17.06.2010 · IWW-Abrufnummer 101824
Oberlandesgericht Brandenburg: Beschluss vom 03.11.2009 – 2 Ss 21/09
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
In der Strafsache
...
hat der 2. Strafsenat des Brandenburgischen Oberlandesgerichts
durch
die Vorsitzende Richterin am Oberlandesgericht Pisal,
den Richter am Oberlandesgericht Thies und
die Richterin am Landgericht Berger
am 3. November 2009
auf Antrag der Generalstaatsanwaltschaft des Landes Brandenburg
einstimmig beschlossen:
Tenor:
Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil der 5. Strafkammer des Landgerichts Frankfurt/Oder vom 28. Januar 2009 wird als unbegründet verworfen.
Der Angeklagte trägt die Kosten seines Rechtsmittels.
Gründe
I.
Die Revision des Angeklagten ist unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
Der Erörterung bedarf allerdings das Folgende:
Das angefochtene Urteil enthält zur der Höhe der hinterzogenen Tabaksteuer lediglich den folgenden Satz (UA S. 6):
"Auf den sichergestellten insgesamt 23.480 Zigaretten lasteten insgesamt 2.599,24 EUR an Tabaksteuer."
Dies genügt den Anforderungen an die Feststellung von Besteuerungsgrundlagen in steuerstrafrechtlichen Urteilen nicht.
Die sachlich-rechtliche Prüfung der rechtlichen Würdigung durch das Revisionsgericht setzt bei einer Verurteilung wegen Steuerhinterziehung voraus, dass die steuerlich erheblichen Tatsachen festgestellt sind. Dazu gehören insbesondere diejenigen Parameter, die maßgebliche Grundlage für die Steuerberechnung sind (Besteuerungsgrundlagen). Dies ist erforderlich, damit das Revisionsgericht nachprüfen kann, ob der Tatrichter von zutreffenden Besteuerungsgrundlagen ausgegangen ist und den jeweiligen Schuldumfang aufgrund eigener Feststellungen zutreffend ermittelt hat. Dazu bedarf es der Feststellung, welche Steuern seitens der Finanzbehörden zu welchem Zeitpunkt festgesetzt wurden (sog. Ist-Steuer). Weiter ist erforderlich, dass zum einen der tatsächliche Sachverhalt festgestellt wird, aus dem die von Gesetzes wegen geschuldete Steuer folgt (sog. Soll-Steuer). Daneben ist die Soll-Steuer als solche festzustellen. Aus der Gegenüberstellung von Soll- und Ist-Steuer ergibt sich dann die verkürzte Steuer (st. Rspr. des BGH, vgl. BGH NStZ-RR 2001, 307 [BGH 26.04.2001 - 5 StR 584/00]; NJW 2009, 2546).
Die nachvollziehbare Darstellung der Berechnung der hinterzogenen Steuern kann nicht durch eine Bezugnahme auf Betriebs- oder Fahndungsprüfungsberichte ersetzt werden. Allerdings ist das Tatgericht nicht gehindert, sich den Steuerberechnungen von Beamten der Finanzverwaltung anzuschließen, die auf den festgestellten Besteuerungsgrundlagen aufbauen. Das Urteil muss jedoch zweifelsfrei erkennen lassen, dass das Tatgericht eine eigenständige Steuerberechnung durchgeführt hat (vgl. Jaeger, StraFo 2006, 477, 479).
Auch die Schätzung von Besteuerungsgrundlagen ist im Steuerstrafverfahren zulässig, wenn zwar feststeht, dass der Steuerpflichtige einen Besteuerungstatbestand erfüllt hat, das Ausmaß der verwirklichten Besteuerungsgrundlagen aber ungewiss ist. Eine solche Schätzung obliegt dem Tatgericht selbst. Es darf Schätzungen der Finanzbehörden nur dann übernehmen, wenn es von ihrer Richtigkeit überzeugt ist. Jedenfalls hat es aber auch dann in den Urteilsgründen nachvollziehbar darzulegen, wie es zu den Schätzungsergebnissen gelangt ist (BGH NStZ 2007, 589).
Die bloße Mitteilung der Höhe der hinterzogenen Steuer genügt diesen Anforderungen nicht. Sie lässt bereits nicht erkennen, ob der mitgeteilte Betrag auf einer eigentlichen Steuerberechnung oder auf einer Schätzung beruht. Bleibt dies offen, ist dem Revisionsgericht von vornherein jeder Zugang zu einer eigenen Überprüfung verwehrt. So liegt es auch hier.
Der Senat hält insoweit an seiner früher geäußerten entgegenstehenden Auffassung (vgl. Senatsbeschlüsse vom 24. Februar 1998, Az.: 2 Ss 88/97, und vom 25. August 1998, Az.: 2 Ss 42/98) nicht mehr fest.
Ausnahmsweise kann trotz unzureichender Darstellung der Besteuerungsgrundlagen ein Beruhen des Urteils auf diesem Mangel im Sinne des § 337 StPO ausgeschlossen werden, wenn sich der Darstellungsmangel allein auf die Überprüfbarkeit der Höhe der hinterzogenen Steuer durch das Revisionsgericht bezieht und auf der Grundlage der getroffenen Feststellungen sicher ausgeschlossen werden kann, dass die Steuerberechnung den Angeklagten in Bezug auf den Schuldumfang beschwert (BGH NJW 2009, 2546). Das ist hier der Fall. Aufgrund einer überschlägigen Berechnung der vorliegend hinterzogenen Tabaksteuer auf der Grundlage des § 4 TabStG in der zur Tatzeit geltenden Fassung kann der Senat sicher ausschließen, dass die hier hinterzogene Tabaksteuer erheblich niedriger sein könnte, als der in dem angefochtenen Urteil angegebene Betrag.
II.
Die Kosten- und Auslagenentscheidung beruht auf § 473 Abs. 1 StPO.