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08.01.2014 · IWW-Abrufnummer 140050

Sozialgericht Karlsruhe: Urteil vom 12.12.2013 – S 1 U 225/13

Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


Verkündet am 12.12.2013

Im Namen des Volkes

Urteil

in dem Rechtsstreit xxxx

Die 1. Kammer des Sozialgerichts Karlsruhe hat auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 12.12.2013 durch den Präsidenten des Sozialgerichts xxx, die ehrenamtliche Richterin xxxx und den ehrenamtlichen Richter xxxx für Recht erkannt:

Die Klage wird abgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Tatbestand

Zwischen den Beteiligten ist umstritten, ob Gesundheitsstörungen des Klägers am linken Kniegelenk als Folge von Berufskrankheiten (BKen) der Nrn. 2102 und 2112 der Anlage 1 zur Berufskrankheitenverordnung (BKV) festzustellen sind.

Der xxxx geborene Kläger absolvierte nach einer Ausbildung zum Bankkaufmann ab etwa August 1987 für die Dauer von 1 ½ Jahren eine Lehre als Fliesenleger. Anschließend arbeitete er bis Januar 2001, unterbrochen durch 7 Monate Meisterschule, als Fliesenlegergeselle im väterlichen Betrieb. Diesen übernahm der Kläger im Frühjahr 2001 als selbstständiger Unternehmer. Eigenen Angaben zufolge stellte er seine „praktische Arbeit“ ab Januar 2008 wegen Knieproblemen ein. Er habe zu etwa 95 % seiner Arbeitsschichten (jeweils 9 Stunden Dauer) Fliesenlege-, in weiteren 3 % der Arbeitsschichten Estrich- und im Übrigen Abbrucharbeiten verrichtet.

Wegen einer fortgeschrittenen Varusgonarthrose mit flächenhaften Knorpeldefekten am medialen Kondylus und Riss-/Defektbildung Grad III bis IV im Innenmeniskus-Hinterhorn sowie degenerativen Veränderungen im lateralen Kompartiment und retropatellar (vgl. Arztbrief des Radiologen xxxx vom 10.01.2008) unterzog sich der Kläger am 01.02.2008 einer Innen- und Außenmeniskus-Teilresektion sowie Knorpelglättung im medialen Abschnitt des linken Kniegelenks (vgl. Operationsbericht der xxxxklinik vom selben Tag). Wegen einer beginnenden Varusgonarthrose links erfolgte am 16.12.2008 außerdem in der Orthopädischen Klinik der xxxx Kliniken, eine hohe valgisierende Umstellungsosteotomie am linken Kniegelenk (vgl. Kurz-Entlassungsbericht der Klinik vom 22.12.2008). Veränderungen am rechten Kniegelenk in Form von Schäden am Innen- und Außenmeniskus sowie II.- bis III.-gradigen Knorpelschäden an der medialen Femurrolle sind seit dem Frühjahr 2000 bekannt (vgl. Arztbrief des Radiologen xxxvom 06.03.2000).

Am 27.08.2010 stellte der Kläger bei der Beklagten den Antrag, seine Gesundheitsstörungen am linken Kniegelenk als Folge von BKen festzustellen. Hierzu teilte er ergänzend mit, bereits vor Januar 2008 hätten Beschwerden an beiden Kniegelenken bestanden. Seither sei er wiederholt arbeitsunfähig krank gewesen. Hierzu legte er weitere medizinische Unterlagen sowie Röntgen- und MRT-Aufnahmen beider Kniegelenke vor. Die Beklagte zog u.a. das Vorerkrankungsverzeichnis der AOK xxx bei und holte beratungsärztliche Stellungnahmen des Chirurgen Dr. xxx ein. Der Präventionsdienst der Beklagten führte zu den beruflichen Belastungen zusammenfassend aus, der Kläger habe im Rahmen seiner beruflichen Tätigkeiten meniskusbelastende Körperhaltungen im Umfang von etwa 0,70 Stunden je Arbeitsschicht eingenommen. Die Gesamtstundenzahl kniebelastender Tätigkeiten betrage 18.846 Stunden bei durchschnittlich 4,34 Stunden je Arbeitsschicht (vgl. Stellungnahme vom 13.01.2011). Sodann ließ die Beklagte den Kläger durch den Orthopäden Prof. Dr. xxx untersuchen und begutachten. Dieser diagnostizierte eine medial betonte Gonarthrose links Grad II bis III und einen altersentsprechenden Normalbefund ohne subchondrale Sklerosierung oder Gelenkspaltveränderung Grad I am rechten Kniegelenk. Aufgrund der nur einseitigen Kniegelenksarthrose links sei eine BK der Nr. 2112 nicht wahrscheinlich zu machen. In Bezug auf eine Meniskuserkrankung links erfülle der Kläger bereits die arbeitstechnischen Voraussetzungen der BK Nr. 2102 nicht. Im Übrigen handele es sich bei den Meniskusveränderungen um eine sekundäre Meniskopathie aufgrund fortgeschrittener Knorpeldegeneration. Gestützt auf dieses Gutachten nebst ergänzender Stellungnahme von Prof. xxx und weiteren beratungsärztlichen Stellungnahmen von Dr. xxx lehnte die Beklagte die Feststellung einer Gonarthrose links als BK der Nr. 2112 und einer Meniskuserkrankung links als BK der Nr. 2102 der Anlage 1 zur BKV ab (Bescheid vom 16.11.2011).

Zur Begründung seines dagegen erhobenen Widerspruchs trug der Kläger im Wesentlichen vor, er leide entgegen der Auffassung von Prof. xxxx und der Beklagten auch an einer II.-gradigen Schädigung des rechten Kniegelenks im Sinne einer Chondromalazie des medialen femoralen Gelenkknorpels und eines III.-gradigen Risses am Unterrand des Innenmeniskus-Hinterhorns. Prof. xxx habe sein rechtes Kniegelenk nicht untersucht, weshalb seine zusammenfassende Würdigung in sich widersprüchlich sei. Im Übrigen sei auch eine einseitige Gonarthrose als BK der Nr. 2112 anerkennungsfähig. Zur Stützung seines Widerspruchsbegehrens legte der Kläger das Schreiben des Radiologen xxx (MRT des rechten Kniegelenks vom 09.01.2012) vor. Die Beklagte wies den Widerspruch, gestützt auf eine beratungsärztliche Stellungnahme von Dr. xxx, zurück: Der Kläger leide weder an einer beidseitigen Gonarthrose im Sinne der BK Nr. 2112 noch an einem beidseitigen Meniskusschaden im Sinne der BK Nr. 2102. Bereits dies spreche gegen eine berufliche Verursachung der Kniegelenkschäden links. Eine nur einseitige Kniegelenksbelastung sei bei einem Fliesenleger nicht plausibel. Ein II.-gradiger Knorpelschaden sei einer II.-gradigen Arthrose nicht gleichzustellen. Im Übrigen erfülle der Kläger bereits die arbeitstechnischen Voraussetzungen der BK Nr. 2102 nicht (Widerspruchsbescheid vom 18.12.2012).

Deswegen hat der Kläger am 15.01.2013 Klage zum Sozialgericht Karlsruhe erhoben, mit der er sein Begehren weiter verfolgt. Neben der Wiederholung seines Widerspruchsvorbringens trägt er zur Begründung ergänzend vor, die Forderung der Beklagen nach einer beidseitigen Veränderung an den Kniegelenken sei medizinisch-wissenschaftlich fraglich. Für die BK Nr. 2112 gebe es kein belastungskonformes Schadensbild (Hinweis auf SG Heilbronn vom 14.12.2011 - S 6 U 1145/09 - und SG Karlsruhe vom 14.06.2012 - S 4 U 4454/10 -). In seinem Fall habe beruflich eine linksseitige Kniebelastung im Vordergrund gestanden, insbesondere beim Verlegen von Fliesen und bei Estrich-Arbeiten. Im Übrigen seien auch Schäden an seinem rechten Kniegelenk belegt. Hier habe er schon im Jahr 2000 Probleme aufgrund eines Knorpelschadens und Zystenbildung gehabt. Außer seiner beruflichen Belastung bestünden keine konkurrierenden Faktoren als Ursache seiner Kniegelenksprobleme. Zur Stützung seines Begehrens legt der Kläger den Arztbrief des Radiologen xxx vom 06.03.2000 und das Schreiben des Radiologen Dr. xxx (MRT des rechten Kniegelenks vom 14.06.2013) vor.

Der Präventionsdienst der Beklagten hat auf Anfrage der Kammer ergänzend mitgeteilt, unter Berücksichtigung neuerer wissenschaftlicher Erkenntnisse habe der Kläger als Fliesenleger durchschnittlich 1,8 Stunden je Arbeitsschicht meniskusbelastente Arbeitshaltungen eingenommen.

Zu den Arbeitshaltungen von Fliesenlegern hat das Gericht eine Auskunft des Innungs-Obermeisters xxxx, eingeholt. Außerdem hat es die behandelnden Ärzte des Klägers (Orthopädin Dr. xxx, Allgemeinmediziner Dr. xxx und Chirurg Dr. xxx) schriftlich als sachverständige Zeugen gehört. Diese haben jeweils weitere Arztunterlagen beigefügt. Der Arbeitsmediziner Prof. Dr. xxxx hat ein medizinisches Sachverständigengutachten mit ergänzender Stellungnahme erstattet.

Sodann hat das Gericht den Orthopäden Dr. xxx mit der Erstattung eines weiteren medizinischen Sachverständigengutachtens beauftragt. Dr. xxxx hat als Gesundheitsstörungen am rechten Kniegelenk eine mediale Gonarthrose Grad 0 - I, einen bis zu III.-gradigen Knorpelschaden in der Hauptbelastungszone des medialen Femurkondylus als Ausdruck einer beginnenden Gonarthrose sowie degenerative Veränderungen am Innen- und Außenmeniskus mit Riss im Innenmeniskus-Hinterhorn und am linken Kniegelenk eine medial betonte Gonarthrose Grad III bei Teilresektion des Innen- und Außenmeniskus im Mittelabschnitt und Hinterhorn diagnostiziert. Zusammenfassend hat Dr. xxx ausgeführt, die Arthrose-Klassifikation nach Kellgren sei nicht gleichzustellen mit der Klassifikation von Knorpelschäden. Auffällig sei am linken Oberschenkel des Klägers eine Muskelschwäche. Diese betreffe überwiegend den Musculus Vastus Medialis. Diese Muskelschwäche sei neben der medial betonten Arthrose des linken Kniegelenks auch für die unter I.-gradig gelockerte Innenband- und die I.-gradig gelockerte vordere Kreuzbandführung ursächlich. Eine Meniskussymptomatik habe er links nicht objektivieren können, ebenso wenig eine retropatellare Chondromalazie. Am rechten Kniegelenk seien röntgenologisch eine diskrete mediale Gelenkspaltverschmälerung sowie allenfalls initiale degenerative Veränderungen im Sinne eines Arthrosegrades 0-I zu objektivieren. Zu seiner im Beruf typischen Arbeitshaltung befragt habe der Kläger ihm gegenüber angegeben, er habe Fliesenlegearbeiten üblicherweise beidseits kniend oder in beidseitiger Hockstellung durchgeführt. Einseitige Belastungen seien z.B. beim Beiziehen von Material oder beim Hochstemmen vom Boden aufgetreten. Der zuletzt von Dr. xxx bis III.-gradig eingeordnete Knorpelschaden an der Hauptbelastungszone des medialen Femurkondylus rechts belege zwar eine beginnende Gonarthrose; diese habe sich jedoch im Röntgenbild bislang nicht im Sinne einer höheren Arthrose als Grad 0-I manifestiert. Die medial betonte Gonarthrose links sei nicht mit hinreichender Wahrscheinlichkeit auf die Berufstätigkeit des Klägers als Fliesenleger zurückzuführen, weil es sich hierbei um eine überwiegend beide Kniegelenke belastende Tätigkeit handele, die Gonarthrose rechts indes deutlich geringer ausgeprägt sei. Nach medizinisch-wissenschaftlichen Erkenntnissen sei eine berufliche Verursachung einer Kniegelenksarthrose dann nicht wahrscheinlich, wenn der Seitenunterschied - wie im Fall des Klägers - mehr als einen Kellgren-Grad betrage. Auch der Meniskusschaden links sei nicht mit Wahrscheinlichkeit beruflich verursacht. Dagegen spreche neben den fehlenden arbeitstechnischen Voraussetzungen auch der fehlende Nachweis einer primären Meniskopathie: sowohl aus den arthroskopischen Befunden vom Februar 2008 links als auch dem MRT des rechten Kniegelenks vom Juni 2013 ergäben sich den Menisken gegenüber vorauseilende Knorpeldegenerationen, was eine sekundäre Meniskopathie belege. Außerdem beschreibe der Operationsbericht vom Februar 2008 am linken Kniegelenk gleich stark ausgeprägte Veränderungen am Innen- und Außenmeniskus. Dies entspreche keinem belastungskonformen Schadensbild der BK der Nr. 2102, weil aus Gründen der Gelenkanatomie und der -mechanik bei beruflichen Belastungen vorrangig der Innenmeniskus betroffen sei. Bei dem Kläger liege damit weder ein Meniskusschaden nach der BK Nr. 2102 noch eine Gonarthrose nach der BK Nr. 2112 vor.

Der Kläger beantragt,
den Bescheid vom 16. November 2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18. Dezember 2012 aufzuheben, „Meniskusschaden links“ als Folge einer Berufskrankheit der Nr. 2102 und eine „Kniegelenksarthrose links“ als Folge einer Berufskrankheit der Nr. 2112 der Anlage 1 zur Berufskrankheitenverordnung festzustellen.

Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.

Sie erachtet die angefochtenen Bescheide für zutreffend.

Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der vorliegenden Verwaltungsakte der Beklagten sowie der der Prozessakte Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Die Klage ist als kombinierte Anfechtungs- und Feststellungsklage (§ 54 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 55 Abs. 1 Nr. 3 des Sozialgerichtsgesetzes ; vgl. insoweit BSG SozR 4-2700 § 8 Nrn. 16 und 23; BSG SozR 4-2700 § 2 Nr. 3 und BSG, UV-Recht Aktuell 2010, 114 ff.) zulässig, aber unbegründet. Denn die angefochtenen Bescheide sind rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 54 Abs. 2 Satz 1 SGG). Zu Recht hat die Beklagte die Feststellung von Gesundheitsstörungen des Klägers am linken Kniegelenk als Folge der hier streitigen BKen abgelehnt.

1. Nach § 7 Abs. 1 des Sozialgesetzbuches - Gesetzliche Unfallversicherung - (SGB VII) sind Versicherungsfälle Arbeitsunfälle und BKen. BKen sind nach § 9 Abs. 1 Satz 1 SGB VII Krankheiten, die die Bundesregierung durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates als BKen bezeichnet und die Versicherte infolge einer den Versicherungsschutz nach §§ 2, 3 oder 6 SGB VII begründenden Tätigkeit erleiden. Eine solche Bezeichnung hat der Verordnungsgeber mit den sogenannten Listenkrankheiten in der Anlage 1 zur BKV vorgenommen, die nach den Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaft durch besondere Einwirkungen verursacht sind, denen bestimmte Personengruppen durch ihre versicherte Tätigkeit in erheblich höherem Grade als die übrige Bevölkerung ausgesetzt sind. Diese umfassen u.a. nach Nr. 2102 „Meniskusschäden nach mehrjährigen andauernden oder häufig wiederkehrenden, die Kniegelenke überdurchschnittlich belastenden Tätigkeiten“ und nach Nr. 2112 eine „Gonarthrose durch eine Tätigkeit im Knien oder vergleichbare Kniebelastung mit einer kumulativen Einwirkungsdauer während des Arbeitslebens von mindestens 13.000 Stunden und einer Mindesteinwirkungsdauer von insgesamt 1 Stunde pro Schicht“.

Daraus lassen sich bei einer Listenberufskrankheit im Regelfall folgende Tatbestandsmerkmale ableiten, die gegebenenfalls bei einzelnen Listenberufskrankheiten einer Modifikation bedürfen (vgl. BSG SozR 4-5671 Anl. 1 Nr. 3101 Nr. 3). Die Verrichtung einer - grundsätzlich - versicherten Tätigkeit (sachlicher Zusammenhang) muss zu Einwirkungen von Belastungen, Schadstoffen oder ähnlichem auf den Körper geführt haben (Einwirkungskausalität), und die Einwirkungen müssen eine Krankheit verursacht haben (haftungsbegründende Kausalität). Dass die berufsbedingte Erkrankung ggf. den Leistungsfall auslösende Folgen nach sich zieht (haftungsausfüllende Kausalität), ist keine Voraussetzung einer Listen-BK. Wie bei einem Arbeitsunfall müssen die „versicherte Tätigkeit“, die „Verrichtung“, die „Einwirkungen“ und die „Krankheit“ im Sinne des Vollbeweises - also mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit - vorliegen. Für die nach der Theorie der wesentlichen Bedingung zu beurteilenden Ursachenzusammenhänge genügt indes die hinreichende Wahrscheinlichkeit, allerdings nicht die bloße Möglichkeit (vgl. u.a. BSG SozR 4-5671 Anl. 1 Nr. 3101 Nr. 4, RdNr. 16 m.w.N.; BSG SozR 4-2700 § 9 Nr. 14, RdNr. 9 m.w.N.; BSG, UV-Recht Aktuell 2012, 412; BSG, NZS 2012, 151; BSG SozR 4-5671 Anl. 1 Nr. 4111 Nr. 3 sowie BSG vom 04.07.2013 - B 2 U 11/12 R - ).

2. Orientiert an diesen rechtlichen Gegebenheiten sind die angefochtenen Bescheide rechtmäßig. Denn aufgrund des Gesamtergebnisses des Verfahrens erfüllt der Kläger auch zur Überzeugung des erkennenden Gerichts in Bezug auf die streitige BK Nr. 2102 bereits die arbeitstechnischen Voraussetzungen nicht (dazu nachfolgend unter a)). In Bezug auf die Arthrose des linken Kniegelenks ist dem gegenüber auch zur Überzeugung der Kammer im Anschluss an die - im Ergebnis - übereinstimmenden Darlegungen des Sachverständigen Dr. Clemens und des Prof. xxx, dessen Gutachten sie im Wege des Urkundenbeweises verwertet, ein ursächlicher Zusammenhang mit beruflichen Einwirkungen, denen der Kläger als Fliesenleger ausgesetzt war, nicht wahrscheinlich zu machen (dazu nachfolgend unter b)).

a) Nach dem vom Bundesminister für Arbeit und Sozialordnung herausgegebenen Merkblatt für die ärztliche Untersuchung zur BK Nr. 2102 können chronische Meniskopathien anlagebedingt in unterschiedlichem Ausmaß auftreten, aber auch z.B. in ursächlichem Zusammenhang mit beruflichen Einwirkungen entstehen. Im Berufsleben ist danach eine überdurchschnittliche Belastung der Kniegelenke Voraussetzung. Diese muss zudem andauernd oder häufig wiederkehrend aufgetreten sein. Die Auslegung der Begriffe „andauernde oder häufig wiederkehrende“ und „überdurchschnittlich belastende Tätigkeiten“ orientiert sich an der historischen Entwicklung dieser BK, die sich auf die Arbeit unter Tage gründet. Charakteristisch waren Arbeitsweisen und Fortbewegungen unter räumlich eng begrenzten Verhältnissen. Während einer Dauerzwangshaltung in physiologisch ungünstiger Position der Kniegelenke (hockend, kniend, liegend, halbliegend) erfolgt „aktive Gelenkarbeit“ (Arbeit mit Druckluftwerkzeiten, Schaufeln; vgl. hierzu Schönberger/Mehrtens/Valentin, Arbeitsunfall und Berufskrankheit, 8. Auflage 2010, Seite 634). Eine beruflich bedingte überdurchschnittliche Belastung der Kniegelenke ist deshalb biomechanisch gebunden an eine Dauerzwangshaltung im Sinne einer statischen Belastung, vor allem bei Belastungen durch Fersensitz, Hocken oder Knien bei gleichzeitiger Kraftaufwendung sowie Tätigkeiten überwiegend im Fersensitz, oder bei dynamischer Belastung durch eine häufig wiederkehrende erhebliche Bewegungsbeanspruchung bei ungünstiger Gelenkstellung, insbesondere beim Laufen oder Springen mit häufigen Knick-, Scher- oder Drehbewegungen auf grob unebener Unterlagen (vgl. Abschnitt II des Merkblatts, veröffentlicht in BArbBl. 2/1990, Seite 135 sowie Schönberger/Mehrtens/Valentin, a.a.O., Seite 635). Zu beachten ist außerdem, dass der Versicherte, um die arbeitstechnischen Voraussetzungen der BK Nr. 2102 der Anlage 1 zur BKV zu erfüllen, während eines wesentlichen Teils seiner täglichen Arbeitszeit in solchen Zwangshaltungen gearbeitet haben muss (vgl. BSGE 8, 245). Ist diese zeitliche Belastung geringer als ein Drittel der jeweiligen Arbeitsschicht, haben nämlich die Menisken ausreichend Zeit, sich zu erholen (vgl. LSG Nordrhein-Westfalen, MeSo B 240/196; LSG Nordrhein-Westfalen vom 26.09.2001 - L 17 U 26/01 -; LSG Saarland vom 05.04.2006 - L 2 U 30/05 - und SG Hamburg vom 04.04.2008 - S 40 U 75/07 - ; ferner Urteil des erkennenden Gerichts vom 28.03.2013 - S 1 U 2869/12 - und Schönberger/Mehrtens/Valentin, a.a.O., Seite 636).

Solchen, die Menisken überdurchschnittlich belastende Tätigkeiten in Dauerzwangshaltung oder mit einer erheblichen Bewegungsbeanspruchung war der Kläger nach der überzeugenden ergänzenden Stellungnahme des Präventionsdienstes der Beklagten vom 03.04.2013 während der Dauer seiner Tätigkeit als Fliesenleger zwischen August 1987 und Dezember 2007 nicht in einem Ausmaß ausgesetzt, das geeignet gewesen wäre, einen Meniskusschaden am linken Kniegelenk im Sinne der BK Nr. 2102 der Anlage 1 zur BKV zu verursachen. Denn unter Berücksichtigung der von ihm während einer täglichen Arbeitsschicht von etwa 9 Stunden eingenommenen Arbeitshaltungen im Hocken und Fersensitz wie auch im Knien ohne Abstützung ergibt sich danach ein Mittelwert von 20 % der Arbeitszeit für meniskusbelastende Tätigkeiten, mithin im Umfang von 1,8 Stunden je Arbeitsschicht. Dieser Anteil meniskusbelastender Tätigkeiten unterschreitet jedoch deutlich den nach der herrschenden medizinisch-wissenschaftlichen Lehrmeinung erforderlichen Zeitanteil von wenigstens einem Drittel je Arbeitsschicht. Dieser wird auch nicht dadurch erreicht, dass nach den auch insoweit überzeugenden Ausführungen des Präventionsdienstes der Beklagten der Anteil kniebelastender Tätigkeiten je Arbeitsschicht mit 54,3 % oder umgerechnet 4,34 Stunden deutlich höher ausgefallen ist. Denn - wie der Kammer aus anderen vergleichbaren Rechtstreitigkeiten bekannt ist - nicht jede kniebelastende Tätigkeit ist zugleich auch meniskusbelastend.

Damit erfüllt der Kläger bereits die arbeitstechnischen Voraussetzungen der BK Nr. 2102 der Anlage 1 zur BKV nicht, wie die Beklagte zutreffend erkannt hat.

Lediglich der Vollständigkeit halber weist das Gericht ferner darauf hin, dass nach den auch insoweit überzeugenden und zutreffenden Darlegungen des Sachverständigen Dr. xxx auch die medizinischen Voraussetzungen der BK Nr. 2102 vorliegend nicht erfüllt sind, weil ein ursächlicher Zusammenhang zwischen dem Meniskusschaden links und beruflichen Belastungen des Klägers nicht wahrscheinlich ist. Denn der Operationsbericht der xxx vom 01.02.2008 und der Arztbrief des Dr. xxx vom 14.06.2013 belegen an beiden Kniegelenken den Menisken gegenüber vorauseilende Knorpeldegenerationen im Sinne einer sekundären und nicht - wie erforderlich - primären Meniskopathie. Außerdem steht aufgrund des Operationsberichts vom 01.02.2008 fest, dass am linken Kniegelenk gleich stark ausgeprägte Veränderungen am Innen- und Außenmeniskus vorlagen; dies entspricht indes keinem belastungskonformen Schadensbild der BK Nr. 2012, weil bei beruflichen Belastungen aus Gründen der Anatomie und Gelenkmechanik der Innenmeniskus vorrangig betroffen ist.

b) Von Rechts wegen nicht zu beanstanden ist auch, dass es die Beklagte durch die angefochtenen Bescheide abgelehnt hat, eine Kniegelenksarthrose links als Folge einer BK der Nr. 2112 der Anlage 1 zur BKV festzustellen. Die Gonarthrose wurde zwar erst aufgrund der Zweiten Verordnung zur Änderung der BKV vom 11.06.2009 (BGBl. I Seite 1273) zum 01.07.2009 als Listenerkrankung in die Anlage 1 zur BKV aufgenommen, während bei dem Kläger schon zuvor, nämlich u.a. in den Arztbriefen von Dr. xxx vom 10.01.2008 und vom 17.04.2008, im Kurz-Entlassungsbericht der Orthopädischen Klinik xxx, vom 22.12.2008 und im Arztbrief der xxklinik xx vom 01.07.2008 eine Kniegelenksarthrose links diagnostiziert wurde. Die Rückwirkungsklausel des § 6 Abs. 1 Satz 1 BKV regelt dort, dass bei Versicherten, die am 01.07.2009 an einer Krankheit u.a. nach der Nr. 2112 der Anlage 1 leiden, die Krankheit auf Antrag als BK anzuerkennen ist, wenn der Versicherungsfall nach dem 30.09.2002 eingetreten ist. Damit steht die Diagnose einer Kniegelenksarthrose links bereits vor dem 01.07.2009 der vom Kläger begehrten Feststellung nicht entgegen.

aa) Der Kläger erfüllt - dies ist zwischen den Beteiligten nicht umstritten - auch die arbeitstechnischen Voraussetzungen der BK Nr. 2112. Denn als Fliesenleger war er zwischen August 1987 und Dezember 2007 einer Gesamtbelastungsdauer durch kniebelastende Tätigkeiten im Umfang von 18.846 Stunden und einer Einwirkungsdauer je Arbeitsschicht im Umfang von rund 4,3 Stunden ausgesetzt, wie sich aufgrund der auch insoweit überzeugenden und zutreffenden Berechnungen des Präventionsdienstes der Beklagten ergibt.

bb) Fest steht aufgrund des Gesamtergebnisses des Verfahrens im Anschluss an die überzeugenden Darlegungen des Sachverständigen Dr. xxx wie auch das Gutachten von Prof. Dr. xxx, dass der Kläger an einer medialen Gonarthrose rechts Grad 0 - I mit bis zu III.-gradigem Knorpelschaden in der Hauptbelastungszone des medialen Femurkondylus sowie am linken Kniegelenk an einer medial betonten Gonarthrose III. Grades leidet. Das Ausmaß der Arthrose im linken Kniegelenk ist damit grundsätzlich ausreichend für eine Feststellung dieser Gesundheitsstörung als BK (vgl. Merkblatt, Abschnitt III Seite 6 sowie die wissenschaftliche Stellungnahme des Ärztlichen Sachverständigenbeirats a„Berufskrankheiten“ beim Bundesministerium für Arbeit und Soziales ).

cc) Die Kniegelenksarthrose links ist indes nicht mit der erforderlichen Wahrscheinlichkeit ursächlich auf die beruflichen Belastungen zurückzuführen, denen der Kläger als Fliesenleger ausgesetzt war, wie Dr. xxx und Prof. xxx auch insoweit übereinstimmend, wohlbegründet und überzeugend dargelegt haben. Gegen die Wahrscheinlichkeit des ursächlichen Zusammenhangs spricht vor allem der Umstand, dass die Kniegelenksarthrose rechts mit Grad 0 - I deutlich geringer ausgeprägt ist als auf der linken Seite mit Grad III, obwohl der Kläger berufsbedingt beide Kniegelenke gleich stark belastet hat. Soweit er noch im Widerspruchsverfahren und in der Klagebegründung vorgetragen hatte, er habe Fliesenlege- und Estricharbeiten typischerweise in einseitiger, links-kniender Arbeitshaltung verrichtet, hat er auf ausdrückliche Befragung durch den Sachverständigen Dr. xxx eingeräumt, die Fliesenlegearbeiten üblicherweise beidseitig kniend und/oder in der Hocke durchgeführt zu haben und dass einseitige Belastungen vor allem beim Beiziehen u.a. von Material oder beim Hochstemmen vom Boden aufgetreten sind. Dieses Belastungsmuster entspricht auch den Erkenntnissen der Kammer aus vergleichbaren Rechtsstreitigkeiten, die durch die Bekundungen des Innungsobermeisters xxx der eine „typische Arbeitshaltung“ eines Fliesenlegers verneint hat, nicht erschüttert werden. Eine überwiegend einseitige Kniegelenksbelastung, die der Annahme (und Feststellung) einer BK der Nr. 2112 der Anlage 1 zur BKV nicht entgegenstünde (vgl. Abschnitt III Seite 6 des Merkblatts zur BK 2112 sowie Schönberger/Mehrtens/Valentin, a.a.O., Seite 647) ist angesichts der inkonsistenten Angaben des Klägers zu seinen Arbeitshaltungen als Fliesenleger damit nicht erwiesen.

Bei einer - wie hier - beidseitigen Gelenksbelastung ist jedoch nach den auch insoweit überzeugenden, wohlbegründeten und widerspruchsfreien Darlegungen des Sachverständigen Dr. xxx zu erwarten, dass das Ausmaß einer Gelenksarthrose weitgehend symmetrisch verläuft, weil beide Knie in vergleichbarem Ausmaß belastet sind (vgl. auch Grosser in Schiltenwolf/Grosser/Thomann, „Berufskrankheit Gonarthrose, Wissenschaftliche Grundlagen, sozialrechtliche Bewertung, Begutachtung“, 2012, Seite 205). Deshalb spricht die Asymmetrie der Kniegelenksarthrose zu Ungunsten einer Seite bei annähernd gleich starker beruflicher Belastung beider Kniegelenke durch Arbeiten im Knien oder in der Hocke gegen die Wahrscheinlichkeit eines ursächlichen Zusammenhangs mit beruflichen Einwirkungen. Übersteigt - wie im Fall des Klägers - der Seitenunterschied einen Kellgren-Grad, ist nach aktuellem medizinisch-wissenschaftlichem Erkenntnistand der ursächliche Zusammenhang der Kniegelenksarthrose mit beruflichen Belastungen nicht wahrscheinlich zu machen (vgl. Grosser, a.a.O., Seite 205 sowie Schiltenwolf, „Begutachtungsempfehlungen zur Berufskrankheit Gonarthrose“ in Orthopädie und Unfallchirurgie, Mitteilungen und Nachrichten, 2013, Seite 448 f.). Insoweit fehlt es nämlich an einer biomechanischen Plausibilität (vgl. LSG Baden-Württemberg vom 08.05.2012 - L 9 U 4086/09 - und vom 25.07.2011 - L 1 U 1464/11 - , Grosser, a.a.O., Seite 205 und Seehausen, MedSach 2010, 205, 206).

Diesem Ergebnis steht die Beurteilung des MRT-Befundes im rechten Kniegelenk durch Dr. xxx im Arztbrief vom 14.06.2013 als „bis III.-gradigen Knorpelschäden“ an der Hauptbelastungszone des medialen Femurkondylus nicht entgegen. Denn Dr. xxxx weist auch insoweit zutreffend darauf hin, dass die Klassifikation einer Gelenksarthrose nach Kellgren nicht gleichzusetzen ist mit der Einteilung des Schweregrades von Knorpelschäden nach der ICRS (vgl. insoweit auch LSG Baden-Württemberg vom 07.11.2011 - L 1 U 1048/11 - ). Ein Knorpelschaden III. Grades entspricht deshalb, was der Kläger übersieht, nicht einer Gelenksarthrose III. Grades, sondern weist allein auf eine beginnende Gonarthrose hin. Diese hat sich mit Dr. xxx im Fall des Klägers im Nativ-Röntgenbild indes noch nicht insoweit manifestiert, dass sie einer Klassifikation nach Kellgren höher als Grad 0 - I zugeordnet werden kann. Im Übrigen spricht in Bezug auf das rechte Kniegelenk auch die Lokalisation der arthrotischen Veränderungen in der Hauptbelastungszone gegen die Wahrscheinlichkeit des ursächlichen Zusammenhangs mit beruflichen Belastungen, weil dieser Bereich auch ohne berufliche Belastungen am stärksten betroffen ist (vgl. LSG Baden-Württemberg vom 08.05.2012 - L 9 U 4086/09 - ).

Vorliegend führt deshalb auch § 9 Abs. 3 SGB VII, demzufolge ein ursächlicher Zusammenhang zwischen beruflichen Einwirkungen und einer Listenkrankheit vermutet wird, wenn Versicherte, die entsprechenden beruflichen Einwirkungen in erhöhtem Maße ausgesetzt waren, an einer solchen Listenkrankheit erkranken und keine Anhaltspunkte für eine außerberufliche Verursachung festgestellt werden können, zu keinem abweichenden Ergebnis.

Damit ist der ursächliche Zusammenhang zwischen der Kniegelenksarthrose links und beruflichen Belastungen des Klägers als Fliesenleger nicht wahrscheinlich zu machen. Zu Recht hat deshalb die Beklagte durch die angefochtenen Bescheide auch die Anerkennung dieser Gesundheitsstörung als BK der Nr. 2112 der Anlage 1 zur BKV abgelehnt.

3. Aus eben diesen Gründen sind die angefochtenen Bescheide rechtmäßig und musste das Begehren des Klägers erfolglos bleiben.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 183, 193 Abs. 1 und 4 SGG.

Rechtsmittelbelehrung
Dieses Urteil kann mit der Berufung angefochten werden.
Die Berufung ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils beim Landessozialgericht Baden-Württemberg, Hauffstr. 5, 70190 Stuttgart - Postfach 10 29 44, 70025 Stuttgart -, schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle einzulegen.
Die Berufungsfrist ist auch gewahrt, wenn die Berufung innerhalb der Monatsfrist bei dem Sozialgericht Karlsruhe, Karl-Friedrich-Str. 13, 76133 Karlsruhe, schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle eingelegt wird.
Die Berufungsschrift muss innerhalb der Monatsfrist bei einem der vorgenannten Gerichte eingehen. Sie soll das angefochtene Urteil bezeichnen, einen bestimmten Antrag enthalten und die zur Begründung der Berufung dienenden Tatsachen und Beweismittel angeben.
Der Berufungsschrift und allen folgenden Schriftsätzen sollen Abschriften für die übrigen Beteiligten beigefügt werden.