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  • · Fachbeitrag · Steuerbefreiung

    Vier Möglichkeiten zur schenkungsteuerfreien Vermögensübertragung an entfernte Verwandte

    von StB Dipl.-Kfm. Stefan Barsch, Braunschweig

    | Mangels eigener Kinder möchte Ihr Mandant seine Nichten und Neffen finanziell unterstützen. Während für Schenkungen an Ehepartner oder Kinder großzügige persönliche Freibeträge gelten (§ 16 Abs. 1 Nr. 1 und 2 ErbStG ), beträgt der Freibetrag für Schenkungen an Personen der Steuerklassen II lediglich 20.000 EUR (§ 16 Abs. 1 Nr. 5 ErbStG). Aus diesem Grunde sind die sachlichen Steuerbefreiungen des § 13 ErbStG interessant. |

    1. Sachliche Steuerbefreiungen

    Die sachlichen Steuerbefreiungen nach § 13 ErbStG ermöglichen schenkungsteuerfreie Vermögensübertragungen über den persönlichen Freibetrag hinaus. Da nach § 13 Abs. 3 S. 1 ErbStG jede Steuerbefreiung für sich anzuwenden ist, können die hier genannten Befreiungen auch nebeneinander angewendet werden. Die sachlichen Steuerbefreiungen können danach unterschieden werden, ob es sich um vollständige sachliche Steuerbefreiungen oder um quotale sachliche Steuerbefreiungen handelt. Im Folgenden werden die vier sachlichen Steuerbefreiungen besprochen. Auf die Befreiung mit Rücksicht auf eine Notlage des Bedachten nach § 13 Abs. 1 Nr. 5 ErbStG wird nicht eingegangen.

     

    2. Hausrat und andere bewegliche körperliche Gegenstände

    Gemäß § 13 Abs. 1 Nr. 1c ErbStG sind Hausrat und andere bewegliche körperliche Gegenstände bei Erwerb durch Personen der Steuerklasse II bis zu einem Wert von insgesamt 12.000 EUR steuerfrei (quotale sachliche Steuerbefreiung). Hierbei handelt es sich um einen Freibetrag und keine Freigrenze, die nach Überschreiten der Zuwendung entfallen würde.

     

    Als Hausrat werden die „Summe der Haushaltsgegenstände“ bezeichnet. Im Einzelnen sind das die „Gegenstände des privaten Wohnumfeldes“ (Meincke, ErbStG, 16. Aufl., § 13 Rn. 3) wie z.B.

    • Möbel, Teppiche, Gardinen,
    • Gegenstände der Unterhaltung und Bildung wie Fernseher, Computer, Bücher, Musikinstrumente.

     

    Ob ein privat genutzter PKW zum Hausrat gehört, ist umstritten (zustimmend Meincke, a.a.O., § 13 Rn. 3).

     

    Unter andere bewegliche körperliche Gegenstände fallen bewegliche körperliche Dinge, die nicht „Hausrat“ sind (Griesel in Daragan/Halacinsky/Riedel, ErbStG/BewG, 2. Aufl., § 13 Rn. 6) wie z.B.

    • bestimmter Schmuck,
    • Rennpferde,
    • Motorboote, Segelboote.

     

    Nicht begünstigt sind nach § 13 Abs. 1 S. 1 ErbStG Gegenstände, die zum land- und forstwirtschaftlichen Vermögen, zum Grund- oder Betriebsvermögen gehören sowie Zahlungsmittel, Wertpapiere, Münzen, Edelmetalle, Edelsteine oder Perlen.

     

    PRAXISHINWEIS | Es sind aber die Grundsätze zur mittelbaren Schenkung anwendbar. Danach ist die Hingabe von Zahlungsmitteln dann begünstigt, wenn hiermit Hausrat oder andere bewegliche körperliche Gegenstände erworben werden sollen (Meincke, a.a.O., § 13 Rn. 6; siehe auch Barsch, PFB 14, 107).

     

    § 13 Abs. 1 Nr. 1c ErbStG findet sowohl auf Erwerbe von Todes wegen als auch auf Schenkungen unter Lebenden Anwendung (§ 1 Abs. 2 ErbStG). Mehrere Zuwendungen innerhalb von zehn Jahren von derselben Person sind nicht nach § 14 ErbStG zusammenzurechnen (Griesel in Daragan/Halacinsky/Riedel, ErbStG/BewG, 2. Aufl., § 13 Rn. 4).

    3. § 13 Abs. 1 Nr. 5 ErbStG: Befreiung von einer Schuld

    Steuerfrei ist die Befreiung von einer Schuld gegenüber dem Zuwender, sofern die Schuld zum Zweck

    • des angemessenen Unterhalts oder
    • zur Ausbildung begründet worden ist.

     

    Hier handelt es sich um eine vollständige sachliche Steuerbefreiung.

     

    3.1 Schuldenerlass

    Die Schuld kann wie folgt entstanden sein (Meincke, a.a.O., § 13 Rn. 32): Der Zuwender gibt dem Bedachten darlehensweise Geldbeträge oder er zahlt aus eigenen Mitteln darlehensweise für den Bedachten. Erhält der Schuldner neben dem Schuldenerlass weiteres Vermögen, entfällt die Steuerbefreiung soweit die Steuer aus der Hälfte der neben der erlassenen Schuld gemachten Zuwendung gedeckt werden kann (§ 13 Abs. 1 Nr. 5 S. 2 ErbStG).

     

    • Beispiel

    Der Schenker erlässt seinem Neffen ein Ausbildungsdarlehen von 35.000 EUR und schenkt ihm außerdem noch 5.000 EUR.

     

    Der Neffe hat 2.500 EUR (1/2 von 5.000 EUR) ErbSt zu zahlen. Ansonsten hätte die ErbSt auf den gesamten Erwerb 3.000 EUR betragen (40.000 EUR abzüglich Freibetrag von 20.000 EUR = 20.000 EUR; Steuersatz Steuerklasse II 15 %; siehe auch Brüggemann/Stirnberg, Erbschaftsteuer/Schenkungsteuer, 9. Aufl., 723).

     

    Nur wenn der Schuldenerlass und die weitere Zuwendung gleichzeitig erfolgen, findet § 13 Abs. 1 Nr. 5 S. 2 ErbStG Anwendung (Meincke, a.a.O., § 13 Rn. 33).

     

    3.2 Anwendung

    Die Vorschrift ist auf Erwerbe von Todes wegen und auf Erwerbe unter Lebenden anzuwenden (Meincke, a.a.O., § 13 Rn. 32). Mehrere Zuwendungen innerhalb von zehn Jahren von derselben Person sind nicht nach § 14 ErbStG zusammenzufassen (Griesel in Daragan/Halacinsky/Riedel, a.a.O., § 13 Rn. 70).

    4. § 13 Abs. 1 Nr. 12 ErbStG: Unterhalt oder Ausbildung

    Steuerfrei sind nur Zuwendungen unter Lebenden zum Zwecke

    • des angemessenen Unterhalts oder
    • zur Ausbildung.

     

    Die Steuerfreiheit kommt nicht in Betracht, wenn der Zuwender gegenüber dem Bedachten gesetzlich unterhaltsverpflichtet ist. Gesetzlich unterhaltsverpflichtet ist der Ehegatte (§ 1353 BGB), der Verwandte in gerader Linie (§ 1601 BGB) oder der Lebenspartner nach § 5 LPartG.

     

    In gerader Linie verwandt sind Personen, die voneinander abstammen (§ 1589 Abs. 1 S. 1 BGB), also Eltern und Kinder, Großeltern und Enkel, Urgroßeltern und Urgroßenkel. Cousinen/Cousins oder Neffen/Nichten sind nicht in gerader Linie verwandt (Hk-BGB/Kemper, 7. Aufl., § 1589 Rn. 1).

     

    Die Unterhalts- oder Ausbildungskosten müssen somit freiwillig übernommen werden (Meincke, a.a.O., § 13 Rn. 48). Weiterhin muss der Bedachte „bedürftig“ sein (RFH 20.9.34, III e A 19/33, RStBl 34, 1440). Der Bedachte und der zum Unterhalt verpflichtete dürfen nicht in der Lage sein, die Ausbildungskosten oder den Unterhalt zu tragen (Meincke, a.a.O., § 13 Rn. 51). Weiterhin darf der Zweck der Zuwendung nicht in der Vorwegnahme der Erbfolge liegen (Meincke, a.a.O., § 13 Rn. 48; Brüggemann/Stirnberg, a.a.O., 730).

     

    PRAXISHINWEIS | Wichtig ist, dass der Unterhalt angemessen ist. Die Angemessenheit ist relativ zu bestimmen. Sie richtet sich nach den Vermögensverhältnissen und der Lebensstellung des Bedachten (§ 13 Abs. 2 S. 1 ErbStG). Hiermit könnten auch Zuwendungen für ein teures Alten- oder Pflegeheim befreit sein (Jülicher in Troll/Gebel/Jülicher, ErbStG, Stand 9/2013, § 13 ErbStG Rn. 140).

     

    Eine dieses Maß übersteigende Zuwendung ist im vollen Umfang steuerpflichtig (§ 13 Abs. 2 S. 2 ErbStG). Die Angemessenheit ist lediglich bei Unterhaltszahlungen zu prüfen. Bei Zuwendungen für Ausbildungszwecke spielt sie keine Rolle. Ist die Zuwendung sowohl für den Unterhalt als auch die Ausbildung bestimmt, ist die Angemessenheit nur für den für den Unterhalt bestimmten Teil zu prüfen (Jülicher in Troll/Gebel/Jülicher, a.a.O., § 13 ErbStG Rn. 146).

     

    4.1 Angemessener Unterhalt

    Unterhalt dient zur Bestreitung laufender Lebenshaltungskosten. Von daher sind nur laufende Unterhaltszahlungen befreit (Jülicher in Troll/Gebel/Jülicher, a.a.O., § 13 ErbStG Rn. 136). Zahlungen für den Erwerb bestimmter Gegenstände sind nicht befreit (Jülicher in Troll/Gebel/Jülicher, a.a.O., § 13 ErbStG Rn. 139). Im Einzelnen sind nicht befreit

    • die Finanzierung von Einrichtungsgegenständen (Jülicher in Troll/Gebel/Jülicher, a.a.O., § 13 ErbStG Rn. 139),
    • der Kauf einer Eigentumswohnung (Jülicher in Troll/Gebel/Jülicher, a.a.O., § 13 ErbStG Rn. 139),
    • die Einräumung eines Nießbrauchs an Wertpapieren an ein elfjähriges Kind (Götzenberger, Optimale Vermögensübertragung, 4. Aufl., Rn. 568 mit Verweis auf FG Baden-Württemberg 22.1.88, IX K 534/83, EFG 88, 240).

     

    4.2 Ausbildung

    Der Begriff „Ausbildung“ des § 13 Abs. 1 Nr. 5 und 12 ErbStG ist gesetzlich nicht definiert. Jedoch kann ein Rückgriff auf die einkommensteuerlichen Vorschriften erfolgen (Jülicher in Troll/Gebel/Jülicher, a.a.O., § 13 ErbStG Rn. 144).

     

    Die Palette an Ausbildungsstellen ist weit: allgemeinbildende Schulen, Berufsschulen, Hochschulen im In- und Ausland, Erst-/Zweitstudium, Promotion oder Praktika (Jülicher in Troll/Gebel/Jülicher, a.a.O., § 13 ErbStG Rn. 144). Wie bei Unterhaltsleistungen sind auch bei Ausbildungsleistungen grundsätzlich nur laufende Zahlungen steuerfrei (Meincke, ErbStG, a.a.O., § 13 Rn. 50).

     

    PRAXISHINWEIS | Nicht befreit ist/sind

     

    • die Zuwendung eines größeren Geldbetrags zu Ausbildungszwecken. Hier ist regelmäßig eine Vorwegnahme der Erbschaft zu sehen (Meincke, a.a.O., § 13 Rn. 48; a.A. Jülicher in Troll/Gebel/Jülicher, a.a.O., § 13 ErbStG Rn. 136),

     

    • die Zuwendung, die nur teilweise für die Ausbildung bestimmt ist und deren Verwendung ansonsten im freien Ermessen liegt (Meincke, a.a.O., § 13 Rn. 51),

     

    • Zahlungen zur nachträglichen Abdeckung bereits entstandener Aufwendungen, z.B. die Rückzahlung eines aufgenommenen Kredits zur Finanzierung der Ausbildung (Jülicher in Troll/Gebel/Jülicher, a.a.O., § 13 ErbStG Rn. 145).
     

    4.3 Anwendung

    Diese Vorschrift wird nur auf Erwerbe unter Lebenden angewendet (Meincke, a.a.O., § 13 Rn. 48). Eine steuerfreie Zuwendung für den angemessenen Unterhalt oder die Ausbildung wird nicht mit späteren Zuwendungen nach § 14 ErbStG zusammengefasst (Meincke, a.a.O., § 13 Rn. 51).

    5. § 13 Abs. 1 Nr. 14 ErbStG: Übliche Gelegenheitsgeschenke

    Für die Anwendung dieser Vorschrift sind drei Voraussetzungen zu prüfen (Stoklassa/Feldner, ErbStB 14, 70):

    • Es muss eine „Gelegenheit“ (ein Anlass) vorliegen;
    • die Gelegenheitsgeschenke müssen der Art nach üblich sein;
    • die Gelegenheitsgeschenke müssen dem Wert nach „üblich“ sein.

     

    Sollten die drei Voraussetzungen erfüllt sein, ist die übliche Gelegenheitsschenkung erbschaftsteuerfrei (vollständige sachliche Steuerbefreiung). Eine Aufteilung in einen üblichen und einen unüblichen Teil ist nicht möglich (Griesel in Daragan/Halacinsky/Riedel, a.a.O., § 13 Rn. 100).

     

    5.1 Übliche Gelegenheitsgeschenke

    Das Wort „Gelegenheit“ verlangt einen bestimmten Anlass (Stoklassa/Feldner, ErbStB 14, 70) für die Zuwendung. Als Anlass sind denkbar:

     

    • einmalige Ereignisse wie Abitur, Examen, Hochzeit, Taufe, Kommunion, Konfirmation, das Erreichen der Fahrprüfung oder der Volljährigkeit;

     

    • wiederkehrende Ereignisse wie Geburtstag, Weihnachten, Hochzeitstag, Jubiläum.

     

    Ihrer Art nach sind grundsätzlich alle Geld- und Sachgeschenke üblich - nicht aber Grundstücks- oder Betriebsvermögen (Griesel in Daragan/Halacinsky/Riedel, a.a.O., § 13 Rn. 99). Der Wert ist nach den Verhältnissen des Beschenkten zu beurteilen. Er richtet sich nach seinen Verwandtschafts-, Einkommens- und Vermögensverhältnissen, sowie nach seiner sozialen Schicht (Griesel in Daragan/Halacinsky/Riedel, a.a.O., § 13 Rn. 99).

     

    PRAXISHINWEIS | Keine üblichen Geldzuwendungen sind (Esskandari, Praktiker-Kommentar Erbschaftsteuer, 2013, § 13 Rn. 108):

    • Geldzuwendungen von 80.000 DM für Hausrenovierungen oder
    • 70.000 DM für die Anschaffung eines PKWs.
     

    5.2 Anwendung

    Diese Vorschrift findet auf Erwerbe von Todes wegen und auf Erwerbe unter Lebenden Anwendung. Eine steuerfreie Zuwendung für übliche Gelegenheitsgeschenke wird nicht mit späteren Zuwendungen nach § 14 ErbStG zusammengefasst werden (Griesel in Daragan/Halacinsky/Riedel, a.a.O., § 13 Rn. 100).

     

    Zum Autor | Stefan Barsch ist Steuerberater, Fachberater für den Heilberufebereich (IFU/ISM gGmbH), Fachberater für Unternehmensnachfolge (DStV e.V.), Testierter Testamentsvollstrecker (DVEV), Niederlassungsleiter der BUST-Steuerberatungsgesellschaft mbH - Steuerberatung für Ärzte, Braunschweig.

    Quelle: Ausgabe 11-12 / 2014 | Seite 298 | ID 42715401

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