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· Fachbeitrag · Vorsorgevollmacht

Richtig beraten und formulieren

von RA und Notar Dr. Hans-Joachim David, Münster

| Der Beratungsbedarf zum Thema Vorsorgevollmacht ist weiterhin groß mit steigender Tendenz. Mit dem folgenden Beitrag startet eine Beitragsreihe zu Möglichkeiten und Gestaltungsfragen zur Vorsorgevollmacht. |

1. Vorsorgevollmacht: Was ist das?

Mit einer Vorsorgevollmacht kann ein geschäftsfähiger Volljähriger eine andere Person bevollmächtigen, seine Angelegenheit ganz oder teilweise zu besorgen, wenn er z.B. aufgrund einer psychischen Krankheit oder einer körperlichen, geistigen oder seelischen Behinderung dazu nicht mehr vollständig in der Lage ist (§ 1896 Abs. 2 S. 1 i.V. m. Abs. 1 S. 1 BGB). Eine nicht geschäftsfähige Person kann deshalb keine Vorsorgevollmacht erteilen. Geschäftsunfähig ist gemäß § 104 BGB, wer

  • das siebente Lebensjahr nicht vollendet hat und
  • sich in einem die freie Willensbestimmung ausschließenden Zustand krankhafter Störung der Geistestätigkeit befindet, sofern er nicht seiner Natur nach ein vorübergehender ist.

 

Typischerweise wird die Vorsorgevollmacht von Personen fortgeschrittenen Alters, etwa gegenüber Ehepartnern oder Kindern oder sonstigen nahestehenden Vertrauten erteilt. Im Unterschied zu einer Betreuungsverfügung kann der Vollmachtgeber sicher sein, dass die von ihm bevollmächtigte Person im Fall der Fälle für ihn handeln darf.

 

Beachten Sie | Eine Handlungsverpflichtung für den Bevollmächtigten ist damit jedoch nicht verbunden. Deshalb sollte man sich unbedingt vorher der Bereitschaft des potentiellen Bevollmächtigten versichern.

 

a) Möglicher Inhalt Vorsorgevollmacht

Die Vollmacht kann sich auf die Vermögens- und auf die Personensorge beziehen. Für das Verhältnis zwischen Vollmachtgeber und Bevollmächtigten gelten die Vollmachtsregeln (§§ 164 ff. BGB) sowie Auftragsrecht (§§ 662 f. BGB).

 

b) Unterschied zur Patientenverfügung und zur Betreuungsverfügung

Mit Patientenverfügung und Betreuungsverfügung erklärt der Verfügende unmittelbar, wie in bestimmten Situationen mit ihm verfahren werden soll.

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  • Mit der Patientenverfügung erklärt der Verfügende insbesondere gegenüber Ärzten, wie er nach seinem Willen behandelt werden soll, wenn er nicht mehr in der Lage ist, selbst Entscheidungen zu treffen. Die mit der Patientenverfügung angesprochenen Personen sind daher grundsätzlich verpflichtet, den Willen des Verfügenden zu beachten. Inhalt der Patientenverfügung sind daher keine Vermögensangelegenheiten, sondern ausschließlich persönliche Angelegenheiten.
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  • Mit der Betreuungsverfügung schlägt der Verfügende dem Vormundschaftsgericht vor, wer Betreuer werden soll und welche Aufgaben er als solcher haben soll.

2. Was spricht für eine Vorsorgevollmacht?

Eine Vorsorgevollmacht bietet in vielerlei Hinsicht Vorteile gegenüber anderen Vorsorgeverfügungen

 

a) Hilfreich unterhalb der Schwelle der Geschäftsunfähigkeit

Die Vorsorgevollmacht kann im Unterschied zur Betreuung auch so ausgestaltet sein, dass der Bevollmächtigte von ihr bereits Gebrauch machen kann und darf, wenn der Vollmachtgeber noch selbst in der Lage wäre, seine Angelegenheiten selbst zu regeln, sich allerdings damit etwas überfordert fühlt. Dies kann in der Vorsorgevollmacht wie folgt geregelt werden:

Musterformulierung / 

Die nachstehende Vollmacht soll gelten, wenn ich durch Alter oder Krankheit daran gehindert bin, für mich selbst zu sorgen.

Diese Bestimmung ist jedoch keine Beschränkung der Vollmacht gegenüber Dritten, sondern lediglich eine Anweisung von mir an die/den Bevollmächtigten, die nur im Innenverhältnis gilt. Im Außenverhältnis gegenüber Dritten und Behörden ist diese Vollmacht unbeschränkt.

 

Diese Formulierung erlaubt es, dass der Bevollmächtigte für den Vollmachtgeber bereits vor dessen Geschäftsunfähigkeit mit dessen Einverständnis nach außen für ihn handelt, d.h. etwa Mietverträge kündigt oder abschließt, sonstige Vermögensverfügungen trifft, Steuerangelegenheiten und Behördengänge erledigt. Voraussetzung dafür, dass der Bevollmächtigte nach außen in dieser Situation bereits handeln kann, ist jedoch, dass der Vollmachtgeber dem Bevollmächtigten eine Ausfertigung der Vollmacht überlässt. Tritt z.B. jemand für eine Person als Vertreter auf und kündigt dessen Mietvertrag, kann der Vertragspartner des Mietvertrags die Kündigung zurückweisen, wenn der Kündigende keine Vollmacht nachweisen kann (§ 174 BGB).

 

Es ist nicht ratsam, die Wirksamkeit der Vorsorgevollmacht nach außen vom Nachweis eines medizinischen Attests abhängig zu machen. Dann muss der Betreuer gegebenenfalls für jede seiner Maßnahmen ein aktuelles ärztliches Attest beibringen (Keilbach, FRZ 03, 981). Das ist nur schwer erträglich.

 

b) Vorsorgevollmacht dient der Vermeidung amtlicher Betreuerbestellung

Wird eine Person aufgrund Krankheit oder sonstiger körperlicher, geistiger oder seelischer Behinderung außer Stande gesetzt, ihre Angelegenheiten selbst zu besorgen und hat sie nicht vorher eine Vollsorgevollmacht erteilt, bestellt das Vormundschaftsgericht auf Antrag oder von Amts wegen für sie einen Betreuer (§ 1896 Abs. 1 S. 1 BGB). Hat die betroffene Person nicht zumindest mit einer Betreuungsverfügung eine als Betreuer gewünschte Person vorgeschlagen, kann das Vormundschaftsgericht, wenn es geeignete und bereite Betreuer im Familien-/ engen Freundeskreis nicht vorfindet, einen Berufsbetreuer bestellen. Das kann etwa bei einem vermuteten Interessenkonflikt der Fall sein.

 

c) Zwangsweise Unterbringung zur Begutachtung der Geschäftsfähigkeit

Ohne eine Vorsorgevollmacht besteht die Möglichkeit, dass eine Person, an deren Geschäftsfähigkeit Zweifel bestehen, zur Begutachtung der Geschäftsfähigkeit zwangsweise untergebracht wird (§ 1896 Abs. 1a BGB; zu den Voraussetzungen im Einzelnen BayObLG, FamRZ 06, 289).

 

d) Weitere Vorteile/Nachteile der Vorsorgevollmacht

Ein wesentlicher Vorteil der Vorsorgevollmacht ist eher immaterieller Natur.

 

  • Selbstwertgefühl bleibt erhalten: Vollmachtgeber kennt und bestimmt den Bevollmächtigten selbst. In der Regel dürfte die Vorsorgevollmacht auch dem Selbstwertgefühl des Vollmachtgebers eher entsprechen, da er derjenige ist, der die Initiative für die Bevollmächtigung ergreift.
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  • Vertrauen kann aufgebaut werden: Der Vollmachtgeber kann - solange er sich im Vollbesitz seiner Kräfte befindet - ein Vertrauensverhältnis zu dem Bevollmächtigten aufbauen oder festigen. Der ansonsten im Betreuungsverfahren möglicherweise bestimmte Berufsbetreuer hat vorher in aller Regel keine Kontakte zum Vollmachtgeber.

 

e) Wesentliche Erleichterung für die später Handelnden

Mit der Vorsorgevollmacht erleichtert der Vollmachtgeber dem Bevollmächtigten ganz erheblich seine Tätigkeit aufgrund der Vollmacht. Der amtlich bestellte Betreuer hat im Gegensatz zum Bevollmächtigten eine jährliche Pflicht zur Rechnungslegung gegenüber dem Vormundschaftsgericht.

  • Bei Amtsantritt muss der amtlich bestellte Betreuer ein Vermögensverzeichnis anfertigen.
  • Die jährliche fortlaufende Rechnungslegungspflicht bezieht sich auf die übersichtliche und geordnete Darstellung aller Einnahmen und Ausgaben.

 

Das Vormundschaftsgericht stellt dem Betreuer dafür umfangreiche Formblätter zur Verfügung. Eine solche Verpflichtung zur Aufstellung eines Vermögensverzeichnisses und zur jährlichen Rechnungslegung entfällt bei Erteilung einer auch auf die Vermögenssorgen bezogenen Vorsorgevollmacht. Darüber hinaus unterliegt der amtlich bestellte Betreuer im Gegensatz zum Bevollmächtigten Mitteilungspflichten gegenüber dem Vormundschaftsgericht,

  • etwa bei Wohnungsaufgabe gemäß § 1907 Abs. 2 BGB.
  • Eine Mitteilungspflicht besteht bei Umzug oder Versterben des Betreuten.
  • Außerdem bestehen Angabepflichten etwa nach Bundesseuchengesetz für den amtlich bestellten Betreuer, nicht jedoch für den Bevollmächtigten.

 

f) Vorsorgevollmacht ermöglicht oft schnelleres Handeln

Ein weiterer Vorteil der Vorsorgevollmacht gegenüber dem gerichtlich zu bestellenden Betreuer liegt darin, dass der Bevollmächtigte sofort handeln kann, wenn der Vollmachtgeber in eine Notsituation gerät. Andernfalls muss erst ein Antrag an das Vormundschaftsgericht gestellt und beschieden werden.

Quelle: Ausgabe 03 / 2014 | Seite 48 | ID 42561706