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· Fachbeitrag · Heimrecht

Erhöhung des Heimentgelts

von RA Thomas Stein, FA Familienrecht und Erbrecht, Limburg

| Der BGH hat jetzt entschieden, dass eine Entgelterhöhung des Heimträgers zu ihrer Wirksamkeit der Zustimmung des Heimbewohners bedarf, eine davon abweichende Vereinbarung im Heimvertrag zulasten des Heimbewohners sieht er als unwirksam an. Grund sich einmal mit den Voraussetzungen einer Heimgelterhöhung zu befassen. |

1. Grundlage des Heimrechts

Obwohl etwa eine Millionen Menschen in der Bundesrepublik Deutschland in einem Alten- und Pflegeheim untergebracht sind, ist das Heimrecht eine wenig bekannte und in der Rechtspraxis auch wenig behandelte Materie. Wer sich mit Heimrecht beschäftigt, muss zunächst Folgendes bedenken: Bis zum 1.10.09 hat es ein bundeseinheitliches Heimgesetz gegeben. Dieses Heimgesetz ist abgelöst worden durch ein Bundesgesetz zum Heimvertragsrecht (Wohn- und Betreuungsvertragsgesetz/WBVG) und Ländergesetze zum Heimrecht, die das heimrechtliche Ordnungsrecht zum Gegenstand haben.

2. Voraussetzung zur Erhöhung des Heimentgelts

Die eingangs angeführte Entscheidung beschäftigt sich mit dem Aspekt der Entgelterhöhung für Heimbewohner, der seinen Ausgangspunkt in § 9 WBVG hat, nämlich der Entgelterhöhung bei Änderung der Berechnungsgrundlage.

 

a) Veränderung der Bemessungsgrundlage

Danach ist Voraussetzung für eine Erhöhung des Heimentgelts, dass sich für das Heim die bisherige Bemessungsgrundlage verändert hat. Unter Anlehnung an mietrechtliche Vorschriften zur Mieterhöhung wird unter Berechnungsgrundlage verstanden die Summe aller Faktoren, die für die Entgeltfestlegung durch den Heimträger maßgebend gewesen sind. Darunter fallen alle Kostenfaktoren, aber auch bei Heimen, die mit Gewinnerzielungsabsicht betrieben werden, der in rechtlich zulässiger Weise erzielbare Gewinn. Weiter ein angemessenes Ausfallrisiko und die Bindung betriebswirtschaftlich angemessener Rücklagen und Abschreibungen.

 

b) Offenlegung der Kalkulation

Will der Heimträger das Heimentgelt erhöhen, dann muss er seine Berechnungsgrundlage, oder anders formuliert seine Kalkulation, im Detail offenlegen. Hier gibt es in der Tat eine Parallele zur Mieterhöhung, die in wirksamer Weise nur dann verlangt wird, wenn sie entsprechend den gesetzlichen Vorgaben begründet wird (Mietspiegel, drei Vergleichswohnungen, Sachverständigengutachten). Damit scheidet von vorneherein eine Erhöhung des Heimentgelts etwa in der Weise aus, dass pauschal ein höherer Betrag verlangt wird. Geschieht dies, kann der Heimbewohner oder sein Bevollmächtigter oder Betreuer die Erhöhung einfach als unbegründet zurückweisen.

 

Bei Entgelterhöhung aufgrund von Investitionsaufwendungen gilt noch die Besonderheit, dass sie nur wirksam verlangt werden können, wenn Investitionsaufwendungen nach der Art des Betriebs notwendig und nicht durch öffentliche Förderung gedeckt sind.

3. Schriftliche Mitteilung an Heimbewohner

Eine wirksame Entgelterhöhung ist aber an weitere Voraussetzungen geknüpft: Das Heim muss seinem Bewohner die beabsichtigte Erhöhung schriftlich mitteilen, und wie eben dargestellt begründen. Aus der Mitteilung muss der Zeitpunkt hervorgehen, zu dem die Erhöhung greifen soll. Der Heimbewohner schuldet das erhöhte Entgelt höchstens vier Wochen nach Zugang eines hinreichend begründeten Erhöhungsverlangens, er muss rechtzeitig Gelegenheit erhalten, die Angaben des Unternehmens durch Einsichtnahme in die Kalkulationsunterlagen zu überprüfen.

 

Ein wesentlicher Unterschied bei § 9 WBVG in Vergleich zum alten Heimgesetz liegt darin, dass im Heimgesetz die ausdrückliche Zustimmung des Heimbewohners zur Erhöhung vorgesehen gewesen ist. Die Literatur zum WBVG geht davon aus, dass auch unter seiner Geltung die Zustimmung des Heimbewohners als Wirksamkeitserfordernis für die Entgelterhöhung vorauszusetzen sei (Bachem/Hacke, Wohn- und Betreuungsvertragsgesetz, 2015, § 9, Rn. 86). Dieser Auffassung der Literatur hat der BGH sich in der eingangs angeführten Entscheidung jetzt ausdrücklich angeschlossen (18). Dies gilt nach der ausdrücklichen Feststellung des BGH auch für Bewohner, die Leistungen nach SGB XI bzw. XII erhalten, bei denen also Sozialhilfeträger mindestens einen Teil des Heimaufenthaltes bezahlen.

 

Im entschiedenen Fall hatte der Heimträger im Heimvertrag eine davon abweichende Gestaltung vorgesehen, und zwar formularmäßig die Vereinbarung eines einseitigen Entgelterhöhungsrechtes des Heimträgers. Dies widerspricht nach den Feststellungen des BGH (12.5.16, III ZR 279/15, Abruf-Nr. 186352) wesentlichen vertragsrechtlichen Grundsätzen, die das WBVG vorgibt und von denen zum Nachteil der Heimbewohner nicht abgewichen werden darf (§ 16 WBVG).

4. Viele Erhöhungsverlangen unwirksam

Für die Praxis bedeutet dies, dass viele Erhöhungsverlangen von Heimträgern unwirksam sind. Allein schon eine ordnungsgemäße Offenlegung der Kalkulationsgrundlagen und damit die Darstellung der Veränderung der bisherigen Bemessungsgrundlage zur neuen und aktuellen Bemessungsgrundlage ist eine schwierige Aufgabe, an der viele Erhöhungsverlangen scheitern. Umgekehrt müssen Betreuer und Bevollmächtigte Entgelterhöhungsverlangen sowohl inhaltlich als auch formal genau prüfen, die Gefahr einer Haftung bei vorschneller Zustimmung ist groß! Oft wird die Einholung fachlichen Rates geboten sein, da es bei alldem um vertragsrechtliche Fragen geht, kann als Heimbewohner oder für seinen Heimbewohner der Betreuer und Bevollmächtigte eine bestehende Vertrags-Rechtsschutzversicherung in Anspruch nehmen.

Quelle: Sonderausgabe 01 / 2018 | Seite 5 | ID 45203505