Praxiswissen auf den Punkt gebracht.
logo
  • Meine Produkte
    Bitte melden Sie sich an, um Ihre Produkte zu sehen.
Menu Menu
MyIww MyIww

· Fachbeitrag · Provisionsrückforderungen

So wehren Sie Provisionsrückforderungsansprüche im Prozess effektiv ab

von Rechtsanwalt Bernhard Schleicher, Kanzlei Dr. Heinicke, Eggebrecht, Ossenforth & Kollegen, München

| Das OLG Karlsruhe hat eine effektive Strategie zur Abwehr von Provisionsrückforderungsansprüchen bestätigt. Erfahren Sie nachfolgend die Einzelheiten zu dieser Strategie und wie Sie diese für sich nutzen. |

Streit um Provisionsrückforderungen des Versicherers

Im Urteilsfall verklagte der Versicherer seinen ausgeschiedenen Vertreter auf Rückzahlung von knapp 20.000 Euro angeblich unverdienter Provisionen. Zur Begründung legte er unter anderem die Provisionsabrechnungen vor, in denen die Negativ-Buchungen aufgeführt wurden, die nach Verrechnung mit positiven Provisionsbuchungen zu dem eingeklagten Saldo führten.

 

Der Vertreter bestritt die Berechtigung der Negativ-Buchungen, addierte aber die Haben-Positionen der Provisionsabrechnungen und erhob über deren Summe, zirka 9.000 Euro, Widerklage. Im Laufe des Prozesses war der Versicherer nicht in der Lage vorzutragen, was die Rechtsprechung für berechtigte Provisionsrückforderungen voraussetzt. Insbesondere konnte der Versicherer nicht nachweisen, dass der Vertreter zuvor die Provisionen auch erhalten hatte, die der Versicherer zurückverlangt hat. Denn es hatte unstreitig mehrere Bestandsübertragungen gegeben und es war letztlich nicht klar, ob der Vertreter überhaupt in den Genuss der Provisionen kam, die nun zurückverlangt wurden. Somit scheiterte der Versicherer mit seiner Klage (OLG Karlsruhe, Urteil vom 7.2.2014, Az. 15 U 58/13; Abruf-Nr. 140642).

 

Aber damit nicht genug. Das OLG hat dem Vertreter bis auf einen Betrag in Höhe von knapp 3.500 Euro - der fälschlicherweisein einem außergerichtlichen Schreiben bereits anerkannt worden war - Recht gegeben und den Versicherer zur Bezahlung von zirka 5.300 Euro verurteilt. Das LG hatte dies noch anders gesehen und die Widerklage ebenfalls abgewiesen mit der Begründung, der Vertreter müsse für jeden einzelnen Provisionsanspruch, den er geltend macht, umfassend vortragen, für welche Vermittlung er wann welche Provision genau verdient haben wolle. Das OLG hat das jedoch anders gesehen und wie folgt begründet:

 

  • Zitat aus der Begründung des OLG

In der Rechtsprechung ist anerkannt, dass die Provisionsabrechnung die Mitteilung des Unternehmers enthält, in welcher Höhe einem Handelsvertreter nach der Auffassung seines Prinzipals ein Provisionsanspruch zusteht und wie sich dieser Provisionsanspruch zusammensetzt und errechnet; sie hat den Charakter eines abstrakten Schuldanerkenntnisses.

 

Das OLG macht die Rechnung der Versicherer zunichte

Bevor Versicherer Provisionsrückforderungsansprüche geltend machen, haben sie in der Regel bereits eine Vielzahl meist unberechtigter Ansprüche mit einer Stornosicherheit und/oder Provisionsansprüchen des Vertreters in der laufenden Provisionsabrechnung verrechnet.

 

Während Stornosicherheiten leicht nachweisbar sind, weil sie sich meist aus vertraglichen Regelungen oder den Abrechnungen selbst ergeben, wenden Versicherer gegen restliche Provisionsansprüche gerne ein, der Vertreter müsste den Vollbeweis für deren Berechtigung erbringen. Dass dem nicht so ist, hat das OLG nun auch für diese spezielle Konstellation klargestellt, in der nur ein Teil einer Provisionsabrechnung, nämlich die Haben-Buchungen, unstreitig gestellt werden.

 

PRAXISHINWEISE | Aus dem Urteil des OLG Karsruhe lässt sich folgende Empfehlung für Sie ableiten:

 

  • Als ausgeschiedener Vertreter sollten Sie Ihre Provisionsabrechnungen gut aufheben. Gerade in den ersten Monaten nach Vertragsende fließen noch Provisionen, die von den Versicherern aber in den Provisionsabrechnungen bereits mit oftmals unberechtigten Provisionsrückforderungsansprüchen saldiert werden. Danach werden etwaige Stornosicherheiten verbraucht und erst dann werden Sie in Anspruch genommen. Es wurden also bereits oftmals erhebliche Gelder unberechtigt verrechnet, bevor Sie überhaupt in Anspruch genommen werden. Sie merken dies nicht, weil Sie durch die Saldierung den Überblick verloren haben oder eine gewisse Zeit lang froh waren, dass keine Forderungen auf Sie zukamen.

 

  • Sind Sie ausgeschieden, sollten Sie aus dem Fall folgende Konsequenz ziehen:
    • Sie verlangen entweder gleich unberechtigt saldierte Provisionsansprüche, also Haben-Buchungen vom Versicherer, klagen also selbst.
    • Oder Sie heben sich diese Gegenpositionen als effektive Verteidigungsstrategie auf für den Fall, dass der Versicherer sie nach Ihrem Ausscheiden verklagt.

 

  • Die zweite Option ist oft zu bevorzugen, weil dann zunächst einmal der Versicherer die Gerichtskosten einzahlen muss und sich das Verfahren dann zum Bumerang für den Versicherer entwickelt, was auch die Chancen auf einen endgültigen und guten Vergleich für den Vertreter deutlich erhöht.

 

  • Wählen Sie die zweite Option, so müssen Sie nur darauf achten, dass Sie nicht die Verjährung Ihrer eigenen Ansprüche aus den Augen verlieren.

 

  • Die Entscheidung des OLG stärkt Ihnen jedenfalls für beide Möglichkeiten deutlich den Rücken.
 

Weiterführender Hinweis

  • Beitrag „So wehren Sie sich mit Hilfe der aktuellen Rechtsprechung gegen Provisionsrückforderungen“, WVV 2/2014, Seite 6 im Archiv auf wvv.iww.de.
Quelle: Ausgabe 04 / 2014 | Seite 5 | ID 42574006