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23.05.2018 · IWW-Abrufnummer 201384

Oberlandesgericht Zweibrücken: Urteil vom 23.07.2014 – 1 U 143/13

Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


Oberlandesgericht Zweibrücken

Urt. v. 23.07.2014


In dem Rechtsstreit
...
- Beklagte und Berufungsklägerin -
Prozessbevollmächtigte:
Rechtsanwälte ...
gegen
...
- Kläger und Berufungsbeklagter -
Prozessbevollmächtigter:
Rechtsanwalt ...

wegen Unterlassung

hat der 1. Zivilsenat des Pfälzischen Oberlandesgerichts Zweibrücken durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Geisert, den Richter am Oberlandesgericht Klüber und die Richterin am Oberlandesgericht Urbany
auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 02.07.2014

für Recht erkannt:

Tenor:

I.

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil der 2. Zivilkammer des Landgerichts Kaiserslautern vom 30. Juli 2013 teilweise geändert und wie folgt neu gefasst:

Unter Abweisung der weitergehenden Klage wird die Beklagte verurteilt, zur Vermeidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes von bis zu 250.000,00 €, ersatzweise Ordnungshaft, oder Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, zu vollstrecken an den Geschäftsführern der Beklagten, es zu unterlassen, dem Pflegegast im Zusammenhang mit dem Abschluss des Heimvertrages als Anlage zu dem vorformulierten Heimvertragsentwurf neben anderen Anlagen die Anlage Nr. 3 "Beitrittserklärung" mit folgender Verpflichtungserklärung zu überlassen:

"Der Beitretende verpflichtet sich gegenüber dem Träger, selbständig und neben dem Pflegegast für die Verpflichtungen des Pflegegastes (z.B. Zahlungen) aus dem oben genannten Vertrag sowie für alle weiteren Verpflichtungen des Pflegegastes gegenüber dem Träger aufzukommen. Der Träger kann die Erfüllung seiner Ansprüche sowohl vom Pflegegast als auch vom Beitreibenden verlangen".

II.

Die weitergehende Berufung wird zurückgewiesen.

III.

Von den Kosten des Rechtsstreits haben der Kläger 20 % und die Beklagte 80 % zu tragen.

IV.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der jeweilige Vollstreckungsschuldner kann die Zwangvollstreckung durch eine Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn er nicht der jeweilige Vollstreckungsgläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

V.

Die Revision wird zugelassen.

Gründe

I.

Der Kläger, ein Verbraucherverband, wies die Beklagte, die Seniorenheime betreibt, mit Schreiben von 8. Juni 2011 darauf hin, dass sie im Zusammenhang mit dem Abschluss von Heimverträgen gegen verbraucherschützende Normen verstoße. Dazu gehöre auch die Praxis, den an einem Pflegeplatz interessierten Personen mit dem Entwurf eines Heimvertrags für Kurzzeit- und Verhinderungspflege als Anlage Nr. 3 ein Formular für eine "Beitrittserklärung" zu überlassen, in der es heißt:

"Der Beitretende verpflichtet sich gegenüber dem Träger, selbständig und neben dem Pflegegast für die Verpflichtungen (z.B. Zahlungen) aus dem oben genannten Vertrag sowie für alle weiteren Verpflichtungen des Pflegegastes gegenüber dem Träger aufzukommen. Der Träger kann die Erfüllung seiner Ansprüche sowohl vom Pflegegast als auch vom Beitreibenden verlangen".

Die vom Kläger geforderte Unterlassungserklärung gab die Beklagte nicht ab.

Mit der Klage hat der Kläger zuletzt beantragt,

die Beklagte unter Anordnung der gesetzlichen Ordnungsmittel zu verurteilen, es zu unterlassen,

1.

bei Abschluss eines Heimvertrags zur Kurzzeit- und Verhinderungspflege den Vertragspartner (Pflegegast) zu veranlassen, eine Erklärung - wie die in Anlage Antrag beigefügte -, in der sich eine dritte Person verpflichtet, für die Verpflichtungen aus dem Heimvertrag aufzukommen, beizubringen;

und/oder

2.

bei Abschluss eines Heimvertrags zur Kurzzeit- und Verhinderungspflege eine dritte Person, die selbst nicht Partner des Heimvertrags werden soll, zu veranlassen, eine Erklärung - wie die in Anlage Antrag beigefügte -, in der sich die dritte Person verpflichtet, für die Verpflichtungen aus dem Heimvertrag aufzukommen, abzugeben,

hilfsweise

die Beklagte unter Androhung der gesetzlichen Ordnungsmittel zu verurteilen, es zu unterlassen,

1.

bei Abschluss eines Heimvertrages zur Kurzzeit- und Verhinderungspflege vom Vertragspartner (Pflegegast) zu verlangen, dass eine Erklärung - wie die in der Anlage Antrag beigefügt - in der sich eine dritte Person verpflichtet, für die Verpflichtungen aus dem Heimvertrag aufzukommen, beigebracht wird,

und/oder

2.

bei Abschluss eines Heimvertrags zur Kurzzeit- und Verhinderungspflege von einer dritten Person, die selbst nicht Partner des Heimvertrages werden soll, die Unterschrift unter einer Erklärung - wie die in Anlage Antrag beigefügte - in der sich die dritte Person verpflichtet, für die Verpflichtungen aus dem Heimvertrag aufzukommen, zu fordern.

Die Beklagte hat

Klageabweisung

beantragt und geltend gemacht, die Klageanträge seien zu unbestimmt. In der Sache liege kein Verstoß gegen § 14 WBVG vor, weil dieser nur die Heimbewohner bzw. Bewerber um einen Heimplatz und nicht Dritte schütze, die durch die Abgabe der Beitrittserklärungen Verpflichtungen eingingen. Der zukünftige Heimbewohner werde auch nicht veranlasst, in irgendeiner Weise die streitgegenständliche Erklärung beizubringen. Es bestünde die Weisung, dass der Abschluss des Heimvertrages unabhängig von der Beibringung der streitgegenständlichen Erklärung sei.

Die 2. Zivilkammer des Landgerichts Kaiserslautern hat nach der Vernehmung von Zeugen durch Urteil vom 30. Juli 2013 wie folgt erkannt:

1. Die Beklagte wird verurteilt, es bei Meidung eines vom Gericht festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000,00 €, ersatzweise Ordnungshaft oder Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, zu vollstrecken an ihrem Geschäftsführer, zu unterlassen,

a) bei Abschluss eines Heimvertrags zur Kurzzeit- und Verhinderungspflege den Vertragspartner (Pflegegast) zu verlangen, dass eine Erklärung wie die als Anlage zum Urteil beigefügte (in der sich eine dritte Person verpflichtet, für die Verpflichtungen aus dem Heimvertrag aufzukommen) beigebracht wird,

und/oder

b) bei Abschluss eines Heimvertrages zur Kurzzeit- und Verhinderungspflege eine dritte Person, die selbst nicht Partner des Heimvertrages werden soll, zu veranlassen, eine Erklärung wie die als Anlage zum Urteil beigefügt (in der sich die dritte Person verpflichtet, für die Verpflichtungen aus dem Heimvertrag aufzukommen) abzugeben.

Wegen weiterer Einzelheiten wird auf Tatbestand und Gründe der angefochtenen Entscheidung Bezug genommen.

Mit ihrer Berufung erstrebt die Beklagte weiterhin die Abweisung der Klage; der Kläger beantragt die Zurückweisung der Berufung.

II.

Die Berufung hat nur zu einem geringen Teil Erfolg. Das Landgericht hat zu Recht angenommen, dass die vom Kläger beanstandete Geschäftspraxis der Beklagten, im Zusammenhang mit dem Abschluss des Heimvertrages den an einem Pflegeplatz interessierten Personen mit dem Vertragsentwurf als Anlage Nr. 3 ein Formular mit einer - im Tatbestand wiedergebenen - "Beitrittserklärung" zu überlassen, gegen die verbraucherschützende Regelung in § 14 WBVG verstößt. Die Unterlassungspflicht der Beklagten ist aber auf das Rechtsverhältnis zum potentiellen Pflegegast beschränkt. Entgegen der Auffassung des Landgerichts ist eine Einbeziehung desjenigen Dritten, der die Beitrittserklärung abgeben soll, nicht geboten.

1. Die Aktivlegitimation des Klägers hat das Landgericht zu Recht bejaht (vgl. § 3 Abs. 1 Nr. 1, 4 UKlaG in Verbindung mit § 2 Abs. 1 und Abs. 2 Nr. 10 UKlaG). Die Beklagte bringt hiergegen auch nichts vor.

2. Nach §§ 2 Abs. 1 UKlaG kann derjenige, der in anderer Weise als durch Verwendung oder Empfehlung von allgemeinen Geschäftsbedingungen Vorschriften zuwider handelt, die dem Schutz der Verbraucher dienen (Verbraucherschutzgesetze), im Interesse des Verbraucherschutzes auf Unterlassung in Anspruch genommen werden. Zu den Verbraucherschutzgesetzen zählt § 2 Abs. 2 UKlaG ausdrücklich das "Wohn- und Betreuungsvertragsgesetz (WBVG - vgl. § 2 Abs. 2 Nr. 10 UKlaG).

a) Die vom Kläger beanstandete Geschäftspraxis der Beklagten besteht darin, dass sie dem an einem Vertragsabschluss interessierten "Pflegegast" oder seinem Betreuer einen "Heimvertrag" für Kurzzeit- und Verhinderungspflege (im Sinn der § 39, 42 SGB XI) mit insgesamt 7 Anlagen überlässt, von denen die Anlage Nr. 3 die in Rede stehende "Beitrittserklärung" des "Beitretenden" ist. Darin heißt es:

"Der Beitretende verpflichtet sich gegenüber dem Träger, selbständig und neben dem Pflegegast für die Verpflichtungen des Pflegegastes (z.B. Zahlungen) aus dem o.g. Vertrag, sowie für alle weiteren Verpflichtungen des Pflegegastes gegenüber dem Träger aufzukommen. Der Träger kann die Erfüllung seiner Ansprüche sowohl vom Pflegegast als auch vom Beitretenden verlangen".

b) Diese Geschäftspraxis rügt der Kläger zu Recht. Sie ist mit dem in § 14 WBVG geregelten Verbraucherschutz nicht vereinbar.

aa) § 14 WBVG ("Sicherheitsleistungen") in der seit dem 1. Oktober 2009 geltenden Fassung lautet:

(1)

Der Unternehmer kann von dem Verbraucher Sicherheiten für die Erfüllung seiner Pflichten aus dem Vertrag verlangen, wenn dies im Vertrag vereinbart ist. Die Sicherheiten dürfen das Doppelte des auf einen Monat entfallenden Entgelts nicht übersteigen. Auf Verlangen des Verbrauchers können die Sicherheiten auch durch eine Garantie oder ein sonstiges Zahlungsversprechen eines im Geltungsbereich dieses Gesetzes zum Geschäftsbetrieb befugten Kreditinstituts oder Kreditversicherers oder einer öffentlich-rechtlichen Körperschaft geleistet werden.

(2)

In den Fällen des § 1 Abs. 2 gilt Abs. 1 mit der Maßgabe, dass der Unternehmer von dem Verbraucher für die Erfüllung seiner Pflichten aus dem Vertrag nur Sicherheiten verlangen kann, soweit der Vertrag die Überlassung von Wohnraum betrifft.

(3)

...

(4)

...

Zum Nachteil des Verbrauchers abweichende Vereinbarungen sind unwirksam (§ 16 WBVG)

bb) Zutreffend macht der Kläger geltend, dass es in der Beitrittserklärung um eine Absicherung der Ansprüche der Beklagten durch einen Schuldbeitritt des Beitretenden geht (zum Schuldbeitritt als Mietsicherheit vgl. z.B.: BGH NJW-RR 2011, 1518 [BGH 20.07.2011 - XII ZR 155/09]; LG Lübeck, ZMR 2010, 857). Damit ist der Regelungsbereich des § 14 WBVG berührt. Abweichend vom Erstrichter und dem LG Mainz (Urteil vom 31.05.2013, 4 O 113/12 -, [...]) ist § 14 Abs. 1 Satz 1 WBVG zwar nicht zu entnehmen, dass eine Sicherheit durch Schuldbeitritt grundsätzlich nicht verlangt werden kann. Die Aufzählung bestimmter Formen der Sicherheit in § 14 Abs. 1 Satz 3 WBVG erfolgt im Zusammenhang mit dem Recht des Verbrauchers, die Sicherheiten durch eine Garantie oder ein sonstiges Zahlungsversprechen eines im Geltungsbereich dieses Gesetzes zum Geschäftsbetrieb befugten Kreditinstituts oder Kreditversicherers oder einer öffentlich-rechtlichen Körperschaft zu leisten. Macht der Verbraucher hiervon keinen Gebrauch, ist die abschließende Aufzählung dieser Sicherheiten ohne Belang. Dass sie die vom Unternehmer nach § 14 Abs. 1 Satz 1 WBVG gewünschten Sicherheiten nicht beschränken, ergibt sich neben dem unterschiedlichen Regelungsinhalt von § 14 Abs. 1 Satz 1 WBVG und § 14 Abs. 1 Satz 3 WBVG zudem aus der Formulierung in § 14 Abs. 1 Satz 3 WBVG, wonach der Verbraucher verlangen kann, die Sicherheiten "auch" durch eine Garantie oder sonstiges Zahlungsversprechen der aufgezählten Dritten zu leisten.

cc) Die von der Beklagten als Anlage 3 zum Heimvertrag gewünschte Beitrittserklärung wird dennoch von § 14 Abs. 1 WBVG nicht gedeckt, weil sie der in § 14 Abs. 1 Satz 2 WBVG geregelten Begrenzung der Sicherheiten, die das doppelte des auf einen Monat entfallenden Entgelts nicht übersteigen dürften, nicht entspricht. Denn eine solche Beschränkung enthält das von der Beklagten dem Heimvertrag als Anlage 3 beigefügte Formular mit der "Beitrittserklärung" des Beitretenden nicht. Außerdem ist sie entgegen § 14 Abs. 1 Satz 1 WBVG im streitgegenständlichen Muster des Heimvertrags nicht geregelt.

(1) Der Umstand, dass der in Rede stehende Heimvertrag für Kurzzeit- und Verhinderungspflege nach den im Vertragsformular ausdrücklich in Bezug genommenen § 39 Satz 1 SGB XI (Verhinderungspflege) und § 42 Abs. 2 Satz 1 SGB XI (Kurzzeitpflege) in der Regel eine kürzere Laufzeit haben wird, macht die in § 14 Abs. 1 Satz 2 WBVG vorgesehene Begrenzung der vom Verbraucher beizubringenden Sicherheiten schon deshalb nicht überflüssig, weil das von dem Pflegegast zu zahlende monatliche Entgelt (vgl. 5.3 des Heimvertrags) nicht die einzige Verpflichtung ist, die der Beitretende nach der Beitrittserklärung mit übernehmen soll. Nach deren Inhalt gilt der Beitritt für alle Verpflichtungen des Pflegegastes aus dem genannten Vertrag, mithin auch für gegebenenfalls entstehenden Ansprüche des Heimträgers auf Ersatz von vom Pflegegast verursachten Personen- oder Sachschäden (vgl. Nr. 8.1 oder 8.2 des Heimvertrags). Ein unbegrenzter Schuldbeitritt des Beitretenden als Sicherheit für die Erfüllung der Pflichten des Verbrauchers aus dem Vertrag ist somit auch in den Fällen, in denen üblicherweise nur das Entgelt für einen Monat anfällt, nicht mit § 14 Abs. 1 Satz 1 und Satz 2 WBVG vereinbar.

(2) Der Einwand der Beklagten, § 14 Abs. 1 WBVG stehe der Beitrittserklärung nicht entgegen, weil diese Sicherheitsleistung nicht vom Verbraucher, sondern von einem Dritten erbracht werde und darüber hinaus keine Bedingung des Heimvertrags, sondern "freiwillig" sei, ist nicht begründet. Die Beitrittserklärung ist zwar von dem Beitretenden als Dritten abzugeben. Sie ist allerdings schon nach den von der Beklagten dem an einem Vertragsabschluss interessierten Pflegegast überlassenen Unterlagen vom Pflegegast beizubringen. Dass sie nicht Vertragsbedingung ist, d.h. der Vertragsabschluss von der Beibringung nicht abhängt, ändert an einem Verlangen der Sicherheitsleistung durch die Beklagte nichts.

Schon das Überlassen des Heimvertragsentwurfs nebst Anlagen erweckt in dem Verhandlungspartner den Eindruck, der Vertragsentwurf und die Anlagen wegen u.a. Übergabeprotokoll, Einzugsermächtigung, Beitrittserklärung, Vollmacht seien ein einheitliches Ganzes und die in Anlage Nr. 3 beigefügte Beitrittserklärung ebenso zu beschaffen wie die Einzugsermächtigung (Anlage 2) und die Vollmacht (Anlage 4). Nach der von den Zeugen ... und ... bekundeten Übung der Beklagten, den Grundvertrag mit den Anlagen im Vorfeld den Angehörigen bzw. Interessenten für die Heimplätze mitzugeben, besteht die hohe Wahrscheinlichkeit, dass bereits im Anschluss daran der an dem Pflegeplatz Interessierte die Voraussetzungen für den Abschluss des Heimvertrages herbeiführen will und u.a. die in der Anlage 3 vorgesehene Beitrittserklärung des Beitretenden besorgt. Hierauf hat der von den Zeugen ... und ... bekundete Hinweis an den Pflegegast im Rahmen der späteren Besprechung des Vertrags bei Vertragsabschluss, das Beibringen der Beitrittserklärung sei freiwillig, keinen Einfluss. Liegt die Beitrittserklärung zu diesem Zeitpunkt bereits vor, besteht in der Besprechung des Vertragsabschlusses in der Regel kein Anlass, sie trotz eines Hinweises auf die Freiwilligkeit nicht als Anlage 3 zum Heimvertrag hinzuzunehmen. Somit begründet die Geschäftspraxis der Beklagten zumindest die Gefahr, dass der an einem Vertragsabschluss interessierte Pflegegast die Beitrittserklärung als ein von der Beklagten gewünschtes Sicherungsmittel in dem Glauben besorgt, es handele sich hierbei um einen für den Vertragsabschluss wesentlichen Umstand. Ihr erhebliches Interesse an einer solchen Sicherheitsleistung hat die Beklagte im Rechtsstreit auch eingeräumt.

(3) Der dem interessierten Pflegegast überlassene Heimvertragsentwurf (ohne Anlagen) sieht die Verpflichtung zur Beibringung einer Sicherheitsleistung nicht vor. Nach § 14 Abs. 1 Satz 1 WBVG kann die Beklagte aber nur Sicherheiten verlangen, wenn dies im Vertrag vereinbart ist. Ihre oben beschriebene Praxis bedeutet eine mit § 14 WBVG unvereinbare Umgehung. Die Beklagte übersieht, dass im Falle der Beibringung einer Beitrittserklärung gemäß Anlage 3 zum Heimvertragsentwurf hinsichtlich dieses Sicherungsmittels Rechtsbeziehungen nicht nur zu dem Dritten sondern auch zwischen der Beklagten und dem Pflegegast entstehen. Das gilt insbesondere für die Annahme einer stillschweigenden Zweckvereinbarung. Deswegen kann ihrer Ansicht, die Beitrittserklärung des Dritten stehe außerhalb der durch den Heimvertrag festgelegten Rechtsbeziehung, so dass sie in dem Heimvertrag nicht geregelt werden müsse, nicht gefolgt werden.

c) Abweichend vom Erstrichter und dem Landgericht Mainz (a.a.O.) ist der Unterlassungsanspruch des Klägers auf die Geschäftspraxis der Beklagten gegenüber dem "Verbraucher" im Sinn des WBVG zu beschränken (vgl. Nr. 1a des Tenors des angefochtenen Urteils). Ein Bedürfnis dafür, den die Beitrittserklärung abgebenden "Dritten" in den Schutzbereich des § 14 WBVG einzubeziehen, besteht nicht.

§ 14 Abs. 1 WBVG regelt das Verhältnis zwischen der Beklagten und dem "Verbraucher" hinsichtlich einer Sicherheitsleistung des Verbrauchers.

Verbraucher im Sinne des WBVG ist ohne Zweifel der Pflegegast als Partner des Heimvertrags (vgl. schon § 1 Abs. 1 Satz 1 WBVG; auch § 3 Abs. 1 Satz 1 WBVG zur Information des "Verbrauchers"; § 4 Abs. 2 Satz 1 WBVG zur Geschäftsunfähigkeit des "Verbrauchers" bei Vertragsabschluss und

§ 6 Abs. 1 Satz 2 WBVG zur Pflicht des Unternehmers, dem "Verbraucher" eine Ausfertigung des Vertrags auszuhändigen). Wird der Beklagten untersagt, in der bisherigen Art und Weise den interessierten Pflegegast zu veranlassen, eine Beitrittserklärung gemäß Anlage 3 zum Heimvertragsentwurf beizubringen, wird dem Schutz des Verbrauchers im Sinn des § 14 WBVG ausreichend Rechnung getragen (vgl. auch § 2 Abs. 1 UKlaG zum Schutz des Verbrauchers). Es ist zunächst an ihm als Verhandlungspartner der Beklagten den Heimvertragsentwurf nebst Anlagen zu prüfen und bei einer Entscheidung für den Abschluss des Heimvertrags die in den Anlagen gewünschten Erklärungen abzugeben oder beizubringen. Deshalb wird in der Regel der Verbraucher klären, welcher Dritte als Beitretender in Betracht kommt und zur Abgabe einer solchen Erklärung bereit ist. Wird der Beklagten untersagt, dies dadurch in die Wege zu leiten, dass sie dem interessierten Pflegegast den Heimvertragsentwurf nebst Anlagen einschließlich der Anlage 3 "Beitrittserklärung" in der bisherigen Form überlässt, wird zugleich der Gefahr vorgebeugt, dass der interessierte Pflegegast eine solche Beitrittserklärung eines Dritten besorgt und der Dritte auf diese Art und Weise verpflichtet wird. Für eine Untersagung der Geschäftspraxis der Beklagten gegenüber dem Dritten besteht dann kein verbraucherschützender Anlass mehr.

III.

1. Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 1 ZPO. Das Teilunterliegen des Klägers hinsichtlich des von der Unterlassungsverpflichtung nicht erfassten Verhältnisses der Beklagten zu der in Nr. 1b des Tenors des angefochtenen Urteils aufgeführten "dritten Person" bewertet der Senat im Hinblick darauf, dass es sich insoweit nur um einen Annex der untersagten Praxis, dem potentiellen Pflegegast mit dem Heimvertragsentwurf das Formular einer "Beitrittserklärung" zu überlassen, handelt, mit 20 %.

2. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus den §§ 708 Nr. 10 Satz 1, 711 ZPO.

3. Die Revision wird zugelassen, soweit es um die abweichend vom Landgericht Mainz beantworteten Rechtsfragen geht, ob der Heimbetreiber nach § 14 Abs. 1 Satz 1 WBVG eine Sicherheit in Form des Schuldbeitritts eines Dritten verlangen kann und ob auch der Dritte, der die Beitrittserklärung abgeben soll, in den Schutzbereich des § 14 WBVG einbezogen ist (§ 542 Abs. 2 Nr. 2 ZPO).

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