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  • 05.01.2017 · IWW-Abrufnummer 190997

    Oberlandesgericht Hamm: Beschluss vom 26.08.2016 – I-15 W 73/16

    Einem Pflichtteilsberechtigten steht gem. § 13 Abs. 1 FamFG ein Recht auf Einsichtnahme in die gesamten Verfahrensakten eines Testamentseröffnungsverfahrens einschließlich des in dem Verfahren eingereichten ausgefüllten Wertfragebogens zu.


    Tenor:

    Auf die Beschwerde des Beschwerdeführers vom 9. April 2015 wird der Beschluss des Amtsgerichts - Nachlassgerichts – Dortmund vom 20. März 2015 (Nichtabhilfeentscheidung vom 3. Februar 2016) abgeändert.

    Dem Beschwerdeführer wird Akteneinsicht durch Übersendung einer Kopie des Wertfragebogens aus der Testamentsakte 14 IV 390/06, Bl. 70 – 72 GA bewilligt.
     

    G r ü n d e :

    Die Beschwerde des Beteiligten zu 1) ist statthaft.

    Da die Entscheidung über ein Akteneinsichtsgesuch nach § 13 FamFG kein Akt der Justizverwaltung ist, sondern in richterlicher Unabhängigkeit durch das verfahrensführende Gericht getroffen wird, richtet sich die Anfechtbarkeit der Entscheidung grundsätzlich nach den Vorschriften des FamFG (vgl. Keidel/Sternal, FamFG, 18. Aufl., 2014, § 13, Rdn. 64). Danach ist die Beschwerde des Beteiligten zu 1) gegen die Ablehnung seines Antrages auf Übersendung einer Kopie des von dem Erben ausgefüllten Wertfragebogens statthaft nach § 58 Abs. 1 FamFG, weil es sich bei dieser Entscheidung im Testamentseröffnungsverfahren im Verhältnis zum Beteiligten zu 1) um eine Endentscheidung im Sinne dieser Vorschrift handelt.



    Die Beschwerde ist auch im Übrigen in verfahrensrechtlicher Hinsicht nicht zu beanstanden, insbesondere form- und fristgemäß eingelegt worden.

    Die Beschwerde hat auch in der Sache Erfolg.

    Dem Beschwerdeführer steht gemäß § 13 Abs. 1 FamFG ein Recht auf Einsichtnahme in die gesamten Verfahrensakten einschließlich dem von dem Beteiligten zu 2) ausgefüllten Wertfragebogens zu. Im Rahmen dieses Akteneinsichtsrechts hat der Beteiligte zu 1) gemäß § 13 Abs. 3 FamFG einen Anspruch auf Übersendung einer Abschrift auf seine Kosten.


    Der Beteiligte zu 1) ist als Sohn des Erblassers potentieller gesetzlicher Erbe und Pflichtteilsberechtigter und damit Beteiligter des Eröffnungsverfahrens im Sinne des § 13 Abs. 1 FamFG. Verfahrensbeteiligter im Eröffnungsverfahren ist derjenige, der nach § 348 Abs. 2 und 3 FamFG zum Termin zu laden bzw. von dem Inhalt der Verfügung von Todes wegen zu benachrichtigen ist. Diese Beteiligten sind mangels einer ausdrücklichen Regelung in § 348 FamFG bzw. § 345 FamFG materiell-rechtlich zu bestimmen. Beteiligte sind danach alle Personen, denen durch die letztwillige Verfügung ein Recht genommen oder gewährt wird (vgl. Keidel/Zimmermann, FamFG, 18. Aufl., § 348, Rdnr. 49). Dazu gehört der Beteiligte zu 1), weil sein gesetzliches Erbrecht durch die eröffnete letztwillige Verfügung ausgeschlossen worden ist. Gemäß § 13 Abs. 1 FamFG steht ihm danach ein Recht auf Akteneinsicht in alle schriftlichen Unterlagen, die zu dem vom Gericht zu würdigenden Verfahrensstoff gehören, zu. Von diesem Recht ist entgegen dem Nachlassgericht die Nachlassaufstellung in dem von dem Beteiligten zu 2) ausgefüllten Wertfragebogen nicht ausgenommen. Der Beschwerdeführer hat als Pflichtteilsberechtigter ein berechtigtes Interesse daran, sich Kenntnis vom Umfang des Nachlasses und damit von der Höhe seines Pflichtteilsanspruchs zu verschaffen, weil dies sein Vorgehen gegen den Erben und Pflichtteilsschuldner beeinflussen kann. Zur Informationsbeschaffung kann - neben anderen Erkenntnisquellen - auch die im Rahmen des Testamentseröffnungsverfahrens von dem Erben gefertigte Nachlassaufstellung dienen. Dass diese Aufstellung für einen anderen Zweck, die Ermittlung des Geschäftswertes, vom Nachlassgericht verlangt und vom Erben erstellt wurde, steht einem berechtigten Interesse des Pflichtteilsberechtigten nicht entgegen (vgl. für den vergleichbaren Fall einer im Erbscheinerteilungsverfahren erstellten Nachlassaufstellung Thüringer Oberlandesgericht, Beschluss vom 09. August 2011 – 6 W 206/11 –, juris ; LG Erfurt Rpfleger 1997, 115; BayObLG FamRZ 1995, 682; LG Bayreuth RPfleger 1990, 258; Otto in Staudinger, BGB, Neubearbeitung 2015, § 2314, Rdn. 109).


    Dem Einsichtsrecht des Beschwerdeführers steht auch nicht entgegen, dass dieser andere Möglichkeiten hat, sich Kenntnis über den Nachlassbestand zu verschaffen, insbesondere einen unmittelbaren Auskunftsanspruch nach § 2314 BGB gegen den Erben und Schuldner des Pflichtteilsanspruchs. Das berechtigte Interesse wird nicht dadurch ausgeschlossen, dass die Informationen auch auf andere Weise beschafft werden können, zumal die gerichtliche Geltendmachung des Auskunftsanspruchs mit Kosten verbunden ist (Thüringer Oberlandesgericht, Beschluss vom 09. August 2011 – 6 W 206/11 –, juris ).


    Ein schutzwertes Interesse der übrigen Beteiligten, die Nachlassaufstellung von der Akteneinsicht auszunehmen, ist nicht zu erkennen. Sie sind vom Nachlassgericht im Rahmen des Abhilfeverfahrens angehört worden und haben dem Akteneinsichtsgesuch des Beschwerdeführers nicht widersprochen. Gründe für eine Geheimhaltung der von dem Beteiligten zu 2) angefertigten Nachlassaufstellung im Sinne des § 13 Abs. 1 2. Halbsatz FamFG sind nicht ersichtlich.
     

    VorschriftenFamFG § 13, FamFG § 348

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