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· Entgelttransparenzgesetz (EntgTranspG)

Das hilft gegen Symptome der „Entgelt-Transparenz“

Bild: © JackF - stock.adobe.com

von Jörg Thole, Chefredakteur, IWW Institut

| Der Befund „Frauen verdienen weniger als Männer“ ist eine politische Pauschalierung. Er ermöglichte dem Gesetzgeber aber die Operation „Entgelttransparenz“. Seit 06.01.2018 müssen Sie als Arbeitgeber auf Verlangen ‒ mindestens 200 Beschäftigte vorausgesetzt ‒ Auskunft geben, was ein Kollege mit vergleichbarer Beschäftigung verdient. Nach über einem Jahr will das Bundeskabinett nun eine erste Bilanz ziehen. „Zu früh“, sagt die CDU/CSU-Fraktion, während andere politische Kräfte schon eine Verschärfung einfordern. |

Entgelttransparenzgesetz (EntgTranspG)

Aus Sicht kleinerer Unternehmer gibt es zunächst keinen zwingenden Handlungsbedarf. Denn die Hürden liegen zum Glück hoch:

 

  • 1. Die Auskunftspflicht gilt nur für Unternehmen ab 200 Beschäftigte
  • 2. Es muss 6 Vergleichspersonen des anderen Geschlechts geben
  • 3. Sie müssen nur den Mittelwert der Gehälter bekanntgeben
  •  

Darüber hinaus müssen Sie die Regeln des § 12 EntgTranspG kennen:

 

  • So steht es im Gesetz (§ 12 EntgTranspG)

Der Anspruch besteht für Beschäftigte in Betrieben mit in der Regel mehr als 200 Beschäftigten bei demselben Arbeitgeber.

Die Auskunftspflicht umfasst

  • 1. nur Entgeltregelungen, die in demselben Betrieb und bei demselben Arbeitgeber angewendet werden,
  • 2. keine regional unterschiedlichen Entgeltregelungen bei demselben Arbeitgeber und

3. keinen Vergleich der Beschäftigtengruppen untereinander.

 

Bei der Beantwortung eines Auskunftsverlangens ist der Schutz personenbezogener Daten der auskunftverlangenden Beschäftigten sowie der vom Auskunftsverlangen betroffenen Beschäftigten zu wahren. Insbesondere ist das Vergleichsentgelt nicht anzugeben, wenn die Vergleichstätigkeit von weniger als sechs Beschäftigten des jeweils anderen Geschlechts ausgeübt wird. Es ist sicherzustellen, dass nur die mit der Beantwortung betrauten Personen Kenntnis von den hierfür notwendigen Daten erlangen.

 

Eine Kienbaum-Studie zum individuellen Auskunftsanspruch zeigt: Über 67 Prozent der Befragten sahen Ende Januar 2018 noch keine Anzeichen, dass Mitarbeiter den individuellen Auskunftsanspruch geltend machen. Dennoch rechnet die Mehrheit der Befragten (85 Prozent) damit, dass noch Fragen eingehen werden.

 

Heute nun ‒ nach anderthalb Jahren ‒ nimmt sich das Bundeskabinett den Bericht der Bundesregierung zur Wirksamkeit des Gesetzes zur Förderung der Entgelttransparenz zwischen Frauen und Männern vor. Dazu erklärt die stellvertretene Vorsitzende der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Nadine Schön:

 

Die Datenerhebung und Bewertung des Entgelttransparenzgesetzes sei sehr früh erfolgt ‒ vor allem was den individuellen Auskunftsanspruch anbelangt. Dieser kann seit 06.01.2018 geltend gemacht werden. Die ersten Abfragen seien aber schon zwischen Mai und Juni 2018 erfolgt. „Daher ist eine umfassende Beurteilung zum jetzigen Zeitpunkt überhaupt noch nicht möglich“, so Schön.

 

Hintergrund ist das Evaluationsgutachten von Kienbaum. Dieses könne lediglich erste Hinweise auf die Wirksamkeit des Gesetzes geben kann. „Wir haben im Koalitionsvertrag mit der SPD festgelegt, dass wir auf der Grundlage der ersten Erfahrungen über weitere erforderliche Schritte entscheiden werden.“ Während die CDU/CSU allenfalls Informations- und Beratungsangebote verbessern will, gibt es aber auch politische Stimmen, die eine Verschärfung des Gesetzes fordern.

Praktische Umsetzungstipps

Während sich Großunternehmen über Ihre Personalabteilungen durchschnittlich 15 Tage auf das Gesetz vorbereitet haben, suchen kleinere mittelständische Unternehmen nach pragmatischen Lösungsansätzen, um die Auskunftsersuchen zu umschiffen oder ggf. abzuweisen.

 

TIPPS |

Sachargumente, die zu einer Abweisung führen können:

  • Tragen die Vergleichspersonen ggf. mehr Verantwortung?
  • Sind die Fertigkeiten, Erfahrungen, Arbeitsbedingungen wirklich vergleichbar?
  • Wer hat Kontakt zu welchen Kunden? / Gibt es wichtige und weniger wichtige Kunden?
  • Wenn Sie Auskunft geben, dann immer nur den Verdienst-Mittelwert der Vergleichspersonen.
  • Bei mehreren Betriebstätten kann der regionale Unterschied eine unterschiedliche Bezahlung rechtfertigen.
 

Beachten Sie | Selbst wenn der Auskunftssuchende von Ihnen den Entgelt-Vergleichswert erhält ... kann er daraus zwar eine Forderung formulieren. Es ergibt sich aber unter Berücksichtigung der Praxistipps nicht gleich Handlungszwang für Sie als Arbeitgeber. Der Auskunftssuchende kann auch selbst Konsequenzen ziehen.

 

Beachten Sie aber § 7 EntgTranspG ‒ das Entgeltgleichheitsgebot. Danach dürfen Sie nicht diskriminieren: „Bei Beschäftigungsverhältnissen darf für gleiche /gleichwertige Arbeit nicht wegen des Geschlechts ein geringeres Entgelt vereinbart oder gezahlt werden als bei einer oder einem Beschäftigten des anderen Geschlechts.“

Formalien

  • Das Auskunftsersuchen erfordert Schriftform und Angabe der Vergleichstätigkeit.
  • Die Frage muss auf die Kriterien der Entgeltermittlung und dem durchschnittlichen Vergleichsentgelt abzielen.
  • Nur das Monatsentgelt und 2 weitere Gehaltsbestandteile müssen offengelegt werden.

 

Die nachfolgende Übersicht des IWW-Informationsdienstes AA Arbeitsrecht aktiv zeigt Ihnen die 4 denkbaren Fälle.

 

Weiterführende Hinweise

  • CE-Download: Koalitionsvertrag - Abruf-Nr: 45144358
Quelle: ID 45146276