer Person, die dem Anteilseigner nahesteht

    Die Klägerin gewährte einer GmbH, an der ihre Tochter und ihre Enkelkinder zu mehr als jeweils 10 % beteiligt waren, ein festverzinsliches Darlehen. Das FA besteuerte die hieraus erzielten Kapitalerträge mit der tariflichen Einkommensteuer: Der niedrigere Abgeltungsteuersatz nach § 32d Abs. 2 S. 1 Nr. 1 Buchst. b S. 2 EStG sei nicht anzuwenden, weil der Gläubiger der Kapitalerträge eine den Anteilseignern „nahe stehende Person“ sei.

     

    Die Kapitalerträge der Klägerin waren gemäß § 32d Abs. 1 EStG nach dem günstigeren Abgeltungsteuersatz zu besteuern, da nach dem Willen des Gesetzgebers auch bei der Regelung des § 32d Abs. 2 S. 1 Nr. 1 Buchst. b S. 2 EStG ein lediglich aus der Familienangehörigkeit abgeleitetes persönliches Interesse nicht ausreicht, um ein Näheverhältnis zu begründen. Erforderlich ist vielmehr, dass eine der Vertragsparteien einen beherrschenden oder außerhalb der Geschäftsbeziehung begründeten Einfluss ausüben kann oder ein eigenes wirtschaftliches Interesse an der Erzielung der Einkünfte des anderen hat. Dies war vorliegend nicht der Fall, so dass eine missbräuchliche Gestaltung zur Ausnutzung des gesonderten Steuertarifs für Einkünfte aus Kapitalvermögen nicht gegeben war.

    Abgeltungsteuersatz auch bei Darlehen zwischen Angehörigen

    Die Anwendung des Abgeltungsteuersatzes ist nicht schon deshalb nach § 32d Abs. 2 S. 1 Nr. 1 Buchst. a EStG ausgeschlossen, weil Gläubiger und Schuldner der Kapitalerträge Angehörige i.S. des § 15 AO sind (BFH 29.4.14 VIII R 9/13, VIII R 44/13, VIII R 35/13).

     

    • Sachverhalt: Darlehen unter Angehörigen

    In dem Verfahren BFH (29.4.14, VIII R 9/13) gewährten die verheirateten Kläger ihrem Sohn und ihren Enkeln, in dem Verfahren BFH (29.4.14, VIII R 44/13) gewährte der Kläger seiner Ehefrau und seinen Kindern fest verzinsliche Darlehen zur Anschaffung von fremd vermieteten Immobilien durch die Darlehensnehmer. Im Streitfall BFH (29.4.14, VIII R 35/13) stundete die Klägerin ihrem Bruder den Kaufpreis für die Veräußerung von Gesellschaftsanteilen. Der Kaufpreis war ab dem Zeitpunkt ihres Ausscheidens aus der Gesellschaft zu verzinsen. Die Kapitalerträge wurden in allen drei Fällen mit der tariflichen Einkommensteuer versteuert, da die Auffassung vertreten wurde, der niedrigere Abgeltungsteuersatz nach § 32d Abs. 2 S. 1 Nr. 1 Buchst. a EStG sei nicht anzuwenden, weil Gläubiger und Schuldner der Kapitalerträge „einander nahe stehende Personen“ seien.

     

    Der BFH entschied jedoch, dass die Kapitalerträge der Darlehensgeber gemäß § 32d Abs. 1 EStG nach dem günstigeren Abgeltungsteuersatz besteuert werden. Zwar ist nach dem Wortlaut des § 32d Abs. 2 S. 1 Nr. 1 Buchst. a EStG der Abgeltungsteuersatz ausgeschlossen, wenn Gläubiger und Schuldner der Kapitalerträge „einander nahe stehende Personen“ sind. Der gesetzliche Tatbestand ist nach dem Willen des Gesetzgebers jedoch dahingehend einschränkend auszulegen, dass ein solches Näheverhältnis nur dann vorliegt, wenn auf eine der Vertragsparteien ein beherrschender oder außerhalb der Geschäftsbeziehung liegender Einfluss ausgeübt werden kann oder ein eigenes wirtschaftliches Interesse an der Erzielung der Einkünfte des anderen besteht. Danach ist ein lediglich aus der Familienangehörigkeit abgeleitetes persönliches Interesse nicht ausreichend, um ein Näheverhältnis i.S. des § 32d Abs. 2 S. 1 Nr. 1 Buchst. a EStG zu begründen. Eine enge Auslegung des Ausschlusstatbestandes ist auch aus verfassungsrechtlichen Gründen geboten. Hält der Darlehensvertrag einem Fremdvergleich stand, kann nicht bereits aufgrund des Fehlens einer Besicherung oder einer Regelung über eine Vorfälligkeitsentschädigung auf eine missbräuchliche Gestaltung zur Ausnutzung des Abgeltungsteuersatzes geschlossen werden. Dies gilt auch dann, wenn aufgrund des Steuersatzgefälles ein Gesamtbelastungsvorteil entsteht, da Ehe und Familie bei der Einkünfteermittlung keine Vermögensgemeinschaft begründen.

    Quelle: ID 42903768