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  • · Fachbeitrag · Krankenhausmanagement

    Krankenhaus Rating Report 2013 (Teil 2): Künftige Rationierung wohl nicht zu vermeiden

    von Dr. Boris Augurzky, Rheinisch-Westfälisches Institut für Wirtschaftsforschung (RWI), Essen, www.rwi-essen.de 

    | Welche Maßnahmen sollten Krankenhäuser und die Politik ergreifen, um die roten Zahlen und wenig rosigen Aussichten zahlreicher Krankenhäuser zu beheben? Teil 2 der Beitragsserie zum Krankenhaus Rating Report des RWI befasst sich damit, wie die in Teil 1 dargelegten finanziellen Schieflagen behoben werden können - mit nicht immer populären Vorschlägen. |

    Kliniken sollten Kapazitäten bündeln

    Verschiedene regionale Aktivitäten zur Verbundbildung sind zum Beispiel in Hessen, im Ruhrgebiet und in Schleswig-Holstein zu beobachten. Anfängliche Widerstände dürften wegen des steigenden äußeren Drucks überwunden werden, um mit gebündeltem Auftreten der wachsenden Einkaufsmacht der Krankenversicherungen gegenüberzutreten und Fixkosten zu senken.

     

    Gegengewicht zur steigenden Macht der Krankenversicherungen

    Die Zahl der Krankenkassen hat deutlich abgenommen - auf nur noch 134 Anfang 2013 -, ihre Macht wuchs entsprechend. Dieser Konsolidierungsprozess wird anhalten. Es liegt also nahe, auch auf Krankenhausseite als Großverbund, nationales oder regionales Netzwerk aufzutreten. Erfolgreich werden am Ende aber nicht die Großen, sondern die Schnellen sein.

     

    Schuldenbremse hilft bei Konsolidierung

    Die Bündelung von Kapazitäten führt zu erheblichen lokalen Widerständen, die bislang - wegen des Wettbewerbs um Wähler - häufig mit zusätzlichen öffentlichen Mitteln ruhiggestellt wurden. Die Schuldenbremse wird jedoch ab 2016 (Bund) bzw. 2020 (Länder) dafür sorgen, dass die Fokussierung auf Wählerstimmen etwas eingeschränkt wird. Im Krankenhausbereich ist somit künftig mit geringeren Finanzhilfen zu rechnen - selbst in Wahljahren.

    Rationierung nicht zu vermeiden

    Das einzelne Krankenhaus kann dem wirtschaftlichen Druck entweder durch eine Steigerung der Erlöse oder einer Senkung der Kosten entgegentreten. Erlössteigerungen durch eine Erhöhung des Casemix-Volumens werden in Zukunft schwerer fallen. Auf der Kostenseite gibt es auf der betrieblichen Ebene zwar immer wieder Möglichkeiten zu Einsparungen, wie erfolgreiche Sanierungen zeigen. Als Dienstleistungsunternehmen wird ein Krankenhaus allerdings keinen so hohen jährlichen Produktivitätsfortschritt erreichen können wie ein kapitalintensives Industrieunternehmen, das auf arbeitssparenden technischen Fortschritt setzen kann. Das bedeutet: Es gibt vermutlich auch auf der Kostenseite kein ausreichendes Potenzial, um die künftige Gesundheitsnachfrage ohne Rationierung bedienen zu können.

    Interessen der Investitions- und Betriebskostenträger

    Auf mittlere Sicht sind daher strukturelle Anpassungen nötig, die das Wachstum der aggregierten Betriebskosten der Krankenhäuser reduzieren. Strukturanpassungen sollten frühzeitig beginnen, um spätere schmerzhafte ad-hoc-Anpassungsprozesse abzumildern. Dazu sind zwingend Investitionen nötig. Hier schließt sich der „Teufelskreis“, denn gerade mangels ausreichender Mittel unterbleiben oftmals strukturoptimierende Investitionen. Die Folge: steigende Betriebskosten. Um diesen Teufelskreis zu durchbrechen, muss eine Interessensgleichheit zwischen den Financiers der Investitionskosten und den Financiers der Betriebskosten hergestellt werden.

    Monistische Finanzierung wünschenswert

    Über eine monistische Finanzierung würde in dieser Hinsicht bereits viel erreicht. Investitionspauschalen auf Länderebene wären ein guter Kompromiss, ebenso der Handel mit Abrechnungslizenzen. Wenn diese Ziele indessen nicht erreichbar sind, muss mit zusätzlichen Mitteln zur Finanzierung von Betriebskosten Einfluss auf den investiven Bereich genommen werden. Zusätzliche Mittel sind also zur Modernisierung der Krankenhausstrukturen zu verwenden - wie dies in den neuen Bundesländern in den vergangenen zwei Jahrzehnten erfolgreich geschehen ist.

    Krankenkassen mit ergänzenden Investitionspauschalen?

    Nachzudenken wäre über eine Art „Residualmonistik“, bei der die Krankenversicherungen über ergänzende Investitionspauschalen die Lücken in der Investitionsfinanzierung der Länder schließen. Je größer die Lücke in einem Bundesland ist, desto größer fielen die ergänzenden Investitionspauschalen aus. Im Gegenzug muss das Bundesland jedoch Rechte im Bereich der Planung und Finanzierung an die Krankenversicherungen abtreten.

    Investitionsfonds als alternatives Finanzierungsinstrument

    Eine Alternative könnte ein Investitionsfonds auf Bundesebene sein, gespeist aus Mitteln der Krankenversicherungen, um - an den Ländern vorbei - Strukturveränderungen anstoßen zu können. Der Fonds könnte zinsvergünstigte Darlehen immer dann anbieten, wenn der Kreditnehmer zum Beispiel im Rahmen eines Verbunds seine Kapazitäten bündeln oder reduzieren möchte. Mit einer Zinsvergünstigung von 4 Prozentpunkten könnte mit 400 Millionen Euro ein Fremdkapitalvolumen von 10 Milliarden Euro finanziert werden.

     

    Der Fonds könnte sich auch für eine bestimmte Zeit als Eigenkapital- oder Mezzanin-Kapitalgeber beteiligen und an Restrukturierungserfolgen partizipieren. Damit würden die derzeitigen Mittel im GKV-System sinnvoll angelegt - mit positiver Rendite, um in schlechteren Zeiten davon zu zehren.

     

    Weiterführender Hinweis

    • Der vollständige Report kann für 298,95 Euro inkl. 7 % Mwst. beim Verlag medhochzwei bestellt werden (ISBN 978-3-86216-095-2). Er ist auch als E-Book erhältlich.
    Quelle: Ausgabe 08 / 2013 | Seite 4 | ID 42229716