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  • · Fachbeitrag · Pflichtteilsrecht

    Auskunftspflichten des Vorerben bzw. des Erben gegenüber dem Pflichtteilsberechtigten

    von RA Notar StB Dipl.-Kfm. Gerhard Slabon, FA ErbR, Paderborn

    Ist ein pflichtteilsberechtigter Abkömmling vom Erblasser als Nacherbe eingesetzt, steht ihm ein Anspruch auf Auskunft über den Bestand des Nachlasses gegen den Erben bzw. den Vorerben erst dann zu, wenn er die Nacherbschaft ausgeschlagen hat. Die bloße Absicht, die Nacherbschaft auszuschlagen, rechtfertigt einen Auskunftsanspruch nicht (OLG Karlsruhe 18.6.14, 9 U 147/13, Abruf-Nr. 142510).

     

    Sachverhalt

    Der Kläger K ist der einzige Sohn der Ende 2009 verstorbenen Erblasserin E. Der Beklagte B war der Ehemann der Verstorbenen. Die Parteien streiten über Pflichtteilsansprüche des K. Mitte 2008 errichtete die E ein privatschriftliches Testament, in welchem sie den K zum Alleinerben einsetzte. Auf der Grundlage dieses Testaments erteilte das Nachlassgericht am 15.1.10 einen entsprechenden Erbschein. Zu einem späteren Zeitpunkt legte der B ein gemeinschaftliches Testament aus Mitte 1996 vor, in welchem sich die Eheleute wechselseitig jeweils zum befreiten Vorerben und den K als Nacherben eingesetzt haben. Der erteilte Erbschein wurde eingezogen und auf Basis des gemeinschaftlichen Testaments ein neuer Erbschein erlassen.

     

    Der K hat im Verfahren vor dem LG Pflichtteilsansprüche gegen den B geltend gemacht. Er hat eine Stufenklage erhoben, mit welcher er zunächst Auskunft über den Nachlass, und sodann in den weiteren Stufen Versicherung der Richtigkeit der Auskunft an Eides Statt sowie - zunächst unbeziffert - Zahlung des Pflichtteils verlangt hat. Da er nicht Alleinerbe nach dem Tod der Mutter geworden sei, könne er Pflichtteilsansprüche gegen den B geltend machen. Der B ist der Klage entgegengetreten. Der K sei nicht pflichtteilsberechtigt, solange er die Nacherbschaft nicht wirksam ausgeschlagen habe. Das LG hat die Klage abgewiesen. Hiergegen richtet sich die Berufung des K, der zwischenzeitlich die Nacherbschaft ausgeschlagen hat.

     

    Entscheidungsgründe

    Der K ist als Abkömmling der E pflichtteilsberechtigt gemäß § 2303 Abs. 1 S. 1 BGB. Zwar war er zunächst noch nicht von der Erbfolge ausgeschlossen, weil er als Nacherbe im Ehegattentestament eingesetzt war. Die Berufung zum Nacherben steht einem Ausschluss von der Erbfolge i.S. von § 2303 Abs. 1 S. 1 BGB nicht gleich (§ 2306 BGB; Palandt/Weidlich, BGB, § 2303 BGB, Rn. 2). Die Pflichtteilsberechtigung ist jedoch entstanden durch die Ausschlagung der Nacherbschaft gemäß § 2306 Abs. 1 und Abs. 2 BGB.

     

    Der B ist als Erbe bzw. als befreiter Vorerbe gemäß § 2314 Abs. 1 BGB zur Auskunftserteilung verpflichtet. Der Auskunftsantrag aber ist insoweit nicht begründet, als der K eine Auskunft zum „Kontoverlauf“ eines bestimmten Festgeldkontos der E in den letzten zehn Jahren vor ihrem Tod verlangt. Für dieses Verlangen gibt es keine rechtliche Grundlage. Als Pflichtteilsberechtigter kann der K Auskunft über Schenkungen der Erblasserin in den letzten zehn Jahren verlangen, Einsicht in die Kontounterlagen kann er nicht verlangen. Die Auskunft nach § 2314 Abs. 1 BGB muss wegen § 2325 BGB auch Angaben zu Schenkungen enthalten.

     

    Der Auskunftsanspruch des K ist bisher nicht erfüllt. Es kann dahinstehen, ob und inwieweit die Auskünfte vollständig sind, die der B bisher in Anwaltsschriftsätzen erteilt hat. Denn der K ist in jedem Fall berechtigt, über diese Auskünfte hinaus gemäß § 2314 Abs. 1 S. 3 BGB ein notarielles Verzeichnis zu verlangen. Ein notarielles Verzeichnis bietet für den Pflichtteilsberechtigten eine größere Richtigkeitsgewähr als ein privatschriftliches Verzeichnis. Der Anspruch auf Vorlage eines notariellen Verzeichnisses gemäß § 2314 Abs. 1 S. 3 BGB ist daher generell gegeben, ohne dass der Berechtigte ein besonderes Bedürfnis geltend machen müsste.

     

    Praxishinweis

    Die Pflichtteilsansprüche des K waren hier nicht verjährt. Die Verjährungsfrist begann hier frühestens von dem Zeitpunkt an zu laufen, zu dem die Wirksamkeit des gemeinschaftlichen Testaments festgestellt wurde. Die Verjährung konnte in jedem Fall erst zu einem Zeitpunkt beginnen, in welchem der K Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis von den Umständen hatte, welche den Pflichtteilsanspruch begründeten. Dazu gehörte insbesondere die Kenntnis, dass er aufgrund des Ehegattentestaments nicht Erbe, sondern (nur) Nacherbe geworden war.

    Quelle: Ausgabe 09 / 2014 | Seite 226 | ID 42872871

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