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· Fachbeitrag · Haftung

Makler haftet nicht bei Unkenntnis über Unterversicherung aufgrund nachträglicher Anschaffungen

von Dr. Peter Loibl, Rechtsanwalt (Syndikusrechtsanwalt) bei der Volkswohl Bund Lebensversicherung a. G., Dortmund

| Ein Versicherungsmakler haftet seinem Maklerkunden nicht für einen durch Unterversicherung entstandenen Schaden, wenn die Unterversicherung auf nachträglichen Anschaffungen des Kunden beruht, von denen der Makler nichts weiß. So lautet das Resümee eines maklerfreundlichen Urteils. Was das für die Praxis heißt, zeigt der folgende Beitrag. |

Unterversicherung in der Hausratversicherung

Ein Versicherungsmakler übernahm 2008 den Hausratversicherungsvertrag des Versicherungsnehmers (VN) nach der Geschäftsaufgabe eines anderen Vermittlers in seinen Bestand. In der Folgezeit wurde der übernehmende Makler in der Betreffzeile der Jahresrechnungen benannt. Einen persönlichen Kontakt zwischen ihm und den VN gab es nicht.

 

2012 wurde in das Haus des VN eingebrochen und Schmuck und zwei Uhren im Gesamtwert von 73.588 Euro gestohlen. Wegen der Beschränkung des Versicherungsschutzes für Schmuck in § 1 Ziff. 1c) VHB 2002 erstattete der Versicherer nur 20.000 Euro sowie ‒ im Rahmen eines Rechtsstreits ‒ 23.100 Euro für die beiden Uhren. Vom Makler verlangte der VN den Differenzbetrag.Begründung: Der Makler hätte ihn wegen der zum Großteil nach 2003 angeschafften Wertgegenstände auf die Anpassung des Versicherungsschutzes hinweisen müssen.

 

Wichtig | Damit kam der VN beim OLG Frankfurt (Urteil vom 08.06.2016, Az. 4 U 223/15, Abruf-Nr. 195381) wie bereits in der Vorinstanz (LG Limburg, Urteil vom 28.09.2015, Az. 1 O 152/14) nicht durch. Das Urteil ist rechtskräftig. Der BGH hat die Nichtzulassungsbeschwerde gegen das Urteil zurückgewiesen (BGH, Beschluss vom 23.02.2017, Az. I ZR 152/16).

Aufklärungs- oder Beratungspflicht nicht verletzt

Nach Ansicht des OLG hat der Makler seine Aufklärungs- oder Beratungspflicht im Hinblick auf die unzureichende Absicherung der Wertgegenstände nicht verletzt. Den Makler treffe keine Pflicht zu ungefragtem Tätigwerden, ob nach Vertragsschluss eingetretene Umstände aus der Sphäre des VN eine Änderung des Versicherungsschutzes notwendig erscheinen lassen.

 

Aufklärung über Versicherungsschutz oblag früherem Vermittler

Soweit dem VN die Begrenzung seines Versicherungsschutzes nicht bekannt war, waren dies allein Pflichten des früheren Vermittlers bei Vertragsschluss. Nach Ansicht des OLG musste der Makler ohne besonderen Anlass bei Übernahme des Vertrags in den Bestand darüber nicht (erneut) belehren.

 

PRAXISHINWEIS | Eine Bedürfnisprüfung mit Blick auf eine eventuelle Erhöhung des Hausratsverlustrisikos durch nachträgliche Anschaffungen habe der Makler nach Übernahme des Bestands jedenfalls nicht vornehmen müssen, um daraufhin Vorschläge für eine Anpassung des Versicherungsschutzes zu unterbreiten. Daher bestünde auch keine Pflicht des Maklers, den VN aufzusuchen und ein Gespräch über seine Hausratversicherung zu führen.

 

Es bestehe zwar auch nach Vertragsschluss die Pflicht des Maklers als treuhänderischer Sachwalter des Kunden zu ständiger und unaufgeforderter Betreuung des Versicherungsvertrags. So solle der Makler bereits abgeschlossene Verträge auf erforderliche Anpassungen hin beobachten, die vereinbarte Versicherungssumme auf ihre Angemessenheit hin überprüfen und ggf. auf Änderungen des Versicherungsschutzes hinwirken.

 

Eine konkrete Pflicht zur ungefragten Überprüfung des Versicherungsinteresses des VN und des tatsächlichen Versicherungsschutzes ergebe sich daraus aber nicht. Die Pflicht des Maklers zu ungefragtem Tätigwerden bestehe nur

  • bei eingetretenem Versicherungsfall bzw. nur auf konkreten Hinweis des Kunden, z. B. bei Neuanschaffungen oder neuen Gefahrenpotenzialen.
  • bei allen außerhalb der Sphäre des VN liegenden Veränderungen, z. B. bei Änderung der Rechtslage.

 

Keine Pflicht zur jährlichen Bestandsaufnahme

Der Makler, der einen Vertrag in seinen Bestand übertragen bekommt, sei nach diesen Grundsätzen nicht verpflichtet, ihn aufgrund der Übernahme zu prüfen oder eine jährliche Bestandsaufnahme mit Besuch beim VN durchzuführen.

 

Überprüfung nur bei konkretem Anlass

Nur wenn es einen konkreten Anlass für die Überprüfung des Versicherungsvertragsverhältnisses oder des Versicherungsinteresses des Kunden gebe, müsse der Makler tätig werden. Daher könne ihm auch nicht vorgeworfen werden, er habe den VN nicht darüber aufgeklärt, werterhöhende Anschaffungen mitteilen zu müssen, um eine Erhöhung der Versicherungssumme oder andere Anpassungen des Vertrags prüfen zu können. Vielmehr müsse der VN dem Makler von sich aus Änderungen mitteilen.

 

Zudem sei der VN in der Jahresrechnung besonders darauf hingewiesen worden. Dort wurde unter „Hinweis zur Hausratversicherung“ ausdrücklich gefragt: „Haben Sie neuen Hausrat angeschafft? Prüfen Sie bitte Ihre Versicherungssumme.“ Eines weiteren Hinweises durch den Makler bedurfte es nicht.

Konsequenzen für Ihre Tätigkeit

Treten nach Vertragsschluss Umstände aus der Sphäre des VN ein, die eine Änderung des Versicherungsschutzes notwendig machen, hat Sie der VN darüber zu informieren, ehe Sie tätig werden müssen.

 

PRAXISHINWEIS | Vereinbaren Sie mit dem VN seine Pflicht im Maklervertrag. Alternativ: Weisen Sie den VN bei Vertragsschluss auf seine Pflicht zur Information hin und dokumentieren Sie dies. Erinnern Sie ihn stets daran, indem Sie z. B. in Ihren Schreiben darauf hinweisen, Ihnen Änderungen mitzuteilen.

 
Quelle: Ausgabe 09 / 2017 | Seite 5 | ID 44810117