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· Fachbeitrag · Courtage/Betriebseinnahmen

So wird die stornobehaftete Courtage bei einem Einnahmen-Überschuss-Rechner behandelt

von Dipl.-Finanzwirt, M.A. (Taxation), Daniel Denker, Oldenburg und Dipl.-Finanzwirt Marvin Gummels, Hage, www.steuer-webinar.de

| Versicherungsmakler stellen sich regelmäßig die Frage, wie stornobehaftete Courtagezahlungen im Steuerrecht zu behandeln sind. Insbesondere zu welchem Zeitpunkt der Stornoanteil der Besteuerung unterliegt. Erfahren Sie nachfolgend, wie solche Zahlungen bei einer Einnahmen-Überschuss-Rechnung nach § 4 Abs. 3 EStG steuerlich behandelt werden. Wenden Sie die dargestellten Grundsätze an, sind Sie bei einer Betriebsprüfung vor bösen Überraschungen gefeit. |

Grundsatz der Einnahmen-Überschuss-Rechnung

Ermitteln Sie als Versicherungsmakler Ihren Gewinn nach der Einnahmen-Überschuss-Rechnung nach § 4 Abs. 3 EStG, ist für Sie das Zufluss-Abfluss-Prinzip nach § 11 EStG maßgebend. Entscheidend für die zeitlich korrekte steuerliche Einordnung ist also immer der Zufluss bzw. Abfluss von liquiden Mitteln. Auf die periodengerechte Zuordnung von Betriebseinnahmen und Betriebsausgaben, wie es bei buchführungspflichtigen Maklerunternehmen der Fall ist, kommt es demzufolge nicht an. Maßgebend für die zeitliche Versteuerung von Betriebseinnahmen ist bei Ihnen der Zufluss der Courtage.

Zufluss von Courtagen

Verdiente und fällige Courtagen, die Ihnen der Versicherer auf Ihrem persönlichen Courtagekonto gutschreibt, gelten mit der Gutschrift als zugeflossen. Abschlagszahlungen, Courtagevorschüsse, Jahresboni und sonstige Vergütungen müssen Sie bei Geldzufluss als Betriebseinnahme erfassen.

 

Wichtig | Courtagevorschüsse gelten Ihnen auch dann als zugeflossen, wenn im Zeitpunkt Ihrer Veranlagung zur Einkommensteuer feststeht, dass Sie diese teilweise zurückzahlen müssen (BFH, Urteil vom 13.10.1989, Az. III R 30-31/85).

 

Demnach wird auch bei Rückzahlungen von Vorschüssen das Zuflussprinzip nicht durchbrochen. Erst wenn Sie die Vorschüsse tatsächlich zurückgezahlt haben, liegen bei Ihnen negative Betriebseinnahmen vor.

Gutschrift der Stornoreserve auf Stornoreservekonto

Häufig werden Versicherungsmaklern vertraglich vereinbarte Prozentsätze der verdienten Courtage nicht gutgeschrieben, sondern auf einem Stornoreservekonto verbucht. Steuerlich wird dieses Modell wie folgt behandelt:

 

Zweck der Stornoreserve

Die Gutschrift auf dem Stornoreservekonto dient der Sicherung eventueller Gegenforderungen des Versicherers gegen Sie, da insoweit ein Ausfallrisiko besteht. Denn innerhalb des Stornozeitraums müssen Sie die erhaltene Courtage wieder zurückzahlen, wenn der Versicherungsvertrag aufgelöst wird. Dies kann z. B. der Fall sein, wenn der Versicherungsnehmer seine Berufsunfähigkeitsversicherung kündigt, um über einen anderen Vermittler eine neue Versicherung abzuschließen. Das stellt offensichtlich ein latentes Risiko für Sie dar.

 

Die Stornoreserve dient daher insbesondere der Sicherstellung von Stornoansprüchen des Versicherers für den Fall, dass die Zusammenarbeit beendet wurde. Sie als Versicherungsmakler können deshalb grundsätzlich nur mit Zustimmung des Versicherers über diese Stornoreserve verfügen. Die Stornoreserve wird regelmäßig auf den monatlichen Courtageabrechnungen ausgewiesen, damit Sie über deren Höhe im Bilde sind.

 

Zufluss der Stornoreserve auf Stornoreservekonto

Im Rahmen der Gewinnermittlung nach der Einnahmen-Überschuss-Rechnung ist laut BFH mit der Gutschrift auf dem Rücklagenkonto ein Zufluss gemäß § 11 Abs. 1 EStG erfolgt, sofern es sich

  • um bereits fällige Ansprüche von Ihnen handelt und

 

Denn fällige Courtageansprüche sind grundsätzlich gemäß § 353 HGB zu verzinsen. In der Praxis ist dies aber nicht die Regel.

 

  • Beispiel

Einer Ihrer Versicherungsnehmer ist 25 Jahre alt und schließt bei Ihnen eine Berufsunfähigkeitsversicherung ab. Die monatlichen Versicherungsprämien belaufen sich auf 100 Euro (brutto) und der Vertrag wurde mit einer Laufzeit bis zum 65. Lebensjahr geschlossen. In der Courtagezusage ist eine Courtage von 40 Promille vorgesehen. Folgende Courtage fällt für Sie an: 40 Jahre x 12 Monate x 100 Euro x 40 Promille = 1.920 Euro. Die Stornoreserve davon beträgt zehn Prozent, also 192 Euro. Diese wird (aufgrund der vertraglichen Vereinbarung) nach fünf Jahren freigegeben, sobald die Haftungszeit beendet ist. Bis dahin wird die Stornoreserve auf Ihr Rücklagenkonto gutgeschrieben. Der Betrag wird nicht verzinst.

 

Ergebnis: Nach der vertraglichen Vereinbarung sind die auf dem Stornoreservekonto gutgeschriebenen Beträge im Zeitpunkt der Gutschrift weder fällig noch wird das Guthaben verzinst. Ein Zufluss im Zeitpunkt der Gutschrift ist daher entsprechend der Rechtsprechung des BFH noch nicht anzunehmen. Damit liegen im Zeitpunkt der Courtagegutschrift lediglich Betriebseinnahmen in Höhe von 1.728 Euro vor. Die Stornoreserve von 192 Euro stellt bei Ihnen erst dann eine ‒ zu versteuernde ‒ Betriebseinnahme dar, wenn der Stornozeitraum von fünf Jahren abgelaufen ist.

 

Wichtig | Maßgebend sind immer die individuellen Vertragsbedingungen zwischen Ihnen und dem Versicherer. Sofern diese vom geschilderten Fall abweichen und der Rechtsprechung des BFH entsprechen, kommt es bereits früher zu einem steuerlichen Zufluss von Betriebseinnahmen. Werden die verdienten und fälligen Courtagen auf einem Kautionskonto (Stornoreserve) zur Sicherung von Gegenforderungen des Versicherers gutgeschrieben und wird das Kautionskonto verzinst, wird die Stornoreserve zu einem Stornokautionskonto ähnlich einer Mietkaution. Folge: Zufluss mit der Gutschrift auf dem Stornokautionskonto (BFH, Urteil vom 24.03.1993, Az. X R 55/91, Abruf-Nr. 072744).

 

PRAXISTIPP | Sie können den steuerlichen Zufluss der Gutschrift auf dem Stornoreservekonto hinauszögern, wenn Sie auf die Verzinsung verzichten. Diese Gestaltung ist zulässig und auch nicht rechtsmissbräuchlich. Sie muss aber in den zugrunde liegenden Courtagevereinbarungen geregelt sein.

 

Einzahlung der Stornoreserve in Investment- oder Tagesgeldkonten

Die Stornoreserve kann auch auf ein Investment- oder Tagesgeldkonto eingezahlt werden, das auf Ihren Namen lautet und das Sie an den Versicherer abgetreten haben. So können zusätzlich Kapitalerträge (z. B. durch einen Aktienfonds) erwirtschaftet werden.

 

In einem solchen Fall ist im Zeitpunkt der Umwandlung eines auf dem Stornoreservekonto unverzinst stehenden Betrags in ein dem Versicherer weiterhin per Sicherheitsübereignung überlassenes Tagesgeldkonto oder Investmentdepot der Geldzufluss (durch Verfügungsmacht) gegeben ‒ und der Gesamtbetrag als Betriebseinnahme gewinnwirksam zu erfassen (Zufluss). Sie können wirtschaftlich über den umgewandelten Betrag dadurch verfügen, dass das neue (Depot-)Konto oder die Investmentanteile auf Ihren Namen eröffnet bzw. erworben werden. Sie treten dadurch in die Rechtsstellung eines Inhabers einer Kapitalforderung bzw. eines Anteilseigners ein. Demzufolge liegt die Verfügungsmacht bei Ihnen. Ihnen kann damit die Stornoreserve wirtschaftlich zugerechnet werden und fließt Ihnen als Betriebseinnahme zu.

 

Wichtig | Eine zeitgleiche Sicherungsabtretung der erworbenen Anteile an den Versicherer ändert daran nichts. Zwar ist das Sicherungsgut dem Sicherungsgeber nach § 39 AO zuzurechnen, die Sicherungsabtretung stellt offensichtlich eine weitere Verfügung über das zuvor aus den Mitteln der Stornoreserve angeschaffte Wirtschaftsgut der Fondsanteile dar. Selbst der BFH hat klargestellt, dass eine Verpfändung eines Guthabens (bzw. Forderung oder Wirtschaftsguts) voraussetzt, dass der Unternehmer Verfügungsberechtigter dieser Pfandsache geworden ist (BFH, Urteil vom 23.04.1980, Az. VIII R 156/75, Urteil vom 09.07.1987, Az. IV R 87/85, Abruf-Nr. 090327). Eine Umgehung bzw. zeitliche Verschiebung des Zuflusses in spätere Jahre kann durch Sicherungsabtretung damit nicht erreicht werden.

Quelle: Ausgabe 08 / 2020 | Seite 3 | ID 46696196