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· Fachbeitrag · Sozialhilfe

Gehört der Barbetrag in den Nachlass oder muss er zurückgezahlt werden?

von RA Thomas Stein, FA Erbrecht und Familienrecht, Limburg/Lahn

| Heimbewohner, die wegen der Heimkosten auf Sozialhilfe angewiesen sind, erhalten vom Sozialamt neben den Unterbringungskosten auch einen Barbetrag zur persönlichen Verfügung. Dieser Barbetrag wird i.d. Regel auf ein Konto des betroffenen Bewohners oder auch des Heims gezahlt. Verstirbt der Barbetrags-Bezieher, stellt sich die Frage, was geschieht mit dem verbleibenden Guthaben? Gehört es zum Nachlass oder ist es an den Leistungsträger zurückzuzahlen? Dieser Beitrag beantwortet die Frage und zeigt, wie Heimträger und Erben in der Praxis verfahren sollten. |

1. Barbetrag für Heimbewohner

Nach § 35 Abs. 2 SGB XII umfasst der notwendige Lebensunterhalt für Bewohner in Heimen einen angemessenen Barbetrag zur persönlichen Verfügung. Dabei hat der Gesetzgeber bewusst den früher verwendeten Begriff „Taschengeld“ durch „Barbetrag zur persönlichen Verfügung“ ersetzt. Dieser Barbetrag soll in vielen Fällen den verbliebenen eigenen Handlungsspielraum der im Heim lebenden Hilfeberechtigten und damit das Maß der Menschenwürde, das verbleibt, zumindest teilweise aufrechterhalten.

2. Bei Tod: Rückzahlung oder Vererbung?

In der Praxis wird die Leistung des Barbetrags, selbst wenn die Auszahlung an den Heimträger erfolgt, entweder infolge eines ausdrücklichen Verwaltungsakts oder aufgrund eines konkludent bewilligten Verwaltungsakts - richtiger als Realakt bezeichnet - erbracht. Damit ist ein solcher Verwaltungsakt wirksam nach § 39 SGB X. Er bleibt wirksam, solange und soweit er nicht zurückgenommen, widerrufen, anderweitig aufgehoben oder durch Zeitablauf oder auf andere Weise erledigt ist. Die Aufhebung des Verwaltungsakts muss von der Leistungsbehörde vorgenommen werden.

 

Da der Adressat des begünstigenden Verwaltungsakts nicht mehr lebt, muss sich die Rückabwicklung gegenüber den Erben vollziehen (gilt auch bei Zahlung an das Heim, denn dieses ist nur Empfänger der Leistung, Berechtigter ist der Heimbewohner). Mit dem Eingang beim Leistungsbezieher oder auch beim Heim ist das gezahlte Geld ins Eigentum des Heimbewohners übergegangen und fällt damit in seinen Nachlass.

 

Etwas anderes gilt ausnahmsweise nur, wenn Leistungen zu Unrecht erbracht worden wären, dann wäre der Weg frei für eine Aufhebung nach § 50 SGB X, dort wird vorausgesetzt, dass Leistungen zu Unrecht erbracht worden sind. Dies dürfte beim Barbetrag eher selten der Fall sein, ausgenommen Zahlungen von Barbeträgen, die nach dem Tod eines Heimbewohners nicht mehr rechtzeitig haben gestoppt werden können.

3. Hinterlegung statt Rückzahlung

Obwohl die bei Todesfall angesammelten Barbeträgen Guthaben und Vermögen des Erblassers sind, kommt es in der Praxis trotzdem oft vor, dass - gerade wenn die Zahlungen an den Heimträger erfolgten - dieser die Gelder an den Leistungserbringer zurückzahlt. Dies insbesondere, wenn keine Erben vorhanden oder diese zunächst nicht zu ermitteln sind. Den Heimträgern sollte man dabei keine böse Absicht unterstellen, sie handeln eher aus dem Motiv heraus, den betreffenden Vorgang komplett abwickeln zu wollen.

 

PRAXISHINWEIS | Der richtige Weg für Heimträger ohne bekannte Erben und ohne einen gerichtlich bestellten Nachlasspfleger ist aber die Hinterlegung der angesammelten Barbeträge beim AG zugunsten der unbekannten Erben. Ist ein Nachlasspfleger bestellt, kann an ihn ausgekehrt werden. Sind Erben bekannt, sollte sich der Heimträger die erbrechtliche Legitimation, am sichersten durch Erbschein, nachweisen lassen und dann an die Erben auszahlen.

 

4. Wichtig: Bestimmungsgemäße Verwendung

Kommt es zu einer Rücküberweisung vom Heimträger an den Leistungsträger, liegt ein Verstoß gegen § 27b Abs. 2 S. 4 SGB XII vor, denn die Leistungsträger haben die bestimmungsgemäße Verwendung der Barbeträge sicherzustellen. Für die Heimträger sollte sich von selbst verstehen, dass sie an der bestimmungsgemäßen Verwendung - auch noch nach dem Tod der Heimbewohner - mitzuhelfen haben. Gerichtliche Entscheidungen zu dem ganzen Themenkreis sind - soweit ersichtlich - bisher noch nicht ergangen, dies mag daran liegen, dass das ganze Thema bis dato kaum behandelt ist.

5. Rechtslage für die Erben

Die Erben oder der für die unbekannten Erben handelnde Nachlasspfleger haben jeweils zunächst einen Anspruch gegen den Heimträger auf Auskehrung des Guthabens aus gezahlten Barbeträgen. Weigert sich der Heimträger, kann der Anspruch gerichtlich geltend gemacht werden.

 

Wurde das Guthaben vom Heimträger bei Gericht hinterlegt, muss vom Leistungserbringer, der die Barbeträge gezahlt hat, die Zustimmung zur Auszahlung verlangt werden. Erforderlichenfalls kann Klage auf Zustimmung zur Auszahlung hinterlegter Barbeträge erhoben werden.

 

Hat der Heimträger angesammelte Barbeträge nach dem Tod eines Heimbewohners bereits an den Leistungserbringer zurückgezahlt, ist dieser ungerechtfertigt bereichert und muss die zurückgezahlten Beträge an die Erben, den Nachlasspfleger oder Testamentsvollstrecker auskehren. Auch hier ist der Klageweg gegeben. Die Frage, ob in dieser Variante auch gegen den Heimträger vorgegangen werden kann, der zu Unrecht zurückgezahlt hat, dürfte sich in der Praxis nicht stellen. Grund: Eine Insolvenz der Leistungserbringer erscheint nicht vorstellbar. Es handelt sich um Institutionen wie Wohlfahrtsverbände, die stets über hinreichende Gelder verfügen werden.

Quelle: Ausgabe 03 / 2013 | Seite 42 | ID 42410945