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· Fachbeitrag · Bestattungskosten

Was zählt dazu und was muss der Erbe zahlen?

| Wie eine Leseranfrage zeigt, wird es bei einer einfach erscheinenden Frage schnell kompliziert. Der Beitrag zeigt, was alles zu den Bestattungskosten gehört und ‒ falls vorhanden ‒ der Erbe hievon zahlen muss. |

1. Rückgriff auf die Erben (§ 1968 BGB)

Für die durch die Bestattung entstandenen Kosten haften nach § 1968 BGB die Erben. Es sind Nachlassverwaltungsschulden und als solche eine Nachlassverbindlichkeit i. S. d. § 1967 Abs. 2 BGB (OVG Münster NJW 98, 2154). In der Nachlassinsolvenz können sie aus dem Nachlass erstattet werden. Sie sind nach § 324 Abs. 1 Nr. 2 InsO Masseverbindlichkeiten (SG Schleswig ZEV 13, 629).

 

Obwohl nicht als Anspruchsgrundlage formuliert, gewährt § 1968 BGB dem, der die Beerdigungskosten als Totenfürsorgeberechtigter oder als Bestattungspflichtiger getragen hat, einen Ersatzanspruch gegen den Erben (OLG Saarbrücken 02, 228; OLG Düsseldorf NJW-RR 95, 1161). Hat ein Miterbe die Bestattung vorgenommen und die entstandenen Kosten alleine verauslagt, steht ihm bei Auseinandersetzung der Erbengemeinschaft (§ 2046 BGB) der Ausgleichsanspruch gegen die Miterben zu, reduziert um seinen Anteil daran.

 

Andere Personen, die die Bestattung durchgeführt haben, (etwa ein guter Freund oder die Lebensgefährtin des Verstorbenen), können nur Ansprüche aus Geschäftsführung ohne Auftrag (GoA) im Hinblick auf den Ersatz der von ihnen ausgelegten Bestattungskosten gegen den Erben geltend machen.

2. Zu ersetzenden Bestattungskosten i. S. d. § 1968 BGB

Der Erbe muss nicht schlechthin alle Beerdigungskosten tragen, sondern nur die notwendigen und angemessenen (OLG Saarbrücken FamRZ 10, 1192). Begleicht der Erbe über dieses Maß hinausgehende Beerdigungskosten aus dem Nachlass, ist er den Nachlassgläubigern unter den Voraussetzungen der § 1978 Abs. 1, § 1991 Abs. 1 BGB ersatzpflichtig.

 

Angemessen ist eine Beerdigung, wenn ihre Ausrichtung der Lebensstellung des Verstorbenen entspricht. Der Erbe muss also über das unbedingt Notwendige hinaus die Kosten für all das auf sich nehmen, was nach den in den Kreisen des Erblassers herrschenden Auffassungen und Gebräuchen zu einer würdigen und angemessenen Bestattung gehört (OLG Saarbrücken, a.a.O.). Einzelheiten sind umstritten. Nach der Rechtsprechung

 

Checkliste / Ersatzfähige und nicht ersatzfähige Kosten

Ersatzfähig sind Kosten (vgl. Staudinger/Dutta, BGB (2016), § 1968 Rn. 2 ff.)

  • des Leichentransports (u. U. auch zu einem entfernteren Ort, BGHZ 32, 72),
  • des Bestatters; einschließlich derjenigen des Totenhemds, Leichenschauschein, Friedhofsgebühren, Kühlungskosten, Sarg und Urne (OLG Schleswig-Holstein FamRZ 10, 1194),
  • der Friedhofsgebühren (OLG Karlsruhe 26.2.14, 7 U 30/11);
  • der Herrichtung des Grabes (OLG Düsseldorf MDR 73, 671);
  • der Erstausschmückung des Grabes mit Blumen, Kränzen etc. (OLG Düsseldorf ZEV 94, 372),
  • eines den Verhältnissen des Erblassers angemessenen Grabsteins (OLG Brandenburg 27.3.08, 12 U 239/06),
  • die nötig sind für eine landesübliche kirchliche und bürgerliche Leichenfeierlichkeit (Bewirtungskosten, etc. (OLG Saarbrücken ZErb 02, 267),
  • für Todesanzeigen und Danksagungen (OLG Saarbrücken, a.a.O.) und
  • für die Sterbeurkunde.

 

Nicht ersatzfähig sind Kosten

  • nach h.M. die Grabpflegekosten als ‒ oft für die Dauer von mehreren Jahren ‒ nach der Bestattung entstehende Kosten (OLG Schleswig-Holstein FamRZ 10, 1194) und
  • für die Absenkung eines Grabes (OLG Schleswig-Holstein, a.a.O.),
  • für einen Erbschein (OLG Koblenz ZfS 82, 7; a.A. LG Essen PVR 03, 335 (redak. Ls.)),
  • für Testamentseröffnung und -vollstreckung sowie für die Nachlassverwaltung (Staudinger/Anne Röthel, BGB, (2015), § 844 Rn. 66)
  • für Verdienstausfall der Angehörigen, der durch die Teilnahme an der Beerdigung verursacht wird (MüKo/Küpper, BGB, 7. Aufl., § 1968 Rn. 4).
 

a) Kosten der Trauerkleidung

Die Kosten für die Trauerkleidung werden überwiegend für ersatzfähig gehalten (Palandt/Weidlich, BGB, 77. Aufl., § 1968 Rn. 2). Die Rechtsprechung (ausführlich dazu Staudinger/Anne Röthel, a.a.O., § 844 BGB Rn. 63) tendiert dazu, eine Eigenersparnis des Anspruchsberechtigten abzuziehen und zwar zwischen 25 Prozent bis 50 Prozent des Kaufpreises. Es gibt aber auch Gerichte, die einen Abzug mangels messbarer Eigenersparnis ablehnen (vgl. Staudinger/Anne Röthel, a.a.O.). Eine wachsende Meinung vertritt die Auffassung, die Kosten seien sogar nicht erstattungsfähig (OVG Koblenz NVwZ 02, 1009; MüKo/Küpper, a.a.O., § 1968 Rn. 2; a.A. Palandt/Weidlich, a.a.O., § 1968 Rn. 2). Grund: Das Anlegen von Trauerkleidung sei ein Zeichen persönlicher Anteilnahme und Trauer der Angehörigen um den Verstorbenen. Deren uneingeschränkte Erstattung verbiete sich, weil es widersprüchlich wäre, sie dem Vermögen des Verstorbenen anzulasten (Staudinger/Anne Röthel, a.a.O., Rn. 64).

 

b) Kosten der Anreise

Die Kosten der Anreise zur Teilnahme an der Beerdigung zählen grundsätzlich nicht zu den erstattungsfähigen Bestattungskosten (BGHZ 32, 72), weil Grund der Anreise und Teilnahme an der Beerdigung grundsätzlich der Ehrerbietung und dem Gedenken des Verstorbenen geschuldet ist (AG Rheinbach Schaden-Praxis 99, 375; Staudinger/Anne Röthel, a.a.O. Rn. 67). Ausnahme: Etwas anderes gilt für solche Angehörigen, die andernfalls wegen ihrer Bedürftigkeit an der Teilnahme an den Trauerfeierlichkeiten gehindert wären. In diesen Fällen wird eine Abwägung der entstehenden Kosten mit der Höhe des Nachlasses vorgenommen (BGHZ 32, 72).

Quelle: Ausgabe 04 / 2019 | Seite 69 | ID 45763169