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· Fachbeitrag · Unternehmensnachfolge

Die Nachfolge für Mitarbeiter möglich machen: Diese Kaufpreismodelle haben sich bewährt

von Jörg T. Eckhold, Eckhold Consultants GmbH, Krefeld

| Die Auftrags- und Ertragslagen vieler Büros sind gut. Folglich sind auch die Ertragswerte gestiegen, die bei Nachfolgeregelungen eine Rolle spielen. Die Ertragswerte spiegeln den Marktpreis zwar objektiv wider, überfordern die Finanzierungsmöglichkeiten der Mitarbeiter, die sich für eine Büroübernahme interessieren, in der Regel aber völlig. Wie können Sie dem Rechnung tragen und Lösungen finden, auf die sich beide Parteien einlassen können? Welche Modelle haben sich in der Praxis besonders bewährt? Der Beitrag gibt die Antwort. |

Die Ausgangslage in vielen Büros

In vielen Büros stellt sich die Lage wie folgt dar: Der „Mitarbeiter-Nachfolgetyp“ ist zwischen 35 und 45 Jahre alt. Bedingt durch das Alter ist er damit noch im Aufbau der persönlichen Familienplanung. Sprich, die Kinder sind noch klein, die Ehefrau nur bedingt erwerbstätig, die Eigentumswohnung oder gar das Einfamilienhaus weitestgehend voll belastet.

 

Potenzieller Nachfolger ist noch mitten in der „Familienplanung“

Ansparmodelle seitens des Arbeitgebers - was ist das denn? - existieren nicht. D. h., der Gedanke, dem Mitarbeiter im Sinne der Nachfolge Wege aufzuzeigen, wie er durch Übernahme von Verantwortung im Büro Eigenkapital ansparen kann, gibt es bzw. gab es in der Vergangenheit nicht.

 

Familie soll und will nicht mithaften

Nicht selten sind es die Ehe- oder Lebenspartner, die für eine bankübliche Sicherheit, wie z. B. für die eigene Immobilie, einer Beleihung zustimmen müssten. Der Personenkreis möchte meist das persönliche Risiko der Mithaftung umgehen. Woher also Eigenkapital auftreiben, ohne direkt Omas kleines Häuschen in die Waagschale zu werfen.

 

Leider hat der Bundesfinanzhof (BFH) das Modell, Unternehmensanteile verbilligt an Arbeitnehmer zu überlassen, gekappt (BFH, Beschluss vom 26.06.2014, Az. VI R 94/13, Abruf-Nr. 142500). Derartige Versuche enden in einer Art Schenkung, die bei Angestellten wiederum der Sozialversicherungspflicht unterliegt.

 

Die große Frage: Wie kann der Kaufpreis gestaltet werden?

Der Status Quo ist also davon geprägt, dass kaum ein Nachfolgekandidat über ausreichend Eigenkapital verfügt, um seinen Anteil zu finanzieren. Es stellt sich die Frage: Wie können Modelle aussehen, die eine „schonendef“ Finanzierung ermöglichen? Wie können Sie geeigneten Nachfolgern Brücken bauen?

Das Earn-Out-Modell

Eine mögliche Gestaltung stellen Earn-Out-Modelle (bedingte Kaufpreis-Zahlung) dar. Earn-Outs sind Kaufpreismodelle, die bei ganz bestimmter Zielerreichung weitere Kaufpreistranchen zur Zahlung fällig stellen.

 

  • Beispiel

Als Bemessungsrundlage für das Earn-Out-Modell wird der Deckungsbeitrag festgelegt (Deckungsbeitrag = Gesamtumsatz ./. Fremdleistungen). Im konkreten Fall wird vereinbart, dass der Erwerber weitere 50.000 Euro zahlen muss, wenn im Jahr X ein Deckungsbeitrag von mehr als 500.000 Euro erreicht wird. Die Regelung sieht weiter vor, dass die zweite Kaufpreistranche um zehn Prozent geschmälert wird, wenn der Deckungsbeitrag mit zehn Prozent unterschritten wird.

 

Wichtig | Solche Earn-Out-Modelle haben sich in der Praxis bisher leider nicht durchgesetzt. Das liegt zum einen daran, dass die Risikobereitschaft bei Planern in der Regel nicht sehr groß ist. Ein zweiter Grund besteht darin, dass oft die Bezugsfaktoren fehlen, an denen sich das Earn-Out-Modell über drei bis fünf Jahre messen lässt.

Stufenmodelle und die künftige Gesellschaftsform

Aus diesem Grund haben sich in der Praxis eher Kaufpreis-Stufenmodelle etabliert. Bei diesen werden Unternehmensanteile schrittweise über mehrere Jahre übertragen bzw. verkauft. Die schrittweise Übertragung hat aus Sicht des Übergebers und des Übernehmers jeweils andere steuerliche Folgen. Diese unterschiedlichen Steuerfolgen gilt es zu würdigen und einzuplanen. Je nach Rechtsform (Kapital- oder Personengesellschaft) ist es möglich, auf Übernehmerseite Gewinnzuweisungen als Eigenkapital anzusparen, um somit zu einem späteren Zeitpunkt durch Aufnahme von Fremdkapital weitere Anteile zu erwerben.

 

Übergeber- und Übernehmerbesteuerung in der Personengesellschaft

Da auf Seiten des Übergebers bei Personengesellschaften ein stufenweiser Verkauf von Anteilen zunächst voll in die Besteuerung zum derzeitigen persönlichen Steuersatz führt, würde die Hinzunahme von Mitgesellschaftern und damit der Verkauf von Assets beim Einzelunternehmen automatisch zu einer neuen Gesellschaftsform führen, nämlich einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR).

 

PRAXISHINWEIS | Weil eine GbR unter vielen Gesichtspunkten (z. B. Nachhaftung) ungünstig ist, sollte man die Gelegenheit nutzen, eine Partnerschaftsgesellschaft (PartG), eine PartG mbB oder eine GmbH & Co. KG (bei Ingenieuren) zu gründen. Das Einzelunternehmen kann gar nicht gem. § 613a BGB in die Gesamtrechtsnachfolge gebracht werden. Grund: Falls das heutige Einzelunternehmen aussteigt, würde auch das Unternehmen als solches aufgegeben.

 

Übergeber- und Übernehmerbesteuerung in der Kapitalgesellschaft

Immer mehr Büros werden als GmbH geführt. Folglich gehen solche Büros bzw Anteilseigner zunächst einmal wie selbstverständlich davon aus, dass sie die Gesellschaftsanteile ihrer GmbH verkaufen. Für den Anteilsverkäufer ist das auch interessant. Denn er kann das günstigere Teileinkünfteverfahren anwenden.

 

Eine gute Lösung ist das aber nicht. Warum? Weil der Erwerber dadurch zunächst keinerlei steuerliche Begünstigung erfährt. Der Erwerb von Anteilen an Kapitalgesellschaften stellt beim Erwerber Anschaffungskosten dar, die er erst dann steuerlich berücksichtigen kann, wenn er seine Anteile nach vielen Jahren selbst wieder verkauft (Verkaufspreis ./. Anschaffungskosten = zu versteuerndes Einkommen).

Modell: GmbH bei Anteilsübertragung umwandeln

Anders sieht es aus, wenn die heutigen Gesellschafter einer Kapitalgesellschaft mit den neuen Partnern eine neue Personengesellschaft gründen. Die Kapitalgesellschaft vergibt anschließend die Aufträge an die neue Personengesellschaft per Kooperationsvertrag unter drittüblichen Bedingungen. Das Personal wechselt in die Personengesellschaft. Das Anlagevermögen wird von der Kapitalgesellschaft an die Personengesellschaft verkauft und alle Neuaufträge direkt von der Personengesellschaft angeboten und ausgeführt.

 

PRAXISHINWEIS | In diesem Fall generiert der Mitarbeiter für den Erwerb von Anteilen an der Personengesellschaft Abschreibungsvolumen, das seine persönliche Einkommensteuerlast mindert. Wer Anteile an Freiberufler-Personengesellschaften kauft, kann den Preis nämlich verkürzt über sechs Jahre abschreiben. Durch die zeitnahe Steuerersparnis erhält der neue Anteilseigner Liquidität, die er für den Kapitaldienst seiner Finanzierung des Kaufpreises nutzen kann. Dieses Modell wird von den Finanzämtern übrigens anerkannt. Es liegt kein steuerlicher Gestaltungsmissbrauch gemäß § 42 Abgabenordnung vor.

 

Voraussetzung: Ertragswertmethode ist angewendet worden

Das oben genannte Übertragungsmodell setzt voraus, dass das zu übertragende Büro nach der Ertragswertmethode bewertet wurde. Diese Bewertung hat weitere Vorteile: Sie wird von den Finanzbehörden anerkannt. Und sie ergibt einen realistischen Marktwert des Büros.

 

In den Ertragswert fließen wohlgemerkt immer nur Zukunftserfolge ein, also die Ertragsüberschüsse, die für den Planungszeitraum ermittelt werden. Denn ein möglicher Übernehmer will erfahren, welchen Return of Investment (RoI) er für sein eingesetztes Kapital in der Zukunft erhält, die Vergangenheit interessiert ihn wenig.

 

Die Vergangenheit des Büros wird insofern berücksichtigt, dass sie für die Zukunftsprognose als belastbare Datenbasis zur Überprüfung der zukünftigen Entwicklung dient. Hinzu kommt, dass die Ertragswertmethode gem. IDW S 1 in der Bewertung Parameter der Büroorganisation, der handelnden Personen und des Marktumfelds berücksichtigt hat. Also all das, was die Ertragskraft des Büros tatsächlich ausmacht.

 

Stufenansparmodell auch bei Umwandlungen möglich

Aber auch hier kann ein Stufenansparmodell integriert werden. Die Bewertungsregel lässt Spielraum für drei wesentliche Faktoren offen:

 

  • 1. Eine exakte Abgrenzung des Auftragsbestands zum Übertragungsstichtag: Man kann diese bereits erbrachten Leistungen den Übernehmern mit übertragen, muss es aber nicht.
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  • 2. Eine exakte Abgrenzung des betriebsnotwendigen Vermögens: Sollte man zur Erkenntnis kommen, dass künftig ein höheres oder niedrigeres betriebsnotwendiges Vermögen benötigt wird, so kann dies zur Senkung des Kaufpreises einerseits, aber auch zur Erhöhung des Kapitalkontos 1 des Erwerbers führen (eine detaillierte Betrachtung ist zwingend notwendig).
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  • 3. Eine exakte Abgrenzung der benötigten Liquidität: Da das bestehende Büro über Umlaufvermögen verfügt, kann die Liquidität des Unternehmens zu Gunsten der Verkäufer ausgeschüttet werden, muss aber nicht. Auch hier besteht die Möglichkeit, diese Liquidität dem bereits notwendigen Vermögen zuzurechnen, was wiederum fatale Vorteile auf Käuferseite bedeuten würde.

 

Sollen diese Faktoren bei den Kaufpreisverhandlungen für beide Seiten optimal gestaltet werden, muss der Mitarbeiter zwar ggf. einen hohen Kaufpreis stemmen. Das wird aber dadurch konterkariert, dass an ihn gleich im ersten Übernahmejahr überproportional viel Liquidität und Teileigentum am Unternehmensvermögen zurückfließen. Derartige Gestaltungen haben den Vorteil, dass die finanzierende Hausbank in der Regel schneller mitspielt.

 

Diese Gestaltungsvariante lässt außerdem die Möglichkeit offen, bei einer inkongruenten Gewinnverteilung zugunsten des Übergebers zukünftige Gewinne zurückzuhalten. Das hat wiederum Einfluss auf die zu übertragende Ertragskraft des Unternehmens. Der Kaufpreis für den Mitarbeiter kann geschmälert werden, so lange der Übergeber selbst noch Anteile hält. Warum? Nun, ihm wird in der Zukunft auch nicht die volle Ertragskraft des Unternehmens zugestanden, jedoch profitiert er von der vollen Steigerung des Unternehmenswerts, also allen stillen Reserven in Form des Firmenwertes.

 

FAZIT | Dem Autor ist aus der Beratungspraxis kein Fall bekannt, in dem Kaufpreisverhandlungen zum Abbruch der Unternehmensnachfolge geführt haben. Solange beide Parteien das Gleiche wollen, nämlich das Büro fortführen und Arbeitsplätze erhalten, lässt sich immer ein Weg finden, der das Gewollte abbildet. Wichtig ist aber, dass entsprechende Modelle auch auf die steuerliche und rechtliche Gesetzgebung abgestimmt sind. Da sich diese Rechtsgebiete ständig fortentwickeln, sollten Sie sich bei Unternehmensnachfolgen immer von Spezialisten beraten lassen.

 
Quelle: Seite 20 | ID 44503962