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08.01.2010

Finanzgericht Hamburg: Urteil vom 07.08.2003 – VII 114/00

Ein Geschäftsführer handelt grob fahrlässig, wenn er bei einer angespannten finanziellen Lage der GmbH eine Gewinnauszahlung vornimmt, ohne im Zeitpunkt der Auszahlung sicherzustellen, dass ausreichende Mittel für die Abführung der KESt zur Verfügung stehen.

Der Beklagte hat sein Auswahlermessen fehlerhaft ausgenutzt, wenn er verkennt, dass neben der Haftung der Geschäftsführer die Gesellschafter und insbesondere auch die geschäftsführenden Gesellschafter nach § 44 Abs. 5 S. 2 Nr. 2 EStG in Anspruch genommen werden können.

Ergänzung von Ermessenserwägungen im finanzgerichtlichen Verfahren.


Tatbestand

Der Kläger wendet sich gegen die Inanspruchnahme als Haftungsschuldner für nicht abgeführte Kapitalertragsteuer (KESt) und Solidaritätszuschlag (SolZ) zur KESt für eine Gewinnausschüttung der F GmbH i.K. (F).

Die F wurde im November 1990 gegründet. Gegenstand des Unternehmens war die Entwicklung und der Vertrieb von Computer unterstützenden Arbeitsgeräten im Bereich Audio- und Videotechnik. An der Gesellschaft waren beteiligt die G GmbH (G) mit einem Geschäftsanteil von 296.000 DM (74 %), Herr A mit einem Geschäftsanteil von 46.400 DM (11,6%), Herr C mit einem Geschäftsanteil von 11.200 DM (2,8%) und der Kläger mit einem Geschäftsanteil von 46.400 DM (11,6%). Der Kläger war seit August 1991 Geschäftsführer der F. Neben ihm waren in dem betroffenen Zeitraum Herr A und Herr B Geschäftsführer der F.

Die F hatte in 1995 einen Jahresüberschuss in Höhe von 587.429 DM erzielt. Aus Vorjahren bestand am 31.12.1995 ein Gewinnvortrag in Höhe von 418.387 DM. Auf der Gesellschafterversammlung am 19.03.1996 beschlossen die Gesellschafter eine Gewinnausschüttung in Höhe von insgesamt 980.000 DM zum 15.04.1996. Mit Gesellschafterbeschluss vom 10.04.1996 wurde die Gewinnausschüttung auf den 18.06.1996 verschoben.

Mit einem Schreiben vom 18.06 1996 luden der Kläger und der weitere geschäftsführende Gesellschafter A zu einer außerordentlichen Gesellschafterversammlung am 26.06.1996 ein, die sich mit den gravierenden finanziellen Problemen der F sowie zu ergreifenden Maßnahmen zur Vermeidung einer Konkursantragspflicht beschäftigen sollte.

Nachdem die F zunächst eine KESt-Anmeldung für April 1996 abgegeben hatte, meldete sie am 21.06.1996 geändert KESt auf Juli 1996 auf die Gewinnausschüttung in Höhe von 245.000 DM und SolZ in Höhe von 18.375 DM an. Die Gewinnauszahlung erfolgte am 18.06.1996, die angemeldete KESt und der SolZ wurden jedoch nicht an das Finanzamt abgeführt. Durch Umbuchung wurde im September 1996 lediglich ein Betrag von 1.927,90 DM getilgt. Den Gesellschaftern sind für die Abführung der KESt Steuerbescheinigungen erteilt worden.

Im September 1996 wurde Antrag auf Eröffnung des Konkursverfahrens über das Vermögen der F gestellt und mit Beschluss des Amtsgerichts ist am 08.01.1997 das Konkursverfahren eröffnet worden. Der Konkursverwalter forderte von den Gesellschaftern den ausgeschütteten Betrag abzüglich der KESt gemäß §§ 30, 31 GmbH-Gesetz zurück. Von dem Kläger forderte er die Rückzahlung von 83.128,50 DM. Die Rückerstattung der Gewinnausschüttung ist durch die Gesellschafter bisher nicht erfolgt. Eine gegen A als Musterverfahren angestrengte Klage des Konkursverwalters ist in der zweiten Instanz beim Hanseatischen Oberlandesgericht anhängig.

Mit Haftungsbescheid vom 16.12.1996 nahm das damals zuständige Finanzamt für Körperschaften Hamburg-... den Kläger gemäß §§ 34, 69 der Abgabenordnung (AO) als Geschäftsführer der F für die rückständige Kapitalertragsteuer in Höhe von 243.072,10 DM und den SolZ zur KESt in Höhe von 18.375 DM sowie für Säumniszuschläge in Anspruch. Mit Bescheid vom selben Tage erließ das Finanzamt für Körperschaften Hamburg-... gegen den weiteren Geschäftsführer A und im Februar 1997 gegen den Geschäftsführer B Haftungsbescheide über die rückständigen Beträge.

Mit Bescheid vom 24.03.1997 forderte das Finanzamt für Körperschaften Hamburg-... von der G KESt und SolZ in Höhe von insgesamt 194.897,50 DM gemäß § 44 Abs. 5 Satz 2 Nr. 2 des Einkommensteuergesetzes (EStG) hinsichtlich des auf sie entfallenden Ausschüttungsbetrages von 725.200 DM nach. Der dagegen erhobene Einspruch ist bei dem Beklagten noch anhängig; das Verfahren ruht im Hinblick auf den Ausgang der gerichtlichen Verfahren gegen die Haftungsbescheide. Ebenfalls erließ der Beklagte gegen den weiteren Gesellschafter C einen Nachforderungsbescheid, den er jedoch im Einspruchsverfahren aufhob.

Gegen den Haftungsbescheid legte der Kläger mit Schreiben vom 20.12.1996 Einspruch ein. Zur Begründung führte er aus, dass er seine Pflichten nicht grob fahrlässig verletzt habe. Die G habe auf eine Gewinnausschüttung gedrängt, obwohl sie durch die Geschäftsführer auf die Liquiditätsprobleme hingewiesen worden sei. Die Ausschüttung sei vorgenommen worden, da die G der Gesellschaft ein Darlehen in Höhe der Nettodividende gewährt habe und zugesagt habe, die Bereitstellung der Mittel für die hierauf entfallenen Abzugsteuern rechtzeitig bis zur Fälligkeit am 10.07.1996 durch Beschaffung von Fremdmitteln zu ermöglichen. Die G habe jedoch die erforderliche Unterstützung für den Erhalt eines Bankdarlehens zurückgezogen, indem sie sich geweigert habe zur Absicherung eines Darlehens der Sparkasse S eine auf ihrem Vorschlag beruhende Patronatserklärung zu unterzeichnen. Zum Nachweis legte der Kläger Schriftverkehr mit verschiedenen Kreditinstituten und der G vor.

Darüber hinaus sei der Haftungsbescheid auch ermessensfehlerhaft. Insbesondere hätte von der Hauptgesellschafterin die auf ihren Anteil entfallende KESt gemäß § 44 Abs. 5 Satz 2 EStG gefordert werden können, denn ihr habe bekannt sein müssen, dass der Schuldner der Kapitalerträge die einbehaltene Kapitalertragsteuer nicht habe abführen können, da die hierfür erforderlichen liquiden Mittel nicht zur Verfügung gestanden hätten. Denn alleinige Ursache für die Verlegung des Auszahlungstermins sei die nicht vorhandene Liquidität gewesen, die erst durch die Bereitstellung des Darlehens der G habe erlangt werden können.

Mit Einspruchsentscheidung vom 05.05.2000 setzte der Beklagte die Haftungsbeträge hinsichtlich der KESt auf 179.156,25 DM und hinsichtlich des SolZ zur KESt auf 13.436,72 DM herab. Die Haftung für Säumniszuschläge wurde aufgehoben und der Einspruch im Übrigen als unbegründet zurückgewiesen. Die Pflichtverletzung des Klägers sei grob fahrlässig gewesen, denn er habe die gesamten zur Verfügung stehenden Mittel zur Auszahlung der Gewinnausschüttung verwendet, ohne diese Beträge um die anteiligen Steuerabzüge zu kürzen. Der ausstehende Restbetrag hätte erst dann ausgezahlt werden dürfen, wenn die weiteren Darlehen tatsächlich zur Verfügung gestanden hätten. So habe der Kläger in Kauf genommen, dass eine Abführung der Steuern unmöglich würde. Er könne sich auch nicht darauf berufen, dass er von der Hauptgesellschafterin getäuscht worden sei, da er in jedem Falle seine steuerlichen Pflichten hätte erfüllen müssen. Auch stehe die Rückforderung der ausgeschütteten Gewinne durch den Konkursverwalter der Verpflichtung zur Abführung der KESt nicht entgegen. Eine Inanspruchnahme der nicht geschäftsführenden Gesellschafter sei rechtlich nicht möglich, denn gemäß § 44 Abs. 5 Satz 2 Nr. 2 EStG könne der Gläubiger der Kapitalerträge nur bei positiver Kenntnis, dass die KESt nicht an das Finanzamt abgeführt worden sei, in Anspruch genommen werden. Den Nachweis dieser Kenntnis habe das Finanzamt zu erbringen. Den Beweis für eine Kenntnis der G habe auch der Kläger nicht liefern können. Denn auch wenn festgestellt werden würde, dass die G von den finanziellen Schwierigkeiten der F frühzeitig gewusst habe, könne das nicht die bestrittene Kenntnis von der Nichtabführung beweisen. Die Inanspruchnahme des Klägers sei ermessensgerecht, da er durch sein Verhalten den Steuerausfall verursacht habe. Er hafte zusammen mit den beiden anderen Geschäftsführern, die in gleichem Umfang als Haftungsschuldner in Anspruch genommen worden seien. Die Sicherung des Steueranspruchs gebiete es, alle Möglichkeiten zur Realisierung auszuschöpfen.

Mit Schreiben vom 11.05.2000, eingegangen am 15.05.2000, hat der Kläger Klage erhoben. Zur Begründung weist er darauf hin, dass ihm allenfalls leichte Fahrlässigkeit vorgeworfen werden könne. Die Kreditzusage der Bank sei aufgrund der von der Hauptgesellschafterin entworfenen Patronatserklärung erteilt worden, so dass er nicht damit habe rechnen müssen, dass die erforderliche Unterschrift von der Hauptgesellschafterin nunmehr nicht mehr geleistet werde. Als ordentlicher und gewissenhafter Kaufmann habe er im Zeitpunkt der Ausschüttung lediglich sicherstellen müssen, dass die KESt im Zeitpunkt der Fälligkeit abgeführt werden könne, d.h. die notwendige Liquidität zur Verfügung stehe. Mit der bereits vorliegenden Kreditzusage habe er dies sichergestellt gehabt, so dass er im Zeitpunkt der Ausschüttung nicht grob fahrlässig gehandelt habe. Die Ausschüttung des vollen Betrages sei aufgrund einer Täuschung der Hauptgesellschafterin erfolgt.

Ferner fehle es an einem Haftungsschaden, da eine Inanspruchnahme der nicht geschäftsführenden Gesellschafter gemäß § 44 Abs. 5 Satz 2 Nr. 2 EStG möglich sei. Es sei daher ermessensfehlerhaft ihn in voller Höhe in Anspruch zu nehmen. In Kenntnis der Liquiditätsschwierigkeiten habe der Hauptgesellschafter die Geschäftsführer angewiesen die Ausschüttung vorzunehmen. Spätestens auf der außerordentlichen Gesellschaftsversammlung am 26.06.1996 (vor Fälligkeit der KESt am 10.07.1996) sei die Hauptgesellschafterin nochmals über die fehlende Liquidität der F vollen Umfangs informiert worden. Es könne deshalb keinen Zweifel geben, dass die Hauptgesellschafterin positive Kenntnis von der Nichtabführung der KESt gehabt habe.

Bei der Ausübung seines Ermessens habe der Beklagte zu beachten, dass trotz der Stellung als Gesamtschuldner der KESt der Steuerschuldner vorrangig heranzuziehen sei. Die Inanspruchnahme des Haftungsschuldners solle erst bei erfolgloser Geltendmachung des Steueranspruchs erfolgen. Ist der Erlass eines Nachforderungsbescheides unterblieben und wäre eine Nachforderung heute wegen zwischenzeitlich eingetretener Verjährung nicht mehr möglich, so könne dies nicht zum Nachteil des Haftungsschuldners verwendet werden.

Der Kläger stellt den Antrag, den Haftungsbescheid vom 16.12.1996 des Finanzamtes für Körperschaften Hamburg-... in Gestalt der Einspruchsentscheidung des Beklagten vom 05.05.2000 aufzuheben.

Der Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

Der Beklagte ist weiterhin der Auffassung, dass der Kläger grob fahrlässig gehandelt habe. Er weist des Weiteren darauf hin, dass die Durchsetzung einer Steuerzahlung gegenüber der G nicht möglich gewesen sei, nachdem diese mit Nachforderungsbescheid ebenfalls in Anspruch genommen worden sei. Denn im Einspruchsverfahren habe sie genau gegenteilig zu den Ausführungen des Klägers über ihre Kenntnis hinsichtlich der Nichtabführung der KESt argumentiert. Der Kläger hafte neben dem Steuerschuldner als Gesamtschuldner im Sinne des § 44 Abs. 1 AO mit der Folge, dass der Beklagte sich bei ordnungsgemäßer Ermessensausübung an jeden der Gesamtschuldner in voller Höhe der geschuldeten Beträge halten könne. Im Übrigen könne die Inanspruchnahme des Haftungsschuldners unabhängig von der Inanspruchnahme des Steuerschuldners erfolgen, wenn der Schuldner gesetzlich verpflichtet gewesen sei, Steuern einzubehalten und zu Lasten eines anderen zu entrichten (§ 219 Satz 2 AO). Ein geschäftsführender Gesellschafter könne im Übrigen, obwohl er (für einen Teilbetrag) auch Steuerschuldner nach § 44 Abs. 5 Satz 2 EStG sei, in Haftung genommen werden, da er als Haftungsschuldner nach §§ 69, 34 AO für die aus seiner Sicht fremde Schuld der Gesellschaft hafte. Aus welcher Anspruchsgrundlage die Person heraus in Anspruch genommen werde sei unerheblich, denn entscheidend insofern sei lediglich der Tenor des Bescheides.

Auch habe der Beklagte das Ermessen fehlerfrei ausgeübt. Er habe trotz nachhaltigem Bemühens keine konkreten Angaben dafür erhalten können, dass die G positive Kenntnis von der Nichtabführung der Kapitalertragsteuer gehabt habe. Für die G spreche, dass sie bei Kenntnis der tatsächlichen Liquiditätsverhältnisse der F sich in mehrfacher Hinsicht selbst bewusst geschädigt hätte. Sie hätte dann ein Darlehen gegeben, von dem sie im Rahmen der Gewinnausschüttung nur 74 % zurück erhalten würde, hiervon zusätzlich ein Viertel verlieren würde für die Nichtabführung der KESt und wegen der Kenntnis der Zahlungsunfähigkeit der Firma auch noch den ausgeschütteten Betrag nach § 32 a GmbH-Gesetz an den Konkursverwalter zurückzahlen müsse. Unter Abwägung aller Gesichtspunkte sei die Entscheidung auch unter Berücksichtigung des Kostenrisikos ermessensgerecht gewesen, über die Inanspruchnahme der G nicht abschließend zu entscheiden. Es bleibe Sache des Beklagten im Rahmen seines Ermessens zu entscheiden, wie erfolgversprechend er eine Vorgehensweise einschätze.

Hinsichtlich der Entscheidung, die geschäftsführenden Gesellschafter nicht auch noch zusätzlich nach § 44 Abs. 5 Satz 2 Nr. 2 EStG in ihrer Eigenschaft als Gesellschafter in Anspruch zu nehmen, habe es keiner besonderen Ermessensausübung bedurft, da die Gesellschafter bereits aus anderem Grund in Anspruch genommen worden seien. Sinn des Auswahlermessens sei es, eine gerechte Auswahl bei der Inanspruchnahme bestimmter Personen zu treffen. Die Sinnhaftigkeit der Inanspruchnahme der geschäftsführenden Gesellschafter nach §§ 69, 34 A0 ergebe sich daraus, dass die gewählte Anspruchsgrundlage die volle Haftungssumme umfasse, während ein Nachforderungsbescheid nur den Beteiligungsteil von 11,6 % erfassen könne.

Dem Gericht haben vorgelegen die Akte betreffend den Steuerabzug vom Kapitalertrag, die Haftungsakte und die Rechtsbehelfsakte des Beklagten betreffend den Kläger sowie die KESt-Akte betreffend die G, alle zu der St.Nr. ... Wegen weiterer Einzelheiten wird auf den Inhalt dieser Akten und der in diesem Verfahren gewechselten Schriftsätze und eingereichten Unterlagen sowie auf den Inhalt der Protokolle über den Erörterungstermin am 16.08.2002 und die mündliche Verhandlung am 07.08.2003 Bezug genommen.

Gründe

Die zulässige Klage hat auch Erfolg. Der angefochtene Haftungsbescheid in Gestalt der Einspruchsentscheidung ist rechtwidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten (§ 100 Abs. 1 FGO), denn der Beklagte hat sein Ermessen fehlerhaft ausgeübt.

1. Nach § 191 Abs. 1, § 69 AO kann die Finanzbehörde die in §§ 34 und 35 AO bezeichneten Personen mit Haftungsbescheid in Anspruch nehmen, soweit Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis infolge vorsätzlicher oder grob fahrlässiger Verletzung der ihnen auferlegten Pflichten nicht erfüllt werden.

Der Kläger gehört als Geschäftsführer der F zu den in § 34 AO bezeichneten Personen und hatte als solcher die steuerlichen Pflichten der Gesellschaft zu erfüllen. Diese Pflichten sind verletzt worden, denn die abzuführende KESt ist bei Auszahlung des Gewinns am 18.06.1996 für die Schuldnerin der Kapitalerträge nicht in der gebotenen Weise einbehalten und im Folgemonat nicht abgeführt worden. Im Falle einer Gewinnausschüttung einer GmbH ist ein KESt-Abzug vorzunehmen (§ 43 Abs. 1 EStG). Diesen Steuerabzug muss der Schuldner der Kapitalerträge in dem Zeitpunkt vornehmen, in dem der Gewinnanteil dem Gläubiger zufließt (§ 44 Abs. 1 Satz 2 und 3 EStG). Dies ist nach § 44 Abs. 2 Satz 1 KStG der in dem Gewinnausschüttungsbeschluss bestimmte Tag der Auszahlung, im vorliegenden Fall also der 18.06.1996. Zwar ist dieser Tag in dem Beschluss vom 10.04.1996 nicht (mehr) ausdrücklich als „Tag der Auszahlung” bezeichnet worden, jedoch ergibt sich aus dem Zusammenhang mit dem Ausschüttungsbeschluss vom 19.03.1996, dass der dort festgelegte Tag der Auszahlung auf den 18.06.1996 verlegt werden sollte. Die einbehaltene KESt und der darauf entfallende SolZ sind bis zum 10. des folgenden Monats an das Finanzamt abzuführen (§ 44 Abs. 1 Satz 5 EStG, § 3 SolZG). Die F hat zwar zum 10.07.1996 eine KESt in Höhe von 245.000 DM und 18.375 DM Solidaritätszuschlag angemeldet. Eine Abführung der KESt an das Finanzamt ist aber wegen der fehlenden Liquidität der Gesellschaft und ihres späteren Konkurses nicht erfolgt.

Die Pflichtverletzung ist entgegen der Auffassung des Klägers auch grob fahrlässig. Grob fahrlässig handelt, wer die Sorgfalt, zu der er nach seinen persönlichen Kenntnissen und Fähigkeiten verpflichtet und imstande ist, in ungewöhnlich großem Maße verletzt. Dazu gehört, dass er unbeachtet lässt, was im gegebenen Fall jedem hätte einleuchten müssen (vgl. Loose in Tipke/Kruse, AO, Stand Oktober 2002, § 69 Rn. 26 m.w.N.).

Der Kläger kannte seine Verpflichtung zur Einbehaltung und Abführung der KESt als Geschäftsführer der Gesellschaft oder hätte sie zumindest kennen müssen, denn er hat die KESt-Anmeldung vom 21.06.1996 mit unterzeichnet. Ebenso war ihm die Liquiditätslage der F sowie der Umstand bekannt, dass die Zahlung der KESt und des SolZ an den Beklagten bei Ausschüttung des beschlossenen Betrages von der Gewährung eines Bankdarlehens abhing, für das die abschließenden Bewilligungsvoraussetzungen zum Zeitpunkt der Auszahlung des Gewinns am 18.06.1996 nicht vorlagen. Es fanden Verhandlungen u.a. mit der Sparkasse S statt, deren positiver Ausgang nach dem eingereichten Schriftwechsel nicht als sicher angenommen werden konnte. Denn die G hatte bereits mit Schreiben vom 23.05.1996 die Abgabe einer „harten” Patronatserklärung abgelehnt und einen weniger verbindlichen Vorschlag unterbreitet. Laut Mitteilung des Geschäftsführers der G vom 26.06.1996 lehnte die Sparkasse S daraufhin die Bewilligung des beantragten Kredits von 2 Mio. DM ab, war jedoch bereit, das Kreditlimit des Kontokorrentkredits um 300 TDM auf 500 TDM zu erhöhen. Erst am 12.07.1996, also bereits nach Fälligkeit der KESt, legte die Sparkasse einen auf dieser Basis abgefassten Darlehensvertrag vor, der dann aufgrund des Rückzugs der G auch nicht mehr zustande kam. Darüber hinaus kann der Einladung zur außerordentlichen Gesellschafterversammlung vom 18.06.1996, die der Kläger mit unterzeichnet hat und in der die äußert schwierige Liquiditätslage der F thematisiert wird, entnommen werden, dass dem Kläger der Umfang der finanziellen Schwierigkeiten bekannt war. Hinzu kommt, dass die Auszahlung des Nettobetrages der beschlossenen Ausschüttung erst erfolgen konnte, nachdem Liquidität durch die G bereitgestellt worden war. Bei dieser Sachlage war die Auszahlung des gesamten liquiden Mittel an die Gesellschafter grob fahrlässig. Denn nach den steuerrechtlichen Vorschriften war der Kläger im Zusammenhang mit der Auszahlung der Gewinnanteile verpflichtet, den KESt-Abzug vorzunehmen und hätte bei der bekannten finanziellen Lage die beschlossene Gewinnausschüttung nicht oder nur im Umfang der vorhandenen Mittel erfüllen dürfen. Die spätere Fälligkeit der Steuer kann den Schuldvorwurf ebenso wenig aufheben wie die aus der damaligen Sicht möglicherweise getroffene Einschätzung des Klägers, dass die notwendigen Mittel bis zur Fälligkeit der Steuer würden beschafft werden können. Zum Zeitpunkt des Zuflusses der Gewinnanteile bei den Gesellschaftern musste der Steuerabzug erfolgen und die Abführung der KESt und des SolZ sichergestellt sein. Da diese Voraussetzungen nicht vorlagen, ist der Kläger bewusst ein Risiko eingegangen, für das er nunmehr in Haftung genommen werden kann. Sein Fehlverhalten kann er auch nicht dadurch entschuldigen, dass die Hauptgesellschafterin auf eine Ausschüttung drängte. Es lag in seinem Aufgabenbereich, die bestehenden rechtlichen Verpflichtungen einzuhalten und ggf. auch gegenüber der Hauptgesellschafterin zu vertreten.

Darüber hinaus hat er seine Pflichten als Geschäftsführer der F grob fahrlässig verletzt, indem er mit KESt-Anmeldung vom 21.06.1996 den Abzug der KESt dem damals zuständigen Finanzamt anzeigte und auch den Gesellschaftern Bescheinigungen über einen entsprechenden Steuerabzug ausstellte bzw. solches zumindest nicht verhinderte, obwohl ihm bekannt war, dass tatsächlich ein Steuerabzug nicht erfolgt war. Im mindesten hätte dieser Umstand dem Finanzamt gegenüber offengelegt werden müssen. Die Pflichtverletzungen sind auch ursächlich für den Steuerausfall.

Die Inanspruchnahme des Klägers als Haftungsschuldner ist auch nicht vor dem Hintergrund fehlerhaft, dass der Konkursverwalter der F von den Gesellschaftern den ausgeschütteten Betrag jeweils nach § 30 Abs. 1, § 31 Abs. 1 GmbH-Gesetz zurückgefordert hat. Gewinnausschüttungen einer Kapitalgesellschaft sind den Gesellschaftern auch dann zugeflossen, wenn sie von den Gesellschaftern zurückgefordert werden können. Das Bestehen eines solchen Rückgewährungsanspruchs kann den ursprünglichen Zufluss der Kapitalerträge aus der Gewinnausschüttung nicht ungeschehen machen. Aus § 44 Abs. 1 Satz 2 EStG folgt, dass der Tatbestand, an den § 43 Abs. 1 Nr. 1 EStG die Steuerabzugspflicht knüpft, mit dem Zufluss der Kapitalerträge beim Gläubiger erfüllt ist. Das Behaltendürfen ist nicht Merkmal des Zuflusses (BFH, Urteil vom 30.07.1997 - I R 11/96, BFH/NV 1998 S. 308 m.w.N.).

Auch war der Beklagte nicht verpflichtet, die Durchführung des Konkursverfahrens und eine evtl. Zahlung auf die Steuerschuld aus der Konkursmasse abzuwarten. Gemäß § 44 AO ist die F als Verpflichtete nach § 43 Abs. 1 Nr. 1 und § 44 Abs. 1 EStG zur Entrichtung der KESt neben dem Kläger und den weiteren Haftungsschuldnern ihrerseits als Haftungsschuldnerin (§ 44 Abs. 5 Satz 1 EStG) Gesamtschuldnerin der KESt. Sofern sie eine Zahlung leistet, kann dieser Betrag nicht mehr von den anderen Gesamtschuldnern gefordert werden, denn die Erfüllung durch einen Gesamtschuldner wirkt auch für die übrigen Schuldner in der Weise, dass die Gesamtschuld weder gegenüber den anderen Gesamtschuldnern festgesetzt, noch eine erfolgte Festsetzung aufrecht erhalten werden kann (vgl. § 44 Abs. 2 AO).

Das Konkursverfahren, zu dem die Haftungsschuld des F angemeldet wurde, ist nach wie vor nicht abgeschlossen und eine Zahlung der F ungewiss. Insbesondere auch vor dem Hintergrund einer möglichen Verjährung des Haftungsanspruchs nach § 191 Abs. 3 AO musste der Beklagte nicht den Abschluss des Konkursverfahrens abwarten.

Für die Entstehung des Steuerausfalls kommt es nicht darauf an, ob der Beklagte die G mit Nachforderungsbescheid in Anspruch nehmen kann. Der Schaden ist durch den nicht ordnungsgemäß vorgenommenen Abzug der KESt und des SolZ zur KESt und die Nichtabführung der Steuer entstanden. Es ist eine Entscheidung des Auswahlermessens, ob der Beklagte sich auch an die G als eine der möglichen, in Anspruch zu nehmenden Personen halten will. Ebenso kommt es für das Vorliegen eines Steuerausfalls nicht darauf an, ob der Beklagte hätte sicherstellen müssen, dass eine Anrechnung der KESt bei den Gesellschaftern im Rahmen der Einkommensteuerveranlagung nicht erfolgt. Ob den Beklagten evtl. ein Mitverschulden trifft, weil auf andere Weise der Steuerausfall nicht verhindert worden ist, ist im Rahmen des Ermessens zu prüfen.

2. Liegen die Voraussetzungen des Haftungstatbestandes vor, steht die Inanspruchnahme des Klägers als Haftungsschuldner gemäß § 191 Abs. 1 AO im Ermessen des Beklagten. Spätestens in der Einspruchsentscheidung sind die Gründe, die zur Inanspruchnahme gerade des Klägers geführt haben, schriftlich darzulegen. Die Entscheidung muss die wesentlichen Gründe wiedergeben, insbesondere erkennen lassen, dass die Finanzbehörde im konkreten Einzelfall das Für und Wider einer Inanspruchnahme abgewogen hat.

Nach § 102 Satz 1 FGO kann eine Ermessensentscheidung des Beklagten durch das Gericht nur daraufhin überprüft werden, ob die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten sind oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht worden ist. Das Gericht ist nicht befugt, eine eigene Entscheidung an die Stelle der Entscheidung des Beklagten zu setzen.

Bei Zugrundelegung dieses Maßstabs hat der Beklagte sein Ermessen fehlerhaft ausgeübt, denn er hat bei der Auswahl der für den Steuerausfall möglicherweise in Anspruch zu nehmenden Personen verkannt, dass nicht nur die drei Geschäftsführer nach § 191 Abs. 1, §§ 69 und 34 AO sowie die nicht-geschäftsführenden Gesellschafter nach § 44 Abs. 5 Satz 2 EStG und bei F nach § 44 Abs. 5 Satz 1 EStG hätten herangezogen werden können, sondern dass auch eine Heranziehung des Klägers und des weiteren geschäftsführenden Gesellschafters A nach § 44 Abs. 5 Satz 2 EStG in Betracht gekommen wäre.

Der Beklagte nimmt die drei Geschäftsführer der F gesamtschuldnerisch in Haftung nach § 191 Abs. 1, §§ 69 und 34 AO. Er sieht eine Inanspruchnahme der nicht geschäftsführenden Gesellschafter aus rechtlichen Gründen als nicht möglich an. Eine Inanspruchnahme des Hauptgesellschafters nach § 44 Abs. 5 Satz 2 Nr. 2 EStG lehnt er ausdrücklich mit der Begründung ab, dass diese Regelung die positive Kenntnis voraussetze, dass der Schuldner der Kapitalerträge die KESt nicht an das Finanzamt abgeführt habe und dass ein Nachweis dieser Kenntnis von ihm nicht geführt werden könne. Aus dieser Begründung ergibt sich, dass der Beklagte die Möglichkeit einer Heranziehung des Hauptgesellschafters und des weiteren geringfügig beteiligten C gesehen und geprüft hat, jedoch zu dem Schluss gekommen ist, dass ein Anspruch nicht, allenfalls nur unter hohem Prozessrisiko durchgesetzt werden könnte. Es bedarf hier keiner weiteren Prüfung, ob diese Entscheidung ausreichend begründet ist bzw. im Klagverfahren eine Ergänzung der Begründung erfolgen konnte.

Aufgrund der Besonderheiten des Sachverhalts und des Vortrags des Klägers bestand Anlass zu prüfen, ob auch die geschäftsführenden Gesellschafter gemäß § 44 Abs. 5 Satz 2 Nr. 2 EStG hätten in Anspruch genommen werden können. Dem Haftungsbescheid und der Einspruchsentscheidung kann nicht entnommen werden, dass dem Beklagten bei seiner Entscheidung bewusst war, dass eine Nachforderung der Steuer gegenüber den geschäftsführenden Gesellschaftern auf dieser Grundlage in Betracht kommt. Es kann dahin stehen, ob hinsichtlich des Klägers neben der Heranziehung als Haftungsschuldner eine Inanspruchnahme bezüglich des Teilbetrages, für den er selbst Schuldner der KESt ist, im Wege der Nachforderung ausdrücklich auf § 44 Abs. 5 Satz 2 Nr. 2 EStG hätte gestützt werden müssen. Jedoch bestand Anlass, eine Heranziehung des anderen geschäftsführenden Gesellschafters A unter dem Blickwinkel des § 44 Abs. 5 Satz 2 Nr. 2 EStG zu würdigen. Ebenso wie der Kläger wusste er unstreitig, dass die KESt nicht abgeführt worden war, so dass die Voraussetzungen einer Inanspruchnahme vorgelegen hätten. Der Beklagte hätte danach in seine Erwägungen mit einbeziehen müssen, ob er A als Schuldner eines Teils der KESt hätte heranziehen können und müssen. Dies auch vor dem Hintergrund, dass eine Nachforderung der Steuer nach § 44 Abs. 5 Satz 2 Nr. 2 EStG keinen Schuldvorwurf beinhaltet und möglicherweise deshalb von dem Verpflichteten leichter hinnehmbar ist. Solche Erwägungen hätten auf die Höhe der Inanspruchnahme des Klägers Auswirkungen haben können, denn es wäre aus den genannten Gründen zu prüfen gewesen, ob der geschäftsführende Gesellschafter A nicht hätte hinsichtlich der auf ihn entfallenden KESt und des SolZ zur KESt vorrangig in Anspruch genommen werden müssen mit der Folge, dass der Haftungsbetrag gegenüber dem Kläger evtl. niedriger festzusetzen gewesen wäre.

Diese Ermessenserwägungen sind auch nicht dadurch entbehrlich, dass der Beklagte sowohl den Kläger als auch den geschäftsführenden Gesellschafter A als Gesamtschuldner in Höhe der gesamten ausgefallenen Steuer in Anspruch genommen hat. Die gesamtschuldnerische Haftung des A entlastet den Kläger nicht davon, dass auch er als Haftender die gesamte Leistung schuldet und bis zur vollständigen Tilgung verpflichtet bleibt.

3. Der Beklagte konnte seine Ermessenserwägungen zu diesem Punkt im gerichtlichen Verfahren nicht ergänzen. Zwar erlaubt § 102 Satz 2 FGO i.d.F. des Gesetzes zur Änderung steuerlicher Vorschriften (StÄndG 2001) vom 20.12.2001 (BGBl I S. 3794) der Finanzbehörde nunmehr, ihre Ermessenserwägungen hinsichtlich des Verwaltungsaktes bis zum Abschluss der Tatsacheninstanz eines finanzgerichtlichen Verfahrens zu ergänzen. Diese Regelung gestattet es dem Beklagten jedoch nur, bereits an- und dargestellte Ermessenserwägungen zu vertiefen, zu verbreitern oder zu verdeutlichen. Nicht dagegen ist er befugt, Ermessenserwägungen im finanzgerichtlichen Verfahren erstmals anzustellen oder die Ermessensgründe auszuwechseln (vgl. von Wedel in Schwarz, FGO, Stand Juni 2002, § 102 Rn. 44 ff.; Lange in Hübschmann, Hepp, Spitaler, Stand März 2003, § 102 FGO Rn 65 ff; Lange, Ergänzung der Ermessenserwägungen im finanzgerichtlichen Verfahren, DB 2001 S. 2680; FG Hamburg, Urteil vom 14.08.2002 - V 248/98, EFG 2003 S. 202; FG Baden-Württemberg, Urteil vom 17.09.2002 - 4 K 495/01, EFG 2003 S. 64). Dieses Verständnis entspricht auch der Entstehungsgeschichte. In der Gesetzesbegründung zu § 114 VwGO (BT-Drs. 13/3993 S. 13), auf die die Gesetzesbegründung zu § 102 FGO (BT-Drs. 14/6877 S. 31) verweist, heißt es :”Ein (völliges) Auswechseln der bisherigen Begründung oder eine erstmalige Begründung der Ermessensentscheidung unterfällt nicht der neuen Regelung des § 114 Satz 2 VwGO.”

Der Beklagte hat im vorliegenden Fall zwar grundsätzlich das Bestehen eines Ermessensspielraumes erkannt. Dennoch geht ein Nachschieben von Gründen zu der Möglichkeit, die geschäftsführenden Gesellschafter auch und möglicherweise vorrangig nach § 44 Abs. 5 Satz 2 Nr. 2 EStG in Anspruch zu nehmen, über eine Ermessensergänzung hinaus. Ermessensergänzung ist eine Erklärung der Finanzbehörde, mit der sie zum Ausdruck bringt, dass sie auch bei einer etwas anderen Gewichtung der maßgebenden Gesichtspunkte bzw. bei Berücksichtigung von bisher nicht berücksichtigten Umständen zum gleichen Ergebnis gekommen wäre (Lange in Hübschmann, Hepp, Spitaler, Stand März 2003, § 102 FGO Rn 65). In welchem Umfang eine Ergänzung von Ermessenserwägungen nachträglich erfolgen kann, ist nach dem jeweils einschlägigen materiellen Recht und dem Verfahrensrecht (Abgabeordnung) zu beurteilen. Materiellrechtlich ist eine nachträgliche Ergänzung einer Ermessensbegründung - sofern nicht Sonderregelungen vorliegen - dann zulässig, wenn die nachträglich von der Behörde angegebenen Gründe schon bei Erlass des Verwaltungsaktes vorlagen, dieser durch sie nicht in seinem Wesen geändert und der Betroffene nicht in seiner Rechtsverteidigung beeinträchtigt wird (Lange in Hübschmann, Hepp, Spitaler, Stand März 2003, § 102 FGO Rn 73; BVerwG, Urteil vom 5.05.1998 - 1 C 17/97, BVerwGE 106 S. 351, 363).

Im vorliegenden Fall würde jedenfalls das Wesen des Verwaltungsaktes verändert, denn der Beklagte hat in bezug auf die Anspruchsgrundlage des § 44 Abs. 5 Satz 2 Nr. 2 EStG hinsichtlich der geschäftsführenden Gesellschafter sein Ermessen nicht erkannt und nicht ausgeübt. Nunmehr angeführte Gründe würden nachträgliche Erwägungen wiedergegeben, die nicht Gegenstand der damaligen Entscheidung gewesen sind und die zu einer anderen Entscheidung des Beklagten führen könnten. Sie gehen damit über eine Berücksichtigung weiterer Gesichtpunkte im Rahmen angestellter Ermessenserwägungen hinaus.

Der Bescheid vom 16.12.1996 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 5.05.2000 war daher aufzuheben.

Der Beklagte hat die Kosten des Verfahrens gemäß § 135 Abs. 1 FGO zu tragen. Die Revision ist nach § 115 Abs. 2 FGO wegen grundsätzlicher Bedeutung zuzulassen.

VorschriftenAO § 34, AO § 69, AO § 191 Abs. 1, EStG § 44 Abs. 5 S, FGO § 102 S. 2