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  • · Fachbeitrag · Testament

    Nachweis über Testierunfähigkeit der Erblasserin wurde nicht erbracht

    von RA Notar StB Dipl.-Kfm. Gerhard Slabon, FA ErbR, Paderborn

    Anhaltspunkte dafür, dass beim Erblasser von ärztlicher Seite eine geistige Erkrankung (hier: Demenz) festgestellt wurde oder er wegen entsprechender Symptome jemals behandelt wurde, bestehen nicht. Für amtswegige Aufklärungsmaßnahmen im Hinblick auf eine aus einer solchen Erkrankung (Demenz) herzuleitenden Testierunfähigkeit des Erblassers ist deshalb kein Raum (OLG Düsseldorf 4.11.13, I-3 Wx 98/13, Abruf-Nr. 140267).

     

    Sachverhalt

    Die kinderlosen Ehegatten bestimmten jeweils durch notarielles Testament die A-Stiftung zur Alleinerbin. Die A-Stiftung wurde von der Erblasserin und deren Ende 2011 verstorbenen Ehemann gegründet. Sie befand sich zum Zeitpunkt der Errichtung des Testaments noch in Gründung, ist aber inzwischen eingetragen. Die Eheleute vermachten einander jeweils den lebenslangen unentgeltlichen Nießbrauch an ihrem gesamten Nachlass sowie jeweils 450.000 EUR. Nach dem Tod der Erblasserin beantragte die A-Stiftung einen sie als Alleinerbin ausweisenden Erbschein.

     

    Demgegenüber wenden die Geschwister der Erblasserin die Unwirksamkeit des Testaments ein, weil die Erblasserin zur Zeit der Testamentserrichtung nicht mehr geschäftsfähig gewesen sei. Der Notar erklärte, die Erblasserin sei am Tage der Beurkundung des Testaments altersbedingt beeinträchtigt gewesen, habe im Rollstuhl gesessen, habe ihn, den Notar aber sofort erkannt; aus dem Gespräch habe sich deutlich ergeben, dass sie über den Sachverhalt, insbesondere die A-Stiftung, informiert sei. Es sei der erkennbare Wille beider Eheleute gewesen, dass das gesamte Vermögen mangels Abkömmlingen an die Stiftung gehen sollte.

     

    Das AG hat die Geschwister zunächst aufgefordert, die behaupteten Zweifel an der Testierfähigkeit der Erblasserin zu konkretisieren bzw. durch ärztliche Dokumente zu belegen. Die Geschwister haben aber weder die behandelnden Ärzte mitgeteilt, noch sonstige Anhaltspunkte für die behauptete Testierunfähigkeit aufgezeigt. Schließlich hat das AG festgestellt, belastbare Anhaltspunkte für die von den beiden Geschwistern vermutete Testierunfähigkeit seien nicht zu erkennen.

     

    Entscheidungsgründe

    Das Nachlassgericht hat dem Erben auf Antrag ein Zeugnis über sein Erbrecht zu erteilen (§ 2353 BGB). Der Erbschein ist nur zu erteilen, wenn das Nachlassgericht die zur Begründung des Antrags erforderlichen Tatsachen für festgestellt erachtet (§ 2359 BGB). Die genannte letztwillige Verfügung war auch nicht wegen Testierunfähigkeit unwirksam. Gemäß § 2229 Abs. 4 BGB ist testierunfähig, wer wegen krankhafter Störungen der Geistestätigkeit, wegen Geistesschwäche oder Bewusstseinsstörungen nicht in der Lage ist, die Bedeutung der von ihm abgegebenen Willenserklärungen einzusehen und nach dieser Einsicht zu handeln. Das Gesetz verbindet danach nicht mit jeder Geisteskrankheit oder -schwäche die Testierunfähigkeit, sondern sieht die Fähigkeit des Erblassers, die Bedeutung der letztwilligen Verfügung zu erkennen und sich bei seiner Entscheidung von normalen Erwägungen leiten zu lassen, als maßgebend an. Eine geistige Erkrankung des Erblassers steht der Gültigkeit seiner letztwilligen Verfügung nicht entgegen, wenn diese von der Erkrankung nicht beeinflusst ist.

     

    Der von Seiten des Notars für den Zeitpunkt der Beurkundung aufgrund persönlicher Wahrnehmung eingeschätzte, in der Urkunde niedergelegte und nochmals konkretisierte Zustand der Erblasserin spricht gegen Testierunfähigkeit. Die Testierfähigkeit der Erblasserin muss nicht nachgewiesen werden, weil sie den Regelfall darstellt.

     

    Die Geschwister hatten die Objektivierung der geltend gemachten Zweifel an der Testierfähigkeit der Erblasserin weder durch Vorlage ärztlicher Dokumente noch durch die Benennung behandelnder Ärzte unterstützt. Es besteht nicht einmal Anhalt dafür, dass bei der Erblasserin von ärztlicher Seite Demenz überhaupt festgestellt oder die Erblasserin wegen in diese Richtung weisender Krankheitssymptome jemals behandelt worden ist. Unter diesen Voraussetzungen ist für amtswegige Aufklärungsmaßnahmen im Hinblick auf die Testierunfähigkeit der Erblasserin kein Raum.

     

    Praxishinweis

    Will man mit Erfolg die Testierfähigkeit eines Erblassers anzweifeln, ist hierfür die Vorlage ärztlicher Behandlungsberichte notwendig. Eine solche Vorlage dieser Dokumente scheitert in der Regel jedoch bereits daran, dass sich die Ärzte - zu Recht - auf ihre fortwährende Schweigepflicht berufen. Letztlich ist der mutmaßliche Wille des Erblassers zu erforschen, ob er den Arzt von seiner Schweigepflicht entbunden hätte. Nach der Rechtsprechung des BGH liegt die Aufklärung von Zweifeln an der Testierfähigkeit im wohlverstandenen Interesse des Erblassers (BGH 4.7.84, IVa ZB 18/83, BGHZ 91, 392). Im Widerspruch dazu steht allerdings die Vermutung für die Testierfähigkeit.

    Quelle: Ausgabe 07 / 2014 | Seite 164 | ID 42757070

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