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  • · Fachbeitrag · AGG

    Mit 60 Jahren automatisch gekündigt? Das Problem mit den Altersklauseln

    | Ein Lebensalter von 60 Jahren kann im Dienstvertrag mit einem GmbH-Geschäftsführer als Altersgrenze vereinbart werden, die eine ordentliche Kündigung rechtfertigt. Wenn gewährleistet ist, dass dem Geschäftsführer nach seinem Ausscheiden aus dem Unternehmen eine betriebliche Altersversorgung zusteht, verstößt eine derartige Regelung nicht gegen das AGG. |

     

    Sachverhalt

    Der 1955 geborene V war Vorsitzender der Geschäftsführung eines Unternehmens. Sein Dienstvertrag war bis zum 31.8.18 befristet. Er sah in § 7 Abs. 3 vor, dass beide Vertragsparteien den Vertrag beim Eintritt des V in das 61. Lebensjahr mit einer sechsmonatigen Frist zum Jahresende ordentlich kündigen konnten. 2015 rief die Gesellschafterversammlung den V als Geschäftsführer ab. Im Juni 2016 kündigte sie den Dienstvertrag zum 31.12.16. V wendet sich gegen diese Kündigung.

     

    Entscheidungsgründe

    Der 8. Zivilsenat des OLG Hamm hält die Kündigung für gerechtfertigt (19.6.17, 8 U 18/17, Abruf-Nr. 195987). Die Kündigung sei im Dienstvertrag wirksam vereinbart worden. Die Regelung verstoße nicht gegen AGG. Dabei könne offenbleiben, ob das AGG bei einer Vertragsbeendigung auf einen GmbH-Fremdgeschäftsführer anzuwenden sei. Zwar gebe es insoweit keinen besonderen Kündigungsschutz, der das AGG verdränge. Höchstrichterlich sei jedoch noch nicht geklärt, ob das AGG Organe juristischer Personen als ArbN generell schütze. Aber selbst wenn man dies zugunsten des V annehme, sei die Klausel wirksam.

     

    Zwar benachteilige ihn die Regel, weil sie das Kündigungsrecht an sein Alter knüpfe. Diese Regelung sei aber nach § 10 S. 1 und 2 AGG zulässig. Der Senat meint, dass eine Altersgrenze unterhalb des gesetzlichen Renteneintrittsalters für GmbH-Geschäftsführer jedenfalls dann zulässig vereinbart werden könne, wenn gewährleistet sei, dass dem Geschäftsführer ab dem Zeitpunkt seines Ausscheidens eine betriebliche Altersversorgung zustehe.

     

    Das Anforderungsprofil für Unternehmensleiter sei besonders hoch. Daher könne sich aus betriebs- und unternehmensbezogenen Interessen ein Bedürfnis für die Altersgrenze ergeben, die unter dem gesetzlichen Renteneintrittsalter liege. Ein Unternehmen könne zudem ein legitimes Interesse daran haben, frühzeitig einen Nachfolger in der Unternehmensleitung zu installieren. Erhalte dann ein aufgrund der Altersklausel vorzeitig ausscheidender Geschäftsführer sofort eine betriebliche Altersversorgung, sei seinen Interessen an sozialer Absicherung genügt. Unter diesen Voraussetzungen sei daher eine vereinbarte Altersgrenze, die deutlich unterhalb des gesetzichen Renteneintrittsalters liege, als mit dem AGG vereinbar anzusehen.

     

    Im vorliegenden Fall stehe dem V ab Zeitpunkt seines vorzeitigen Ausscheidens eine betriebliche Altersversorgung zu. Zudem werde er bei seiner Altersversorgung so gestellt, als wenn er erst zum Ablauf der regulären Vertragslaufzeit ausgeschieden wäre. Die im Verhältnis zur ursprünglichen Vergütung geringere Höhe der betrieblichen Altersversorgung müsse er hinnehmen. Dass sich die Höhe der betrieblichen Altersversorgung maßgeblich nach der Dauer der Tätigkeit für das jeweilige Unternehmen richte, entspreche allgemeinen Grundsätzen. Die betriebliche Altersversorgung gewährleiste zudem eine hinreichende soziale Absicherung.

     

    Relevanz für die Praxis

    Die Revision wurde wegen der grundsätzlichen Bedeutung zugelassen. Die Frage, unter welchen Voraussetzungen sogenannte Altersklauseln in Anstellungsverträgen von Organen juristischer Personen nach dem AGG zulässig seien, sei ‒ so der Senat ‒ bislang höchstrichterlich ungeklärt. Zwischenzeitlich hat der V beim BGH Revision eingelegt (BGH II ZR 244/17).

     

    Es bleibt insoweit zu wünschen, dass sich der 2. Zivilsenat des BGH klar zur Anwendbarkeit des AGG auf (Fremd-)Geschäftsführer einer GmbH positioniert. Der Wortlaut des § 6 Abs. 1 Nr. 1 i. V. m. Abs. 3 AGG spricht eher dafür, Geschäftsführern als Organen der GmbH in Anlehnung an § 5 Abs. 1 S. 3 ArbGG die Arbeitnehmereigenschaft abzusprechen. Dies würde bedeuten, dass die Regelungen des AGG auf Organe juristischer Personen, wie Geschäftsführern, nur in den in § 6 Abs. 3 AGG genannten Ausnahmefällen (Zugang zur Erwerbstätigkeit und beruflicher Aufstieg) Anwendung finden.

     

     

    Weiterführende Hinweise

    • Die Beendigung des Vertragsverhältnisses des GmbH-Geschäftsführers in AA 16, 178
    • Wann ist der Geschäftsführer denn nun ArbN? Leserforum in AA 16, 70
    Quelle: Ausgabe 09 / 2017 | Seite 158 | ID 44837551