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  • · Fachbeitrag · Testamentsauslegung

    Abkömmlinge des Erben sind nicht automatisch die Ersatzerben

    von RA Notar StB Dipl.-Kfm. Gerhard Slabon, FA ErbR, Paderborn

    Ob nach dem Tode eines vom Erblasser eingesetzten Miterben die Zuwendung an ihn ersatzlos entfällt, der Erbteil den übrigen Erben anwächst oder Ersatzerbfolge eintreten soll, ist im Zweifel Gegenstand der ergänzenden Auslegung (OLG Düsseldorf 16.6.14, 3 Wx 256/13, Abruf-Nr. 142511).

     

    Sachverhalt

    Der Erblasser war kinderlos und im Zeitpunkt seines Todes verwitwet. Mit handschriftlichem Testament verfügte der Erblasser, dass sein Vermögen jeweils zu gleichen Teilen an die Nichte seiner verstorbenen Frau und ihren Ehemann sowie an seine Schwester und sein Patenkind, das Kind seines Bruders, gehen soll.

     

    Als nächste Verwandte sind die Kinder seines vorverstorbenen Bruders und die Kinder seiner vorverstorbene Schwester vorhanden. Eines der Kinder der vorverstorbenen Schwester reklamierte für sich ein Erbrecht, da sie sich als Ersatzerbin ihrer verstorbenen Mutter sieht.

     

    Entscheidungsgründe

    Das Nachlassgericht hat zu Recht entschieden, dass der Erblasser in Bezug auf den Erbteil seiner vorverstorbenen Schwester eine Ersatzerbfolge nicht vorgesehen und eine solche auch nicht im Wege der Testamentsauslegung angenommen werden kann. Es stellt sich die Frage, wie sich der Wegfall der ursprünglich Bedachten auf die Erbfolge auswirkt. Denkbar ist, dass

    • die Zuwendung ersatzlos entfällt,
    • der Erbteil den übrigen Erben anwächst oder
    • Ersatzerbfolge eintreten soll.

     

    Anhaltspunkte dafür, dass die Zuwendung ersatzlos entfällt und mangels gewillkürter nun die gesetzliche Erbfolge eintreten sollte, sind nicht ersichtlich. Mithin bleiben Anwachsung oder Ersatzerbfolge. Anwachsung kommt nur in Betracht, wenn der Erblasser keinen Ersatzerben bestimmt hat und eine Ersatzerbfolgenregelung sich auch nicht durch ergänzende Auslegung gemäß § 2084 BGB feststellen lässt.

     

    Die Auslegungsregel des § 2069 BGB, wonach dann, wenn der Erblasser einen Abkömmling bedacht hat und dieser nach Errichtung des Testaments wegfällt, im Zweifel dessen Abkömmlinge bedacht sind, kann hier nicht angewendet werden. Denn der Erblasser hat seine Schwester, nicht aber einen Abkömmling bedacht. Diese Auslegungsregel kann auch nicht entsprechend angewandt werden. Sie ist Ausprägung einer allgemeinen Lebenserfahrung.

     

    Wesentliches Kriterium für eine ergänzende Auslegung ist, ob die Zuwendung dem Bedachten als Erstem seines Stammes oder nur ihm persönlich galt. Hier kann nicht festgestellt werden, dass der Erblasser seine Schwester als erste ihres Stammes und nicht (nur) persönlich bedacht hat. Das ergibt sich schon daraus, dass der Erblasser seine beiden Geschwister nicht gleichmäßig bedacht, sondern nur seine Schwester, nicht aber seinen Bruder eingesetzt und aus der Linie seines Bruders nicht einmal dessen beide Kinder, sondern nur sein Patenkind ausgewählt hat. Folglich ist hier Anwachsung eingetreten. Der Erbteil der Schwester wächst den übrigen Erben an.

     

    Praxishinweis

    Tritt Anwachsung ein, ist weiter zu entscheiden, wem der übrigen eingesetzten Erben der Anteil des Weggefallenen anwächst. Dies hängt davon ab, ob der Erblasser ursprünglich einzelne Erben eingesetzt hat, oder hinsichtlich mehrerer Erben einen gemeinschaftlichen Erbteil gebildet hat (§ 2094 Abs. 1 S. 2 BGB). Ob mehrere Bedachte eine Gruppe bilden sollen, ist wiederum durch Auslegung zu ermitteln (Palandt/Weidlich, BGB, § 2093 BGB, Rn. 1). Dabei ist darauf abzustellen, ob zwischen den als gemeinschaftliche Erben zusammengefassten Personen eine persönliche oder sachliche Beziehung besteht bzw. ob der Erblasser in Bezug auf diese Erben eine engere Gemeinschaft im Verhältnis zu den übrigen Miterben ausdrücken wollte.

    Quelle: Ausgabe 09 / 2014 | Seite 225 | ID 42872874

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