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· Irrtümer im Arbeitsrecht ‒ Teil 3

Sind Kündigungen auch ohne Begründung wirksam?

Bild: © tonefotografia - stock.adobe.com | Montage: IWW Institut

| Leserfrage: „Ich sehe mich gezwungen, einem Mitarbeiter fristgerecht kündigen zu müssen. Ist es eigentlich erforderlich, dabei einen Grund anzugeben? Ich habe gehört, dass die Kündigung ohne Kündigungsgrund unwirksam ist und ich vor Gericht im Zweifel mit einer Niederlage rechnen muss.“ |

 

PRAXISTIPP | Rechtsanwalt und Fachanwalt für Arbeitsrecht Martin Hane, Lünen: „Das ist falsch. Aus dem Kündigungsschreiben muss nur hervorgehen, dass Sie das Arbeitsverhältnis beenden wollen. Die Angabe des Kündigungsgrunds ist nicht erforderlich. Bei fehlender Begründung ist also die Kündigung gleichwohl wirksam. Das gilt auch für die außerordentliche Kündigung. Zwar ist der Arbeitgeber bei einer außerordentlichen Kündigung gesetzlich verpflichtet, auf Verlangen des Arbeitnehmers den Kündigungsgrund schriftlich mitzuteilen. Tut er das nicht, so macht dies die Kündigung aber nicht unwirksam. Ausnahmen finden sich in Sondergesetzen, z.B. § 22 Abs. 2 BBiG.“

 

Grundsätze

Das Gesetz sieht vor, dass die Kündigung schriftlich erfolgen muss (§ 623 BGB). Von einem Grund im Kündigungsschreiben ist keine Rede. Das heißt aber nicht, dass Sie keinen gesetzlich anerkannten Grund brauchen, um kündigen zu können.

 

Es ist in vielen Fällen aber sinnvoll, den Grund bzw. die Gründe für die Kündigung erstmal für sich zu behalten. Vor Gericht sind sie nämlich Ihr Ass im Ärmel.

 

  • 1. Würden sie die Kündigungsgründe nennen, könnte sich der gekündigte Mitarbeiter besser auf den Kündigungsschutzprozess vorbereiten und hätte dadurch einen Vorteil.
  • 2. Wenn Sie die Kündigung zunächst nicht begründen, könnten Sie vor Gericht noch weitere (gerechtfertigte) Gründe hinzufügen. Sollte Ihnen oder Ihrem Anwalt zum Prozesses noch etwas einfallen, was die Kündigung rechtfertigt, dann kann der Richter nicht entgegnen „Davon stand aber nichts im Kündigungsschreiben“.

 

Beachten Sie | Tarifverträge können das Gesetz aushebeln. Studieren Sie im Falle einer Tarifbindung unbedingt die für Ihre Branche geltenden Regelungen. Soweit Sie aber einen Kleinbetrieb mit weniger als zehn Angestellten führen, brauchen Sie sich um die Begründung kaum Sorgen zu machen.

 

Arbeitnehmer muss Dreiwochenfrist beachten

Um sich zu wehren, muss der Arbeitnehmer nach Zugang der Kündigung innerhalb von drei Wochen Kündigungsschutzklage einreichen. Ansonsten ist das Thema durch. Auch Forderungen nach Abfindungen sind dann kaum mehr erfolgversprechend.

Ausnahmen

1. Kündigung von Auszubildenden

Nach der Probezeit ist es die Pflicht des Arbeitgebers, den Kündigungsgrund im Schreiben anzugeben (§ 22 Abs. 3 BBiG).

 

2. Die Kündigung von Arbeitnehmerinnen im Mutterschutz

Auch bei der Kündigung von Arbeitnehmerinnen im Mutterschutz sieht das Mutterschutzgesetz vor, den Kündigungsgrund im Schreiben anzugeben (§ 9 Abs. 3 S. 2 MuSchG).

 

3. Kündigungsgrund bei betriebsbedingter Kündigung mit Abfindungsangebot

Der Kündigungsgrund ist ebenfalls anzugeben, wenn Sie einem Mitarbeiter wegen dringender betrieblicher Erfordernisse kündigen. Dafür müssen Sie im Kündigungsschreiben darauf hinweisen, dass die Kündigung durch „dringende betriebliche Erfordernisse“ erfolgt (§ 1 a Abs. 1 KSchG).

 

4. Fristlose Kündigung

Sie sind bei einer fristlosen Kündigung nicht dazu verpflichtet den Grund im Schreiben anzugeben. Sie müssen dem zu Kündigenden den Grund allerdings unmittelbar schriftlich mitteilen, wenn er ihn verlangt (§ 626 Abs. 2 S. 3 BGB).

 

5. Betriebsratsanhörung

Vor jeder Kündigung sind Sie als Arbeitgeber verpflichtet, den Betriebsrat anzuhören. Dabei müssen Sie ihm den Kündigungsgrund vorlegen (§ 102 Abs. 1 BetrVG).

 

Wichtig | Damit Arbeitgeber ihre Mitarbeiter nicht willkürlich feuern können, ist es selbstverständlich Pflicht, einen Grund zu haben. Nur weil man ihn nicht im Schreiben angeben muss, heißt das nicht, dass man generell keinen braucht. Dieser wird auch bei der Anhörung des Betriebsrats verlangt ‒ sofern es den bei Ihnen gibt.

 

Weiterführende Hinweise

  • Musterformulierung einer Abmahnung: Abruf-Nr. 44864707
  • Irrtum 1: „You are fired“ ‒ das funktioniert nicht Abruf-Nr. 45011854
  • Irrtum 2: Versehentlich gekündigt? Zurückholen ist schwierig Abruf-Nr. 45012861
  • Irrtum 3: Sind Kündigungen auch ohne Begründung wirksam? Abruf-Nr. 45013611
  • Irrtum 4: Anspruch auf Urlaubsgeld: Einmal zahlen immer zahlen? Abruf-Nr. 45046873
  • Irrtum 5: Fristlose Kündigung: Keine Chance ohne Verdacht ... Abruf-Nr. 45351490
  • Irrtum 6: Ohne Abmahnung kündigen: Ja, das ist möglich! Abruf-Nr. 45014904
  • Irrtum 7: Dreimal abmahnen? Nein, die Schwere entscheidet! Abruf-Nr. 45017779
  •  
  • CE-Download: Musterformulierung einer Abmahnung -Abruf-Nr. 44864707
Quelle: ID 45013611