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· Fachbeitrag · Betreuungsverfahren

Nicht am Verfahren beteiligten Geschwistern steht keine Beschwerdebefugnis zu

Ist ein Angehöriger aus dem privilegierten Personenkreis des § 303 Abs. 2 FamFG im ersten Rechtszug eines Betreuungsverfahrens nicht beteiligt worden, steht ihm kein Recht auf Beschwerde zu unabhängig davon, aus welchen Gründen die Beteiligung im ersten Rechtszug unterblieben ist. (BGH 20.11.14, XII ZB 86/14, Abruf-Nr. 174543, Leitsatz der Redaktion).

 

Sachverhalt

Der 70-jährige Betroffene leidet an einer fortschreitenden Demenz, wegen derer er seine Angelegenheiten nicht mehr selbst erledigen kann. Am 25.2.10 erteilte er seiner Schwester B eine notarielle General- und Vorsorgevollmacht. Im April 2012 haben drei Brüder des Betroffenen die Einrichtung einer Betreuung angeregt. Das AG hat eine Stellungnahme der Betreuungsbehörde eingeholt, der zufolge keine Veranlassung bestehe, die Geschäftsfähigkeit des Vollmachtgebers zum Zeitpunkt der Erteilung der Vollmacht anzuzweifeln, und die Einrichtung einer rechtlichen Betreuung nicht erforderlich erscheine. Noch am Tag des Eingangs der Stellungnahme hat das AG die Einrichtung einer Betreuung durch Beschluss abgelehnt, weil sie im Hinblick auf die erteilte Vorsorgevollmacht nicht erforderlich ist.

 

Die Stellungnahme der Betreuungsbehörde und der Beschluss des AG sind den Brüdern nicht zur Kenntnis gegeben worden; sie sind im amtsgerichtlichen Beschluss auch nicht als Verfahrensbeteiligte aufgeführt. Das LG hat die von den Brüdern eingelegte Beschwerde nach Beweisaufnahme über die Geschäftsfähigkeit des Betroffenen im Zeitpunkt der Vollmachterteilung zurückgewiesen. Ihre Rechtsbeschwerde hatte keinen Erfolg.

 

Entscheidungsgründe

Nach § 303 Abs. 2 Nr. 1 FamFG steht u.a. den Geschwistern des Betroffenen das Recht der Beschwerde gegen eine von Amts wegen ergangene Entscheidung im Interesse des Betroffenen nur zu, wenn sie im ersten Rechtszug an dem Verfahren beteiligt worden sind. War dies nicht der Fall, steht ihnen nach der eindeutigen gesetzlichen Regelung das Recht der Beschwerde unabhängig davon nicht zu, aus welchen Gründen die Beteiligung im ersten Rechtszug unterblieben ist (BGH FamRZ 14, 1099).

 

Praxishinweis

Angehörige des Betroffenen müssen, wenn sie nicht von Amts wegen zu dem Verfahren hinzugezogen werden (§ 274 Abs. 4 Nr. 1 FamFG), durch die Stellung eines entsprechenden Antrags gemäß § 7 Abs. 3 FamFG während des ersten Rechtszugs vorgreiflich auf ihre Verfahrensbeteiligung hinwirken und, sollte der Antrag abgelehnt werden, das hierfür vorgesehene Rechtsmittel einlegen. Erst wenn auf diesem Weg die Verfahrensbeteiligung erreicht wurde, erhält der Angehörige die Beschwerdebefugnis nach § 303 Abs. 2 FamFG gegen die betreuungsrechtliche Entscheidung (BGH FamRZ 11, 966).

Quelle: Ausgabe 02 / 2015 | Seite 23 | ID 43178245