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  • · Fachbeitrag · Forderungspfändung

    BGH: Corona-Soforthilfen sind nicht pfändbar

    | Endlich hat der BGH ein Machtwort gesprochen: Er stuft Corona-Soforthilfen als nach § 851 Abs. 1 ZPO unpfändbare Forderungen ein. Im Hinblick auf die mit dieser Soforthilfe verbundene Zweckbindung ist daher i. H. d. bewilligten und auf einem P-Konto des Schuldners gutgeschriebenen Betrags der Pfändungsfreibetrag entsprechend § 850k Abs. 4 ZPO zu erhöhen (10.3.21, VII ZB 24/20, Abruf-Nr. 221671 ). |

     

    Die Entscheidung ist richtig. Denn die Corona-Soforthilfe ist zweckgebunden (BFH NJW 20, 2749; LG Köln ZinsO 20, 1028; AG Zeitz Rpfleger 20, 751).

     

    PRAXISTIPP | Um diese Zweckbindung beurteilen zu können, sind der Bewilligungsbescheid und die Programme des Bundes und der Länder heranzuziehen. Insofern sollten Sie diese Unterlagen beim Antrag auf Freigabe direkt vorlegen.

     

    Beachten Sie | Die Entscheidung schützt zwar Schuldner. Sog. Anlassgläubiger dürfen aber weiter auf solche staatlichen Zahlungen zugreifen. Der BGH betont: Die Corona-Soforthilfe dient als freiwillige Zahlung ohne Rechtsanspruch dazu, die finanziellen Notlagen des betroffenen Unternehmens bzw. des Selbstständigen im Zusammenhang mit der COVID-19-Pandemie abzumildern. Sie soll nicht laufenden Lebensunterhalt abdecken, sondern Liquiditätsengpässe überbrücken, die seit dem 1.3.20 anlässlich der Pandemie entstanden sind. Folge: Es kommt weiter eine Pfändung für Gläubiger einer der Zweckbindung entsprechenden „Anlassforderung“ in Betracht, also für Gläubiger, die vor der Zweckgebundenheit der Soforthilfe geschützt sind. So können aktuelle Vermieter, Leasinggeber oder Lieferanten des Schuldners den Anspruch auf Corona-Soforthilfe pfänden.

     

    Die Entscheidung wirkt sich auch auf noch laufende, also noch nicht entschiedene und bereits entschiedene Freigabeanträge nach § 850k Abs. 4 ZPO aus:

     

    • Hat der Schuldner einen Freigabeantrag nach § 850k Abs. 4 ZPO beim Vollstreckungsgericht gestellt, sollte er sofort das Vollstreckungsgericht auf die BGH-Entscheidung hinweisen. In dem nun wohl seltenen Fall, dass das Vollstreckungsgericht das ablehnt, sollte er sofortige Beschwerde einlegen.

     

    • Wurde der Freigabeantrag noch nicht rechtskräftig zurückgewiesen, sollte der Schuldner ebenfalls sofortige Beschwerde unter Hinweis auf die BGH-Entscheidung einlegen.

     

    Der Gesetzgeber hat im Rahmen des § 850k Abs. 4 ZPO die dargestellte Problematik der Unpfändbarkeit öffentlich-rechtlicher Subventionen nicht bedacht. Im Rahmen der zum 1.12.21 in Kraft tretenden Neuregelungen zum P-Konto wird in § 902 S. 1 Nr. 6 ZPO n. F. eine (Unpfändbarkeits-)Regelung für staatliche Beihilfeleistungen enthalten sein. Danach erhöhen auf Nachweis des Schuldners Geldleistungen den Grundfreibetrag auf dem P-Konto, die diesem nach sonstigen bundes- und landesrechtlichen Vorschriften gewährt werden, in denen die Unpfändbarkeit der Geldleistung festgelegt wird.

    Quelle: Ausgabe 02 / 2021 | Seite 21 | ID 47339338