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08.01.2010

Hessisches Finanzgericht: Urteil vom 18.01.2000 – 4 K 3248/99

-Eine Erhöhung der Geschäftsführergehälter um 70 % zu einem Zeitpunkt, zu dem der Gewinn rückläufig ist, läßt regelmäßig darauf schließen, daß die Gehaltserhöhungen auf gesellschaftlichen Gründen beruhen.


-Sind bei kleineren Unternehmen mehrere Geschäftsführer bestellt, ist bei der Bemessung der Geschäftsführerbezüge als Gesamtgehalt für beide Geschäftsführer die Summe aus einem Geschäftsführergehalt und dem Gehalt eines leitenden Angestellten zugrunde zu legen.


-Bei der Bemessung der Geschäftsführergehälter ist die aufgewandte Arbeitszeit nur von untergeordneter Bedeutung. Die Effektivität der Leistung des Geschäftsführers ist vielmehr regelmäßig am Gewinn des Unternehmens zu messen.


-Private Sachverständigengutachten, die nur auf Gehaltsstrukturuntersuchungen und nicht auf einer die Besonderheiten des jeweiligen Betriebes berücksichtigenden betrieblichen Analyse beruhen, haben keinen, über die allgemeinen veröffentlichten Gehaltsstrukturuntersuchungen hinausgehenden Beweiswert.


-Die Faustregel, daß eine Geschäftsführervergütung angemessen ist, wenn sie 300% des Gehalts des bestbezahltesten Angestellten im Betrieb nicht überschreitet, ist als Beurteilungsgrundlage für die Angemessenheit des Geschäftsführergehalts ungeeignet.


Die Klage wird abgewiesen.

Tatbestand

Die Beteiligten streiten um die Angemessenheit von Geschäftsführergehältern.

Die Klägerin betreibt ein Unternehmen, das den An- und Verkauf, die Planung, Installation und Reparatur von Kälte- und Klimaanlagen jeglicher Art zum Gegenstand hat. Das Stammkapital beträgt 50.000,-- DM. Gesellschafter sind zu je 50 % die Herren F und G. Beide sind zu alleinvertretungsberechtigten Geschäftsführern bestellt. In den Streitjahren beschäftigte die Klägerin insgesamt neun bis zehn Arbeitnehmer. Bei Umsätzen von 2.430.246,-- DM in 1992, 2.722.990,-- DM in 1993 und 2.975.676,-- DM in 1994 erwirtschaftete die Antragstellerin von 1991 bis 1993 Verluste i.H.v. 66.287,-- DM, 61.140,-- DM und 136.351,-- DM. In 1994 weist die Steuerbilanz einen Gewinn von 91.714,29 DM aus.

Nach den gleichlautenden Geschäftsführerverträgen vom 12.02.1986 beträgt die tägliche Arbeitszeit der Geschäftsführer mindestens acht Stunden. Die anfallenden Arbeiten sind auch an den Wochenenden und zur Nachtzeit zu erledigen. Für diese Mehrarbeiten wird den Geschäftsführern ein dreizehntes und vierzehntes Monatsgehalt gezahlt. Das monatliche Gehalt wurde in 1989 auf 13.000,-- DM und mit Vereinbarung vom 25.02.1991 auf jeweils 22.000,-- DM angehoben. Neben dem monatlichen Festgehalt erteilte die Klägerin den Geschäftsführern am 08.03.1992 zusätzlich eine Versorgungszusage. Desweiteren steht den Geschäftsführern eine Tantieme von 20 % des Reingewinns zu. Insgesamt erzielten die Geschäftsführer in den Streitjahren einen Bruttoarbeitslohn in Höhe von jeweils 310.104,-- DM in 1992 und 1993 und 298.304,-- DM in 1994. Zuzüglich der Kfz-Nutzung und der Pensionsverpflichtung ergab sich für Herrn F eine Gesamtausstattung von 336.066,-- DM in 1992 und 1993 sowie 319.316,-- DM in 1994 und für Herrn G von 343.921,-- DM in 1992, 344.302,-- DM in 1993 und 322.831,-- DM in 1994.

Im Rahmen der für die Streitjahre durchgeführten Außenprüfung sah das Finanzamt die Geschäftsführergehälter als unangemessen an und qualifizierte den 223.400,-- DM je Geschäftsführer übersteigenden Betrag als verdeckte Gewinnausschüttung. Gegen die aufgrund der Außenprüfung erlassenen Änderungsbescheide für Körperschaftssteuer 1992 - 1994 und Gewerbesteuermeßbetrag 1992 - 1994 vom 08.04.1999 wandte sich die Klägerin mit dem Einspruch, den das Finanzamt durch Einspruchsentscheidung vom 08.07.1999 zurückwies. Dagegen richtet sich die vorliegende Klage.

Die Klägerin ist der Ansicht, die gezahlten Geschäftsführergehälter seien angemessen. Sie beruft sich dabei zum einen auf eine Entscheidung des Hessischen Finanzgerichts vom 16.01.1997 (EFG 1989, Seite 593), in der der 4. Senat eine Gesamtvergütung an einen Gesellschaftergeschäftsführer in Höhe von 330.000,-- DM als angemessen angesehen hat. Desweiteren sei nach einer Gehaltsstrukturuntersuchung von Tänzer (GmbH-Rundschau 1993, 728) bei 1/3 der untersuchten kleinen aber erfolgreichen GmbHs ein durchschnittliches Gehalt von 330.000,-- DM gezahlt worden. Bei der Bemessung der Geschäftsführergehälter sei auch zu berücksichtigen, daß es sich bei der vorliegenden Branche um eine Wachstumsbranche handele, bei der ein Mangel an qualifizierten Fach- und Führungskräften bestehe. Auch sei zu berücksichtigen, daß die Klägerin eine anspruchsvolle Kundschaft aus Industrie, Handel und Dienstleistung, insbesondere auf dem medizinischen Sektor betreue. Es würden komplexe Projekte der Klima- und Kältetechnik geplant und durchgeführt. Gleichzeitig werde ein entsprechender Kundendienst gewährt. Der Einbau von Klimaanlagen in Operations- und EDV-Räume zeige, daß das Unternehmen besonders sorgfältig arbeite. Herr G verfüge darüber hinaus über besondere Kenntnisse, insbesondere im Bereich energiesparender Techniken, die es ihm ermöglichten, in diesem Bereich Beratungen durchzuführen. Zum Nachweis legte die Klägerin einzelne Zertifikate vor, auf die im einzelnen verwiesen wird. Zu berücksichtigen sei auch, daß die Klägerin hinsichtlich einzelner installierter Systeme zur Kälte- und Klimatechnik aufgrund der von ihr vorgenommenen Änderungen EG-rechtlich als Hersteller gelte. Da es sich um eine Wachstumsbranche handele, die schnellem technischen Wandel unterworfen sei, sei besonderes Können und außergewöhnlicher Arbeitseinsatz gefordert. Im Unternehmen der Klägerin müsse rund um die Uhr jemand erreichbar sein. So betrage die wöchentliche Arbeitszeit der Geschäftsführer 80 bis 90 Stunden. Ausgehend von einem normalen Arbeitstag müßten anstelle der Geschäftsführer schätzungsweise vier bis fünf Mitarbeiter zusätzlich eingestellt werden. Die Klägerin meint, diese Umstände seien bei der Frage der Angemessenheit der Geschäftsführergehälter zu berücksichtigen. Es sei eine Einzelfallprüfung durchzuführen, die neben Umsatz und Größe des Unternehmens insbesondere die Qualifikation der Geschäftsführer, deren persönlichen Arbeitseinsatz und die zukünftigen Ertragsaussichten des Unternehmens zu berücksichtigen habe. Davon ausgehend lägen hier die Gewinnprognosen auf hohem Niveau. Auch die Eigenkapitalrenditen seien im Vergleich zu anderen Unternehmen außergewöhnlich hoch und bewegten sich im dreistelligem Bereich. Als besondere betriebliche Gründe für die hohen Geschäftsführergehälter sei auch die Notwendigkeit der Anwesenheit der Geschäftsführer zur Unzeit (24 Stundeneinsatz) zu berücksichtigen. Die gezahlten Gehälter seien branchengerecht. In der Branche würden Spitzengehälter gezahlt. So habe Herr G in 1998 ein Angebot über 164.000,-- DM Gehalt plus Dienstwagen als angestellter Kälteanlagenbaumeister erhalten. Ausgehend von diesem Gehalt seien die hier gezahlten Geschäftsführergehälter, die die besondere Verantwortung der Geschäftsführer zu berücksichtigen hätten, angemessen. Bei der Verteilung der Angemessenheit von Geschäftsführergehältern sei dabei von einem 300 prozentigen Aufschlag auf das Gehalt eines leitenden Angestellten auszugehen. Auch bei Zugrundelegung der Gehaltsstrukturuntersuchungen ergebe sich aus der BBE-Studie von 1999, die erstmals den Bereich Umwelttechnik besonders ausweise, ein Höchstwert für die Gesamtvergütung von 497.418,-- DM und ein Mittelwert von 235.800,-- DM. Lege man die Gehälter des oberen Viertels vergleichbarer Unternehmen zugrunde, so sei hier ein Gehalt von mindestens 253.640,-- DM angemessen.

In der mündlichen Verhandlung hat die Klägerin ein privat in Auftrag gegebenes Gutachten des Herrn D vorgelegt, auf dessen Inhalt im Einzelnen verwiesen wird.

Die Klägerin beantragt,

1.die Körperschaftssteueränderungsbescheide 1992 - 1994 sowie die Gewerbesteuermeßbescheide 1992 - 1994 jeweils vom 08.04.1999 in der Fassung der Einspruchsentscheidung vom 23.07.1999 dahingehend abzuändern, daß der Ansatz einer verdeckten Gewinnausschüttung bei der Ermittlung des zu versteuernden Einkommens und bei der Ermittlung des Gewinns aus Gewerbebetrieb in Höhe von 207.187,-- DM in 1992, 207.548,-- DM in 1993 und 169.347,-- DM in 1994 unter Herstellung der Ausschüttungsbelastung wegen vermeintlich unangemessener Geschäftsführergehälter rückgängig gemacht wird,

2. die Revision zum Bundesfinanzhof zuzulassen.

Das beklagte Finanzamt beantragt,

die Klage abzuweisen.

Das Finanzamt bezieht sich hinsichtlich der Unangemessenheit der Geschäftsführergehälter auf die von ihm verwendete Gehaltsstudie der Branche Maschinen- und Anlagebau für den Zeitraum 1993/1994, den es als geeigneten Vergleichsmaßstab ansieht. Es führt aus, daß zu Gunsten der Klägerin bereits ein höherer Umsatz von drei bis fünf Millionen DM zugrunde gelegt worden sei, und daß man darüber hinaus nochmals einen Zuschlag von 20 % auf diesen sich ergebenden Betrag gemacht habe, um Schätzungenauigkeiten und sonstige Unwegbarkeiten zu berücksichtigen. Die von der Klägerin angeführte Mehrarbeitsbelastung sei bereits durch das 13. und 14. Monatsgehalt abgegolten. Dies ergebe sich aus dem Anstellungsvertrag, der die Zahlung der zusätzlichen Monatsgehälter ausdrücklich zur Abgeltung von Sonn-, Feiertags- und Nachtarbeit vorsehe. Im übrigen sei der Arbeitseinsatz von Geschäftsführern nicht an bestimmte Arbeitszeiten gebunden. Der Geschäftsführer müsse seine gesamte Arbeitskraft dem Unternehmen zur Verfügung stellen. Die gezahlte Gesamtausstattung der Geschäftsführervergütung sei anhand der Ertragsaussichten, des Verhältnisses der Bezüge zur verbleibenden Kapitalverzinsung und zum Gesamtgewinn als unangemessen anzusehen. Kein Erwerbsunternehmen sei auf Dauer bereit für die Bezahlung eines fremden Geschäftsführers seine Gewinne ganz oder zum größten Teil zu opfern oder gar Verluste in Kauf zu nehmen, mögen seine Leistungen auch noch so hervorragend sein. Die Höhe der Bezüge resultiere überwiegend auf der Gehaltserhöhung durch die Vereinbarung vom Februar 1991 von 13.000,-- DM auf 22.000,-- DM. Gemessen an der Umsatzsteigerung in diesem Zeitraum bzw. an den zurückgehenden Gewinnen ab 1989 sei diese Gehaltserhöhung aufgrund der betrieblichen Situation nicht gerechtfertigt. Eine Kapitalverzinsung sei erst ab dem Jahr 1994 gegeben. Soweit die Klägerin zum Vergleich Zahlen von 1995 bis 1997 anführe, seien diese nicht mehr geeignet, die Angemessenheit der Gehälter für das Jahr 1991 festzustellen.

Gründe

Die Klage ist nicht begründet.

Das Finanzamt hat die den Betrag von 236.400,-- DM je Geschäftsführer übersteigenden Geschäftsführergehälter zutreffend als verdeckte Gewinnausschüttung qualifiziert.

Eine verdeckte Gewinnausschüttung im Sinne des § 8 Abs. 3 Satz 2 Körperschaftsteuergesetz ist bei einer Kapitalgesellschaft eine Vermögensminderung (verhinderte Vermögensmehrung), die durch das Gesellschaftsverhältnis veranlaßt ist, sich auf die Höhe des Einkommens auswirkt und in keinem Zusammenhang mit einer offenen Ausschüttung steht. Eine Veranlassung durch das Gesellschaftsverhältnis ist anzunehmen, wenn die Kapitalgesellschaft ihrem Gesellschafter einen Vermögensvorteil zuwendet, den sie bei Anwendung der Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters einem Nichtgesellschafter nicht gewährt hätte (ständige Rechtsprechung vgl. BFH-Urteil vom 28.06.1989 I R 89/85 BStBl II 1989, 854). Entsprechend kann auch die Vergütung, die die Kapitalgesellschaft ihrem Gesellschafter-Geschäftsführer zu zahlen verspricht, verdeckte Gewinnausschüttung sein, wenn sie - dem Grunde und/oder der Höhe nach - nicht dem entspricht, was ein ordentlicher und gewissenhafter Geschäftsleiter der Kapitalgesellschaft deren Geschäftsführer als Tätigkeitsentgelt versprechen würde.

Für die Angemessenheit der Bezüge eines Geschäftsführers gibt es keine festen Regeln. Die obere Grenze der Angemessenheit, die ein ordentlicher und gewissenhafter Geschäftsführer nicht überschreiten würde, ist vielmehr im Einzelfall durch Schätzung zu ermitteln. Beurteilungskriterien sind dabei Art und Umfang der Tätigkeit, die künftigen Ertragsaussichten des Unternehmens, das Verhältnis des Geschäftsführergehaltes zum Gesamtgewinn und zur verbleibenden Kapitalverzinsung sowie insbesondere Art und Höhe der Vergütungen, die gleichartige Betriebe für entsprechende Leistungen gewähren (BFH, BStBl II 1989, 854). Im Einzelfall ist zu entscheiden, welche Aspekte maßgeblich in den Vordergrund treten. Bei kleinen Kapitalgesellschaften ist den sich aus dem Betrieb selbst ergebenden internen Daten eine erhöhte Bedeutung zuzumessen.

Die Kapitalverzinsung ist dabei kein geeignetes Kriterium zur Bemessung der Geschäftsführergehälter. Eine angemessene Verzinsung des eingesetzten Kapitals ist lediglich das Mindestmaß für den der Kapitalgesellschaft verbleibenden Gewinn. Sofern keine angemessene Kapitalverzinsung erreicht wird, ist dies ein Indiz für eine Absaugung des Gewinns. Umgekehrt läßt sich aus einer hohen Kapitalverzinsung jedoch nicht auf die Angemessenheit von Geschäftsführergehältern schließen. Es trifft nicht zu, daß die über eine angemessene Kaptitalverzinsung hinausgehende Erträge steuerlich wirksam als Geschäftsführervergütung ausgekehrt werden können. Vielmehr wird ein ordentlicher und gewissenhafter Geschäftsleiter stets bestrebt sein den Gewinn der Gesellschaft über das Mindestmaß der Kapitalverzinsung hinaus zu steigern, so daß die angemessene Kapitalverzinsung nur eine untere Grenze für den der Gesellschaft verbleibenden Gewinn darstellen kann. Eine Erwerbsgesellschaft wird nicht bereit sein auf Dauer für die Bezahlung eines fremden Geschäftsführers - mögen seine Leistungen auch noch so hervorragend sein - ihre Gewinne ganz oder zum größten Teil zu opfern oder gar Verluste in Kauf zu nehmen; sie wird vielmehr darauf achten, daß die Bezüge des Geschäftsführers in einem angemessenen Verhältnis zu ihrem eigenen nachhaltigen Geschäftserfolg stehen.

Im Streitfall läßt bereits das Verhältnis zwischen dem Gewinn bzw. Verlust des Unternehmens und der Höhe der Geschäftsführergehälter auf gesellschaftliche Gründe bei der Bemessung der Geschäftsführergehälter schließen. Die Geschäftsführergehälter von zusammen knapp 700.000 DM übersteigen selbst den in 1994 erzielten Gewinn des Unternehmens um ein Vielfaches. Insbesondere die enorme Erhöhung der Geschäftsführergehälter um 70 % zu einem Zeitpunkt, zu dem der Gewinn rückläufig war und der Umsatz nur geringfügig anstieg, läßt darauf schließen, daß die Gehaltserhöhungen auf gesellschaftlichen Gründen beruhten und lediglich dazu dienten, den Gewinn abzusaugen und Steuern, insbesondere im Bereich der Gewerbesteuer, zu sparen.

Ein Fremdvergleich führt zu keinem anderen Ergebnis. Die im Rahmen des Fremdvergleichs vorzunehmende Angemessenheitsprüfung ist dabei grundsätzlich unter Berücksichtigung aller Vorteile und Entgelte aus dem Dienstverhältnis (sogenannte Gesamtausstattung) vorzunehmen. Hierzu gehören neben dem Festgehalt erfolgsabhängige Tantiemen, Versorgungszusagen sowie Nebenleistungen, wie z.B. die Kfz-Nutzung.

Bei dem durchzuführenden Fremdvergleich sind vorrangig innerbetriebliche Vergleichswerte heranzuziehen. Ist wie im Streitfall aufgrund der innerbetrieblichen Beschäftigungsstruktur ein solcher Vergleich nicht möglich, weil es an vergleichbaren leitenden Angestellten fehlt, sind im Rahmen eines außerbetrieblichen Fremdvergleichs als Vergleichsgrundlage branchenspezifische Vergleichsgehälter sowie Gehaltsstrukturuntersuchungen, die im Bereich der deutschen Wirtschaft angestellt werden, heranzuziehen. Branchenspezifische Erfahrungswerte liegen im Streitfall nicht vor, so daß auf Gehaltsstrukturuntersuchungen zurückzugreifen ist.

Bei Anwendung der Gehaltsstrukturuntersuchungen ist als stärkster Bestimmungsfaktor für die Höhe des Geschäftsführergehaltes die Unternehmensgröße, gemessen insbesondere nach Umsatz- und Beschäftigtenzahl des Unternehmens zugrunde zu legen. Ein weiterer wesentlicher Bestimmungsfaktor für die Gehaltshöhe ist die Ertragslage des Unternehmens.

Nach den dem Gericht vorliegenden detaillierten Gehaltsstrukturuntersuchungen von der Kiembaum GmbH und der BBE-Unternehmensberatungs GmbH ergeben sich, ausgehend von den Bestimmungsfaktoren Umsatz des Unternehmens und Beschäftigungszahl, folgende durchschnittlichen Jahresgesamtbezüge eines Geschäftsführers in Unternehmen vergleichbarer Größe:

1. Kienbaum GmbH, Vergütung 1993, Geschäftsführer einer kleinen GmbH:

Tabelle 13 (Fremdgeschäftsführer)

10 - 14 Beschäftigte, durchschnittliche Gesamtbezüge: 143.000,-- DM

2 - 3 Millionen DM Umsatz, durchschnittliche Gesamtbezüge: 156.000,-- DM

Tabelle 14 und 15 (durchschnittliche Ertragslage)

10 - 14 Beschäftigte, durchschnittliche Gesamtbezüge: 127.000,-- DM

2 - 3 Millionen DM Umsatz, durchschnittliche Gesamtbezüge 134.000,-- DM

2. BBE Unternehmensberatung GmbH, Geschäftsführervergütungen 1996:

Tabelle 5 (durchschnittliche Ertragslage)

bis 10 Beschäftigte, durchschnittliche Gesamtbezüge: 142.855,-- DM

Tabelle 6 (durchschnittliche Ertragslage)

2 - 5 Millionen DM Umsatz, durchschnittliche Gesamtbezüge: 123.870,-- DM

Tabelle 10 (Gas und Sanitärhandwerk)

bis 10 Beschäftigte, durchschnittliche Gesamtbezüge: 119.600,-- DM

(sonstiges Handwerk: 121.126,-- DM;

Metall/Maschinen/Werkzeug/Anlagen: 161.506,-- DM)

Tabelle 11

2 - 5 Millionen DM Umsatz, durchschnittliche Gesamtbezüge: 179.256,-- DM

(sonstiges Handwerk: 152.802,-- DM;

Metall/Maschinen/Werkzeuge/Anlagen: 167.005,-- DM)

Ausgehend von diesen Vergleichszahlen übersteigt im Streitfall bereits das an einen Geschäftsführer der Klägerin gezahlte Gehalt in den Streitjahren die Gehälter von Geschäftsführern in vergleichbaren Unternehmen bei weitem. Dabei sind, obwohl die Klägerin in den Streitjahren weitgehend Verluste erwirtschaftet hat und damit eine eher unterdurchschnittliche Ertragslage aufweist zugunsten der Klägerin bereits die Vergleichsgehälter von Unternehmen mit durchschnittlicher Ertragslage zugrunde gelegt worden. Desweiteren ist zu berücksichtigen, daß es sich bei den in den Gehaltsstrukturuntersuchungen angegebenen Gehältern um Werte für die Gesamtgeschäftsführung handelt. Wird die Geschäftsführung einer Kapitalgesellschaft von mehreren Personen wahrgenommen, so kann eine verdeckte Gewinnausschüttung auch dann vorliegen, wenn die dem einzelnen Geschäftsführer gezahlten Vergütungen - isoliert betrachtet - zwar angemessen sind, die Summe der allen Geschäftsführern zusammen gewährten Bezüge aber unter Berücksichtigung der oben genannten Kriterien unangemessen ist. Durch eine Vervielfältigung der mit Leistungsfunktionen betrauten Personen kann nämlich der Rahmen dessen, was einer Kapitalgesellschaft ihre Geschäftsführung wert sein darf, nicht ausgedehnt werden. Wenn wie im Streitfall mehrere Geschäftsführer bestellt sind, ist das in den Gehaltstrukturuntersuchungen für die Geschäftsführung genannte Gehalt zwischen den Geschäftsführern aufzuteilen wäre. Bei kleinen Unternehmen, bei denen wie im Streitfall mehrere Geschäftsführer bestellt sind, ist allerdings regelmäßig davon auszugehen, daß diese Geschäftsführer neben ihrer eigentlichen Geschäftsführertätigkeit weitere Tätigkeiten von leitenden Angestellten im Unternehmen übernehmen. Das führt dazu, daß als Gesamtgehalt für beide Geschäftsführer ein Geschäftsführergehalt und das Gehalt eines leitenden Angestellten zugrunde zu legen sind. Demnach liegt im Streitfall ein krasses Mißverhältnis der Gesamtvergütung der Gesellschafter-Geschäftsführer vor, was eine abweichende Gehaltsfestsetzung durch das Finanzamt rechtfertigt.

Bei der Bemessung der Gehälter ist das Finanzamt angesichts der vorliegenden Vergleichszahlen äußert großzügig verfahren. Der Umstand, daß es sich bei der vorliegenden Branche um einen expandierenden Bereich handelt, in dem Facharbeitskräfte Mangelware sind, ist dabei ebenso hinreichend berücksichtigt worden, wie ein von der Klägerin behaupteter erhöhter Zeitaufwand der Geschäftsführer für ihre Tätigkeit. Dabei ist der Zeitaufwand bei der Bemessung der Geschäftsführergehälter nur von untergeordneter Bedeutung. Wesentlicher ist vielmehr die Effektivität der Leistung, die sich im Reingewinn des Unternehmens niederschlägt. Nur das, was ein Unternehmen als Reingewinn erwirtschaftet, wird auch ein fremder Arbeitgeber zur Grundlage seiner Entgeltberechnung machen (vgl. Finanzgericht des Saarlandes, Urteil vom 15.12.1992 1 K 50/92 EFG 1993, 407). Ein fremder Arbeitgeber wird sich somit den in einem erhöhten Zeitaufwand niederschlagenden - erhöhten - Arbeitseinsatz nur dann mehr kosten lassen, wenn sich dieser auf der Gewinnseite auswirkt.

Auch die von der Klägerin angeführte Rufbereitschaft über 24 Stunden am Tag ist kein besonderer Umstand, der eine derart hohe Gehaltsfestsetzung rechtfertigt. Ein solcher Notdiensteinsatz ist in dieser ebenso wie anderen Handwerksbranchen durchaus üblich. Hinzukommt, daß sich die Bereitschaft der Geschäftsführer darauf beschränkt, den Notdiensteinsatz zu koordinieren und Monteure mit der Ausführung zu beauftragen bzw. über ein Telefonanlage mit Anrufbeantworter direkt an die diensthabenden Monteure zu verweisen.

Ebensowenig ist die von der Klägerin behauptete besondere Qualifikation der Geschäftsführer ein Merkmal, das im Streitfall eine von den Gehaltsstrukturuntersuchungen abweichende höhere Gehaltsfestsetzung rechtfertigt. Die Ausbildung des Geschäftsführers als Handwerksmeister ist die typische und erforderliche Ausbildung zur Ausübung der vorliegenden Tätigkeit. Die im Klageverfahren vorgelegten zusätzlichen Zertifikate betreffen lediglich Zusatzlehrgänge von kurzer Dauer, die notwendig sind, um bestimmte Anlagen aufzustellen, zu warten und abzunehmen. Sie lassen auf keine besondere zusätzliche Qualifikation schließen.

Die von der Klägerin herangezogenen Gehaltsstrukturuntersuchungen für den Bereich der Umwelttechnik aus 1999 sind kein geeigneter Maßstab für die Streitjahre. Darüber hinaus führen diese Untersuchungen, obwohl sie fünf bis sieben Jahren nach den Streitjahren erhoben worden sind, zu keinem anderen Ergebnis. Der Mittelwert der Vergütungen, der hier allenfalls zugrunde zu legen wäre, da es sich bei der Klägerin ausgehend von den erzielten Gewinnen um ein eher ertragsschwaches Unternehmen handelt, liegt mit 235.880,-- DM immer noch unter den vom Finanzamt angenommenen Werten.

Der Umstand, daß die Klägerin in einzelnen Bereichen EG-rechtlich als Hersteller anzusehen ist, führt zu keiner anderen Beurteilung. Vielmehr sind die Vergütungen im produzierendem Gewerbe eher niedriger.

Auch das von der Klägerin zum Vergleich vorgelegte Stellenangebot aus 1998, an Herrn G als angestellten Kälteanlagenbaumeister mit einem Grundgehalt von 168.000,-- DM im Jahr zuzüglich Firmenwagennutzung zeigt, daß die vom Finanzamt angenommenen Werte keinesfalls zu niedrig sind. Legt man dieses Gehalt zugrunde - wobei zu berücksichtigen ist, daß das Angebot vier bis sechs Jahre nach den Streitjahren erteilt worden ist - verbleibt noch ein ausreichender Differenzbetrag zu dem vom Finanzamt zugrundegelegten Geschäftsführergehalt, der die zusätzliche Gesamtverantwortung des Geschäftsführers für das Unternehmen ausreichend abdeckt. Die in der Literatur vertretene Faustregel, wonach das Geschäftsführergehalt immer dann angemessen sein soll, wenn es nicht mehr als 300 % eines vergleichbaren Angestelltengehaltes übersteige, ist unrealistisch und kein geeigneter Beurteilungsmaßstab.

Soweit die Klägerin zur Bemessung der Gehälter auf das Urteil des Hessischen Finanzgerichts vom 27.03.1998 4 K 3409/96, EFG 1998, S. 593 verweist und ausführt, daß dort ein Geschäftsführergehalt in Höhe von 330.000,-- DM als angemessen angesehen worden ist, kann dies nicht als Vergleichsmaßstab herangezogen werden. Der dem Urteil zugrundeliegenden Sachverhalt war ein Einzelfall, der nicht vergleichbar ist. Es handelte sich dort um ein äußerst ertragreiches Unternehmen, dessen Ertragsaussichten nahezu ausschließlich von der kreativen Leistung des Geschäftsführers abhingen.

Auch das von der Klägerin privat in Auftrag gegebene Gutachten von D über die Angemessenheit des Geschäftsführergehaltes führt im Streitfall zu keiner anderen Beurteilung. Ebenso wie bei den oben angeführten Gehaltsstrukturuntersuchungen, ist das Gutachten anhand von Erhebungen, die die Höhe des Geschäftsführergehaltes nach den unternehmensbezogenen Faktoren Branche, Umsatz, Zahl der Beschäftigten und Ertragssituation bemessen, erstellt worden. Eine besondere betriebliche Analyse wurde nicht durchgeführt. Es handelt sich daher nicht um eine auf die besonderen Verhältnisse des Unternehmens abgestimmte Untersuchung. Der Beweiswert des Gutachtens ist demzufolge äußerst gering, zumal die Differenzierungskritierien und die Erhebungsgrundlagen nicht näher dargelegt wurden. Auffällig ist, daß die angegebenen Untersuchtungswerte erheblich von den Werten der anerkannten Studien der Kienbaum GmbH und der BBE Unternehmensberatungs GmbH abweichen. Das Gutachten berücksichtigt auch nicht hinreichend, daß hier zwei Personen als Geschäftsführer eingesetzt sind, die beide ein volles Geschäftsführergehalt beziehen und legt darüber hinaus nur die Zahlen aus 1994 zugrunde. Desweiteren kommt das Gutachten, ausgehend von den dort angelegten Maßstäben bei näherer Differenzierung letztlich zu keinem anderen Ergebnis. Zerlegt man im Streitfall das gezahlte Gesamteinkommen in Grundgehalt und Tantieme übersteigt bereits das Grundgehalt beider Geschäftsführer im Streitfall den angegebenen Durchschnitt von 213.710 DM bei weitem. Rechnet man darauf noch die anderen Gehaltsbestandteile nach den konkreten betrieblichen Zahlen, so ergibt sich für alle drei Jahre ein Gesamtgeschäftsführergehalt von unter 236.400 DM. Die unter VII gezogene Schlußfolgerung, die Ist-Gesamtjahresvergütung des Geschäftsführers in Höhe von 345.000,-- DM sei marktgerecht, findet keine Grundlage in dem angegebenen Gutachten. Nach alledem hat das Gutachten im Streitfall für das Gericht keinen Beweiswert.

Der Einholung eines individuellen Sachverständigengutachtens zur Feststellung der Angemessenheit der Geschäftsführergehälter bedarf es nicht. Aufgrund der detaillierten Gehaltsstrukturuntersuchungen der Kienbaum GmbH und der BBE Unternehmensberatungs GmbH sieht das Gericht eine ausreichende Beurteilungsgrundlage, die es ihm ermöglich, die Angemessenheit der Gehälter aufgrund eigener Sachkunde zu ermitteln. Besondere Umstände, die eine von den Gehaltsstrukturuntersuchungen abweichende individuelle Beurteilung gebieten, hat die Klägerin weder vorgetragen noch sind solche erkennbar.

Unter Berücksichtigung aller Umstände hat das Finanzamt demzufolge im Streitfall zutreffend den 236.400 DM übersteigenden Teil der Geschäftsführergehälter als gesellschaftlich veranlaßte Zahlungen angesehen und diese als verdeckte Gewinnausschüttungen qualifiziert.

Soweit das Gericht im Streitfall ausgehend von den betrieblichen Daten nach den Gehaltsstrukturuntersuchungen ein weit geringeres Gehalt als angemessen ansieht, ist es ihm verwehrt, im gerichtlichen Verfahren zu verbösern.

Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 135 Abs. 1 FGO.

Die Revision zum Bundesfinanzhof war nicht zuzulassen, da es sich im Streitfall die Sache keine grundsätzliche Bedeutung hat. Es handelt sich um Tatsachenfeststellungen, deren rechtliche Beurteilung bereits nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung umfassend geklärt ist.

VorschriftenKStG § 8 Abs. 3